Das Buch wollte ich nicht nur lesen, weil mich der Klappentext neugierig gemacht hat, sondern auch weil ich René Freund als Autor wirklich schätze. Ich habe bislang von ihm „Mein Vater, der Deserteur“ ...
Das Buch wollte ich nicht nur lesen, weil mich der Klappentext neugierig gemacht hat, sondern auch weil ich René Freund als Autor wirklich schätze. Ich habe bislang von ihm „Mein Vater, der Deserteur“ und „Niemand weiß, wie spät es ist“ gelesen, und v. a. letzteres gefiel mir äußerst gut!
Die Geschichte wird hauptsächlich aus Antons Sicht erzählt, stellenweise aus der Sicht von Doris, seinem Schwarm, die ihm auf seinem Road Trip folgt. Die Handlungsstränge führen dann zusammen und Doris begleitet die Gruppe auf den letzten Kilometern nach/in Italien.
Anton ist ein komischer Kauz, aber auf seine Art auch recht liebenswürdig. Seine Figur macht eine starke Wandlung durch. So bricht er nicht nur aus seinem täglichen Berufstrott aus, macht sich strafbar durch die „Entführung“ des Busses und seiner teils minderjährigen Begleiter, und er lässt sich nicht mehr von seiner herrschsüchtigen Mutter an die kurze (Telefon-)Leine legen. Mit Doris konnte ich weniger anfangen. Die Liebesgeschichte war sicherlich weit entfernt von jeglicher Romantik, auch wenn Antons Schwärmerei sehr putzig war.
Die Mitfahrer bilden eine illustre Gruppe, die anfänglich gar nicht zusammenpassen mag, aber sich zusammenrauft. Schön fand ich, dass irgendwann alle gegenseitig aufeinander aufgepasst haben und sich eine gewisse Gruppendynamik entwickelte.
Herzstück des Romans ist aber nicht Anton, sondern die krebskranke Carla, die den Busfahrer geradezu nötigt, einen „Abstecher“ nach Italien zu machen. Den nahenden Tod vor Augen, ist sie bewundernswert stark. Ebenso wie ihre 11jährige Tochter, die sich während der Fahrt rührend um die Mutter kümmert und die eigenen Sorgen hintenan stellt. Das Ende ist zufriedenstellend und vor allem realistisch. (Nun ja, bis auf die beiden Kiffer, die… nein, ich will nicht spoilern.)
Ich mag Freunds Schreibstil. Er ist eloquent, lebendig, humorvoll und lässt sich angenehm lesen. Die Emotionen werden gut eingefangen. Die Geschichte um Carla hat mir dann auch ein paar Tränchen in die Augen getrieben.
Dennoch muss ich anmerken, dass die Geschichte recht kurz ist und mir im Vergleich zu Freunds anderen Büchern, die ich kenne, der Tiefgang fehlte. Der Roman ist fast schneller vorbei, als ich mich darauf einlassen konnte. Er ist unterhaltsam, hat aber keinen großen Eindruck bei mir hinterlassen. Man hätte vermutlich noch mehr aus der Geschichte herausholen können. Aber ansonsten ist „Ans Meer“ auf jeden Fall kurzweilige Unterhaltung mit liebenswürdigen Charakteren.
Jen Malone hat bereits mehrere Bücher für Kinder und Jugendliche veröffentlicht. Ich kannte bislang jedoch noch nichts von dieser Autorin. Doch der Klappentext von "Acht Städte, sechs Senioren, ein falscher ...
Jen Malone hat bereits mehrere Bücher für Kinder und Jugendliche veröffentlicht. Ich kannte bislang jedoch noch nichts von dieser Autorin. Doch der Klappentext von "Acht Städte, sechs Senioren, ein falscher Name und der Sommer meines Lebens" hat mich sofort neugierig gemacht.
In dieser Geschichte treffen lauter sympathische Charaktere aufeinander.
Die 17-jährige Bree ist eine richtige Couch-Potato mit quasi null Antrieb, die sich noch gerne von der überfürsorglichen Mutter alles hinterhertragen lässt. Sie erfüllt auf der Europareise echt alle Klischees des tumben Amerikaners. So ernährt sie sich in Europa aus Angst vor Neuem nur von Burger, Pizza und Energieriegeln, hat keine Ahnung von Geschichte und Kultur und spricht keine Fremdsprachen. Trotz dieser Makel mochte ich sie sehr. Da die Geschichte aus ihrer Sicht erzählt wird, hat man Anteil an ihren Gefühlen und Gedanken, und diese sind meist doch äußerst amüsant. Sie macht erwartungsgemäß die größte Veränderung durch.
