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Veröffentlicht am 16.05.2023

Freigeist

Wolfskinder
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Hoch oben in den Bergen, weitab von anderen Städten und Dörfern, ja, von der Zivilisation, lebt die Alttäufergemeinde von Jakobsleiter. Das Leben ist hart und karg, kein Strom, kein fließend Wasser, und ...

Hoch oben in den Bergen, weitab von anderen Städten und Dörfern, ja, von der Zivilisation, lebt die Alttäufergemeinde von Jakobsleiter. Das Leben ist hart und karg, kein Strom, kein fließend Wasser, und die Kinder müssen täglich stundenlang den Berg rauf- und runtersteigen, um in die Schule im nächsten Dorf zu gelangen. Den Kindern wird eingeschärft, über nichts zu reden und nur zu schweigen. Doch Jesse kann das Schweigen bald nicht mehr ertragen: seine Freundin Rebecca ist verschwunden. Und in dieser Region sind schon Dutzende Mädchen und junge Frauen verschwunden, wie Smilla, die Volontärin eines Fernsehsenders der nächsten Stadt weiß. Vor zehn Jahren war sie in der Gegend mit ihrer besten Freundin campen, die damals verschwand. Genauso spurlos wie die neue Lehrerin des Dorfes. Was passiert hier? Und weiß Edith, das kleine, wilde Mädchen aus Jakobsleiter, mehr?

Das ist ein Hörbuch, das durch die verschiedenen SprecherInnen der verschiedenen Perspektiven schon fast den Anstrich eines Hörspiels bekommt. Und hier muss ich wirklich loben: Wie perfekt diese SprecherInnen ausgewählt wurden, ist einfach mega! Ob es Jesse war, dem man den 17jährigen, verzweifelten Jungen total abgenommen hat oder dieses kleine, clevere, aber völlig ungebildete Mädchen Edith: Ich konnte sie geradezu vor mir sehen. Leider endete meine Begeisterung nach dem ersten Drittel des Buches und mit den Stimmen. Denn nachdem man erfahren hat, was in Jakobsleiter und Umgebung los war, zog und zog sich die Geschichte wie ein Kaugummi. Und als man sich dem Ende näherte, wurde es immer absurder. Davon abgesehen, dass der Täter schon so zeitig feststand, dass nicht mal da Spannung aufkommen konnte, wurden Situationen an den Haaren herbeigezogen, dass meine eigenen vor Unglauben ergrauten. Besonders genervt haben mich die durchweg dummen Entscheidungen und Gedanken beinahe aller Frauen und Mädchen in diesem Buch, die in keinem Verhältnis zur Realität standen.

Dann all die Ungereimtheiten. Jemand, der mit einer Kette und Seilwinde in hohem Tempo durch einen Felsen gezerrt wird und nur ein paar Schrammen und blaue Flecken hat. Jemand, der einen Schuss in den Oberschenkel bekommt, aber nicht nur noch lustige Gespräche führen kann, sondern auch gefühlt 50 Meter eine Leiter in einer Klamm hochkraxelt. Und wenig später irgendwo ankommt, wo seine Verletzung als "sein Bein stand ein wenig seltsam ab" festgestellt wird. Wurde da vergessen, dass er eine Schusswunde, kein gebrochenes Bein hatte? Davon abgesehen, dass meiner Meinung nach jeder, der nicht rechtzeitig behandelt wird, ziemlich schnell verblutet, weil im Oberschenkel eine fette Arterie fröhlich pulsiert. Nicht zu vergessen ein Wolf, der angeschossen, angefahren, ins Tierheim geschafft, durch Naturschützer wieder freigelassen (hahaha!) wird, nicht nach Hause bzw. in irgendeinen Wald läuft, sondern fröhlich in ein Dorf, um einem Mädchen das Leben zu retten? Ja, klar. Funktioniert vielleicht bei Karl May. Muss ich aber nicht in einer "Thriller-Sensation" (sic!) haben. Die Geschichte war alles Mögliche, aber weder ein Thriller noch eine Sensation. Schade. Hätte Potenzial gehabt.

Veröffentlicht am 20.04.2023

Kakeibo

3000 Yen fürs Glück
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Irgendwie finde ich es schon traurig, dass so ein Buch in Japan ein Nummer-1-Bestseller werden konnte. Er ist furchtbar oberflächig, gefühllos und langweilig. Es geht zum großen Teil um die Frauen einer ...

Irgendwie finde ich es schon traurig, dass so ein Buch in Japan ein Nummer-1-Bestseller werden konnte. Er ist furchtbar oberflächig, gefühllos und langweilig. Es geht zum großen Teil um die Frauen einer Familie: Großmutter, Mutter, zwei Enkelinnen. Und einen Bekannten der Großmutter, der ansonsten mit der Familie überhaupt keine Berührungspunkte hat. Alle fünf Perspektiven drehen sich um Geld, ums Geldausgeben und ums Sparen. Vielleicht ist das in Japan so, vielleicht kreisen die Gedanken aller Menschen wirklich permanent um dieses Thema, aber ich fand es anstrengend.

