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Veröffentlicht am 29.11.2018

Familiengeschichte

Mädelsabend
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Mit 88 und 90 Jahren zieht das Ehepaar van Rennings in eine Seniorenresidenz. Ruth blüht richtig auf. Endliche Freunde und Menschen um sie herum, ein Singkreis und vieles mehr. Ihre Ehe war lieblos, ihr ...

Mit 88 und 90 Jahren zieht das Ehepaar van Rennings in eine Seniorenresidenz. Ruth blüht richtig auf. Endliche Freunde und Menschen um sie herum, ein Singkreis und vieles mehr. Ihre Ehe war lieblos, ihr Ehemann war der „Herr im Haus“ und lebte das auch aus. Seine Frau durfte keine Entscheidung treffen, zusammen mit dem unleidlichen Schwiegervater hat er ihr elterliches Vermögen an sich gebracht und ihren Willen gebrochen. Kein Wunder das Walter den Aufenthalt in der Seniorenresidenz nicht genießt, die Freiräume seiner Frau sieht er mit Widerwillen.
In Rückblenden und Erinnerungen erfahren wir viel über Ruths Leben in den vergangenen Jahrzehnten, ihre kleinen Rebellionen, wie sie aber auch bei Widerstand sofort einknickt und sich in ihre Rolle fügt. Wie sie selbst sagt, hatte sie keinen Kampfgeist. „Sie war die Frau, die sich mit dem zufrieden gibt, was sie hat.“
Sara ist Ruths Enkelin, sie hat es nicht leicht, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Als sie die Möglichkeit erhält in Cambridge ein Forschungsstipendium zu bekommen und ihre Habilitation voranzutreiben, wird ihre Partnerschaft auf eine harte Probe gestellt.
Zwei Frauen, durch 6 Jahrzehnte voneinander getrennt, sehen sich vor ähnliche Probleme gestellt. Anne Gesthuysen hat einen Roman geschrieben, der sich leicht und unterhaltsam liest, aber nicht nur zwischen den Zeilen den Geschlechterkampf thematisiert. War in den 50iger Jahren noch per Gesetz die Frau als rechtloses Wesen ihrem Gatten unterstellt, ist es heute der vielfache Druck der auf berufstätigen Frauen lastet. Wie sollen sie ihre eigenen Karrierewünsche verwirklichen, wenn Partner und Kind darunter leiden? Geht das denn überhaupt ohne ein permanentes schlechtes Gewissen?
In Sara und Ruth hat die Autorin die Rolle der Frauen verdichtet, deshalb wirkten die Figuren auch für mich etwas überladen und manche Szene zu melodramatisch. Aber Denkanstöße bringt jeder Absatz. Gerne hätte ich etwas mehr von Sara gelesen, deren Entscheidungen und deren Leben kam, besonders im letzten Drittel, zu kurz. Deshalb wirkten zwei entscheidende Szenen mit Sara und ihrem Ehemann aufgesetzt und übertrieben, denn Entwicklung bis zu den Ausbrüchen fehlte völlig.
Ich finde den Roman durchaus gelungen und die Denkanstöße lassen ihn nachwirken. Dennoch wurden meine Erwartungen an das Buch nicht ganz erfüllt.
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Veröffentlicht am 27.11.2018

Das Haus im Wald

Das Haus der Malerin
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In den 70iger Jahren lebt Rose Martineau mit ihrer Familie in Surrey ein behagliches und harmonisches Familienleben. Diese Welt gerät jäh aus den Fugen, als Robert Martineau in einen unappetitlichen Skandal ...