Sam ist der absolute Dreamboy, und obwohl ich ihn sehr mochte, war er mir zu perfekt. Er hatte wirklich keinerlei Schwächen oder Makel. Hier hat die Autorin meiner Meinung nach etwas zu dick aufgetragen. Manche Szenen zwischen Bree und Sam sind dann auch enorm kitschig, aber für junge Leser ist das sicherlich noch ok.
Die Seniorengruppe besteht aus dem texanischen Ehepaar Hank und Maisy, das für diverse Lacher sorgt, da es auch im hohen Alter nicht die Finger voneinander lassen kann, den lebenslustigen Freundinnen Emma und Mary, dem gebildeten und liebenswürdigen Mr. Fenton sowie der introvertierten Dolores, die wie Bree mehr oder weniger zu dieser Reise genötigt wurde. Hinzu kommen noch diverse Nebencharaktere wie Elizabeth, Brees Eltern, der Busfahrer Bento und Brees beste Freundin, die allesamt ebenfalls sympathisch sind.
Die Story ist gerade im Mittelteil etwas unspektakulär. Die Reiseerlebnisse an sich sind ganz nett beschrieben, aber zwischendurch hatte ich das Gefühl, dass die Handlung nicht wirklich voranschreitet. Im letzten Viertel aber wurde es dann wirklich mitreißend und emotional, auch stellenweise richtig traurig aufgrund eines unvorhergesehenen Ereignisses. Das Ende ist nicht sonderlich überraschend, aber dennoch hat es mir gefallen, denn man gönnt den Figuren ihr Happy End von Herzen.
Der Schreibstil ist locker und humorvoll und lässt sich sehr angenehm lesen, so dass ich richtig durch die Seiten geflogen bin.
"Acht Städte..." ist ein unterhaltsamer Jugendroman über das Erwachsenwerden, Selbstfindung, Freundschaft, die erste Liebe und das Hinausschauen über den eigenen Tellerrand. Ich kann ihn v. a. jungen Menschen empfehlen, die vielleicht Angst davor haben, sich aus ihrer Komfortzone zu begeben. Dieser Roman macht wirklich Lust darauf, sofort den Koffer zu packen und die Welt zu erkunden.
Bereits im ersten Band, „To all the boys I’ve loved before“, habe ich Lara Jean sowie ihre Familie und Freunde sofort ins Herz geschlossen. Und so habe ich mich natürlich sehr gefreut, dass es endlich ...
Bereits im ersten Band, „To all the boys I’ve loved before“, habe ich Lara Jean sowie ihre Familie und Freunde sofort ins Herz geschlossen. Und so habe ich mich natürlich sehr gefreut, dass es endlich weitergeht!
„Always and forever, Lara Jean“ schließt sich nathlos an den zweiten Band „P.S. I still love you" an. Bereits nach wenigen Seiten war ich wieder voll drin in Lara Jeans Welt, in der ich mich einfach pudelwohl fühle. Lara Jean ist so ein liebenswerter Mensch, und auch die meisten anderen Charaktere sind total sympathisch. Peter und Lara Jean sind ein zuckersüßes Paar. Man gönnt ihnen ihre Liebe wirklich von Herzen, und da in diesem Band doch so einige Umbrüche stattfinden – es ist ihr letztes High School-Jahr – habe ich immer ein bisschen gebibbert, ob die beiden zusammen bleiben, denn ich wollte partout nicht, dass sie sich trennen! (Ob dem letztendlich so ist, werde ich natürlich nicht verraten.)
Dank des leichten, lebendigen Schreibstils bin ich förmlich durch das Buch geflogen. Auch wenn die Geschichte nicht sonderlich spannend ist und im Endeffekt vor allem der Alltag erzählt wird, so begleitet man die Protagonistin gerne und kann sich für jede Kleinigkeit begeistern. Man liebt und leidet mit ihr. Und man fiebert mit, ob sie endlich DAS perfekte Schokocookie-Rezept finden wird! Jenny Han schafft es spielerisch, mich mit ihren Figuren zu berühren. Ich fühle mich in Lara Jeans Welt einfach richtig wohl und aufgehoben.
Allerdings fand ich Lara Jean in manchen Dingen doch arg verklemmt und spießig. Sie ist für ihr jugendliches Alter beinahe schon ein Hausmütterchen, und in manchen Dingen musste ich wirklich den Kopf über sie schütteln, da das Verhalten eher zu einer 60jährigen Jungfer passt als zu einer 17jährigen. Und so ist es angenehm zu sehen, dass sie sich in diesem Band auch weiterentwickelt, endlich mehr aus sich herauskommt, Neues ausprobiert und offen wird für die Welt da draußen und die Möglichkeiten, die sich ihr bieten.
