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Veröffentlicht am 27.11.2018

Die 20er - wieder einmal

Das Palais Reichenbach
2

Nach dem enormen Erfolg der Verfilmung von Volker Kutschers „Der nasse Fisch“ fürs Fernsehen haben die 20er Jahre jetzt natürlich Konjunktur. Nur dass die Autorin ihr Augenmerk auf die Schicht des nach ...

Nach dem enormen Erfolg der Verfilmung von Volker Kutschers „Der nasse Fisch“ fürs Fernsehen haben die 20er Jahre jetzt natürlich Konjunktur. Nur dass die Autorin ihr Augenmerk auf die Schicht des nach dem verlorenen Weltkrieg entmachteten Adels legt. Aber ein Roman mit dem mehr als begrenzten Umfang von 300 Seiten hat einfach nicht die Chance, diese Vielzahl von angerissenen Themen adäquat abzuhandeln. Die materielle Gefährdung durch die drohende Enteignung, das Hochkommen radikaler politischer Kräfte, die blühende Kulturszene, die restriktive Sexualmoral - das ist schlicht zu viel für so einen kurzen Text. Was ich der Verfasserin hingegen hoch anrechne, ist ihr Verzicht auf ein happy ending. Dass die Tochter nicht ihrer Liebe folgt, dass der Chef des Hauses am Freitod des ältesten Sohnes zerbricht, dass es für den jüngeren Sohn nicht die Möglichkeit gibt, irgendwo im Geheimen ein freies Leben zu führen - das beweist, dass der Ehrgeiz der Autorin über das Schreiben eines Groschenromans hinausgeht. Natürlich sehr ironisch, dass der arme verkannte Schriftsteller sich am Ende zum Erfolgsautor mausert. Anerkennenswert, dass J. Winter ihre Geschichte nicht im luftleeren Raum ansiedelt, sondern durch vielerlei Realien tatsächlich ihre Kenntnisse über diese Epoche unter Beweis stellt

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 16.09.2018

Finsteres Manchester

Dreckiger Schnee
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Am Ende des Romans sieht sich der Leser wieder an den Anfang zurückversetzt: Aidan Waits, der taffe Polizist, ist degradiert, kaltgestellt, aber um viele Erfahrungen reicher.
Waits steckt eine Menge weg. ...

Am Ende des Romans sieht sich der Leser wieder an den Anfang zurückversetzt: Aidan Waits, der taffe Polizist, ist degradiert, kaltgestellt, aber um viele Erfahrungen reicher.
Waits steckt eine Menge weg. Ein wildes Kaleidoskop von Brutalität und Verschlagenheit zieht den Detective hinein in einen Strudel von Ereignissen, dem der Leser kaum zu folgen vermag: Rivalisierende Drogengangs, ein ‚cold case’, ein Geschwader attraktiver Mädchen, die aber kaum zu unterscheiden sind. Am Ende sind die Gangster weitgehend eliminiert, die absoluten Baddies tauchen ein wenig zu unvermittelt im Geschehen auf, und Waits zwischen Baum und Borke kann nicht einmal Genugtuung empfinden. Der Leser ist enttäuscht, weil der Autor seine erzählerischen Ambitionen nicht durchhalten kann.

Veröffentlicht am 21.08.2018

Mühsam dahinplätschernde Geschichte

Kampfsterne
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Helikoptereltern, Tigermütter, grausige Einfamilienhaus-Idyllen, Männer in den Varianten Waschlappen oder Prügel-Macho: es geht hoch her in Alexa von Hennig-Langes neuem Roman. Der flapsig-treffsicher-witzige ...

Helikoptereltern, Tigermütter, grausige Einfamilienhaus-Idyllen, Männer in den Varianten Waschlappen oder Prügel-Macho: es geht hoch her in Alexa von Hennig-Langes neuem Roman. Der flapsig-treffsicher-witzige Tonfall täuscht nicht darüber hinweg, dass diese Siedlung ein Inferno darstellt!
Doch mit fortschreitender Lektüre tritt ein gewisser Übersättigungseffekt ein: es sind halt immer die gleichen Schläge, die die Autorin austeilt. Um dem angestrebten Flair der Achtziger Jahre Genüge zu tun, dienen die weiblichen Protagonistinnen als Sprachrohr feministischer Parolen. Aber mehr als ein mildes Lächeln vermögen diese Passagen beim Leser nicht hervorzurufen. Weitgehend erschöpft sich die Atmosphäre der Epoche auf die Erwähnung solcher Kinkerlitzchen wie Hotpants oder weißen Ikea-Möbeln. Schade, die Thematik hätte eine substantiellere geistige Durchdringung verdient als diese mühsam dahinplätschernde Geschichte!