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Veröffentlicht am 27.09.2020

Ein ganz persönlicher Fall

Goldene Bremm
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Beim Saarländischen Rundfunk laufen die letzten Vorbereitungen für eine Talkshow zum Thema „Frauen in Führungspositionen“. Für die Lichtprobe setzt sich ein junger Praktikant auf den für Kommissarin Veronika ...

Beim Saarländischen Rundfunk laufen die letzten Vorbereitungen für eine Talkshow zum Thema „Frauen in Führungspositionen“. Für die Lichtprobe setzt sich ein junger Praktikant auf den für Kommissarin Veronika Hart zugedachten Platz. Nur wenige Minuten später bricht er tot zusammen.

Ein Zufall oder ein Anschlag? Hart glaubt nicht so recht daran, durchforstet aber zur Sicherheit alte Fälle, denn auch ein zweiter Anschlag scheint ihrer Person zu gelten. Gleichzeitig ermittelt sie und ihr Team auch in einen grausamen Prostituiertenmord, der in das Milieu der Bandenkriminalität zu führen scheint.

Mit „Saarperlen“ hatte die Autorin ihren ersten Band um Veronika Hart vorgelegt, den fand ich so spannend und gelungen, dass ich auf die Fortsetzung sehr gespannt war. Auch hier wurde ich nicht enttäuscht. Das Buch ist ein richtiger Page Turner, sehr temporeich und unglaublich fesselnd. Ich mochte es kaum aus der Hand legen, die kurzen Kapitel verführten dazu, immer noch eins zu lesen.

Mir gefällt die Figur der Kommissarin. Ihr Mitarbeiter fühlt sich bei der Besetzung des Chefpostens übergangen, hält Veronika für eine „Quoten-Frau“ und agiert illoyal und intrigant. Dabei bringt sie alle Voraussetzungen mit, fühlt sich aber zunehmend von der Stimmung genervt. Die persönliche Bedrohung und die Brisanz des Mords an der Prostituierten, sorgen für eine hohe Dramatik.

Der Krimi mischt viele Thriller Elemente in die Handlung, besonders wenn die perfiden Rachefantasien des Täters Veronika und ihren Freundeskreis erreichen. Auch der zweite Handlungsstrang um die Morde an den Prostituierten, die auf einen abnormen Serientäter zeigen, ist stellenweise harter Tobak und hat so gar nichts von der üblichen Gemütlichkeit eines Regionalkrimis.

Für meine Lesegewohnheiten war es schon an der Grenze, aber der Schreibstil der Autorin hat mich überzeugt. Auch gewalttätige Szenen waren nie Selbstzweck, immer psychologisch fundiert in die Handlung eingebunden.

Auch wenn es ein zweiter Band ist, der Bezüge zum vorherigen Buch hat, ist es eine völlig abgeschlossene Handlung und kann ohne Vorkenntnisse gelesen werden. Das Buch endet mit einem vielversprechenden Ausblick auf die weitere Arbeit im saarländischen Präsidium.

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Veröffentlicht am 17.09.2020

Eine Soko mit Handicap

Soko mit Handicap: Der Tote und der Taucher
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Theo, ein junger Psychologiestudent lebt in einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderung. Der Tod des Mitbewohners Mike erschüttert alle, er war zwar an ALS erkrankt, aber am Tag vorher noch munter und ...

Theo, ein junger Psychologiestudent lebt in einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderung. Der Tod des Mitbewohners Mike erschüttert alle, er war zwar an ALS erkrankt, aber am Tag vorher noch munter und beim gemeinsamen Karaokeabend bester Laune. Theo ist entsetzt, wie oberflächlich der Arzt einen natürlichen Tod konstatiert, obwohl einige Ungereimtheiten ins Auge fallen.

Zusammen mit seinen Mitbewohner will er mit der „Soko Handicap“ ein wenig tiefer bohren. Glücklicherweise ist Theos Schwester Polizistin und einige seiner Beobachtungen lassen auch bei ihr die Alarmglocken schrillen. Vor allem Autist Keno scheint etwas bemerkt zu haben, er ist vollkommen aufgelöst und spricht nur noch vom Taucher.

. Ein interessanter zweiter Handlungsstrang verweist in die Vergangenheit und man ahnt, es wird noch eine Bedeutung bekommen.

