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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.03.2023

Kann man sich auch sparen

Malvenflug
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Eine mährisch-kärntnerische Familie während des Zweiten Weltkriegs. Während Zwillinge Fritz und Lotte bei den Großeltern aufwachsen, geht ihr Bruder Alfred auf die Napola und ihre Schwester Helga verlässt ...

Eine mährisch-kärntnerische Familie während des Zweiten Weltkriegs. Während Zwillinge Fritz und Lotte bei den Großeltern aufwachsen, geht ihr Bruder Alfred auf die Napola und ihre Schwester Helga verlässt die Familie, wird zu "Schwester Laura" und lebt fortan im Kloster. Der Vater ist Mitglied der NSDAP, die Mutter arbeitet im schweizerischen Davos, um die Schulden der Familie abbezahlen zu können. Im ersten Teil des Romans kommen alle Familienmitglieder zu Wort, abwechselnd aus den unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird hier in kurzen Kapiteln das Leben der Familie zwischen 1940 und 1945 beschrieben. Im zweiten Teil dann wird aus der Sicht Helgas erzählt, der ältesten Tochter der Familie, die inzwischen in Italien lebt.

Es fällt mir schwer, die richtigen Worte für diesen Roman zu finden. Er war nicht das, was ich mir erhofft hatte, alles in allem hat er mich doch einigermaßen enttäuscht zurückgelassen. Die kurzen, episodenhaften Kapitel im ersten Teil waren mir zu wenig verknüpft und wirken eher wie eine Aneinanderreihung von Momentaufnahmen als wie eine zusammenhängende Geschichte, die man mit Spannung verfolgt. Der zweite Teil hat diese Lücken dazwischen für mich leider auch nicht recht schließen können. Mit den Figuren wurde ich nicht ganz warm, ihr Schicksal war mir die meiste Zeit über ziemlich geichgültig, weil keine von ihnen mich in irgendeiner Weise packen konnte. Dafür blieb mir der Roman auch einfach zu emotionslos und nüchtern erzählt, ich hatte gar nicht den Eindruck, dass er seine Leser*innen überhaupt packen möchte.

Schlecht war der Roman nicht, und man kann ihn sicher ganz gut lesen, aber man kann es auch ganz gut einfach lassen.

Veröffentlicht am 01.03.2023

Und nu?

Männer sterben bei uns nicht
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Ich tue mich, wie wahrscheinlich die meisten, immer ein bisschen schwer mit negativen Rezensionen. Besonders dann, wenn ich eigentlich viel von einem Roman erwartet hatte, und das war hier der Fall. Ich ...

Ich tue mich, wie wahrscheinlich die meisten, immer ein bisschen schwer mit negativen Rezensionen. Besonders dann, wenn ich eigentlich viel von einem Roman erwartet hatte, und das war hier der Fall. Ich meine, das Cover, whoa. Da denkt man doch sofort: Das muss toll werden, geht gar nicht anders. Naturgesetz. Umso bitterer ist dann die Enttäuschung, wenn man beim Lesen nicht recht in den Sog kommt, immer darauf wartet, dass da noch dieser eine Moment kommt, der einen packt und einfach mitreißt. Aber leider habe ich bei "Männer sterben bei uns nicht" vergeblich darauf gewartet.
Am Ende bleibe ich mit einem Gefühl zurück, das sich am ehesten mit "Ja ok, und nu?" beschreiben lässt. Keine Ahnung, was ich jetzt zu dem Roman sagen soll (wirklich nicht). Fand ich ihn schlecht? Nein. Fand ich ihn gut? Auch nicht wirklich. Es ist mehr so ein Dazwischen, irgendetwas hat gefehlt. Vielleicht waren auch die Erwartungen zu groß?
Anfangs fand ich die Wechsel zwischen den Zeitebenen verwirrend, aber das hat sich eigentlich recht schnell gelegt. Das war also weniger mein Problem. Auch, dass ich die meisten Figuren nicht wirklich mochte, ist in Ordnung. Die Handlung an sich war ebenfalls okay. Was stört mich also? Eigentlich nichts von dem, was da ist. Bleibt nur noch das übrig, was nicht da ist, oder was ich zumindest nicht finden konnte: Das, was die Autorin jetzt damit wollte. Für mich blieb das größtenteils im Dunkeln, und so habe ich die Lektüre spätestens ab der Hälfte als eher zäh empfunden. Einen roten Faden, etwas, das am Ende alles zusammenfasst und/oder auf den Punkt bringt, ein bisschen Licht in diesen Nebel bringt, das hätte ich mir gewünscht. Falls das da war, ist es mir wohl entgangen. Ich schätze, ich habe den Roman einfach nicht verstanden.

