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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.12.2018

Eine Familiengeschichte mit vielen Denkanstößen

Mädelsabend
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„Mädelsabend“ ist ein unterhaltsamer aber auch tiefgreifender Roman von der Autorin Anne Gesthuysen, in dem die Veränderung der Frauenrolle in der Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten deutlich wird.

Ruth ...

„Mädelsabend“ ist ein unterhaltsamer aber auch tiefgreifender Roman von der Autorin Anne Gesthuysen, in dem die Veränderung der Frauenrolle in der Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten deutlich wird.

Ruth und Walter sind seit über 60 Jahren verheiratet. Nachdem Ruth gestürzt ist, leben sie im Seniorenheim Burg Winnenthal. Während Ruth die Gesellschaft und die Lebensfreude der Mitbewohner genießt, will Walter schnellstmöglich wieder nach Hause, da er mit den neu gewonnen Freiräumen seiner Frau nicht zurechtkommt. Ruths Enkelin Sara ist Ärztin und Mutter eines kleinen Sohnes. Als sie ein Stipendium in Cambridge angeboten bekommt, sucht sie Rat bei Ruth zu der sie immer ein enges Verhältnis hatte. Durch die Entscheidung zwischen Familie und Karriere wird ihre Beziehung zu Lars auf eine harte Probe gestellt.

Durch Rückblenden bis zum zweiten Weltkrieg erfährt man eine Menge Einzelheiten aus dem Leben von Ruth und Walter. Gekonnt verbindet Anne Gesthuysen die Vergangenheit und die Gegenwart. Ihr Schreibstil lässt sich angenehm lesen und sie schafft es - trotz der teils recht ernsten Umstände und Situationen - immer wieder eine Menge Humorvolles einzubauen und geschichtliche Hintergrundinformationen zu vermitteln.

Sowohl Ruth als auch Sara sind starke Protagonistinnen, die jeweils durch ihre Zeit und die Gesellschaft geprägt wurden aber beide auf der Suche nach eigenem Weg zu Freiheit und Glück sind. Insbesondere von Sara hätte ich gerne ein wenig mehr gelesen, deren Entscheidungen und Entwicklung mir teilweise ein wenig zu schnell ging. Durch die Erinnerungen von Ruth wird die Wandlung des Frauenbildes der letzten Jahrzehnte deutlich.
Durch viele regionale Ausdrücke und entsprechenden Beschreibungen hat die Autorin dem Buch ein besonderes Flair verliehen und den Lokalkolorit des Niederrheins einfließen lassen.

„Mädelsabend“ liefert interessante Denkanstöße und versteckt einiges zwischen den Zeilen, das dafür sorgt, dass man es nach dem Lesen noch lange in Erinnerung behält.

Veröffentlicht am 04.11.2018

Lebendig, authentisch, anders

Marock`n Roll
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"Marock`n Roll: Sex, Drugs, Art and a Surfing Soul" von dem Autor Fritz Schneider ist ein sehr lebendiges Buch mit ungewöhnlichen und sehr unterschiedlichen Charakteren.

Hanno hat schon einiges durch ...

"Marock`n Roll: Sex, Drugs, Art and a Surfing Soul" von dem Autor Fritz Schneider ist ein sehr lebendiges Buch mit ungewöhnlichen und sehr unterschiedlichen Charakteren.

Hanno hat schon einiges durch gemacht und versucht in Marokko zu sich zu finden. Seine Exfreundin Lena befindet sich in Nordkalifornien und versucht sich in einer offenen Beziehung mit Kevin zurechtzufinden. Elli ist Hannos neue Freundin, ziemlich abgedreht und offen für alles. Rob – ein Freund von Hanno – ist leidenschaftlicher Kletterer und Bergführer. Die Beziehung zu seiner Freundin Biene ist seine große Liebe. Alle Charaktere werden sehr facettenreich und authentisch beschrieben und jeder für sich ist irgendwie liebenswert.

