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Veröffentlicht am 29.04.2023

Wir sind so viel mehr als die Summe unserer Teile

Jana, 39, ungeküsst
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Wie oft habe ich mir vorgestellt, in die Vergangenheit reisen zu können, um mein jüngeres Ich in den Arm zu nehmen und ihr zu sagen, dass später mal alles besser werden wird. 
Genau das tut Jana Crämer ...

Wie oft habe ich mir vorgestellt, in die Vergangenheit reisen zu können, um mein jüngeres Ich in den Arm zu nehmen und ihr zu sagen, dass später mal alles besser werden wird. 
Genau das tut Jana Crämer in ihrem neuen Buch; das Konzept von "Jana, 39, ungeküsst" hat mir demnach von Anfang an sehr gefallen.
Und auch wenn der Titel etwas anderes vermuten lässt, so hat das Buch nur am Rande etwas mit romantischen Beziehungen, oder eben dem Fehlen von diesen, zu tun. 
Es geht eher um den Weg zu dieser überschaubaren Bestandsaufnahme und erinnert schmerzlich daran, dass Dinge wie ein freundlicher und guter Mensch zu sein, nicht ausreichen, um als akzeptiertes Mitglied unserer Schubladen anbetenden Gesellschaft zu gelten.
Da mich Jana Crämer's Biografie häufig an Dinge aus meinem eigenen Leben erinnert hat, brauchte ich ein paar Momente länger um das Buch zu beenden. Es ist immens tröstend zu wissen, dass, egal was du erlebt hast, es immer mindestens eine Person auf der Welt gibt, die genau das Gleiche durchgemacht hat und dich versteht. 
Dass du einfach bloß das Ergebnis dieser Erfahrungen bist und dass es in Ordnung ist, auch mal nicht in Ordnung, sondern absolutes Chaos zu sein. 
Das Buch hat sicherlich enormes "Trigger-Potenzial". Es erzählt von Dingen wie Abhängigkeit, Essstörungen, Selbsthass, Mobbing, aber eben auch Akzeptanz, Heilung und Selbstliebe. 
Ich persönlich halte nichts davon, gefühlt überall eine Triggerwarnung drauf zu pappen, denn das Leben schickt auch keine solchen Warnungen raus bevor es dir auf die Füße kackt. 
Ich bin der Meinung, dass es sehr heilsam sein kann, sich auch mit den dunklen Teilen der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen und das Verdrängen nicht immer der bessere Weg ist. Deswegen habe ich Jana von ihren tiefsten Tiefen bis hin zu ihren höchsten Höhen auch gerne begleitet, muss allerdings sagen, dass sich der Eindruck von "früher war alles mau, heute ist alles wow", den das Buch vermitteln will, für mich nicht wirklich authentisch anfühlt, aber da mag ich mich auch irren. 
Alles in allem hat mir an dem Buch irgendwas gefehlt, aber ich kenne Jana Crämer zugegeben auch eher nur vom Hörensagen, und habe mir nur ab und an mal die ein oder andere ihrer Instagram-Storys angeschaut.
Jedenfalls trifft das Buch in Zeiten, in denen vielerorts zur Selbstoptimierung aufgerufen wird, sicherlich einen Nerv; gerade bei jungen Menschen  
Es sollte klar sein und respektiert werden, dass jeder Mensch so viel mehr ist als die Summe seiner Teile und jeder von uns sollte sich selbst so viel wert sein, dafür zu sorgen, dass es einem gut geht. Das ist für mich die Definition von Selbstwert und das vermittelt Janas Buch zu einhundert Prozent.

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Veröffentlicht am 07.03.2023

Liebe, Freundschaft, Verlust und alles dazwischen

Morgen, morgen und wieder morgen
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Normalerweise stehe ich Büchern, die allseits geliebt und gelobt werden, skeptisch gegenüber, die meisten davon gefallen mir nicht besonders. Stellt sich heraus, bei Gabrielle Zevin's neustem Werk ist ...