Das Setting für diesen Kriminalroman ist besonders und das ist auch die Absicht des Autors Thomas Franke. Er arbeitet als Sozialpädagoge in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung und er zeigt, dass es völlig egal ist, ob jemand „behindert“ ist oder nicht. Aber er legt den Finger auch auf Missstände und plötzlich bekommen Stichworte wie Barrierefreiheit, Pflegenotstand, Mangel an empathischem Fachpersonal eine ganz andere Bedeutung. Auf einer Fahrt in die Innenstadt habe ich plötzlich den Weg mit den Augen eines Rollstuhlfahrers betrachtet und war erschrocken, denn ich hätte mein Ziel nie allein erreichen können.

Seine Figuren wachsen dem Leser schon nach wenigen Seiten ans Herz und plötzlich vergisst man Rollstuhl oder Trisomie21, man fiebert einfach mit Theo, Lene, Paula, Scotty und Keno. Wie sie ihre Möglichkeiten und besonderen Fähigkeiten einsetzen und ermitteln, ist spannend und immer wieder auch sehr witzig. Der menschliche Ton der Geschichte hat mich sehr beeindruckt. Natürlich möchte der Autor auch eine Botschaft vermitteln und das macht er sehr unaufdringlich und ohne erhobenen Zeigefinger. Für mich war dieser Kriminalroman eine echte Bereicherung des Genres.

Die Geschichte endet offen – ein zweiter Band ist bereits in Arbeit und ich bin sehr gespannt, wie sich das Rätsel um Mikes Tod und des geheimnisvollen „Tauchers“ auflösen wird.

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Veröffentlicht am 28.08.2020

Spannender Dänemark Krimi

Helle und der falsche Prophet
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Helle Jespers, die eigenwillige Chefin einer ländlichen Dienststelle in Skagen, genießt einen Familienurlaub in Südfrankreich. Ein Anruf beendet ihre Auszeit, eine junge Frau wurde tot aufgefunden. Helle ...

Helle Jespers, die eigenwillige Chefin einer ländlichen Dienststelle in Skagen, genießt einen Familienurlaub in Südfrankreich. Ein Anruf beendet ihre Auszeit, eine junge Frau wurde tot aufgefunden. Helle fühlt sich persönlich betroffen, es ist die Tochter ihrer Nachbarn und seit Kindertagen eine Freundin ihres Sohns. Natürlich will sie ermitteln und den Nachbarn beistehen. Gleichzeitig häufen sich Meldungen von Vorkommnissen, die ein junges Paar auf der Flucht betreffen und es scheint, auch die tote junge Frau ist diesem Pärchen begegnet.

Die Ermittlerin Helle ist eine sehr sympathische Frau im mittleren Alter. Ihre Ermittlungen werden durch ihre Lebenserfahrung geprägt, sie ist empathisch aber nicht unbedingt eine Teamplayerin. Oft agiert sie eigenwillig und ohne Rücksicht auf Kompetenzen. Aber ihr Erfolg ließ ihre Vorgesetzten oft darüber hinwegsehen. Nun hat aber ihre Dienststelle eine neue Chefin bekommen und Helle bekommt Gegenwind. Diese Konflikte bereichern den Ablauf der Ermittlungen und machten für mich auch einen Teil der Spannung aus. Dazu finde ich das Thema – es geht um eine Sekte und ihren charismatischen Führer – sehr interessant.

Das Grundgerüst des Plots ist schon gekonnt aufgebaut und wird mit tollen atmosphärischen Beschreibungen Dänemarks abgerundet. Der etwas raue Norden, stürmische Herbstwinde – ich konnte mich wunderbar in die Gegend versetzen. Auch Helles Familie wird in die Handlung mit eingebaut und wirkt als Gegenpart zur reinen Polizeiarbeit. Ich habe das Buch sehr gern gelesen, genau wie seine zwei Vorgänger. Die Autorin überzeugt mich mit ihrem flüssigen Schreibstil und ihren realistisch-lebendig beschriebenen Figuren.

Ich habe ungeduldig auf den dritten Band gewartet, aber auch Erstleser werden wohl ohne Probleme mit Helle und ihren Kollegen warm werden. Das Buch hat mich wieder von der ersten Seite an in Bann gezogen und jetzt darf ich wieder mit Spannung auf die Fortsetzung warten.

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Veröffentlicht am 26.08.2020

Unter Beobachtung

Kalte Liebe in Cuxhaven
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Nina genießt nach der Trennung von ihrem Mann ihre neue Unabhängigkeit in einer hübschen Wohnung in Cuxhaven. Ihre Vermieterin ist eine reizende alte Dame, nur der plötzlich auftauchende Enkel ist ihr ...

Nina genießt nach der Trennung von ihrem Mann ihre neue Unabhängigkeit in einer hübschen Wohnung in Cuxhaven. Ihre Vermieterin ist eine reizende alte Dame, nur der plötzlich auftauchende Enkel ist ihr in höchstem Maß unsympathisch.