In den 70iger Jahren lebt Rose Martineau mit ihrer Familie in Surrey ein behagliches und harmonisches Familienleben. Diese Welt gerät jäh aus den Fugen, als Robert Martineau in einen unappetitlichen Skandal verwickelt wird und Rose erkennen muss, wie betrogen und belogen sie seit Jahren wurde. Nun ist auch ihre Großmutter verstorben und zum Erbe gehört ein Haus, von dem Rose nie etwas wusste. „The Egg“ ist ein Werk des als Architekt berühmten Urgroßvaters. In den Unterlagen erfährt sie, dass es ursprünglich ihrer Großtante gehörte, von deren Existenz sie nicht mal wusste. Es ist eine Ablenkung für sie, auf den Spuren der Schwestern nachzugehen.
So pendelt die Handlung zwischen den 40iger und 70iger Jahren. Beide Zeitebenen sind geschickt verwoben und je mehr Rose über die Geschichte ihrer Familie erfährt, desto mehr findet sie auch Parallelen zu ihrem Leben.
Ein Frauenroman, der wirklich gut unterhält. Die zwei Protagonistinnen werden für die Leser immer plastischer, je weiter man in ihr Schicksal eintaucht. Judith Lennox weiß, wie sie ihr Publikum fesseln kann und ich habe das Buch gerne gelesen. Besonders farbig und spannend sind die Abschnitte in der Vergangenheit, die die junge unangepasste Künstlerin Sadie zum Thema haben.
Bei Rose habe ich mich etwas schwerer getan, ich musste mir immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass der Handlungsstrang in 1970 auch schon fast historisch ist. Denn wie sich Rose emanzipiert und nach dem Betrug ein selbst bestimmtes Leben aufbaut, erschien mir wenig zu betulich, aber es ist auch der Zeit geschuldet. Spannung wird durch die geheimnisvolle Atmosphäre im alten Haus erzeugt, die auch Rose bei ihren Erkundigungen spürt.
Ich fand das Buch sehr angenehm zu lesen und es hat mich auch gut unterhalten, aber trotzdem wollte der Funke einfach nicht überspringen und ich bin den beiden Frauen nie so wirklich nahe gekommen.

Veröffentlicht am 19.11.2018

Tödliche Entspannung

Monaco Horizontale
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Schon zum zweiten Mal verstirbt in den Armen Violettas ein Kunde. Kein gutes Gefühl für die Dame des Gewerbes und vor allem keine Werbung für das renommierte Haus im Rotlichtviertel Münchens. Sie und ihre ...

Schon zum zweiten Mal verstirbt in den Armen Violettas ein Kunde. Kein gutes Gefühl für die Dame des Gewerbes und vor allem keine Werbung für das renommierte Haus im Rotlichtviertel Münchens. Sie und ihre Kolleginnen sind verunsichert, auch in einem anderen Club gibt es einen Toten und da beschließt Violetta einen Detektiv einzuschalten.

Hans Josef Strauß betreibt zusammen mit Kumpel Quirin eine Privatdetektei und dieser Auftrag ist so ganz nach ihrem Geschmack, vor allem was die Vorort-Recherchen angeht.

Monaco Horizontale ist ein kleiner und frecher Krimi mit hohem Humorfaktor. Der Autor - den Kabarettisten kann er nicht ganz verleugnen - baut viele urkomische Szenen ein und spielt mit Sprache und Dialekten. So bei Hans Josef, der zwar aus Westfalen stammt, sich aber durch und durch bayrisch fühlt und seinen Kumpel Quirin mit seiner Interpretation von Dialekt auf die Palme bringt.

Ein Restaurantbesuch beim Inder birgt ebenfalls viel Raum für Sprachwitz, genau wie die Akzente der diversen Damen. Die Recherchen in den betroffenen Clubs bringen nicht nur Quirin viel Erkenntnisgewinn zu den Feinheiten des Gewerbes, sie bringen die beiden Detektive auch auf eine heiße Spur.

Ein Krimi mit ganz viel München Feeling, unterhaltsam, ein bisserl pikant und ein bisserl spannend, manchmal auch hart an der Grenze zum Klamauk. Eher eine Hommage an die Stadt und die Menschen, die allesamt als witzige und schlagfertige Typen gezeichnet sind, was ich bei meinen Aufenthalten in der Stadt allerdings nicht unbedingt so erleben durfte.
Also nicht so ganz ernst nehmen, sondern sich unterhalten lassen.

Veröffentlicht am 12.11.2018

Geschichte und Geschichten

111 schaurige Orte in der Steiermark, die man gesehen haben muss
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111 schaurige Orte in der Steiermark? Gibt es denn überhaupt so viele? Ja, die gibt es und der Autor Robert Preis, der sonst im Krimigenre zuhause ist, hat sie hier gesammelt. Es sind die traditionellen ...

