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Veröffentlicht am 31.05.2020

Schöne Unterhaltung

Der Sommer der Islandtöchter
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Zwei Lebenskrisen zwingen Hannah Leopold zu einer Auszeit, ihre Karriere als Konzertviolinistin wurde nach einer missglückten Handoperation beendet und ihre Ehe mit dem Dirigenten Nils scheiterte, nicht ...

Zwei Lebenskrisen zwingen Hannah Leopold zu einer Auszeit, ihre Karriere als Konzertviolinistin wurde nach einer missglückten Handoperation beendet und ihre Ehe mit dem Dirigenten Nils scheiterte, nicht zuletzt auch daran. Nun will sie mit ihrem kleinen Sohn ein Jahr auf Island verbringen.

Vierzig Jahre früher erlebt Monika einen schicksalhaften Sommer in Island. Kurz vor ihrer Hochzeit macht sie Ferien mit den Eltern, die langjährige Geschäftsfreunde besuchen. Sie begegnet Kristjan und erlebt eine kurze rauschhafte Liebe, die am Veto der Eltern scheitert und Monika lässt sich von den Konventionen fesseln, ein isländischer Fabrikarbeiter und eine deutsche Fabrikantentochter gehen 1978 nicht zusammen.

Beide Frauen erleben in Island einen dramatischen Einschnitt in ihr bisheriges Leben, in beiden Schicksalen spielt die Liebe eine Rolle und Hannah ahnt nicht, wie nah ihr Leben ihrer Mutter Monika verknüpft ist.
Ein schön geschriebener Roman, der mich auch angenehm unterhalten hat, denn ich liebe Island und kenne die Insel von eigenen Reisen. Die Verknüpfung und Zusammenführung der zwei Handlungsstränge ist der Autorin sehr gut gelungen, auch wenn mir die Auflösung schon sehr früh klar wurde. Das war allerdings nicht unbedingt ein Manko, es macht mir sogar Spaß, wenn ich mehr weiß, als die beteiligten Figuren.

Monikas Verhalten im Jahr 1978 war mir zwar nicht immer verständlich, als junge, immerhin schon volljährige Frau, lässt sie sich komplett von den Eltern führen. Das schien mir zwar mehr 50iger Jahre-Stil, wurde aber für die folgenden dramatischen Ereignisse benötigt.

Island als Hintergrund, die Landschaft und die Menschen sind schön beschrieben, wecken Fernweh und lassen ahnen, wie sehr die Autorin diesem Land verbunden ist.

Natürlich gibt es ein Happy End, Hannah findet einen neuen Weg für sich und auch die Vergangenheit wird versöhnlich aufgearbeitet. Das rundet diesen Roman ab, der Romantik und Dramatik wohl dosiert verbindet und gelungene Unterhaltung bietet.

  • Einzelne Kategorien
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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.05.2020

Die Wölfe kehren zurück

Verlorenes Vernègues
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Das alte Vernègues ist nach einem Erdbeben eine Geisterstadt. Die Menschen haben sich längst eine neue Siedlung gebaut und doch geht von den Ruinen eine geheimnisvolle Faszination aus. Eine Seismologin ...

Das alte Vernègues ist nach einem Erdbeben eine Geisterstadt. Die Menschen haben sich längst eine neue Siedlung gebaut und doch geht von den Ruinen eine geheimnisvolle Faszination aus. Eine Seismologin streift regelmäßig durch die Ruinen, genau wie ein Ufologe, der hier seltsamen Lichterscheinungen nachgeht.

Aber auch Wölfe scheinen in diesen Teil der Provence zurückgekehrt und versetzen Bauern und Schäfer in Schrecken. In einer winterkalten Nacht wird Capitaine Blanc und sein Mitarbeiter Tonon ins alte Vernègues gerufen. Ein Schäfer meldet den Verlust von 12 Schafen, allesamt von einem Wolfsrudel gerissen. Sofort schließen sich die Jäger zusammen, die Wölfe müssen ausgerottet werden. Die schießwütigen Jäger machen Blanc mehr Angst als die Wölfe.

