Cover-Bild Dement, aber nicht bescheuert
19,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Ullstein Buchverlage
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Soziale Dienste und Sozialwesen, Kriminologie
  • Genre: Sachbücher / Politik, Gesellschaft & Wirtschaft
  • Seitenzahl: 224
  • Ersterscheinung: 23.10.2015
  • ISBN: 9783550081026
Michael Schmieder, Uschi Entenmann

Dement, aber nicht bescheuert

Für einen neuen Umgang mit Demenzkranken

Worum geht es? Demenzkranke wollen als Menschen wahrgenommen werden. Aber wir "Gesunden" können nicht ertragen, einen geliebten Angehörigen ins Vergessen gleiten zu sehen - wir therapieren, beschäftigen und medikamentieren, damit wir uns nicht hilflos fühlen. Doch hilft das den Dementen? Nein, im Gegenteil. Die Kranken möchten in ihrem So-Sein angenommen werden. Dafür plädiert Michael Schmieder, und dieses Konzept praktiziert er im Pflegeheim Sonnweid - mit beeindruckendem Erfolg. Was ist besonders? Michael Schmieder ist ein Mann der Praxis: Er lebt das, was er schreibt. Er nimmt die Demenzkranken und ihre Bedürfnisse ernst und behandelt jeden Kranken als Individuum. Die Dementen bestimmen die Bedingungen, unter denen sie leben möchten. Wenn das bedeutet, dass eine Patientin nur noch Torte isst und ein anderer am besten im Flur schläft, so ist das in Ordnung. Hauptsache, es geht den Patienten gut. Und das tut es: Sonnweid gilt als eines der besten Pflegeheime für Demenzkranke. Wer liest? - Angehörige von Demenzkranken - alle, die mit Demenzkranken arbeiten - alle, die sich mit dem Thema beschäftigen

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

  • kvel und evafl haben dieses Buch in einem Regal.
  • kvel und evafl haben dieses Buch gelesen.

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.11.2016

"Das Schönste an dir - bist du!"

0

Im Buch schildert Michael Schmieder, der das Heim Sonnweid bei Zürich leitet, eine der besten Pflegeeinrichtungen für Demenzkranke, wie mit Demenzkranken umgegangen werden sollte. Er setzt sich für einen ...

Im Buch schildert Michael Schmieder, der das Heim Sonnweid bei Zürich leitet, eine der besten Pflegeeinrichtungen für Demenzkranke, wie mit Demenzkranken umgegangen werden sollte. Er setzt sich für einen würdevollen Umgang mit Demenzkranken Menschen ein, klärt über ihre Bedürfnisse und Ängste auf.

Leseprobe

Seite 55

Wie damals, als sich Peter Dolder am Nachmittag zu ihr auf die Bettkante setzte, um sie aus dem Mittagsschlaf zu wecken. Er tat es behutsam, denn er hatte schon öfter erlebt, dass sie dazu neigte, aus der Haut zu fahren und fürchterlich zu fluchen, wenn man sich ihr nicht in ehrerbietiger Haltung näherte. Schließlich entstammte sie einer steinreichen Schweizer Familie und hatte in einer palastartigen Villa am Zürichsee eine kleine Heerschwar Bediensteter auf Trab gehalten, bevor sie in ein Zimmer unserer Wohngruppen zog. Doch nachdem der Pfleger sanft ihre Hand berührt hatte, setzte sie sich langsam auf und zeigte ihre weiche Seite.
"Es war sehr schön mit dir", hauchte sie. "Aber ich bin schon dem Henri versprochen. Und jetzt muss ich dich verlassen."
"Aber vorher sollten wir noch einen Kaffee trinken", antwortete Dolder. Sie nichte und ließ sich an seinem Arm in die WG-Küche führen, lächelnd und in dem schönen Gefühl, eben noch etwas sehr Inniges aus ihrer Frühlingszeit erlebt zu haben.



meine Meinung

Das Thema Demenz beschäftigt mich schon eine ganze Weile, als ich dann von diesem Buch gehört habe, war ich absolut daran interessiert es zu lesen, denn ich möchte auch nun, wo mich das Thema persönlich nicht mehr so betrifft wie bisher etwas mehr darüber erfahren. Viel zu wenig ist davon bekannt bzw. werden Betroffene oft mit Aussagen wie "nicht mehr ganz richtig im Kopf" oder "blöd, dumm, gaga" bezeichnet, was ich eine absolut unmögliche Sache finde. (Leute, setzt euch doch bitte mal damit auseinander!!!)

Entsprechend möchte ich für mich hier noch weiter Informationen im Umgang mit Demenzkranken haben, ich habe in den letzten Jahren immer wieder dazu gelernt, habe wundervolle Momente erleben dürfen, kuriose Aussagen, emotionale, manchmal gar traurige Situationen. Doch für all das bin ich ziemlich dankbar...

Im Buch geht es generell um das Thema Demenz und den Umgang mit dementen Menschen, der nämlich würdig sein soll. So wird durchaus erstmal der Begriff der Demenz grundsätzlich erklärt, ein gewisses Vorwissen wäre aber hier sicher von Vorteil denke ich. (Ich erlaube mir für mich mal zu sagen, dass ich das inzwischen habe.)

Das Buch ist soweit recht verständlich geschrieben, durch die Thematik sind immer mal wieder gewisse Fachbegriffe vorhanden bzw. werden benutzt, so dass man vielleicht schon Kenntnis davon haben sollte. Ansonsten fand ich, dass der Satzbau nie großartig schwierig zu verstehen war bzw. der Inhalt, wobei es eben generell einfach kein leichtes Thema war.

