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Veröffentlicht am 10.09.2020

Elwenfelser Tröpfchen

Rebenopfer
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Carlos Herb ist Ex-Polizist und verdient nun seine Brötchen als Privatdetektiv. Ein gut dotierter Routineauftrag führt ihn in die Pfalz. Der schwerreiche Unternehmer Strobel ist seit fast 3 Jahren verschwunden ...

Carlos Herb ist Ex-Polizist und verdient nun seine Brötchen als Privatdetektiv. Ein gut dotierter Routineauftrag führt ihn in die Pfalz. Der schwerreiche Unternehmer Strobel ist seit fast 3 Jahren verschwunden und wurde dort zuletzt gesehen. Seine Ehefrau will endlich Gewissheit und ans Erbe.

Carlos macht sich also auf in die Pfalz und der Zufall verschlägt ihn ins winzige Weinnest Elwenfels und damit fast in eine andere Dimension. Großstädter und Biertrinker versus Weinliebhaber und Dörfler, da sind Reibungen programmiert.

Das Buch hat mich komplett überrascht. Ich hatte einen Regionalkrimi mit der üblichen Mischung aus Ermittlungen und Lokalkolorit erwartet, aber die Autoren haben mich in eine besondere Geschichte geführt. Carlos taucht fast in eine Parallelwelt ein, als hätte ihn ein weißer Hase ins Wunderland mitgenommen. Statt des Hutmachers gibt es eine Miederwarenverkäuferin und eine böse Königin konnte ich auch ausmachen. Sogar die Existenz der Elwetritsche kann er nicht mehr anzweifeln. Dieses fabelhafte Wesen, eine Mischung aus Huhn, Ente und Frau weist ihm schon mal den Weg. Seine Erlebnisse und seine Erkenntnisse sind nicht für ihn nicht immer zu fassen, aber je näher er dem Wein und den Elwenfelsern kommt, desto näher kommt er seinem Auftrag. Aber was heißt schon Auftrag, wenn man mal ein in Paradies schauen durfte.

Die Habekosts haben mich in eine märchenhafte Welt entführt und mit jeder Seite die Lust an den Menschen und der Landschaft geweckt. Was kann es Schöneres geben, als im Herbst mit einem Dubbeglas ein Weinschorle zu trinken und die Langsamkeit des Seins zu genießen. Das hat der Leser mit dem Protagonisten Carlos gemeinsam.

Die Liebe zur Pfalz, ihren Eigenheiten, ihrem Dialekt ist richtig greifbar und das macht den Charme des Buches aus. Es wird auch spannend, auch wenn der Kriminalfall ganz anders ausgeht, als erwartet und als Leserin kann ich nur hoffen, dass es Carlos bald wieder mal Elwenfels führt. Es gibt doch sicher noch einige Geheimnisse, die zu lüften sind.

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Veröffentlicht am 09.09.2020

Ein Preuße ermittelt in München

Der falsche Preuße
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Wilhelm Freiherr von Gryszinski, durch und durch preußisch, kommt zur Jahrhundertwende als Sonderbeamter nach München. Er soll im bayrischen Königreich die modernen Ermittlungsmethoden der Kriminalpolizei ...

Wilhelm Freiherr von Gryszinski, durch und durch preußisch, kommt zur Jahrhundertwende als Sonderbeamter nach München. Er soll im bayrischen Königreich die modernen Ermittlungsmethoden der Kriminalpolizei einführen, also Spurensuche, Fingerabdrücke und was es sonst als technische Neuerungen gibt.

Wider Erwarten gefällt ihm und seiner kleinen Familie der Aufenthalt im sinnenfrohen München sehr gut. Besonders die Küche hat es ihm angetan und seine Besuche auf dem Viktualienmarkt gehen nie ohne ein paar Schmankerln ab.

Dann sein erster Mordfall: Der bekannte Bierbeschauer Sperber wird tot an der Isar gefunden, eingehüllt in ein exzentrisches Cape aus Federn. Die Spuren sind ausgefallen, Gryszinski meint den Abdruck eines Elefantenfußes zu erkennen. Als Bierbeschauer hat Sperber sicher eine Menge Feinde, denn sein Urteil über die Reinheit des Biers kann über den Erfolg der Brauer entscheiden.

Bei seinen Ermittlungen trifft Gryszinski auf den neureichen „Exilpreußen“ Lemke, der seit seiner Heirat mit einer Brauereierbin im Geschäft mitmischen will.

