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Veröffentlicht am 23.12.2020

Weißes Pulver

Das dunkle Dorf
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Das tief verschneite Grödner Tal ist ein Idyll. Im luxuriösen Wolkenstein wird in einem Hotelzimmer der junge Dorfpolizist erschossen aufgefunden. Inspektor Grauner hat derweil noch ganz andere Sorgen. ...

Das tief verschneite Grödner Tal ist ein Idyll. Im luxuriösen Wolkenstein wird in einem Hotelzimmer der junge Dorfpolizist erschossen aufgefunden. Inspektor Grauner hat derweil noch ganz andere Sorgen. Seine Tochter Sara ist einige Tage nicht nach Hause gekommen. In ihrem Zimmer findet seine Frau Alma eine größere Menge Rauschgift, ein teuflisches chemisches Zeug, wie Grauner nach einer Analyse erfährt, das seit einiger Zeit in immer größeren Mengen den Markt überschwemmt. Offensichtlich will die Russenmafia den italienischen Organisationen den Markt streitig machen. Als dann noch Grauners Kollege Saltapepe spurlos verschwindet, ist er alarmiert. Denn Saltapepe wurde zu seinem Schutz von Neapel nach Südtirol versetzt, weil er maßgeblich an der Verhaftung eines Mafiabosses beteiligt war. Das alles kann kein Zufall sein.

Lenz Koppelstätters Südtirol Krimis haben mir immer sehr gut gefallen. Sie passten mit ihrem Protagonisten Grauner, der lieber Bauer als Kriminalkommissar ist, gut in die Landschaft. Dieses Mal wird Südtirols Ferienidyll gebrochen, dabei existiert das Idyll ja nur noch in den Köpfen. Längst ist auch der Luxus bis in die abgelegenen Täler vorgedrungen. Und wo viel Geld im Spiel ist, ist auch das Organisierte Verbrechen – sprich Mafia – nicht weit.

In diesem neuen Band geht es sehr viel härter zu. Grauner muss zusammen mit seiner Frau Alma seine Tochter suchen, ganz offensichtlich sind sie in die Fänge der Mafia geraten. Er weiß nicht, wem er in der Dienststelle trauen kann, auch die Staatsanwaltschaft ist ihm suspekt. Dazu kommen die Sorgen um den Kollegen Saltapepe. Zu oft hat er von undichten Stellen und fatalen Verbindungen gehört.

Seine Suche führt ihn bis nach Neapel und hier bekommt der Südtirol Krimi eine weitere Wendung. Unerhört spannend geschrieben, hat mich die Geschichte nicht mehr losgelassen. Ganz besonders gefiel mir der Part Grauners. Er, der Südtirol nur sehr ungern verlässt, muss nach Neapel, muss sich auf das organisierte Verbrechen und den Drogenhandel einlassen, immer mit dem Wissen im Hintergrund, in welcher Gefahr seine Familie und sein Kollege schweben.

Der Plot ist wirklich vielschichtig und der Autor gibt in diesem Band auch mal der Kollegin Tappeiner mehr Raum, so dürfen sie und Saltapepe auch aus Grauners Schatten treten.

Wieder hat mich Koppelstätter mit seinem Krimi überzeugt.

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Veröffentlicht am 07.12.2020

Nur ein Augenblick

Der Moment zwischen den Zeiten
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Eine nicht mehr ganz junge Frau, Ärztin auf der Frühchenstation im Krankenhaus, lebt seit Jahren mit ihrem Freund Mauro. Sie sitzen im Restaurant beim Mittagessen und zum Schluss eröffnet er ihr fast beiläufig, ...

Eine nicht mehr ganz junge Frau, Ärztin auf der Frühchenstation im Krankenhaus, lebt seit Jahren mit ihrem Freund Mauro. Sie sitzen im Restaurant beim Mittagessen und zum Schluss eröffnet er ihr fast beiläufig, dass er sich trennen möchte. Er hat eine neue Beziehung, es ist etwas Ernstes und es soll schnell gehen. Paula ist wie versteinert und das ist erst der Anfang: kurz danach hat Mauro einen tödlichen Verkehrsunfall.

Nur Mauros Freund und Geschäftspartner weiß von der neuen Beziehung. Für alle anderen ist Paula die Hinterbliebene, die trauernde Frau. Doch in ihrer Trauer ist so viel mehr, da ist Wut auf Mauro, Wut auf die unbekannte neue Freundin, vielleicht auch Wut auf sich, weil sie nichts merkte. In ihren Schmerz mischen sich Erinnerungen an den allzu frühen Tod ihrer Mutter, ihre Einsamkeit als Jugendliche. Jetzt zieht sie sich wieder völlig in sich zurück und versucht der Stille durch endlose Schichten im Krankenhaus zu entgehen.

Aber sie beginnt auch die Vergangenheit zu hinterfragen, hat sie Mauro eigentlich je richtig verstanden? Hat sie ihn geliebt?