Margot, die älteste Schwester, mochte ich in diesem Band weniger. Sie ist etwas launisch und unfair gegenüber Trina, der neuen Partnerin ihres Vaters. Der Vater ist liebenswert, aber in manchen Dingen doch auch recht spießig. Erfrischend ist die kleinste der Song-Schwestern, Kitty, die richtig Biss hat und rotzfrech ist. Auch Trina bringt frischen Wind in die biedere Familie. Meine Lieblingsfigur – neben Lara Jean – ist jedoch ganz klar Peter, der kein besserer Partner sein könnte für Lara Jean, dem aber dennoch der Schalk im Nacken sitzt.
Wenn man es mal objektiv betrachtet, sind fast alle Figuren so sympathisch, so liebenswürdig, fast schon perfekt, dass es nahezu klebrig-süß wirkt. Das Wort „kitschig“ fällt sofort ein, und ganz ehrlich: Ja, die Bücher SIND kitschig. Und das mag nicht jeder. Aber für mich hat es gepasst, denn das Buch ist auf eine solch liebenswerte und angenehme Art kitschig, dass ich mich hier voll darauf einlassen konnte. Ich verstehe aber, wenn es Leser gibt, denen das einfach too much ist.
Das Ende ist zufriedenstellend, kam dann aber doch etwas abrupt. Z. B. hätte ich gerne etwas zur Korea-Reise gelesen. Die Geschichte ist an sich aber einigermaßen rund und stimmig abgeschlossen. Das High School-Kapitel schließt sich, das Collegeleben wird nach Ende dieses Bandes beginnen. Jenny Han lässt theoretisch Luft für eine Fortsetzung, betont aber im Nachwort, dass eine solche nicht geplant ist. So kann der Leser selbst entscheiden, wie es mit Lara Jean & Co. weitergehen könnte.
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich das Buch sehr wehmütig zugeklappt habe, da ich die Trilogie um Lara Jean sehr gerne gelesen habe und sie mir jetzt schon ein bisschen fehlt.
Ulrike Busch hat ein Faible für die friesischen Inseln und veröffentlicht neben der „Kripo Greetsiel“-Reihe, die in Ostfriesland angesiedelt ist, auch noch eine weitere Krimireihe, die "Kripo Wattenmeer", ...
Ulrike Busch hat ein Faible für die friesischen Inseln und veröffentlicht neben der „Kripo Greetsiel“-Reihe, die in Ostfriesland angesiedelt ist, auch noch eine weitere Krimireihe, die "Kripo Wattenmeer", die in Nordfriesland spielt.
Ich hatte vor Kurzem direkt mit dem dritten Band „Mordsleben“ angefangen. In diesem Band (Achtung, Spoiler!) sind die beiden Kommissare Tammo Anders und Fenna Stern seit Kurzem ein Liebespaar, und der aktuelle Fall wurde für mich ein bisschen davon überschattet, dass Tammo eigentlich keinen rechten Bock auf seine Arbeit hat und lieber Zeit mit seiner Freundin verbringen will. Deshalb wollte ich die Kommissare besser und vor allem von Anfang an kennenlernen und beschloss, die Reihe von vorne zu beginnen. Die Bände sind aber natürlich unabhängig voneinander lesbar und in sich abgeschlossen.
Leider hat sich mein erster Eindruck von Tammo (noch) nicht geändert. Ich finde ihn unsympathisch, er ist mir zu launisch und unmotiviert. Ja, er hat schon das Herz am rechten Fleck, und gegenüber Fenna reißt er sich auch meist am Riemen. Und in diesem Fall hat er auch wirklich Gründe für seine Abneigung gegenüber dem Hauptverdächtigen Enno Duwe. Aber als Kommissar finde ich ihn eher nervig. Da ist mir Fenna schon viel sympathischer.
Dies ist nun insgesamt der fünfte Krimi, den ich von dieser Autorin lese, und von daher kann ich mich nur wiederholen: Ich mag ihren Schreibstil sehr. Er lässt sich flüssig lesen, ist lebendig, kurzweilig und fängt den Charme Norddeutschlands gut ein.