Der Krimi beginnt sehr gemächlich, aber auch stimmungsvoll. Rademacher erzählt viel über die Konflikte von Mensch und Wolf, lässt die Urängste bei den Menschen begreiflich werden. Mit einer Försterin, Madame Hulot, die engagiert für die Tiere eintritt, kommt eine Gegenspielerin ins Spiel. Hulot ist vielleicht sogar ein wenig naiv charakterisiert, wirkt aber gegen das Rudel der alten Männer, die nie ohne Waffe in den Wald gehen und ihr Recht auf die Jagd vehement verteidigen, erfrischend sympathisch. Es dauert lange, bis weit über die Hälfte des Buchs, bis der erste Mord geschieht und Blanc seine Stärken als Ermittler einsetzen kann.

Natürlich fehlt auch nicht ein machtbewußter Bürgermeister, bei dem man sofort an Vetternwirtschaft, wenn nicht gar Korruption denkt und der ständig versucht Blanc Steine in den Weg zu legen. Für ihn zählt allein die nächste Wahl, die er wie gewohnt gewinnen möchte.

Der Krimi ist ein totaler Gegensatz zum letzten von mir gelesenen Fall Blancs, wo er fast atemlos mit seiner Affäre, der Madame le Juge, durch Arles hetzte. Überhaupt wird das Privatleben von Roger Blanc ein wenig familiärer, seine Tochter ist zu Besuch, er pflegt auch außerhalb allmählich Kontakte. Das seltsam unterkühlte, nur in einer Beziehung leidenschaftliche Verhältnis zu Aveline Vialaron-Allègre nimmt weniger Raum ein, als in früheren Bänden. Was ich durchaus positiv finde, denn ich fand diesen Handlungsstrang ein wenig ausgereizt.

Mir hat der Krimi ganz gut gefallen, er spielt geschickt mit den Urängsten und dem Aberglauben der Menschen, bis es nach einem langen Vorlauf ein sehr schnell zur Auflösung kommt. Ich mag Rademachers Stil und auch die Einbeziehung der Provence in die Handlung. Allerdings war es für mich nicht der beste Band aus der Reihe.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.05.2020

Familiengeheimnisse

Die Lilienbraut
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Die junge Nellie Voss arbeitet in den 40iger Jahren als Bürohilfe beim angesehenen Parfümhersteller 4711, ein älterer sympathischer Mitarbeiter erkennt ihre feine Nase und ihr Gespür für Duftkompositionen. ...

Die junge Nellie Voss arbeitet in den 40iger Jahren als Bürohilfe beim angesehenen Parfümhersteller 4711, ein älterer sympathischer Mitarbeiter erkennt ihre feine Nase und ihr Gespür für Duftkompositionen. Privat leidet Nellie an ihrer großen, doch unerreichbaren Liebe. Ihre Familie wird in den Strudel der Kriegswirren gezogen und ganz besonders um ihren jüngeren Bruder Martin muss sie fürchten.

In der Gegenwart verschlägt es die junge Niederländerin Liv nach Ehrenfeld. Eine Erbschaft ihrer Tante Wimme war an die Bedingung geknüpft, dass sie nach Köln zieht. Liv hat ebenfalls eine Leidenschaft für Düfte und Aromen. Ihr Ziel, ein kleines Parfümgeschäft, in dem sie jeder Kundin den passenden Duft kreieren kann. In diesem jungen, lebendigen Stadtteil findet sie das passende Umfeld, obwohl nicht jeder sie mit Offenheit empfängt.

Ehrenfeld in den 40iger Jahren und in der Gegenwart. Das sind die Handlungseckpunkte des neuen Familienromans von Teresa Simon. Wie immer stehen Frauen im Mittelpunkt, die ihr mit innerer Kraft die Herausforderungen ihres Lebens meistern müssen.