Es sind die unmittelbaren Monate nach dem schmerzhaften Ende einer Beziehung um die dieser Roman kreist. Der Schmerz, die Verletzung, die Wut, all diese Gefühle sind in Paula und bewegen ihre Gedanken und ihr Handeln. Es ist quälend darüber zu lesen, aber auf eine empathische Art quälend. Ich habe mich sehr in die Protagonistin hineinfühlen können.

Der Autorin gelingt es trotz des Themas einen poetischen Erzählton zu finden. Die Szenen auf der Frühgeborenenstation sorgen auch immer wieder für zärtliche Augenblicke und Paula findet dort Ruhe und zu sich selbst. Ich fand den Roman sehr empathisch erzählt und die Entwicklung der Protagonistin sehr nachvollziehbar. Die verschiedenen Phasen der Trauer, von Verzweiflung und Schuldgefühlen bis hin zum neu erwachenden Optimismus und Lebensmut sind realistisch und fesselnd erzählt.

Das Buch hat mich wirklich berührt.

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Veröffentlicht am 28.11.2020

Der Tote vom Goloring

Sturm über der Eifel
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Am Goloring, auch Eifel-Stonehenge genannt, lehnt ein Toter am Stamm einer Eiche, er ist barfuß und in Fellkleidung. Kein Ötzi, sondern Leonhard Schmidt, Naturkundler, Esoteriker und selbsternannter Schamane. ...

Am Goloring, auch Eifel-Stonehenge genannt, lehnt ein Toter am Stamm einer Eiche, er ist barfuß und in Fellkleidung. Kein Ötzi, sondern Leonhard Schmidt, Naturkundler, Esoteriker und selbsternannter Schamane. Ein seltsamer Fall für Kommissarin Tanja Marx, zur Unterstützung holt sich sie sich Dorfsheriff Peter Claes. Der ist zwar behäbig – um es nett auszudrücken – und meist in Gedanken an eine nächste Eroberung, aber kennt sich aus mit dem Dorfgefüge und den Eiflern.

Die beiden offiziellen Ermittler können wenig Sympathiepunkte verbuchen. Tanja ist einfach kein Landmensch, bei ihr muss es schnell gehen und genauso schnell bildet sie sich ihre Meinung. Dabei ist sie im Augenblick auch privat sehr abgelenkt, ihr Bruder, ein BW-Soldat, kehrte schwerverwundet aus Afghanistan zurück und Claes hat meist eh nur sein nächstes Date im Kopf.

Für Ella Danz scheint der Mordfall in ihrem Dorf wie ein Déjà vu. Sie ist nach einem Burnout in die Eifel gekommen um wieder zu sich selbst zu finden hat sich inzwischen als „Kräuterhexe“ schon einen Namen in der Umgebung gemacht. Sie kannte Leonhard von einer kurzen Begegnung und fühlte sich von ihm angezogen, eine verwandte Seele, wie ihr schien. Nun beginnt sie, wie schon beim letzten Fall, in den sie involviert war, auf eigene Faust zu ermitteln. Denn der harschen, kurz angebunden Tanja Marx und dem bequemen Claes traut sie nicht. Die Spuren sind weit verzweigt, war Leonhard als engagierter Naturschützer dem neuen Energieriesen im Weg?

Auch in ihrem zweiten Fall lässt Katja Kleiber der Eifel und ihren Bewohnern breiten Raum. Sie schildert die Landschaft, die Menschen und ihre Befindlichkeiten. Das lässt die Umgebung ihres Krimis sehr deutlich werden und gibt einen schönen Rahmen. Ella Danz ist eine Sympathieträgerin, wie sie ihr neues Leben eingerichtet hat, gefällt mir. Sie wirkt zwar immer noch ein wenig angeschlagen, aber man spürt, dass sie in der Eifel geerdet ist. So gelingt es ihr so manche Spur zu finden, die die Polizei nicht verfolgte. Allerdings bringt sie sich auch in Gefahr, wie ein Überfall auf sie bestätigt.

Ein wenig mehr Tempo hätte dem Krimi zwar nicht geschadet, trotzdem habe ich das Buch ganz genussvoll gelesen. Katja Kleiber schreibt unterhaltsam und flüssig, verliert sich dann doch manchmal ein längeren Beschreibungen oder Nebensächlichkeiten. Das trägt aber durchaus zum Lokalkolorit bei. Ich würde den Krimi fast gemütlich nennen, ohne einen negativen Eindruck erwecken zu wollen.

Der Plot wurde sehr schlüssig und in manchen Teilen auch sehr überraschend aufgeklärt, ein stimmiges Ende für diesen Eifelkrimi.

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Veröffentlicht am 12.11.2020

Sehr bewegend

Trümmermädchen
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Seit ihre Tante den Bäcker Matthias geheiratet hat, fand die kleine Anna ein liebevolles und im wahrsten Wortsinn ein warmes Zuhause. Sie verbringt glückliche Kinderjahre, auch wenn die Zeiten nicht einfach ...