Der historische Kriminalroman war ein Lesevergnügen von der ersten Seite an. Ein Zeit- und Sittenbild vom München des beginnenden 20. Jahrhunderts, farbig und lebendig beschrieben aus der Sicht eines preußischen Offiziers. Der Zusammenprall von bayrischer Gemütlichkeit und preußischer Korrektheit ergeben immer wieder witzige Szenen. Vor allem, wenn Gryszinski im Lauf der Zeit immer mehr zur bayrischen Lebensfreude neigt. Ich habe mich dabei bestens unterhalten. Uta Seeburg hat sich Figuren ausgedacht die lebensecht und mit vielschichtigen Charakteren ausgestattet.
Besonders gelungen fand ich seinen Gegenspieler, den dubiosen Geschäftsmann Lemke, der sich mit seinem Reichtum seine Bubenwünsche erfüllt. Seine Villa gleicht einem überdimensionalen Spielzimmer mit Eisenbahnwaggon, U-Boot und Fesselballon und vielen technischen Spielereien. Auch Gryszinskis Ehefrau ist toll porträtiert. Zwar scheint sie immer in einem Roman versunken zu sein, aber ihre Hinweise bringen ihn oft auf eine neue Spur.

Für mich war dieser historische München-Krimi eine richtige Entdeckung.

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Veröffentlicht am 12.08.2020

Ein Modehaus in Berlin

Das Lichtenstein - Modehaus der Träume
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Das Modehaus Lichtenstein in Berlin ist eine der ersten Adresse für Damenmoden. Konservativ in der Führung durch Vater Friedrich und Sohn Ludwig. Für Sohn Jacob Lichtenstein ist es schwierig, seine modernen ...

Das Modehaus Lichtenstein in Berlin ist eine der ersten Adresse für Damenmoden. Konservativ in der Führung durch Vater Friedrich und Sohn Ludwig. Für Sohn Jacob Lichtenstein ist es schwierig, seine modernen Vorstellungen durchzusetzen und der Konkurrenz der neuen Warenhäuser Wertheim und Tietz etwas entgegen zu setzen.

Hedi beginnt als Ladenmädchen in der Krawattenabteilung, aber schnell fällt ihr Blick für Mode und für Schnitte auf, sie freundet sich mit Thea, einer der Näherinnen an. Doch ein verheerender Brand scheint alle Pläne zu durchkreuzen.

Die Jahre 1913-1918 sind der zeitliche Rahmen, in dem das Buch – Auftakt zu einer Trilogie – spielt. Eine turbulente Zeit in der neue Technik, Erfindungen sich Bahn brechen und der Weltkrieg das noch junge Jahrhundert beutelt. Das stellt die Autorin sehr lebendig und farbig dar, vor allem gelingt es ihr das Leben der „kleinen Leute“ sichtbar zu machen. Der historische Hintergrund des Romans, das Berlin vor 100 Jahren mit den gesellschaftlichen Verwerfungen, der Aufbruchsstimmung und auch der anfänglichen Kriegsbegeisterung haben mir gut gefallen und mich in die Zeit versetzt.

Man merkt, dass das Handlungsgerüst für mehrere Bände angelegt wurde, eine ganze Reihe von Figuren werden vorgestellt, Handlungsstränge angerissen und der Grundstock für weitere Entwicklungen skizziert. Sehr hilfreich ist dabei das ausführliche Personenregister, das dem Buch vorangestellt wurde.

Der Roman ist flüssig geschrieben, hatte für mich aber in der Detailfülle der einzelnen Handlungsstränge manchmal Längen, die wohl dem Gesamtprojekt geschuldet sind. Meine Haupt- und Sympathiefiguren waren unbestritten Jacob und Hedi. Aus zwei unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, aber einig in ihrer Begeisterung für Mode, sind sie für mich die Ankerpunkte in dieser Geschichte.

Das Buch ist schön erzählte Historie mit lebendigen Charakteren und spannenden Konflikten, es macht neugierig auf die Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 05.08.2020

Zimmerpflanzen für jede Ecke

Plant Love
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immerpflanzenbücher gibt es fast unüberschaubarer Auswahl, doch hat mich die Neuerscheinung aus dem Ulmer Verlag „Plant Love“ von Alys Fowler neugierig gemacht. Hauptsächlich wegen des Untertitels: Pflanzen ...

immerpflanzenbücher gibt es fast unüberschaubarer Auswahl, doch hat mich die Neuerscheinung aus dem Ulmer Verlag „Plant Love“ von Alys Fowler neugierig gemacht. Hauptsächlich wegen des Untertitels: Pflanzen für jede Ecke. Denn ich habe einige Ecken in meiner Wohnung, die durch ungünstige Lichtverhältnisse nicht einfach sind.