Das ist die Stärke der Autorin: Vergangenheit und Gegenwart mit persönlichen Schicksalen zu in einer spannenden Geschichte zu verknüpfen. Ihre Beschreibungen sind sehr lebhaft und farbig und ihre Heldinnen werden sogleich zu Figuren, zu denen man eine besondere Beziehung aufbauen kann.

Es ist nicht der erste Roman der Autorin den ich lese und wie immer habe ich mich dabei sehr gut unterhalten gefühlt, auch wenn ihr routinierter Erzählstil mir schon sehr früh die Richtung der Geschichte weist. Teresa Simon schreibt einen sehr angenehmen und lockeren Stil, der leicht zu lesen ist. Dabei flicht sie auch viele interessante Details in die Handlung ein, hier zum Beispiel die Geschichte der Kölner Firmen 4711 und Farina und die Auswirkungen der Kriegszeit auf Köln.

Der Handlungsstrang der Gegenwart wird zu einer kleinen Liebeserklärung an den einstigen Arbeiterstadtteil Ehrenfeld, der heute jung, bunt und multikulturell ist. Das hat mir gut gefallen.

Kurz: Gelungene Unterhaltung

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Veröffentlicht am 08.05.2020

Schuldig

Blutige Düne
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Liv Lammers hat ein gespaltenes Verhältnis zu Sylt. Sie liebt die Insel, auf der sie geboren und aufgewachsen ist, doch ein schlimmer Zwist mit der Familie führte zum endgültigen Bruch. Allerdings gehört ...

Liv Lammers hat ein gespaltenes Verhältnis zu Sylt. Sie liebt die Insel, auf der sie geboren und aufgewachsen ist, doch ein schlimmer Zwist mit der Familie führte zum endgültigen Bruch. Allerdings gehört Sylt zu ihrem Zuständigkeitsbereich als Kommissarin. Als nun in Tinnum, ausgerechnet in der Mörderkuhle ein Toter gefunden wird, an einen Baum gefesselt und mit schwarzem Nagellack „Schuldig“ auf seiner Brust geschrieben steht, kehrt sie zurück.

Der Tote gehörte zu einer Rockergang und war Geschäftsführer eine Tabledance-Bar. Alle Hinweise führen in ein Milieu, das man auf Sylt nicht erwartet hätte, aber Geld ist, ist auch das organisierte Verbrechen nicht weit. Illegales Glückspiel, Prostitution und Bandenkrieg machen eben auch vor einer Urlaubsidylle nicht halt. Als noch ein zweiter Überfall nach dem gleichen Muster geschieht, werden Livs Ermittlungen kompliziert, zumal sich eine SOKO für organisiertes Verbrechen vom LKA einmischt, besonders der Leiter agiert unsäglich arrogant und will Liv und ihr Team möglichst klein halten.

Außerdem eskaliert auch der Streit mit ihrem Vater, der seine Macht auch an Livs Tochter Sanna demonstrieren will.

Viele Baustellen, viele Handlungsstränge und viele Personen. Das ist eigentlich nicht schlecht und verspricht viel Spannung. Das garantieren die Bücher von Sabine Weiss immer, es ist schließlich schon der vierte Band mit Liv Lammers. Aber für mich war es nicht der Beste. Die Beschreibungen aus dem Rocker- und Prostititionsmilieu sind wohl sorgfältig recherchiert und zwangsläufig führt das auch zu harten Szenen, aber die Figurenzeichnung ist mir dieses Mal zu klischeehaft geraten. Da wird wirklich nichts ausgelassen. Der Familienzwist der Lammers zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bücher und man erfährt in jedem Buch ein weiteres Detail, aber es ergeben sich keine Konsequenzen daraus.

