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Veröffentlicht am 15.02.2023

Großartige Pflichtlektüre

Zu viele Männer
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Dieses Buch habe ich endlich, nach ca. 15 Jahren, aus meinem Regal befreit. Damals wollte ich es unbedingt haben, daran erinnere ich mich noch, warum war mir allerdings entfallen. Eine jüdische Autorin ...


Dieses Buch habe ich endlich, nach ca. 15 Jahren, aus meinem Regal befreit. Damals wollte ich es unbedingt haben, daran erinnere ich mich noch, warum war mir allerdings entfallen. Eine jüdische Autorin aus New York… vom Titel her vielleicht was Feministisches?Egal, es ist 5 cm dick und ich brauche Platz im Regal, also „auf geht‘s“!
Und nun war ich drei Tage lang im Polen der Jahrtausendwende, zusammen mit Ruth und ihrem einundachtzigjährigem Vater, der das Todeslager Birkenau überlebt hat und nach dem Krieg zusammen mit seiner Frau nach Australien ging, wo Ruth zehn Jahre später das Licht der Welt erblickte. Heute ist sie eine erfolgreiche New Yorker Geschäftsfrau und muss sich finanziell keine Sorgen machen. Aber andere Dinge treiben sie um, Fragmente von Erzählungen ihrer Eltern über das Grauen, das sie erlebt haben, noch mehr aber die nicht erzählten Dinge. Es zieht sie nach Polen, den Geburtsort ihrer Eltern, sie will Antworten. Ihre Mutter verstarb mit sechzig Jahren, sie kann sie nicht mehr fragen. Verwandte gibt es keine, niemand sonst hat überlebt. Sie schafft es, ihren Vater zu überreden sie zu begleiten. Diese Reise ist schmerzhaft und aufwühlend, aber auch wutmachend und manchmal ein wenig skurril.
Die Ähnlichkeiten in der Biografie von Ruth zur Biografie von Autorin Lily Brett sind sicher kein Zufall, und auf jeder der 655 Seiten spürt man die Authentizität der inneren Monologe, der Dialoge mit dem Vater, der Trauer, der Wut aber auch des Humors.
Lily Brett schafft einen Mix von Gefühlen im Leser zu verursachen, der einen mitreißt, man spürt mit den Protagonisten, man lacht und schämt sich und trauert mit ihnen.
Wenn man die Kunst des Erzählens in zehn Ebenen einteilen würde, hätte dieses Buch auf allen Ebenen eine Plus Eins verdient und hätte ich auch nur ansatzweise etwas zu sagen, dann wäre dieses Buch Pflichtlektüre an allen Schulen. Besser und zeitgemäßer kann man Geschichte und ihre gesamte emotionale Auswirkung nicht vermitteln… unterhaltsamer wohl auch nicht.
Danke Frau Brett… und Entschuldigung, dass ich es jetzt erst gelesen habe.
Danke Melanie Walz für die tolle Übersetzung!

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Veröffentlicht am 13.02.2023

Roadtrip mit Segeln

Du hast gesagt, es ist für immer
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Wie so oft (nein, ich kann es nicht oft genug erwähnen) klaffen auch hier Buchtitel und -cover der deutschen Version hart vom Original auseinander. Leider vermittelt die deutsche Variante den Eindruck ...

Wie so oft (nein, ich kann es nicht oft genug erwähnen) klaffen auch hier Buchtitel und -cover der deutschen Version hart vom Original auseinander. Leider vermittelt die deutsche Variante den Eindruck eines kitschigen Schmalzschmökers, was aber nicht mal ansatzweise hinkommt.
Auf der einen Seite haben wir es hier mit einem Roadtrip mit Segelboot zu tun, der so entzückend und wunderschön ist, dass man einfach sofort Lust auf genau diese Reise bekommt.
Auf der anderen Seite ist es die Geschichte zweier gebrochener Seelen, die durch Zufall aufeinander treffen und diese Reise gemeinsam bestehen. Ganz ohne Kitsch und Klischees und das hat für mich das Lesen doppelt so angenehm gemacht.
Ein ruhiges, unaufgeregtes Buch über starke Emotionen, deren Verarbeitung und wunderschönen Schauplätzen, die Fernweh erzeugen - toll übersetzt von Sonja Rebernik-Heidegger.

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Veröffentlicht am 07.02.2023

Großartiges Drama mit humoriger Gesellschaftskritik

Dieses Leben, das wir haben
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„So much for that“ lautet der original Titel dieses Buches und bringt den Inhalt damit ganz genau auf den Punkt! (Was sich Piper bei diesem langweiligen deutschen Titel gedacht hat, will ich noch nicht ...