Inhaltlich wird im Buch der Weg vom Heim Sonnweid in der Schweiz geschildert - der Weg vom Beginn der Heimleitung von Michael Schmieder bis hin zur heutigen Entwicklung dort. All die Schilderungen klingen wirklich gut und interessant, oftmals werden auch persönliche Beispiele von Bewohnern kurz erläutert bzw. deren Geschichten erzählt, was mich sehr berührt hat. Generell fand ich diese persönlichen Einblicke sehr emotional, vielleicht auch, weil ich eben bei manchen Dingen an gewisse Ereignisse erinnert wurde. Entsprechend ist das Buch für persönlich Betroffene sicher auch überhaupt noch einmal emotionaler als für Menschen, die mit der Thematik bislang noch nichts anfangen konnten ("mussten"). Und sicher hat das Pflegepersonal auch einen anderen Umgang damit, einen professionelleren, was aber nicht heißt, dass hier keine Emotionen im Spiel sind.

Das Buch enthält wirklich tolle und interessante Ansätze, bei nicht allen geschilderten Umgangsmethoden bin ich so fest davon überzeugt, dass dies der beste Weg für den Umgang mit Demenzkranken ist, jedoch ist das einfach noch meine persönliche Meinung.

Die Ansichten von Herrn Schmieder fand ich durchaus interessant, auch den Einblick in seine ethischen Vorstellungen bzw. Vorhaben im Pflegeheim fand ich durchaus gut.

Mir hat das Buch gut gefallen, auch wenn es natürlich eher fachlicher Natur als unterhaltsamer Natur war. Manchmal ist es aber gar nicht so falsch wenn man einen tieferen Einblick in die Materie bekommt, neue Impulse aufspüren darf. Wer sich mit diesem Thema auseinandersetzen möchte, dem kann ich das Buch nur empfehlen und vergebe 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Für einen neuen Umgang mit Demenzkranken (Buchuntertitel).

0

Inhalt und meine Meinung:
Michael Schmieder berichtet aus seinem beruflichen Alltag, denn er ist der Leiter des Schweizer Heimes Sonnweid, einem Pflegeheim, das sich auf demenzkranke Patienten spezialisiert ...

Inhalt und meine Meinung:
Michael Schmieder berichtet aus seinem beruflichen Alltag, denn er ist der Leiter des Schweizer Heimes Sonnweid, einem Pflegeheim, das sich auf demenzkranke Patienten spezialisiert hat.
Er erzählt aus seiner Anfangszeit als er das Heim als Leiter übernommen hat und welche Änderungen zum Wohle seiner Patienten er durchgesetzt habe.
Und er weiß von vielen Situationen und Diskussionen innerhalb seines Teams aus Pflegern und allen, die an den Patienten arbeiten, zu berichten.

Herr Schmieder ist als Heimleiter kein Bürokrat, sondern er kommt vom Fach: Als Pfleger begann er seinen Berufseinstieg, arbeitete in der Notaufnahme und das Wichtigste: Die Würde des Menschen und damit die Ethik steht für ihn an erster Stelle.
Dies zeigt sich in seinen Schilderungen.
Wenn er bspw. beschreibt, dass er bei der Aufnahme eines Neupatienten vorher keine Arztberichte erhalten möchte, sondern dass das Erstgespräch mit den Angehörigen ihm den ersten Eindruck für den neuen Patienten vermitteln solle: „Eine Demenz werde vor allem am Vergessen gemessen, viel weniger an den oft deutlich sichtbaren Verhaltensstörungen.“ (S. 26)

Ich habe mich für dieses Sachbuch ganz allgemein interessiert; also ohne konkreten persönlichen oder beruflichen Hintergrund.
Dieses Sachbuch ist so verständlich formuliert ist, dass selbst Laien wie ich problemlos folgen können.

Der Autor erzählt von den Auswirkungen seiner an Demenz erkrankten Patienten, die immer im Hier und Jetzt leben, und im Laufe der Zeit das Sprechen und Kommunizieren einstellen, und wie sich dies im Alltag äußert und wie er und das Team seiner Mitarbeiter versuchen damit umzugehen.
Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung wie die Betreuungsstandards und der Pflegealltag in deutschen Pflegeheimen aussieht, oder was der State of the Art der psychologischen Ansätze bei Demenzkranken ist, deshalb kann ich nicht wirklich beurteilen, inwiefern seine Ideen, sich (noch) nicht woanders durchgesetzt hätten, aber das, was er beschreibt hat in meiner Vorstellung Hand und Fuß.

Über die Missstände in deutschen Pflegeheimen schreibt er auf Seite 211, dass es am Geld alleine nicht liegen könnte, sondern dass es für menschenwürdige Zustände vielmehr auf die einfühlsame Haltung der Betreuenden, seien sie Heimleiter oder Reinigungskraft, Lehrling oder Arzt, Koch oder Gärtner, ankomme: „Ein Land wie Deutschland, das die besten Autos und Maschinen der Welt baut, müsste doch in der Lage sein, ein anständiges Pflegekonzept zu entwickeln! Doch statt es zu versuchen, übertrug der Staat Mitte der neunziger Jahre die Verantwortung für seine Altenheime der freien Marktwirtschaft.“

Als Leser bekommt man auch Einblicke in das Seelenleben der Demenzkranken; man kann sich vorstellen, wie sich ein Patient bei der psychologischen Testung fühlt, wenn er eine Uhr zeichnen soll und er eigentlich gar nicht mehr weiß, wo genau welche Ziffer stehen soll; dabei weiß der Patient sehr wohl um sein Unvermögen, denn er ist „dement, aber nicht bescheuert“.

Fazit: Lesenswert.