Die Kriminalfälle haben meist ein hohes Aufgebot an Figuren (Verdächtige, Opfer, Zeugen), und selbst die kleinsten Nebenrollen werden liebevoll ausgearbeitet. Blut und Action sind hier Mangelware, dafür steht die Ermittlungsarbeit im Vordergrund. Durch ständig wechselnde Perspektiven erhält der Leser nach und nach neue Teile für das Krimi-Puzzle. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht der typische Krimileser bin, aber mir fällt es bei Buschs Fällen tatsächlich immer schwer, den wahren Täter ausfindig zu machen. Dafür bietet sie zu viele potentielle Täter und Motive. Und das ist ja das Spannende an der Sache. Und auch in "Tod am Deich" ist es mir wieder passiert, dass ich am Schluss mal so ziemlich jeden verdächtigt habe und mir bis zur Aufklärung immer noch nicht sicher war.
Was mir bei jedem ihrer Krimis auffällt: Ulrike Busch scheint über einen unendlichen Fundus an norddeutschen Namen für ihre Figuren zu verfügen, die ich vorher noch nie gehört habe. Und sie macht mir immer wieder Lust darauf, doch mal einen Urlaub auf den friesischen Inseln zu verbringen. Hoffentlich stolpere ich aber dabei nicht über eine Leiche…
Es beginnt mit einem Tweet im September 2016: „I need peace.“ Diese Worte kommen von einem kleinen Mädchen namens Bana Alabed, das mit seinen Botschaften in kürzester Zeit die Aufmerksamkeit der ganzen ...
Es beginnt mit einem Tweet im September 2016: „I need peace.“ Diese Worte kommen von einem kleinen Mädchen namens Bana Alabed, das mit seinen Botschaften in kürzester Zeit die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich und die Situation in Syrien lenkt. Mit mittlerwile über 350.000 Abonnenten auf Twitter, darunter auch Prominenten wie J.K. Rowling, wurde sie sogar jüngst zu einem der „25 einflussreichsten Menschen im Internet“ gewählt.
In diesem Buch erzählt sie nun – zusammen mit ihrer Mutter Fatemah – ihre Geschichte. Man erfährt hier vor allem etwas über Banas Leben in Syrien, bevor die Familie in die Türkei geflüchtet ist, darüber, wie schön ihre ersten drei Lebensjahre in friedlichen Zeiten waren. Syrien war für Bana das Paradies. Dann fingen die ersten Unruhen an, der Vater wird von Assads Geheimdienst festgenommen, die politische Lage ist prekär. Und schließlich ist die Familie Alabed mittendrin im Krieg. Bomben fallen nahezu pausenlos, das Leben wird gefährlich, Entbehrungen sind an der Tagesordnung. Obwohl die Familie aus der Mittelschicht stammt und sich etwas besser auf die neuen Umstände einrichten kann, geht es auch bei ihnen irgendwann nur noch ums nackte Überleben.
Die Schilderungen aus dem Kriegsgebiet sind bedrückend. Wenn ein Kind sagt, dass es die verschiedenen Bomben anhand der Geräusche auseinander halten kann und dass ein Tag, an dem „nur“ wenige Bomben fallen, ein guter Tag ist, dann ist das ein Zustand, der für Menschen wie uns, die in Frieden leben dürfen, schockierend ist und unendlich traurig macht.
Banas Ausführungen sind kindlich gehalten, für Banas Alter (Zum Entstehungszeitpunkt des Buches war sie ungefähr sieben Jahre alt.) jedoch stellenweise sehr klug. Sie verfügt über eine feine Beobachtungsgabe und ist ein sensibles, empathisches Mädchen, das einerseits den Grauen des Krieges voll zu spüren bekommt und Angst um das Leben ihrer Lieben hat, andererseits aber auch unschuldige, kindliche Gedanken hat wie z. B. dass sie gerne ihre Puppen mitnehmen möchte auf der Flucht. Ein Kind, das noch unschuldig ist, aber im Krieg viel zu früh und zu schnell erwachsen werden muss.
Dennoch muss ich sagen, dass mich Banas Schilderungen nicht so emotional mitgerissen haben. Vielleicht auch, da sie konstruiert und nicht altersgemäß wirken. Hingegen fand ich die Kapitel aus Sicht der Mutter viel berührender. Sie wendet sich direkt an Bana. Fatemah Alabed ist eine kluge Frau, die viele Weisheiten niederschreibt und deutliche Worte findet für das Grauen um sie herum. Man spürt ihre Angst um die Familie und die Verzweiflung. Diese Texte haben mir tatsächlich besser gefallen als Banas Schilderungen. Es ist jedoch diese gelungene Kombination aus kindlicher Beobachtung und mütterlicher Fürsorge, die dieses Buch außergewöhnlich macht. Denn Flüchtlingsberichte gibt es mittlerweile einige auf dem Markt, aber meines Wissens keine, bei denen Mutter und Kind abwechselnd erzählen.