„So much for that“ lautet der original Titel dieses Buches und bringt den Inhalt damit ganz genau auf den Punkt! (Was sich Piper bei diesem langweiligen deutschen Titel gedacht hat, will ich noch nicht mal mehr wissen… genauso wenig warum das Cover aussieht wie ein traniger Vampirroman).

Ein herausragender und großartiger Roman, der mich völlig mitgenommen hat, aber auch laut und herzlich lachen ließ. Lionel Shriver hat nicht nur lebendige Charaktere erschaffen, die einem beim Lesen wie echte Personen vorkommen, nicht nur eine tragische Geschichte fabuliert, bei der man alle Emotionen einmal durchlebt, sie teilt auch noch nach allen Seiten messerscharf aus. Ihrem sarkastischen Urteil entkommt keiner: Gesundheitssystem, Steuern, Regierung, Beamte und die Gesellschaft im allgemeinen und das ist mal verstörend aber dann auch wieder super lustig.

Das war ein Lesehighlight allererster Güte und auch die Übersetzerin Monika Schmalz hat einen super Job gemacht.
Unbedingt lesen!

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Veröffentlicht am 05.02.2023

Extrem berührende Lebensgeschichte

Der Himmel über Manhattan
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Wow, das war keine einfache Kost. Trotz der Schwere der im Buch angesprochenen Themen, war es aber leicht zu lesen.
Jenna Blum nimmt sich viel Zeit zum erzählen, manche Leser würden vielleicht „Längen“ ...

Wow, das war keine einfache Kost. Trotz der Schwere der im Buch angesprochenen Themen, war es aber leicht zu lesen.
Jenna Blum nimmt sich viel Zeit zum erzählen, manche Leser würden vielleicht „Längen“ bemäkeln, ich fand es aber sehr angemessen, da man dadurch ein gutes Gespür für die Zeit und die Charaktere bekommt.

Eine große Beanstandung habe ich, allerdings an den Verlag gerichtet: Wie kommt man auf so einen derart bescheuerten Buchtitel, wenn es doch im Original hundert Prozent passt? Und der Klappentext lässt vermuten, dass die verfassende Person, dieses Buch maximal bis zu einem Teil gelesen hat, denn es spielt nur am Anfang in New York und in den 60er Jahren… die Geschichte umfasst eine Zeitspanne von zwanzig Jahren und im Vordergrund steht nicht irgendeine Liebesgeschichte, sondern ein regelrechtes Familiendrama, ausgehend von der Ermordung der Familie des Hauptprotagonisten durch die Nazis und wie das Fehlen dieser Familie sein weiteres Leben nachhaltig beeinflusst und das seiner Angehörigen bis in die nächste Generation. Und deswegen auch der original Titel „The lost family“.
Das Buch hat mich auf vielen Ebenen sehr berührt und betroffen gemacht und ich kann es Lesern mit stärkeren Nerven sehr empfehlen… wer für jede Kleinigkeit Triggerwarnungen benötigt, der sollte es lieber nicht lesen.
Rainer Schmidt hat dieses tolle Buch übersetzt.

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Veröffentlicht am 02.02.2023

Alleinerziehende Mutter findet sich selbst wieder

Ein Sommer nur für mich
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Ungefähr vor einem Jahr habe ich eine Leseprobe zu diesem Buch gelesen und sofort festgestellt, dass ich es brauche. Spritziger Humor, sympathische Protagonistin… perfekt. Also gekauft und ins Regal gestellt… ...

Ungefähr vor einem Jahr habe ich eine Leseprobe zu diesem Buch gelesen und sofort festgestellt, dass ich es brauche. Spritziger Humor, sympathische Protagonistin… perfekt. Also gekauft und ins Regal gestellt… jetzt endlich gelesen.
Ich war sofort wieder in der Handlung: allein erziehende Mutter zweier Teenager und plötzlich nach drei Jahren Stillschweigens, steht der Vater vor der Tür, der von einem Tag auf den anderen beschlossen hatte, dass die Familie zu viel für ihn sei. Er möchte wieder Zeit mit den Kindern verbringen…
Eine Geschichte über eine Frau, die von einem Moment zum nächsten alles alleine stemmen musste, viel Verzicht übte, alles gewuppt bekam und nun die Möglichkeit bekommt, einen Sommer lang nur für sich zu sein und all die Dinge nachzuholen, die schmerzlich auf der Strecke bleiben mussten.
All die inneren Dialoge, die Wut, das schlechte Gewissen… all diese völlig nachvollziehbaren Emotionen - verpackt in viel Humor. Ich konnte das Buch kaum noch aus der Hand legen und bin speziell durch das letzte Drittel gerast.

Ein tolles Buch, das auch eine Verbeugung vor allen Müttern ist, die ohne Hilfe alles auf die Kette bekommen und darüber sich selbst vergessen. Perfekt übersetzt von Alexandra Kranefeld.

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