Das Problem, das ich wahrscheinlich auch hatte, ist, dass keine Person hier irgendwie sympathisch wirkte (außer Mihos gefeuerte Arbeitskollegin) und vor allem dass es bei niemanden in irgendeiner Form in die Tiefe ging. Man hatte beim Lesen das Gefühl, dass hier Stichpunkte ähnlich einer Einkaufsliste abgehakt wurden. Miho, check. Maho, check. Kotoko, check u. s. w. Hätte kein Name dagestanden, hätte es jede dieser Frauen sein können. Und der Bekannte von Kotoko mit seiner alternativen Lebensweise wurde irgendwie nur reingefeuert, ob die Leidensfähigkeit japanischer Frauen zu verdeutlichen? Ich weiß es nicht. Es war mir auch irgendwann gleichgültig, genau wie das ganze Buch.

Veröffentlicht am 11.03.2023

Waldgrün

Silver & Poison, Band 1: Das Elixier der Lügen (SPIEGEL-Bestseller)
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Avery arbeitet in dem Pub ihres Bruders. Sie gehört zu den magischen Menschen in New York und da wiederum zu den Poisoners, diejenigen, die besonders viel mit Tränken anfangen können. Als Barkeeperin gibt ...

Avery arbeitet in dem Pub ihres Bruders. Sie gehört zu den magischen Menschen in New York und da wiederum zu den Poisoners, diejenigen, die besonders viel mit Tränken anfangen können. Als Barkeeperin gibt sie in die Getränke der Kunden immer noch einen Schuss Glück, weshalb der Laden sehr gut läuft. Da sie jedoch auch noch zur Gang eines Mafiosis gehört, mischt sie unter bestimmte Getränke auch etwas, das manche dazu bringt, diesen Mafiosi aufzusuchen - was dann ihr Todesurteil bedeutet. Als eines Tages in der Nähe des Pubs ein toter Magier gefunden wird, trifft sie unverhofft ihre Jugendliebe wieder, Detective Hayes. Da sie jetzt auf verschiedenen Seiten stehen, darf er keinesfalls auf sie aufmerksam werden - doch das wird er.

Puh. Wo fange ich an? Gut gefallen hat mir das Feeling, tatsächlich in einer echten Stadt zu sein. Nicht, dass ich mich überhaupt in New York auskennen würde, aber es wurden immer mal wieder Straßen und Locations in den Raum geworfen, die es zumindest für mich echt wirken ließen. Ansonsten konnte ich der Geschichte nicht viel abgewinnen. Mit Avery hatte ich ein ordentliches Problem. Nicht, dass sie nicht meist ganz okay rüberkam, aber als Todeshandlangerin eines Mafiatypen hatte sie schnell sämtliche Sympathiepunkte bei mir verloren. Und Hayes? Was für ein Wunderknabe! 22 Jahre alt, Schule fertig, dann jahrelang bei der Army und jetzt schon nicht nur Detective in New York, sondern sogar Leiter einer Sondereinheit. Und so männlich. Und so gut. Und nicht zu vergessen: waldgrüne Augen. Sagte ich schon waldgrüne Augen? Ich habe doch bestimmt seine waldgrünen Augen erwähnt? Aber damit ihr sie nicht vergesst: Er hat waldgrüne Augen. Wahrscheinlich haben die ihm auch geholfen, dass er die Army als Urlaubsjumpvergnügen hernehmen konnte, denn er sagt einmal zu Avery, dass er sich immer hat versetzen lassen, um irgendeinen Typen zu suchen. Das macht die Army nämlich so. Die geht auf die Wünsche ihrer Soldaten ein. Zumindest wenn sie waldgrüne Augen haben.

Eigentlich hätte mir das Verhältnis von Avery und Hayes (der eigentlich Adam Hayes heißt, aber wer hält sich schon bei dem, in den man heimlich verschossen ist, mit Vornamen auf?) gut gefallen, denn es gab so gut wie keines. Tatsächlich waren die Vibes, die zwischen Avery und dem Bodyguard ihrer neuen besten Freundin rüberkamen, bedeutend mehr von Romance geprägt als jedes Aufeinandertreffen der Poisonerin und ihrem Angebeteten, bei dem sie allerdings auch immer wieder betonen musste, wie sehr er ihr Angst einjagt. Warum eigentlich? Weil er so streng schaut? Oder waldgrüne Augen hat? Diese Antwort wird uns wohl für immer verborgen bleiben. Mir hingegen wird Teil 2 wohl verborgen bleiben, denn welche Lösung auch immer für Averys Probleme aufgefahren werden, sie werden zweifellos waldgrüne Augen beinhalten.