111 schaurige Orte in der Steiermark? Gibt es denn überhaupt so viele? Ja, die gibt es und der Autor Robert Preis, der sonst im Krimigenre zuhause ist, hat sie hier gesammelt. Es sind die traditionellen Spukhäuser und alten Sagen von Hexen und dunklen Mächten, die in den ländlichen Gebieten tief im Volksglauben verwurzelt sind. Aber auch Schauplätze von längst vergangen Türkeneinfällen haben sich im kulturellen Gedächtnis eingeprägt. Aber Preis richtet sein Augenmerk auch auf jüngere Vorkommnisse, auch in der Steiermark gibt es viele, manche noch ungesühnte, Schauplätze von NS Grausamkeiten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Ich fand es interessant, was der Autor alles gesammelt und kurz vorgestellt hat. Sehr hilfreich ist eine Karte am Ende des Buches, die eine gute Übersicht bietet. Jede Geschichte wird mit einem, die Atmosphäre des Ortes aufgreifendem Bild abgerundet, deren düstere Farbgebung die Geschichte noch unterstreicht. Dazu kommen kurze Infos zu Gemeindeämtern und jeweils ein Tipp was in der näheren Umgebung noch ansehens- und erlebenswert ist. Das hat mir gut gefallen, von diesen Tipps hätten es durchaus mehr sein können.
Der Führer ist eine ideale Ergänzung zur Reiselektüre und richtet sein Augenmerk nicht nur auf schaurige, sondern manchmal auch traurige Begebenheiten, bei denen man innehalten kann.
Die „111 Orte“ Reihe des Verlags hat hier mit den schaurigen Orten eine weitere Ergänzung gefunden.

Veröffentlicht am 06.11.2018

Berge und Bomben

Im Schnee wird nur dem Tod nicht kalt
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Weihnachten. Kommissar Jennerwein hat sein Team auf seine Berghütte geladen, dort soll in der Einsamkeit der Berge gefeiert werden, inklusive Überraschungsgast. Einzige Bedingung, es darf nicht gefachsimpelt ...

Weihnachten. Kommissar Jennerwein hat sein Team auf seine Berghütte geladen, dort soll in der Einsamkeit der Berge gefeiert werden, inklusive Überraschungsgast. Einzige Bedingung, es darf nicht gefachsimpelt werden.

Aber schon die Anreise gestaltet sich schwierig, Jennerwein verliert den Schlüssel im Tiefschnee, Maria und Nicole nehmen den falschen Weg und geraten auf einen Bergpfad, wo es nicht mehr weitergeht, aber alle gelangen endlich wohlbehalten zur Hütte, wo sich dann die Feier ganz anders gestaltet als geplant.

Eine Ahnung von Gefahr ist in der Atmosphäre, spürbar, aber nicht greifbar. So nimmt der Abend seinen Verlauf. Jennerwein erzählt aus seiner Schulzeit, von einem Streich in der Adventszeit der nie aufgeklärt wurde. Diese Berichte wechseln sich mit den Geschehnissen in der Hütte ab und bald wird klar, dass es einen Zusammenhang gibt. Außerdem sucht eine gejagte Frau Hilfe und verbirgt sich nahe der Berghütte. Dazwischen kurze Einschübe über Mordarten und Bombenentschärfung. So bewegt sich die Handlung auf drei – vier Ebenen, die sich allmählich verknüpfen.

Der neue Maurer ist eine Hommage an Jennerwein und sein Team, skurril und voller schräger Ideen. Alle liebgewonnen Personen bekommen einen kleinen Auftritt, auch die Graseggers dürfen natürlich nicht fehlen. Mauer gibt auch ein paar Einzelheiten aus Jennerweins bisher sehr geheimnisvollem Privatleben preis. Der Krimi – er ist wirklich einer und dazu noch spannend, auch wenn er anders beginnt, geht ein wenig die Grenzen des Genres hinaus. Hier schlägt wohl die kabarettistische Ader des Autors durch. Aber das sehr gekonnt und auch sehr witzig, besonders im zweiten Teil des Buches wird es immer turbulenter und temporeicher, streift aber manchmal die Grenze zum Klamauk.

Nach Startschwierigkeiten hat mir der neue Jennerwein gut gefallen.