Veröffentlicht am 24.02.2023

Hatte mehr erwartet

Gleißendes Licht
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Der Komponist Kaan, als Sohn eines Deutschen und einer Türkin in Deutschland geboren, reist für längere Zeit nach Istanbul. Dort wird er von der Vergangenheit seiner Familie eingeholt, vom Völkermord an ...

Der Komponist Kaan, als Sohn eines Deutschen und einer Türkin in Deutschland geboren, reist für längere Zeit nach Istanbul. Dort wird er von der Vergangenheit seiner Familie eingeholt, vom Völkermord an den Armeniern und der fehlenden Aufarbeitung, die sich nun als Trauma durch die unterschiedlichen Generationen der Familie zieht.
So sehr ich mich auch auf den Roman gefreut hatte, so ernüchtert schlage ich ihn am Ende zu. Was eindringlich und vielversprechend begann, verläuft sich bald in zahlreichen Zeitsprüngen quer durch die Familiengeschichte. Die einzelnen Zeitebenen waren dabei zwar durchaus spannend zu lesen, ich hatte aber einfach das Gefühl, dass sich hier zu viele Fäden ineinander verwirren und am Ende allenfalls ein Knäuel bilden, aus dem lauter lose Enden rausragen. Mit dem Schreibstil hatte ich stellenweise dann auch noch so meine Probleme, weil es häufiger mal vorkommt, dass ein einzelnes Wort mehrmals hintereinander wiederholt wird - nicht tragisch, aber irgendwie überflüssig bis störend in meinen Augen.
Davon abgesehen mochte ich den Stil aber, das ist also ein eher kleinerer Kritikpunkt. Auch, dass mir Kaan fast den ganzen Roman hindurch unsympathisch war, kann ich verkraften, denn ein Buch braucht nicht unbedingt sympathische Charaktere, um gut zu sein, wenn denn der Rest stimmt. Was hier aber leider eher nicht der Fall war. Ich hatte mir mehr zum Thema Völkermord gewünscht, einfach eine tiefergehende Auseinandersetzung damit. Denn ja, das Thema wird mehrmals angesprochen und es wird auch ersichtlich, dass es einen großen Einfluss auf das Leben der Protagonist*innen hat; aber insgesamt war es mir doch zu knapp abgehandelt. Gegen Ende, ca. ab dem letzten Drittel, bin ich während des Lesens dann gedanklich immer häufiger abgeschweift, da hat mich der Roman dann nach und nach verloren.
Das war viel Kritik, durchweg schlecht fand ich den Roman aber trotzdem nicht. Sagen wir einfach, dass er mich dazu motiviert hat, mir an anderer Stelle mehr Informationen zu dem Thema anzulesen, und das ist doch auch schon was!

Veröffentlicht am 17.02.2023

Heimat

Sibir
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Es ist 1945. Die Welt versinkt im Chaos, als Josef Ambacher gemeinsam mit seiner Familie und Hunderttausenden anderen Zivilisten aus Deutschland nach Kasachstan verschleppt wird. Alles, was sie bis dahin ...