Veröffentlicht am 03.01.2023

Tatort Fjällbacka

Kuckuckskinder (Ein Falck-Hedström-Krimi 11)
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In Fjällbacka, einer schwedischen Kleinstadt, geht es rund. Der berühmte Autor Henning Bauer - man munkelt, er wäre der nächste Literaturnobelpreisträger - und seine Frau feiern Goldene Hochzeit. Dass ...

In Fjällbacka, einer schwedischen Kleinstadt, geht es rund. Der berühmte Autor Henning Bauer - man munkelt, er wäre der nächste Literaturnobelpreisträger - und seine Frau feiern Goldene Hochzeit. Dass zur selben Zeit ein Freund Bauers, ein angesehener Fotograf, ermordet wird, erschüttert die Gemeinde. Doch damit ist das Drama noch nicht vorbei. Während Patrik und sein Team fieberhaft in diesem Mordfall ermitteln, kommt Ericka dank der Frau des Mordopfers einem über 40 Jahre alten Fall auf die Spur. Schnell zeichnet sich ab, dass dieser was mit dem Mord zu tun haben könnte. Und dann gibt es plötzlich auf der Privatinsel Bauers noch mehr Morde ...

Puh. Also ehrlich. Ich habe schon mit einem spannenden Fall gerechnet, aber nicht damit, so viel Drama-Lama präsentiert zu bekommen. Anstrengend ist auch, dass es sich bei 60 Prozent des Buches nicht um den/die Kriminalfall/-fälle dreht, sondern um diverse Familiendramen und langweilige Probleme der Leute. Und alle sind entweder immer schrecklich verliebt oder schrecklich sauer, weil irgendwer irgendwen nicht mehr liebt Schrägstrich fremdgeht. Normale Leute scheinen weder in Stockholm noch in Fjällbacka aufzutauchen. Was mich noch mehr geärgert hat, war jedoch die Vorhersehbarkeit des Ganzen und an den Haaren herbeigezogene Erklärungen, wie etwas funktioniert haben soll. Nicht mal 1980 wäre so schlechte Polizeiarbeit durchgegangen, die hier mit einer fadenscheinigen Behauptung angeboten wird. Und geradezu amüsant war der Schluss, wo slapstickmäßig in der Wohnung eines Opfers von 1980 zur Tatzeit so viele Leute anwesend waren, dass man schon eine Drehtür hätte einbauen sollen. Alles in allem: langatmig, langweilig, vorhersehbar und vor allem oft genug unlogisch.

Veröffentlicht am 25.12.2022

Make Over

Because It's True − Tausend Momente
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Rosemary ist Lehrerin an einer kleinen Schule in einem kleinen Nest irgendwo in den USA, wo es ständig heiß ist. Sie unterrichtet Literatur und hat drei Lieblingsschülerinnen, die sich ständig anbiedern. ...

Rosemary ist Lehrerin an einer kleinen Schule in einem kleinen Nest irgendwo in den USA, wo es ständig heiß ist. Sie unterrichtet Literatur und hat drei Lieblingsschülerinnen, die sich ständig anbiedern. Ansonsten hat sie nur einen Kater und das Bedürfnis, abends zu lesen und ihre Ruhe zu haben. Jedenfalls bis zu den Ferien, als ihre drei Lieblingsschülerinnen auf die Idee kommen, ihre Lehrerin bräuchte unbedingt einen Mann in ihrem Leben (keine Ahnung, vielleicht war sie in letzter Zeit zu unentspannt und hat genervt?). Dafür muss sie ein Make Over erhalten, wofür die Mädchen einfach mal nach Feierabend bei der Lehrerin einfallen und anfangen, sie zu schminken und ihre Haare zu machen. Natürlich klappt's danach auch mit dem Nachbarn ... dem Bibliothekar, dessen bemerkenswerteste Fähigkeit ist, dass man ihn nach dem Lesen sofort wieder vergisst.

Drei Dinge sind wahr über dieses Buch: Es ist plump geschrieben, es gibt völlig übergriffige Kinder und eine seltsame erwachsene Frau, deren coolstes Attribut ist, dass sie ihren Kater Poe nennt. Gab's da noch was? Ach ja. Sheldon. Sheldon, der so dermaßen blass ist, wie sein Name schon vermuten lässt. Eine billige Geschichte, die nicht heimelig ist, sondern mir eine Gänsehaut bereitet hat. Nicht wegen der Geister, sondern des plumpen, subsmarten Mindsets. Eine Frau ist nur beachtenswert, wenn sie sich herrichtet. Es ist "niedlich", wenn sich anbiedernde Kinder einfach jemandem auf die Pelle rücken. Eine Frau braucht einen Mann. Dass alle hier ständig extrem übertrieben reagieren mit tief Luft holen, Hände in die Luft werfen (hoffentlich kamen sie wieder runter) oder sonstigem schlechten Stil ist beinahe schon obligatorisch und ändert auch nichts mehr. Fazit: Braucht kein Mensch. Nicht mal zur Weihnachtszeit.