Der Schreibstil ist ungewöhnlich und hat mir großen Spaß gemacht. Im Wechsel steht immer ein anderer der Charaktere im Mittelpunkt. Der Text ist in Deutsch und die Dialoge in Englisch. Dadurch gelingt es dem Autor eine ganz besondere Atmosphäre zu vermitteln. Die Handlung wirkt sehr lebendig und lebensnah, ist aber auch emotional und mitreißend, was sich in den zahlreichen alltäglichen Themen wie Verlust, Liebe, Freundschaft wiederfindet.

Am Ende des Buches findet man einen hilfreichen Glossar mit Surf-, Kletter- und Gangster-Vokabeln, die dem Buch eine besondere Authentizität verliehen haben.

Ich kann dieses ungewöhnliche Buch nur empfehlen und würde mich auch gerne weitere Erlebnisse von Hanno und seinen Freunden lesen.

Veröffentlicht am 21.10.2018

Schicksale – das Leben in der Vergangenheit und der Gegenwart

Sommernachtstränen
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„Sommernachtstränen“ ist ein Roman der Autorin Bärbel Götz in dem sie eine Vielfalt an Themen aufgreift. Es geht um die Schicksale der Bewohner der Lessingstraße, um Integration, um die Verarbeitung traumatischer ...

„Sommernachtstränen“ ist ein Roman der Autorin Bärbel Götz in dem sie eine Vielfalt an Themen aufgreift. Es geht um die Schicksale der Bewohner der Lessingstraße, um Integration, um die Verarbeitung traumatischer Erlebnisse, Liebe, Mord, gesellschaftskritische Themen und vieles mehr.

Isabell begibt sich nach Stuttgart um nach langer Zeit wieder Kontakt zu ihrem Bruder Teddy zu finden. Zuvor lernt sie Renate Feldmann – eine alte Dame, die ihre Nachbarn ausspioniert und erpresst – Emre – einen jungen Türken, der ihre Unterstützung und die von Renate gut gebrauchen kann – und Valentin – einen jungen Mann, zu dem sie sich sehr hingezogen fühlt – kennen. Bisher war Isabell der Meinung sehr gut alleine zurechtzukommen und entdeckt nun, wie schön es ist Menschen, um sich zu haben und sich ihnen anvertrauen zu können.

Neben der Protagonistin Isabell, ihrem Bruder, Valentin, Emre und Renate lernt man zahleiche weitere Charaktere kennen. Alle haben ihr eigenes Schicksal und man erfährt viele traurige Einzelheiten. Dabei werden diverse Themen angeschnitten, von der Nachkriegszeit, Alkoholismus, häusliche Gewalt, Integration, Kaufsucht, traumatische Kindheitserlebnisse und sogar die Nibelungensage hat es in die Handlung geschafft. Für Abwechslung und Spannung durch einen Mord ist gesorgt. Mit Isabell hat die Autorin eine sehr sympathische Protagonistin erschaffen, deren Verhalten ich gut nachvollziehen konnte. Ihr Bruder, sowie Valentin und Emre gefielen mir ebenso gut. Obwohl das Buch nur knapp über 200 Seiten hat, werden menschliche Abgründe, Schicksale, Vergangenheit und Gegenwart der Charaktere dargestellt. Dabei kann man eine Menge Ungesagtes zwischen den Zeilen entdecken und gleichzeitig wird deutlich, dass Ungesagtes der Vergangenheit nicht nachgeholt werden kann.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, hätte mir aber noch mehr Details und eine Vertiefung der einzelnen Charaktere gewünscht.

Veröffentlicht am 16.10.2018

Leise und tiefgründig

Schnee in Amsterdam
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"Schnee in Amsterdam" ist ein bewegender Roman des nordirischen Autors Bernard MacLaverty.

Gerry und Stella – ein katholisches, irisches seit vielen Jahren verheiratete Ehepaar - verleben ihren Ruhestand ...

"Schnee in Amsterdam" ist ein bewegender Roman des nordirischen Autors Bernard MacLaverty.

Gerry und Stella – ein katholisches, irisches seit vielen Jahren verheiratete Ehepaar - verleben ihren Ruhestand in Glasgow. Der Alltag hat die beiden eingeholt, sie lieben sich, gehen respektvoll miteinander um, aber sie haben sich voneinander entfernt. Zu Weihnachten schenkt Stella Gerry ein verlängertes Wochenende in Amsterdam. Dabei wird beiden klar, dass in ihrer Beziehung längst nicht mehr alles stimmt. Gerry trinkt viel zu viel, was für Stella nur schwer zu ertragen ist und Stellas Religiosität rückt stark in den Vordergrund.