Seit ihre Tante den Bäcker Matthias geheiratet hat, fand die kleine Anna ein liebevolles und im wahrsten Wortsinn ein warmes Zuhause. Sie verbringt glückliche Kinderjahre, auch wenn die Zeiten nicht einfach sind. Auch als ihre beste Freundin Ruth plötzlich verschwindet und die Wohnung der Kohns nur noch ein Trümmerfeld ist, fühlt sie sich in ihrem Zuhause sicher. Doch dann wird der Onkel doch noch eingezogen und sie und die Mutter müssen das Haus und die Bäckerei verlassen, das Haus ist ausgebombt.

Harte Trümmerjahre und der alltägliche Kampf um ein wenig Essen und ein bisschen Wärme prägt Annas Jugendzeit. Aber die Menschlichkeit und Liebe, die sie erfahren hat, lässt sie Unrecht und Not ertragen und offen für das Leid der Mitmenschen zu bleiben.
Ich habe einen Roman gelesen, der sich auch als Zeitbeschreibung lesen lässt. Die Autorin hat die die Kriegs- und Nachkriegsjahre sehr realistisch eingefangen und alles hätte sich auch so in Köln oder anderen Städten ereignen können. Eine sehr warmherzige und anrührende Geschichte, die mich so richtig gepackt hat. Anna ist die prägende Figur in diesem Roman, aber auch die anderen Protagonisten, besonders die Tante, haben mir sehr gut gefallen. Die Hunger- und Kältejahre nach Kriegsende sind realistisch erzählt, beim täglichen Kampf um das Notwendigste kann man nicht unberührt bleiben. Hier merkt man deutlich, dass die Autorin auf Familienerinnerungen zurückgreifen kann, denn sie und die Mutter stammen ebenfalls aus einer Bäckerfamilie. Diese Nähe spürte man in diesem Buch, ganz besonders bei kleinen alltäglichen Begebenheiten.

Die farbige Erzählweise macht den Roman zu einem richtigen Pageturner, der Überlebenswille und Kampfgeist Annas haben mir so gut gefallen, dass ich auch über einige Längen im letzten Drittel sehr gut hinweglesen konnte. Natürlich darf es ein glückliches Ende geben, das hat ein Roman dem echten Leben manchmal voraus.

Mir hat dieser Roman mit zeitgeschichtlichem Hintergrund sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 12.11.2020

High Society

Mord beim Diamantendinner - Ein Fall für Jackie Dupont
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Mondän, stylish und mit allen Wassern gewaschen – das ist Jackie Dupont, die amerikanische Privatermittlerin, die sich auf Juwelenraub spezialisiert hat.

So trifft sie in 1920 in London ein, bei einer ...

Mondän, stylish und mit allen Wassern gewaschen – das ist Jackie Dupont, die amerikanische Privatermittlerin, die sich auf Juwelenraub spezialisiert hat.

So trifft sie in 1920 in London ein, bei einer exklusiven Party des Kronprinzen wurde eine wertvolle Krone der Königinmutter gestohlen und ihr Auftrag ist es, diskret und erfolgreich den Juwelenraub aufzuklären. Kurzerhand lädt Jackie alle Gäste noch einmal für ein Wochenende auf einen feudalen Landsitz ein. Das ideale Umfeld für sie, um den Gästen aus Adel und Society auf den Zahn zu fühlen. Doch ein Gast überlebt das Wochenende nicht und auch Jackie ist in Gefahr. Gut, dass sie nicht allein ermitteln muss. Denn der Duke of Surrey ist sich sicher, in Jackie seine vermisste Frau Diana wiederzuerkennen, die seit dem Untergang der Titanic vermisst wird. Deshalb ist es ihm nur mehr als recht, an ihrer Seite zu ermitteln.

Die Frage ist sie’s oder ist sie’s nicht zieht sich sehr vergnüglich durch das Buch, dieses Geplänkel amüsierte mich köstlich. Ebenfalls mit spitzer Feder sind die anderen Charaktere gezeichnete, der gesetzte Butler des Dukes oder die liederliche Kronprinz, die gesetzten Sekretäre – egal welche Figur ich auch nehme, sie allesamt der Autorin sehr gut gelungen.

Ich habe erst beim Lesen realisiert, dass das zweite Buch um Jackie Dupont ist, aber ich hatte keine Schwierigkeiten in die Geschichte zu finden.

Der Krimi hat nicht nur einen interessanten Plot, ist durchweg sehr spannend und was mir besonders gefiel, eine sehr spritzig-elegante Erzählweise. Genau wie es zu den Roaring Twenties und zur englischen High Society passt. Ein wenig erinnerte mich die Figur der Jackie Dupont an die australische TV Serie um Miss Fisher.

Ein rundum gelungener Krimi, der mir sehr viel Lesevergnügen beschert hat.

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