Normalerweise stehe ich Büchern, die allseits geliebt und gelobt werden, skeptisch gegenüber, die meisten davon gefallen mir nicht besonders. Stellt sich heraus, bei Gabrielle Zevin's neustem Werk ist dem nicht so. Das Buch hat mich mitgerissen wie kaum ein anderes. Ich bin völlig darin abgetaucht und habe beim Lesen alles um mich herum vergessen. Da man das Buch aufgrund seiner Komplexität und Vielzahl unterschiedlicher wie universeller Themen keinem bestimmten Genre zuordnen kann, wusste ich anfangs nicht genau, worauf ich mich einlasse. Die Videospiel-Thematik der 90'er Jahre hat mich allerdings von Anfang an gereizt, da ich Videospiele schon als Kind geliebt habe. Dementsprechend viele nostalgische Momente habe ich mit dem Buch erlebt, aber auch ebenso viel über die "Gaming Industrie" im allgemeinen gelernt, was ich sehr interessant fand.
Videospiele bilden allerdings nur den Rahmen indem sich die Geschichte bewegt. Hauptaugenmerk der Story liegt ganz klar auf Sadie und Sam, die sich als Kinder in einem Krankenhaus kennenlernen, anfreunden und im Studentenalter beschließen, gemeinsam Videospiele zu entwickeln. Was gut funktioniert, solange ihnen nicht ihre komplizierte Beziehung zueinander dazwischenfunkt. Menschlich "hakt" es zwischen den Beiden, Kommunikation findet kaum statt, aber so ganz ohne einander können sie irgendwie auch nicht. Und so dreht sich die Beziehung der Beiden im Kreis; bewegt sich laufend irgendwo zwischen Anziehung und Abstoßung, zwischen gegenseitigen Verletzungen und Annäherungen, zwischen Enden und neuen Anfängen, die sich über mehrere Jahrzehnte hinweg ziehen.
Beides hat Gabrielle Zevin wunderbar beschrieben, die Charakterausarbeitung ist meisterhaft und in vielen unterschiedlichen Grauzonen aufgefächert, die nachzuvollziehen mich sehr fasziniert und bewegt hat.
Ein einzigartiger, wunderschöner, mutiger, hoffnungsvoller Roman über Liebe, Freundschaft, Verlust und allem dazwischen, voller Kreativität und spannender Gegensätze.
Ein Buch was mir sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben wird und was ich am liebsten jedem in die Hand drücken würde.

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Veröffentlicht am 25.02.2023

Eine der besten "coming of age" - Geschichten die ich bislang gelesen habe

Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen
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Streng-orthodoxes Judentum trifft Moderne -
Wenn Lovelybooks keine Leserunde zu diesem Buch veranstaltet hätte, wäre ich sicherlich nicht darauf aufmerksam geworden. Auch in meiner "Bücher-Bubble" bin ...

Streng-orthodoxes Judentum trifft Moderne -
Wenn Lovelybooks keine Leserunde zu diesem Buch veranstaltet hätte, wäre ich sicherlich nicht darauf aufmerksam geworden. Auch in meiner "Bücher-Bubble" bin ich nicht darauf gestoßen, was merkwürdig ist.
An der Qualität des Buches liegt es definitiv nicht, denn die Geschichte um Hoodie, der in einer streng-orthodoxen jüdischen Gemeinde aufwächst, dem der Schuh seines Lebens aber nicht so richtig passt und der sich plötzlich "Fremdenhass" ausgesetzt sieht, hat mich von Anfang bis Ende sehr begeistert.
"Coming of age" - Geschichten lese ich ab und an sowieso ganz gerne, weil sie gefühlt mehr Substanz haben als so manches Buch für ältere Erwachsene. Mit Anfang 20 hört die Entwicklung eines Menschen doch nicht plötzlich auf. Ich mag es nicht, wenn vermittelt wird, dass man ab einem bestimmten Alter ein vollkommener Mensch zu sein hat; angekommen und all diese Dinge.
Deswegen genieße ich diese Art von Literatur. Diese hier lädt zudem noch zum Mitdenken und Diskutieren ein und bleibt über das Beenden des Buches hinaus im Kopf, und das ist mitunter die beste Aussage, die man über ein Buch treffen kann. Mit dem Judentum hatte ich bislang kaum Berührungspunkte, dementsprechend fremd waren mir viele der Begriffe, aber gerade das macht das Buch so unheimlich interessant. Ich habe dazugelernt, meinen Horizont erweitert und hatte Spaß am Humor des Autors, der auf diese Art die perfekte Balance zwischen Schwere und Leichtigkeit geschaffen hat. Große Empfehlung!
- TW allerdings für fremdenfeindlich und rechtsextremisch motivierte Gewalttaten

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Veröffentlicht am 30.01.2023

Literarischer Grenzgänger

Salomés Zorn
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In "Salomės Zorn" zeigt die Autorin auf, was passieren kann, wenn das Finden der eigenen Identität durch äußere Kräfte boykottiert wird.
Wenn der eigene Wert sich an dominanten Normen misst und niemand ...