Doch dann schleicht sich eine Bedrohung in ihr Leben. Zuerst verstörende SMS, aber auch das Gefühl, dass jemand in ihrer Wohnung war und sie unter ständiger Beobachtung steht. Die Drohungen werden immer unverhüllter und Nina fühlt sich allein gelassen. Auch ihr sonst immer so fürsorglicher Stiefvater scheint sie und ihre Ängste nicht ernst zu nehmen.

Dieser Krimi beginnt ganz leise, mit einem Angstgefühl, dass das Leben der Protagonistin immer mehr überschattet. Die Hilflosigkeit von Nina ist sehr realistisch beschrieben und die bedrohliche Atmosphäre kommt sehr gut rüber. Auch das Gefühl, allein zu sein, weil weder Freundin noch Stiefvater eine echte Stütze sind, ist für mich richtig nachvollziehbar.

Der Autorin gelingt es mich immer wieder mit einer geschickten Wendung zu überraschen. Mir schien es von Beginn an klar zu sein, wer hinter den Drohungen steckt, aber so einfach macht es Doris Oetting den Lesern nicht, dadurch fesselte mich das Buch durchgehend. Die Figuren fand ich sehr realistisch gezeichnet, ihre Handlungen immer nachvollziehbar und schlüssig.

Das Ende des Romans ist ein dramatischer Paukenschlag, vielleicht ein wenig dramatisch für meinen Geschmack, aber durchaus logisch in der Konsequenz.

Der Kriminalroman von Doris Oetting hat mich überzeugt.

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Veröffentlicht am 18.08.2020

Allein zu Haus

Geburtstagskind (Ewert Grens ermittelt 1)
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Ein normaler Einbruch, bei dem nicht mal etwas gestohlen wurde, wäre sicher kein Fall für Ewert Grens. Es ist die Adresse, die ihn stutzig macht, denn er wurde schon einmal zu dieser Wohnung gerufen. Diesen ...

Ein normaler Einbruch, bei dem nicht mal etwas gestohlen wurde, wäre sicher kein Fall für Ewert Grens. Es ist die Adresse, die ihn stutzig macht, denn er wurde schon einmal zu dieser Wohnung gerufen. Diesen Tag wird er in seinem Berufsleben nie vergessen. Tagelang laute Musik und ein immer stärker werdender Geruch hat die Nachbarn alarmiert.

In der Wohnung findet Grens ein kleines Mädchen, das auf seine Geburtstagstorte schaut, die Kerzen längst niedergebrannt und um sie herum die Leichen der Eltern und Geschwister. Gezielt per Kopfschuss hingerichtet. Ein Fall der nie gelöst werden konnte, das kleine Mädchen wurde mit falscher Identität in ein neues Leben geschickt. Und nun holt der alte Fall Ewert Grens wieder ein.

Ich habe selten einen so beeindruckenden Auftakt zu einem Thriller gelesen, wie hier. Die Szenen mit dem Mädchen allein in der Wohnung werde ich nicht so schnell vergessen. Damit hat mich der Autor gepackt und auch im weiteren Verlauf des Buches nicht mehr ganz losgelassen.

Ich fand den Plot nicht nur aktuell und ausgesprochen realistisch, auch die Einbeziehung von realen Ereignissen hat mir gut gefallen, denn die Spuren führen in ein nicht grade rühmliches Kapitel der jüngeren europäischen Geschichte. Wie Roslund das mit seiner Story verquickt, ist schon sehr gekonnt und klug. Auch der zweite Handlungsstrang fügt sich perfekt in die Geschichte ein. Allerdings musste ich in der Mitte des Romans ein paar Längen überwinden. Klar, das Geschehen kann nicht immer so hochdramatisch bleiben und manche Szenen brauchen eben auch einen breiteren Hintergrund.

Aber bis zur spektakulären und für mich überhaupt nicht absehbaren Auflösung, hat mich der Autor wieder gepackt. Gut gezeichnete, vielschichtige Charaktere, die ich mir sehr gut vorstellen konnte und Roslunds Stil haben mir gefallen. Ich bin kein ausgesprochener Skandinavien-Thriller Fan, die meisten sind mir zu düster und zu negativ, aber hier bin ich wirklich auf meine Kosten gekommen.

Ich wusste nicht, dass dieses Buch ein zweiter Band mit Ewert Grens ist, aber ich hatte nie das Gefühl, das mir Vorwissen fehlt.
Empfehlenswert!

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