Der Schreibstil des Autors ist ruhig und einfach. Er vermittelt sehr direkt die Probleme der Protagonisten. Alltägliche Situationen werden authentisch und glaubwürdig dargestellt. Trotz der Probleme des Ehepaares, die zum Teil in der gemeinsamen Vergangenheit liegen, gehen die beiden respektvoll miteinander um und in ihren Dialogen gibt es viele liebevolle Neckereien. Gerade in alltäglichen Gesprächen, in denen es oft um Belanglosigkeiten ging, verstecken sich eine Menge Emotionen. Wiederholende Situationen und Gespräche weisen dezent und sehr deutlich auf die Probleme hin. Während Gerry durchweg eher passiv wirkt, ist Stella deutlich aktiver und möchte eine Änderung der Situation. Leider erfährt man nur recht wenig aus der Vergangenheit des Paares.

Tiefgründig und berührend beschreibt der Autor die Situation von Stella und Gerry, dabei steckt zwischen den Zeilen weit mehr als man auf den ersten Blick erkennt, da es um eine Beziehung, ein Ende und einen Neuanfang geht. Es ist ein tiefgründiges Buch, das nachklingt.

Veröffentlicht am 13.10.2018

Berührend und tragisch

Honolulu King
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„Honolulu King“ ist der dritte Roman der Autorin Anne-Gine Goemans in dem man eine Vielzahl von Fakten über hawaiianische Musik, indonesische Geschichte und andere Themen erhält.

Hardy Hardy ist fast ...

„Honolulu King“ ist der dritte Roman der Autorin Anne-Gine Goemans in dem man eine Vielzahl von Fakten über hawaiianische Musik, indonesische Geschichte und andere Themen erhält.

Hardy Hardy ist fast 80 Jahre und betreibt mit seinen beiden Freunden Cok und George einen indonesischen Imbiss in Harlem. Auch seine Enkelin Synne hilft ihm dort. Seine Frau Christina leidet an Demenz und während sie immer mehr vergisst, tritt Hardys Vergangenheit immer mehr in den Vordergrund. Er musste als Kind mitansehen, wie seine Familie auf Java brutal ermordet wurde und gibt daran den Japanern die Schuld. Hardy fühlt sich einsam und sucht nach Anschluss und Zugehörigkeit. Er entschließt sich den Freimaurern beizutreten und erzählt dort seine Lebensgeschichte, mit der er ein furchtbares Geheimnis offenbart und dadurch alle in Gewissenskonflikte stürzt.

Neben zahlreichen historischen Fakten über die Geschichte Indonesiens im zweiten Weltkrieg erfährt man eine Menge über hawaiianische Musik, da Hardy in jungen Jahren mit seinen Freunden eine Band „Honolulu King“ gegründet hatte. Die Musik gab ihm Halt, seinem Leben eine positive Wendung und begleitet ihn durch sein Leben.

Der Schreibstil von Anne-Gine Goemans lässt sich trotz der schwierigen Themen angenehm lesen. Hardys Lebensgeschichte enthält Grausamkeiten, die verdeutlichen, warum Hardy so geworden ist, wie er ist – ein wenig starrsinnig und voreingenommen, aber im Grunde trotz allem ein fröhlicher Mensch. Auch die übrigen Charaktere wie Cok und George und Hardys Enkelin Synne, in deren Leben auch nicht alles glatt läuft, werden gut dargestellt.

Das Buch ist keines, das man einfach so nebenbei weglesen kann, da es so viele tiefgreifende Themen anschneidet. Die politischen Ereignisse der Vergangenheit reichen bis in die Gegenwart und die daraus entstandenen Vorurteile, die Ausgrenzung, fehlende Toleranz, der Wunsch nach Zugehörigkeit sowie die Freimaurerei und Demenz bilden eine große Themenbandbreite, die es mir zeitweise schwermachte, dem Buch zu folgen.
Dennoch fand ich das Buch ausgesprochen interessant und lesenswert.