Es ist 1945. Die Welt versinkt im Chaos, als Josef Ambacher gemeinsam mit seiner Familie und Hunderttausenden anderen Zivilisten aus Deutschland nach Kasachstan verschleppt wird. Alles, was sie bis dahin kannten, ist fort; sie müssen sich fortan in einem fremden Land, einer fremden Kultur, einer fremden Sprache zurechtfinden und sich an den Gedanken gewöhnen, fortan die Steppe ihr Heim zu nennen.
Jahrzehnte später, Josef hat inzwischen eine eigene Familie gegründet und konnte schon vor einer ganzen Weile nach Deutschland zurückkehren. Jetzt, 1990, findet er sich plötzlich in der Rolle derer wieder, die die Neuankömmlinge willkommen heißen. Denn nicht alle hatten so viel Glück, schon wenige Jahre nach der Verschleppung nachhause zurückkehren zu können; der weitaus größere Teil kommt jetzt erst nach, desorientiert, heimatlos. Josefs Tochter Leila ist noch ein Kind, als dieser ihr so fremde und doch merkwürdig vertraute Teil der Vergangenheit ihrer Familie Einzug in ihr Leben hält.

Beide Zeitebenen fügen sich großartig ineinander ein und vermitteln das Bild einer Suche nach Heimat und Heimkommen, stellen die Frage nach Zugehörigkeit und danach, wie es sich anfühlt, immer nur am Rand zu stehen und "fremd" zu sein. Die Beschreibungen dieser beiden Kindheiten, die vollkommen unterschiedlich verlaufen und doch so viel gemeinsam haben, sind eindrücklich und geprägt von Misstrauen und Angst, aber auch von Freundschaft und Menschlichkeit. Es ist also keinesfalls nur ein düsteres, bedrückendes Bild, das der Roman hier zeichnet; es gibt auch so viel Wärme in diesem Roman, im Leben Josefs und Leilas. Mich hat diese Geschichte jedenfalls sehr schnell in ihren Bann gezogen und ich hätte nach ihrem Ende auch noch eine ganze Weile weiterlesen können.

Veröffentlicht am 27.11.2022

Jede Menge Bücherliebe

Die Bücher, der Junge und die Nacht
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Leipzig, 1933: Buchbinder Jakob Steinfeld verliebt sich in die geheimnisvolle Juli, die hofft, bei ihm ein Manuskript binden lassen zu können. Doch dann überstürzen sich die Ereignisse, und Juli verschwindet.
Leipzig, ...

Leipzig, 1933: Buchbinder Jakob Steinfeld verliebt sich in die geheimnisvolle Juli, die hofft, bei ihm ein Manuskript binden lassen zu können. Doch dann überstürzen sich die Ereignisse, und Juli verschwindet.
Leipzig, 1943: Der Krieg ist in vollem Gange, als ein mysteriöser Fremder einen kleinen Jungen und ein Buch aus den brennenden Ruinen eines Hauses rettet. Der Junge wird ihn von nun an begleiten, und gemeinsam werden sie Jagd auf viele weitere Bücher machen.
Leipzig, 1970er: Robert Steinfeld, der Sohn Jakobs und ebenfalls ein großer Bücherfreund, begleitet eine Kollegin, die die Bibliothek der alten Verlegerfamilie Pallandt auflösen soll. Dabei finden sie Bücher, die es eigentlich gar nicht geben dürfte.

Die Geschichte um die beiden Familien Steinfeld und Pallandt vereint jede Menge Bibliophilie, den Untergang des Graphischen Viertels während der Bombenangriffe im Dezember 1943 und die großartig erzählte Suche nach den Geheimnissen der Vergangenheit in sich. Wie immer ist es Meyer dabei ganz wunderbar gelungen, die beschriebenen Szenen in all ihren Details vor meinem inneren Auge auferstehen zu lassen. Die drei Zeitebenen ergänzen sich perfekt und erzeugen einen Spannungsbogen, der den ganzen Roman über aufrechterhalten wird. Die Figuren sind sympathisch und erlauben es sehr schnell, mit ihnen mitzufiebern, während im Hintergrund Krieg und Nationansozialismus schwelen. Das Besondere an Meyers Romanen ist für mich, dass sich in ihnen immer ein Hauch Phantastik verbirgt, dass sie bestens ohne großen Kitsch auskommen und nach spannenden Lesestunden, wenn man mühsam wieder aus ihnen auftaucht, zufrieden zurücklassen.

Große Leseempfehlung für alle Meyer-Fans und solche, die es noch werden wollen!