Das quadratische Paperback liegt gut in der Hand und ist reichhaltig illustriert. Es beginnt mit einem Pflanzenfinder, der nach den Standortwünschen wie Sonne, Halbschatten, Schatten sortiert ist. Kleine Symbole kennzeichnen die Herkunft der Pflanzen – ob Wüsten oder Regenwald. Im folgenden Teil „Zimmerpflanzen ein Zuhause geben“ erzählt die Autorin eher allgemeines und da hatte ich das Gefühl dass hier eher Anfänger angesprochen werden. Genau wie das Kapitel „Pflanzennachwuchs aus der Küche“, denn mit Zitronen-,Orangen- und Avocadokernen haben es schon viele versucht.

Wichtig und ausführlich sind die Pflanzenportraits. Hier werden Zimmerpflanzen und ihre Varietäten vorgestellt, ihre Ansprüche an Licht und Wasser erklärt, auf häufige Pflegefehler hingewiesen und vieles mehr. Da kann ich mir vorstellen, dass ich hier öfters nach Rat suchen werde.

Gut gefallen hat mir auch, dass sich die Autorin auf Zimmerpflanzen beschränkt, die man im gut sortierten Gartenfachhandel bekommt. Was nützen die schönsten Beschreibungen, wenn es sich um Exoten handelt, die normal Sterbliche kaum erwerben können.

Ein wenig ausführlicher hätte auf Krankheiten und Schädlinge eingegangen werden können. Hier vermisste ich Fotos von Blattschäden und unerwünschten Bewohnern.

Insgesamt macht das Buch einen kompetenten Eindruck, was man beim renommierten Ulmer Verlag auch voraussetzt. Ich würde es eher als Buch für Anfänger ansehen, die wenig Erfahrung haben und an ihrem „Grünen Daumen“ arbeiten möchten. Aber auch erfahrene Zimmergärtner finden noch viele hilfreiche Tipps.

Veröffentlicht am 28.07.2020

Hochzeitsvorbereitungen

Der Trauzeuge - Liebe und andere Handicaps
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Kirby Matthews ist leid immer nur Single Gast bei den Hochzeiten ihrer Freunde zu sein und mitleidig betrachtet zu werden, wenn sie den Brautstrauß fängt. Dabei ist sie seit einem Jahr mit Ted zusammen, ...

Kirby Matthews ist leid immer nur Single Gast bei den Hochzeiten ihrer Freunde zu sein und mitleidig betrachtet zu werden, wenn sie den Brautstrauß fängt. Dabei ist sie seit einem Jahr mit Ted zusammen, doch leider in einer Fernbeziehung. Er arbeitet und lebt in Silicon Valley, sie in Jersey City. Die wenigen gemeinsamen Wochenende und die Bildtelefonate sind kein guter Ersatz. Doch dann macht Ted ihr den ersehnten Heiratsantrag und voller Freude stürzt sich Kirby zusammen mit Teds bestem Freund John auf die Hochzeitsvorbereitungen. John ist eine Überraschung für sie, er sitzt im Rollstuhl, ist abweisend und zynisch und doch hat er vieles gemeinsam mit Kirby, wie sie allmählich feststellt.

Die Geschichte ist locker und unterhaltsam geschrieben und hat doch etwas Besonderes, was ich bei dieser Art Romane nicht unbedingt erwartet hätte: Sie thematisiert Behinderung und unseren Umgang damit.

Die Autorin lässt abwechselnd Kirby in der Ich-Form von ihren Begegnungen erzählen und beide haben natürlich vollkommen unterschiedliche Auffassungen. Bei John dominiert anfangs der zynische und abweisende Ton, er stößt Kirby immer wieder vor den Kopf, was aber auch Selbstschutz für ihn ist. Sein Zustand wird nicht romantisiert und beschönigt, er ist in vielem auf fremde Hilfe angewiesen und verabscheut das gleichzeitig.

Kirby dagegen ist erst mal glücklich und es dauert eine ganze Zeit, bis sie bemerkt, dass sie mit Ted überhaupt keine Gemeinsamkeiten hat, dass ihre Beziehung eigentlich auf die Distanz möglich war. Während Ted immer ein wenig von oben herab über ihren Filmgeschmack und ihre Vorlieben urteilte, ist sie mit John auf Augenhöhe.

Ich finde es ganz gelungen, wie die Autorin in ihren Unterhaltungsroman auch ein ernstes Thema einbringt, das mich berührte ohne dass die Geschichte in Kitsch abgleitet. Besonders mit John ist ihr auch eine gute Personenzeichnung gelungen. Bei Kirby fragte ich mich allerdings, warum in so vielen Romanen die Heldinnen immer Cupcake Bäckerinnen sein müssen.

Ich bin auf dieses Buch durch einige Rezensionen aufmerksam geworden und kann den positiven Eindruck dieser Besprechungen nur bestätigen.

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