Es ist heftig umstritten, ob Bana das Buch wirklich selbst geschrieben/diktiert hat. Und wenn man sich mit dem Medienphänomen Bana Alabed beschäftigt, stößt man auf viele Theorien, dass ihre Twitter-Meldungen nicht von ihr selbst stammen, ihr von ihrer Mutter oder gar anderen Dritten in den Mund gelegt wurden. Zuerst einmal: Welches Kind im Grundschulalter ist bitte fähig, ein eigenes Buch zu schreiben? Vermutlich keines. Dass hier ein Ghostwriter oder zumindest ein vertrauter Erwachsener das Schreiben übernommen hat, sollte klar sein.
Doch es wird im Internet viel diskutiert, wie authentisch Bana mit ihren Tweets und ihrem Buch ist. Man argumentiert, dass sie scheinbar gar nicht Englisch beherrscht, dass ihr Wortschatz nicht altersgerecht ist, dass manche Aussagen widersprüchlich sind. Es gibt sogar Theorien, dass Banas Vater mit Terrorgruppen sympathisiert oder gar selbst Terrorist ist. Die Krönung des Ganzen ist dann für viele das Bild, das Bana glücklich lächelnd mit dem türkischen Präsidenten Erdogan zeigt – für viele ein No Go.
Jedoch bleibt für mich das Ergebnis das Gleiche: Die Erlebnisse von Banas Familie im Krieg sind glaubwürdig und stehen stellvertretend für unzählige andere syrische Familien, die dieses schlimme Schicksal teilen. Man muss hier nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Was Bana widerfahren ist, spiegelt die Realität wider, und ich denke, daran wiederum hat niemand Zweifel.
Dass für ein Kind, das aus dem Krieg flüchten muss und sich einfach nur Frieden ersehnt, ein Mann (hier: Erdogan), der dafür sorgt, dass ihre Familie in Sicherheit leben kann, ein Mensch ist, den man mag, ist doch eigentlich nachvollziehbar. Bana wird in ihrem Buch auch nie politisch, und das ist gut so, denn ich denke nicht, dass sie bereits all die politischen Hintergründe versteht. Es ist lediglich auffallend, dass sie nur von Assad bzw. dem Regime als Gegner spricht, aber die unzähligen Terrorgruppen, die ebenfalls das Land zerstören, weitestgehend unerwähnt lässt. Hier steckt vielleicht die politische Gesinnung der Familie dahinter, wenngleich Banas Eltern im Buch als unpolitisch dargestellt werden. Letztendlich wird Bana dann auch vom Regime als Staatsfeindin betrachtet und erhält Morddrohungen. Dies zeigt, wie wichtig sie mittlerweile als Medienfigur geworden ist, so wichtig, dass Assad sie töten lassen will und dass Erdogan sie mit Kusshand aufnimmt und ihr eine Sonderbehandlung zukommen lässt. Die Familie muss z. B. nicht ins Lager, sondern erhält eine eigene Wohnung, wie man zum Schluss kurz erfährt. Im Übrigen finde ich es schade, dass genau diese beiden Punkte – Banas Twittertätigkeit sowie Flucht und Neuanfang in der Türkei – nur kurz abgehandelt werden. Gerade darüber hätte ich gerne noch mehr erfahren.
Jeder muss für sich selbst entscheiden, was er von Bana Alabed halten will. Meines Erachtens ist sie ein mutiges Mädchen, das hofft, die Welt rettet ihr Volk, wenn sie ihr nur zeigt, wie schlimm es den Syrern geht. Leider ist sie aber auch eine Medienfigur, die von Erwachsenen ausgenutzt und instrumentalisiert wird. Das alles lässt natürlich Zweifel entstehen, wie authentisch dieses Buch ist. Und auch ich muss zugeben, dass mich die „Medienfigur“ Bana Alabed auf Grund dieser Kontroversen mit gemischten Gefühlen zurück lässt.
Dennoch spreche ich eine klare Leseempfehlung aus. Das Buch eignet sich meiner Meinung nach auch gut für Kinder ab dem Grundschulalter. Ich kann mir vorstellen, dass Eltern es gemeinsam mit ihren Kindern lesen und mit ihnen über die schwere Thematik altersgerecht reden können. Denn der Krieg im Nahen Osten und die vielen Flüchtlinge, die nach Europa kommen, sind ein großes Thema bei uns und werden es sicherlich noch längere Zeit bleiben.