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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.07.2019

Von Gegnern zu Verbündeten

Fünf Sterne für dich
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Von Gegnern zu Verbündeten, so scheint es Pia und Konrad zu gehen. Pia ist als Seiteneinsteigerin Lehrerin geworden und bekommt nun ihre erste Klassenleitung, zusammen mit Tom Wohlfahrt, der ihr als pädagogischer ...

Von Gegnern zu Verbündeten, so scheint es Pia und Konrad zu gehen. Pia ist als Seiteneinsteigerin Lehrerin geworden und bekommt nun ihre erste Klassenleitung, zusammen mit Tom Wohlfahrt, der ihr als pädagogischer Mentor zur Seite gestellt wurde. Konrads Tochter ist in Pias Klasse und so trifft er sie am ersten Elternabend. Pia ist engagiert, will neue Konzepte ausprobieren, agiert aber noch manchmal unsicher. Das entgeht Konrad nicht, der ein einfaches Weltbild aufgebaut hat. Er vergibt für alles und jeden Sterne, im Geist formuliert er seine Bewertungen – und das macht er auch beruflich. Er schreibt professionelle Rezensionen für Online Shops, meist euphorische, denn schließlich wird er von den Herstellern bezahlt. Pia kommt nicht so gut weg, obwohl er sie recht ansehnlich findet. Aber er lässt sich übertölpeln und sieht sich plötzlich zum Elternsprecher gewählt.
Als Pia zufällig Konrads Notizen findet, sinnt sie auf Rache und überhäuft ihn mit unsinnigen Aufgaben, aber als ein Schüler gemobbt wird, wird ausgerechnet Konrad zu ihrem Verbündeten.
Charlotte Lucas hat ihre Geschichte hübsch ausgedacht, gerade die Szenen am Elternabend sind komisch und dem Leben abgeschaut. Konrad muss natürlich erst noch einmal richtig wachgerüttelt werden, dabei merkt er, dass seine Tochter Mathilda längst nicht mehr das kleine Kind ist, wie er es immer gern hätte. Es macht Spaß zu lesen, wie Konrad aus seiner Komfortzone gerissen wird und wie aus der unsicheren Pia eine selbstbewusste junge Frau wird.
Die Figuren sind allesamt sehr sympathisch und liebenswert, selbst die als Gegenpart notwendigen nervigen oder unangenehmen Charaktere haben Potential. Nebenbei wird auch das Thema Mobbing sehr gut geschildert, wie schnell aus einem Schüler ein Außenseiter werden kann, ist realistisch und deshalb auch erschreckend. Gleichzeitig zeigt die Autorin auch, wie Jugendlichen damit umgehen können. Das bleibt aber alles im Rahmen einer flufflig leichten Liebesgeschichte, wie der Titel schon verrät.
Ein richtiges Wohlfühlbuch mit vielen komischen Szenen und einem gelungenen Happy End.

Veröffentlicht am 14.07.2019

Habe ich gern gelesen

Ostseeangst
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Erzieherin Becca Merthien unternimmt mit ihrer Wohngruppe eine mehrtägige Kajakfahrt. Die Jugendlichen sollen Vertrauen fassen und noch mehr als Team zusammen finden. Aber das wird schwierig, schon während ...

Erzieherin Becca Merthien unternimmt mit ihrer Wohngruppe eine mehrtägige Kajakfahrt. Die Jugendlichen sollen Vertrauen fassen und noch mehr als Team zusammen finden. Aber das wird schwierig, schon während dem ersten Tag merkt Becca, dass sie sich zu viel vorgenommen hat. Als am Abend in der Asche des Lagerfeuers eine menschliche Hand gefunden wird, ist die Situation kaum noch unter Kontrolle.

Pia Korittke von der Lübecker Mordkommission beginnt mit ihren Ermittlungen. Am nächsten Tag ist die Erzieherin verschwunden und weitere Leichenteile tauchen auf. Die Jugendlichen mauern und die Ermittlungen sind schwierig, vor allem weil Pia ziemlich auf sich allein gestellt ist. Ihr Vorgesetzter will sie aus den Ermittlungen ausschließen, weil sie ihm nach einem privaten Trauerfall zu labil erscheint und zieht auch die Kollegen auf seine Seite.

Ich hatte am Anfang einige Startschwierigkeiten, aber das lag sicher nicht am Reihencharakter, auch wenn es der 14. Band mit der Protagonistin ist. Obwohl ich nur einen oder zwei der Vorgänger gelesen hatte, bin ich mit den Personen gleich wieder vertraut geworden und hatte nie das Gefühl, dass mir Basiswissen fehlt. Erst beim zweiten Anlauf bin ich über den Prolog hinausgekommen, aber dann hat mich die Geschichte richtig gepackt.