In "Salomės Zorn" zeigt die Autorin auf, was passieren kann, wenn das Finden der eigenen Identität durch äußere Kräfte boykottiert wird.
Wenn der eigene Wert sich an dominanten Normen misst und niemand Orientierung bietet.
Wie man in einer Welt überlebt, die lieber urteilt als versteht, weil einige von uns nicht willens oder stark genug sind, um Andersartigkeit zu akzeptieren.
Zugegeben, ich hatte so meine Schwierigkeiten mit dem Buch und musste das Gelesene einige Zeit auf mich wirken lassen, um meine Meinung in Worte fassen zu können. Die Autorin erzählt von kleinen Funken, die Salomė erst wütend gemacht und letztendlich vollkommen die Kontrolle haben verlieren lassen. Von der Konsequenz des Rechtssystems und dem Weg zu sich selbst.
Die Erzählung verläuft dabei nicht linear und verschwimmt oftmals in sich selbst. Was passiert ist und wie es dazu kommen konnte, muss man sich mit Salomė gemeinsam erarbeiten. Und das hat mich stellenweise so abgelenkt, dass ich emotional hinterhergehinkt bin. Erst im Nachhinein habe ich mehr hinter allem gespürt, Gemeinsamkeiten erkannt und habe trotzdem nach wie vor das Gefühl, nicht alles verstanden zu haben.
Ein sehr eigenes Werk das nachwirken muss.
Eine Art literarischer Grenzgänger mit wichtigen Inhalten, anspruchsvoll und dennoch beeindruckend erzählt.

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Veröffentlicht am 29.12.2022

Leider nicht mein Fall.

Der Hexenzirkel Ihrer Majestät. Das begabte Kind
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"Hexenzirkel ihrer Majestät", der Titel alleine klingt schon vielversprechend. Geheime Aufträge im Namen der Krone, Magie, Intrigen, Verschwörungen, möglicherweise konkurrierende Hexenzirkel. Klingt toll, ...

"Hexenzirkel ihrer Majestät", der Titel alleine klingt schon vielversprechend. Geheime Aufträge im Namen der Krone, Magie, Intrigen, Verschwörungen, möglicherweise konkurrierende Hexenzirkel. Klingt toll, ist aber leider nicht das, was man hier geboten bekommt, denn der Fokus der Autorin liegt ganz klar auf sozialen Ungleichheiten und vorurteilsmotiviertem Verhalten, dem Mitglieder der LGBTQ-Community und "People of Color" wiederholt ausgesetzt sind.
Die Charakterausarbeitung ist dabei leider auf der Strecke geblieben und so hatte ich oftmals das Gefühl, dass mir entscheidende Informationen fehlen, um bestimmte Verhaltensweisen mitdenken zu können. Deswegen haben die vier Freundinnen, die sich ein bisschen wie die Hexenversion der "Desperate Housewives" lesen, auch keinen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen.
Insgesamt ist es auch eine relativ einseitige Erzählung. Auf der einen Seite die Guten und die Bösen auf der anderen, wobei die Rollen ganz klar definiert sind, ohne das man sich großartig mit vermeintlichen Grauzonen oder Erklärungen aufgehalten hat.
Man spürt die Wut der Autorin, was dann oft mit entsprechenden Fluchwörtern demonstriert wird.
Ich verstehe den Antrieb hinter allem und bin eine große Verfechterin wenn es darum geht, "sozialen Randgruppen" den Raum zu geben, der ihnen zusteht, da ich als "plus size women" auch Ausgrenzung u.a. erfahren habe, aber die Umsetzung, die Kombination aus allem hat mir leider nicht gefallen, zumal ich mich mit dem Schreibstil auch ab und an schwergetan habe.
Mit der Zeit habe ich beim Lesen dann leider mehr und mehr das Interesse verloren und werde die Reihe deswegen auch nicht weiterverfolgen.

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