So interessant ich diese Familienkonstellation finde und sie trägt auch zum Verständnis von Livs Charakter bei, so denke ich doch, dass es allmählich zu einer klaren Entscheidung kommen müsste. Aber auch dieses Mal endet dieser Handlungsstrang mit einem Cliffhänger, was mich trotz meiner kleinen Kritikpunkte schon dem nächsten Band entgegenfiebern lässt.

Sehr gelungen – wie in jedem Band – sind die Sylt Beschreibungen. Da kann die Autorin sofort die Insel lebendig werden lassen und Bilder in meinem Kopf hervorzaubern. Diese Atmosphäre schätze ich sehr.

Gegen Ende nimmt die Geschichte noch einmal ordentlich Tempo auf und die Auflösung ist gelungen, die ganzen Fäden, die zwischendurch arg zerfasert wirkten, werden schlüssig zusammengeführt. Kleine Hinweise waren schon früh eingestreut, deren Bedeutung aber erst im Laufe der Handlung sichtbar werden.

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Veröffentlicht am 16.04.2020

Passion in Oberammergau

Kreizkruzefix
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Kurz vor der Premiere der Oberammergauer Passionsspiele wird das Unternehmerpaar Thaller grausam ermordet. Gefunden werden die Leichen von der Metzgerin Theres Hack, die zwar Einheimische ist, aber im ...

Kurz vor der Premiere der Oberammergauer Passionsspiele wird das Unternehmerpaar Thaller grausam ermordet. Gefunden werden die Leichen von der Metzgerin Theres Hack, die zwar Einheimische ist, aber im Dorf genauso als Außenseiterin angesehen wird die Thallers. Die haben nämlich ihre alte, unrentable Landwirtschaft aufgegeben und mit der Destillation von Gin einigen Erfolg erzielen können. Das ist natürlich ein Dorn im Auge der Dörfler, genau wie Theres‘ Lebensweg, die nicht nur den Ort zum Studium verlassen hat und nach ihrer Rückkehr die heimische Metzgerei total umkrempelte. Alles Bio und kein Schweinefleisch mehr.

Weil Theres die örtliche Polizei nur allzu gut kennt, verlässt sie sich auf ihren eigenen Riecher und wird tiefer hineingezogen, als sie sich das vorstellen konnte. Zwischen Neid und Gier, Frömmigkeit und Heuchelei spitzt sich die Lage bis zur Premiere zu.

Wer einen Regionalkrimi erwartet, wie man ihn zur Genüge kennt, wird sicher überrascht werden. Monika Pfundmeier bürstet das Genre gründlich gegen den Strich. Das beginnt bei der Sprache, die zwar auch mit Dialekt und ortstypischen Ausdrücken garniert ist, aber gar nichts Volkstümliches hat. Die Dialoge sind kurz, und der Erzählstil wirkt etwas spröde und bruchstückhaft. Nachdem ich mich eingelesen hatte, konnte ich dem auch etwas abgewinnen.

Gleich zu Beginn werden die handelnden Personen genannt und kurz charakterisiert. Das kennt man aus Film und Theater. Auch die Kapitelüberschriften erinnern an ein Drehbuch. Da werden Ort und handelnde Personen genannt und Assoziation mit einem Drehbuch passt. Für den Leser funktioniert mit den einzelnen Szenen auch das Kopfkino.

Der Plot ist ganz raffiniert gestaltet, obwohl ich schon früh einen Verdacht hatte, (der sich auch bestätigte) war ich schon auf Ablauf und Hintergründe gespannt. Nicht ganz so gut gefallen haben mir einige Figuren, die waren mir zu überzeichnet und in ihrer Charakterisierung nicht ganz schlüssig.

Mal ein anderer Regionalkrimi, der auch schon mit der Ausstattung aus der Reihe fällt. Der grüne Farbschnitt korrespondiert mit der Titelgestaltung, das finde ich originell und gelungen.

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