Bald schon stellt sich heraus, dass Pia tief in der Vergangenheit der Personen graben muss um Antwort auf viele Fragen zu bekommen und das nicht alles so ist, wie es den Anschein hat. Der Plot ist wirklich sehr spannend aufgebaut und nimmt immer wieder eine trickreiche Wendung, nie ist die Lösung vorhersehbar. Ein zweiter Handlungsstrang führt auf einen Bauernhof. Die zwei Söhne des Landwirts könnten unterschiedlicher nicht sein und auch hier spürt Pia, dass es viele Ungereimtheiten gibt. Raffiniert führt die Autorin die beiden Teile zusammen und lässt ihre Leser sehr lange rätseln, bis sich der Fall sehr schlüssig löst.

Wie immer hat mir der Erzählton gefallen. Überwiegend wird aus der Sicht von Pia Korittke erzählt, die mit Widerständen im Kommissariat kämpfen muss, als sich ihr Fall mit LKA Ermittlungen überschneidet und sich der Kollege anfangs auch noch als Ekelpaket entpuppt. Da sie auch die Bedürfnisse ihres kleinen Sohnes nicht vernachlässigen will, steht sie immer unter Rechtfertigungszwang, wenn sie ihre Arbeitszeiten einhalten will. Diese Frauenfigur ist wirklich wie aus dem realen Leben geschnitten und das hat mir besonders gut gefallen.

Ein empfehlenswerter Krimi, auch für Neueinsteiger.

Veröffentlicht am 09.07.2019

Schweinereien

Mord auf Portugiesisch
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Seit seinem 18. Lebensjahr, also seit 20 Jahren gehört es zu Inspektor Fernando Valentes Aufgaben als ältester Sohn der Familie im Winter das gemästete Schwein zu schlachten. Doch dieses Jahr ist alles ...

Seit seinem 18. Lebensjahr, also seit 20 Jahren gehört es zu Inspektor Fernando Valentes Aufgaben als ältester Sohn der Familie im Winter das gemästete Schwein zu schlachten. Doch dieses Jahr ist alles anders. Nicht nur, dass er Raquel mit der Flasche aufgezogen hat – das hat er schon öfters gemacht und trotzdem keine Skrupel gehabt – aber zu diesem Schwein hat der eine besondere Beziehung. Kurzerhand behauptet er, Raquel hätte enorme Talente im Spurensuchen und befördert es zum ersten Polizeischwein Portugals.


Aber als dann eine Frau beim Angeln von den Klippen stürzt, benimmt sich Raquel sehr seltsam und Fernando stellt sich die Frage: war es Unfall oder Mord? Wenn sich das Schwein bewährt, ist es vor dem Schlachter sicher. Aber sonst droht doch die Verwurstung.
Der Krimi spielt im Alentejo, in einer Gegend Portugals, die noch nicht von Touristen überlaufen ist. Zwischen den Korkeichenwäldern liegen die Dörfer im Dornröschenschlaf. Fernando fühlt sich dort wohl, er hat nicht den Ehrgeiz seiner Schwester Patricia, die auch seine Chefin im Polizeidienst ist.

Das Buch ist eine Kreuzung aus urkomischen Dorfleben und spannendem Krimi. Mit Raquel gibt es auch eine tierische Protagonistin, die ihren menschlichen Mitstreitern nicht nachsteht. Die Kombination mit Fernando ergibt ein gelungenes Ermittlerpaar. Denn auch wenn der Inspektor nicht der begnadetste Polizist Portugals ist, sein Schwein weist ihm immer mal wieder eine Spur.
Liebevoll beschriebenes Lokalkolorit zeichnet diesen Krimi aus. Genau wie bei den Portraits der manchmal kauzigen und schlitzohrigen Bewohner, merkt man, dass die Autorin die Gegend und ihre Menschen kennt und liebt.


Die Mischung von Humor und Spannung ist gelungen. Es hat mir „tierischen“ Spaß gemacht mit Raquel auf Spurensuche zu gehen und bin schon gespannt, ob ihre Karriere im Polizeidienst eine Fortsetzung findet.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Bei Einbruch Liebe

Rendezvous mit Lou
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Das Cover beschwört sofort in einer hübschen Zeichnung Pariser Flair. Die junge Dame auf dem Titelbild, die kokett zur Sonnenbrille greift, erinnert mich dagegen an die berühmte Szene mit Audrey Hepburn. ...

Das Cover beschwört sofort in einer hübschen Zeichnung Pariser Flair. Die junge Dame auf dem Titelbild, die kokett zur Sonnenbrille greift, erinnert mich dagegen an die berühmte Szene mit Audrey Hepburn. Und genau diese Figur hatte ich bei der Beschreibung der Protagonistin Lou Derisbourg von Anfang an vor Augen.
Olivier, ihr Liebhaber ist zwar verheiratet, aber das ist nur noch eine Formsache, einen Verlobungsring mit Diamant hat er ihr schon überreicht. Nur noch 2-3 Wochen, dann sieht die Welt für Lou paradiesisch aus. Sie wird ihr Journalistikstudium beendet haben und mit Olivier ihr Liebesglück. Aber dann bekommt Olivier einen bedeutenden Preis verliehen, kündigt dem Publikum in seiner Dankesrede den langersehnten Nachwuchs mit der geliebten Gattin an und Lous Welt bricht in tausend Splitter. Weil sie temperamentvoll wie Vulkan ist, produziert ihr Zusammentreffen mit dem Ehepaar einige skandalöse Schlagzeilen und will sie nicht vor der Prüfung von der Journalistenschule fliegen, muss sie sich beweisen. Ihre Dozentin gibt ihr eine Chance:ein Interview mit dem geheimnisumwitterten Unternehmer Frédéric d’Arambault muss es sein, nicht einfach, denn der Mann verabscheut die Öffentlichkeit und die Presse.
Zwischen Lou und Frédéric fliegen die Fetzen, aber jeder Leser weiß schnell, dass die gezeigte Abneigung eigentlich etwas ganz anderes ist. Die Zähmung der Widerspenstigen ist seit Shakespeare ein amüsantes Thema im Liebesdrama und es gibt unzählige Variationen. Die Autorin jedenfalls hat offensichtlich sehr viel Spaß an ihrem Stoff gehabt und das spürt man in jeder Zeile. Voller Esprit und Witz entwickelt sich die Geschichte, die einige Anleihen an den Film „Pretty Woman“ macht, aber so charmant, dass ich es eher als Hommage sehe.
Natürlich war von der ersten Zeile an klar, dass es ein Happy End geben muss, Paris ist ja nicht nur im Film die Stadt der Liebe. Den Weg dorthin hat Fabienne Brouillard mit leichter Hand gewiesen. Der Roman ist duftig und leicht und ein reines Lesevergnügen und genau das, was ich mir unter einer spritzigen Liebeskomödie vorstelle.

Veröffentlicht am 03.07.2019

Havanna im Herzen

Nächstes Jahr in Havanna
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In ihrem Herzen fühlt sich Marisol als Kubanerin, obwohl sie schon in der 2. Generation in Miami lebt. Aber ihre Großmutter Elisa hat ihr die Liebe zur Heimat eingepflanzt. Elisa musste als junge Frau ...

In ihrem Herzen fühlt sich Marisol als Kubanerin, obwohl sie schon in der 2. Generation in Miami lebt. Aber ihre Großmutter Elisa hat ihr die Liebe zur Heimat eingepflanzt. Elisa musste als junge Frau von Kuba fliehen, die Eltern gehörten zur reichen Klasse und standen Battista nah, als sich die Revolution unter Castro und Che abzeichnete, wurde es gefährlich für die Familie. Politik war nie Elisas Thema, sie lebte in Luxus und abgeschottet von normalen Leben. Dann lernt sie einen Mann kennen, sie ist fasziniert von seinen Ideen und seinen politischen Zielen, auch sie wird allmählich kritischer, aber die Flucht der Familie reißt sie auseinander.
Ein ganzes Leben später erfüllt Marisol ihren letzten Wunsch, ihre Asche soll auf Kuba verstreut werden. Marisol findet Aufnahme im Haus von Elisas Jugendfreundin Ana und verliebt sich in ihren Enkel Luis. Es scheint, als ob sie die Geschichte ihrer Großmutter wiederholt….
Man spürt in diesem Roman aus jeder Seite die Liebe der Autorin zu Kuba, den Menschen dort und deren karibischen Lebensgefühl, das auch nach Jahrzehnten von Mangel und Misswirtschaft ungebrochen ist. Mir schien, sie hat die eigene Sehnsucht nach der Heimat ihrer Familie in ihrer Protagonistin Marsisol ausgedrückt.
Die Geschichte ist in zwei Zeitebenen angesiedelt, das vorrevolutionäre Havanna im Jahre 1958, das Elisa erlebt und das Havanna im Jahr 2917, als Marisol als Touristin die Stadt erlebt. Die Rückblenden haben mich fasziniert, viel zu wenig wusste ich von den revolutionären Umbrüchen der Insel und hatte Castro immer nur als Greis mit Bart im Gedächtnis. Wie die Menschen die Revolution feierten, eine neue Zukunft erhofften und im Lauf der Jahre immer ernüchterter wurden, ist farbig und lebendig erzählt. Ich fühlte mich nach Kuba versetzt.
Marisols Geschichte ist mir im Gegensatz dazu fast zu blass erschienen, die Liebesgeschichte mit Luis war eigentlich unausweichlich und sollte wohl Dramatik in den Handlungsstrang bringen, obwohl dafür auch schon ein altes Familiengeheimnis sorgte, welches meiner Meinung nach aber in die Kategorie Klischee fällt.
Aber der Roman lebt von seinem Temperament und den stimmungsvollen Beschreibungen, er hat mir trotz meiner kleinen Kritikpunkte sehr gut gefallen und gut unterhalten. Die Autorin ist ganz dicht an ihrem Thema und bringt es warmherzig ihren Lesern nah. Ganz besonders die geschichtlichen Hintergründe haben mich interessiert und fasziniert.