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Veröffentlicht am 05.04.2018

eine gekonnte Mischung und eine wirklich fesselnde Geschichte

Die letzten Meter bis zum Friedhof
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Zitate:

"Ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht, wie ich die letzten Tage verbringe, es gibt keine To-Do-Liste. Der Tod kommt ja nur einmal im Leben." Seite 19

"Einer nach dem anderen steht auf ...

Zitate:

"Ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht, wie ich die letzten Tage verbringe, es gibt keine To-Do-Liste. Der Tod kommt ja nur einmal im Leben." Seite 19

"Einer nach dem anderen steht auf und geht, entfernt sich. Keiner möchte hören, was ich zu sagen habe. Ich bin dabei, die Hoffnung zu verlieren." Seite 31


Meinung:

Stellt euch vor, euer Arzt sagt euch, dass ihr vergiftet wurdet und nur noch wenige Tage zu leben habt. Also ich würde postwendend zu meinem Mann fahren und mich weinend in seine Arme werfen! So, oder so ähnlich denkt Jaakko sich das auch, als er seine Diagnose bekommt. Dumm nur, dass er zuhause seine Frau dabei überrascht, wie sie ihn mit einem Angestellten betrügt! Und als er dann beinahe zeitgleich auch noch erkennt, dass seine geliebte Firma bedroht ist, bleiben ihm eigentlich nur noch zwei Dinge zu tun:
1. Seine Firma retten und
2. Seinen Mord aufklären.
Na das könnte doch spannend werden, oder?

Ich muss zugeben, dass ich dieses Buch vor der Buchmesse absolut nicht auf dem Schirm hatte. Ich kannte bis dahin weder Titel noch den Autor, was ja für mich und meine Vorliebe für Morbides ja fast schon ein Frevel ist!
Aber zum Glück wurde ich darauf aufmerksam gemacht, denn diese Geschichte bescherte mir eine gänzlich neue Leseerfahrung.
Schuld daran sind mehrer Faktoren:

Zum einen fällt mir die Klassifizierung dieses Romans wirklich schwer. Denn trotz des ernsten Themas, das perfekt zu einem Krimi passt, erzählt Antti Tuomainen mit einer gehörigen Portion schwarzem Humor. Jaakko begeht den Rest seines Lebens mit viel Zynismus, begegnet einiger Situationskomik und trifft sich mit vielen anderen Personen, die fast alle auf ihre Weise einen guten Anteil am Schmunzelfaktor beitragen. Dazu kommt, dass die meisten sehr sympathisch und menschlich wirken. Das erschafft trotz des drohenden Unheils eine unheimlich unterhaltsame und gelöste Stimmung.

Zum anderen werden wir Leser häufig mit doch recht poetischen Überlegungen und Aussagen konfrontiert. Jaakko wird sich seiner Sterblichkeit im Verlauf immer bewusster, was uns auf eine charmante Art, regelmäßig mit der Vergänglichkeit des Lebens bzw. der Endlichkeit des Seins konfrontiert. Das holt den Leser gekonnt immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, die da lautet: Jaakko wird sterben und ja - DU AUCH!
Alleine schon dieser Aspekt lies mich beim Lesen oftmals nachdenklich werden und definitiv kommt man weit davon ab, seine Geschichte als "leichte Kost" zu empfinden. Denn das ist sie nicht. Obwohl, durch den warmerherzigen Stil und Umgang mit dem Thema irgendwie schon... Hmmm, schwierig! Aber ihr versteht bestimmt, warum ich mich damit schwer tue ;)

Für mich ist "Die letzten Meter bis zum Friedhof" eine wirklich fesselnde Geschichte, die mich von Anfang an gut unterhalten konnte und nachdenklich zurücklässt. Antti Tuomainen vereint Humor mit Drama und Poesie, eine gekonnte Mischung, von der ich gerne mehr hätte!

Ach ja, falls sich jemand daran stören sollte, dass im Klappentext "Jaako", aber in meiner Rezension "Jaakko" steht, ich bin auch darüber gestolpert. Aber IM Buch steht tatsächlich "Jaakko", also bitte nicht wundern ;)

Veröffentlicht am 03.04.2018

ein echtes Schmuckstück!

Die Legenden der besonderen Kinder
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Zitate:

"Um das zu finanzieren, begannen sie, den Kannibalen sowohl einen Arm als auch ein Bein zu verkaufen (das jeweils entgegengesetzte Bein, um das Gleichgewicht besser halten zu können), und lernten, ...

Zitate:

"Um das zu finanzieren, begannen sie, den Kannibalen sowohl einen Arm als auch ein Bein zu verkaufen (das jeweils entgegengesetzte Bein, um das Gleichgewicht besser halten zu können), und lernten, auf Krücken zu laufen." Seite 33

"Sie wirbelte herum und erblickte einen jungen Mann in kurzem, grünem Waffenrock und mit Schuhen aus Fischhaut. Das war ein seltsamer Aufzug, aber noch merkwürdiger war, dass er seinen Kopf unter dem Arm geklemmt trug." Seite 40

"Es schien nun, als sei sie mit ihrer Besonderheit nicht allein auf der Welt. Vielleicht, so dachte sie, gab es am Ende doch einen Platz für sie." Seite 40


Meinung:

Juhuuuu, ein neues Buch aus dem Universum der besonderen Kinder! Als riesiger Ransom-Riggs-Fan war ich sofort Feuer und Flamme als ich hörte, dass im April etwas Neues erscheinen wird.
Ich liebe seine Art zu schreiben und seine Kreativität einfach! Somit war ich natürlich unheimlich gespannt, wie er damit "Legenden" entstehen lässt.
Folglich war die Freude riesig, als das Buch bei mir ankam, jedoch war die erste Reaktion nach dem Öffnen etwas zwiespältig. Machen wir uns nichts vor, 18 Euro für ein gebundenes Buch sind mittlerweile Gang und Gäbe aber die Legenden haben gerade mal 200 Seiten, was auf den ersten Blick recht wenig erscheint. Jedoch strahlen Cover und Einband im Gegenzug eine extrem hohe Wertigkeit aus, was beim ersten Haptiktest sofort auffällt. Dickes Gewebe, Goldprägung und unheimlich schöne Illustrationen im Inneren haben mich an Sammelbände erinnert, die ich zuletzt als Kind in Händen hatte. Rein von diesem Aspekt her hoffe ich ja, dass Ransom Riggs vielleicht noch ein paar schöne Ideen haben wird, um das Regal zu etwas ganz Besonderem zu machen.
Ok, aber letzten Endes kommt es den meisten Lesern ja doch in der Hauptsache auf den Inhalt an, kommen wir also dazu :)

Gestaltet ist das Buch wie eine kleine Märchen-, oder eher "Legendensammlung". Ein Hinweis im Vorwort lädt sogar dazu ein, sie vorzulesen, am besten in einer kalten Nacht vor dem Kamin. Und ja, das könnte ich mir gut vorstellen, würde passen! Vielleicht sollte ich doch über Kinder nachdenken ;)
So, jetzt aber Spaß beiseite. Beim Lesen war ich sofort wieder verliebt in den Schreibstil des Autors. Bereits nach wenigen Worten war ich hin und weg, versunken in seine Welt und habe dem Geschichtenerzähler gebannt gelauscht. Ob es nun Geschichten über höfliche Kannibalen, den Kopf in Händen tragende Galane oder Mädchen die Geister sehen sind, er schafft es einfach, den Leser mit seiner Fantasie und Kreativität ins Staunen zu versetzen. Natürlich muss man wissen, dass es stellenweise auch recht morbide Szenen gibt, damit muss man bei ihm wohl immer rechnen. Aber oftmals verharmlost er düstere und gruselige Szenen auch wieder etwas, was ich sehr charmant finde. Vor allem, weil er mit sehr fantasievollen Anmerkungen und Erklärungen auch immer wieder ein Schmunzeln auf mein Gesicht zaubert.
Ich könnte mir mittlerweile sehr gut vorstellen, dass Ransom Riggs auch ein wirkliches "Gruselbuch" für Erwachsene schreiben könnte, denn spooky und grausame Ideen hat er scheinbar wirklich genug. Ich wäre definitiv ein dankbarer Abnehmer!

In humor- und liebevoller Art hat Ransom Riggs wunderschöne Geschichten voller Magie, Fantasie und Werten kreiert, die auch immer eine "Moral der Geschichte" aufweisen. Er thematisiert Schlechtes wie Intoleranz, Gier, falschen Stolz, Hass und schildert im nächsten Atemzug, wie weit uns gegenteilige Eigenschaften wie Genügsamkeit, Vergebung, Mitleid oder Nächstenliebe bringen könnten. Aber vor allem -und das ist für mich bei seinen Arbeiten immer das Wichtigste- geht es um Andersartigkeit und das Empfinden, dass das nichts Schlechtes ist. Ganz im Gegenteil!

Ihr seht, die Begeisterung geht etwas mit mir durch... Für mich sind "Die Legenden der besonderen Kinder" ein echtes Schmuckstück eines wahren Geschichtenerzählers!

Veröffentlicht am 21.03.2018

ein absolutes Herzensbuch, mit einer sehr wichtigen Botschaft!

DUMPLIN'
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Zitate:

"Ich bin dick. Das ist kein Schimpfwort. Keine Beleidigung. Jedenfalls nicht, wenn ich es sage." Seite 17

"Es kommt mir so vor, als säße ich fest und würde darauf warten, dass mein eigenes Leben ...

Zitate:

"Ich bin dick. Das ist kein Schimpfwort. Keine Beleidigung. Jedenfalls nicht, wenn ich es sage." Seite 17

"Es kommt mir so vor, als säße ich fest und würde darauf warten, dass mein eigenes Leben anfängt." Seite 28

"Der Song ist eingängig, und alle kennen den Text, aber mich erinnert das Lied auch immer daran, dass es, ganz egal, wer man ist, immer jemanden geben wird, der hübscher oder schlauer oder dünner ist." Seite 228

Meinung:

Willowdean, auch Will oder Dumplin genannt, hat kein einfaches Leben. Denn Will ist dick - und war euch bewusst, dass "Dumplin" soviel wie "Knödel" bedeutet? Nicht unbedingt die beste Idee, die ihre Mutter mit diesem Spitznamen hatte...
Bis vor einiger Zeit lebte sie mit ihrer Mutter und ihrer Tante Lucy zusammen, bis diese mit 36 an einem Herzinfarkt starb. Das trifft Will sehr, denn mit Lucys 225 Kilo, hat sie Will bedeutend besser verstanden, als es ihrer Mutter je möglich sein wird.
Zumal diese vor Jahren den Miss Teen Blue Bonnet-Schönheitswettbewerb gewann und sich ihr Leben oftmals hauptsächlich um dieses Event dreht. Man kann sich das sehr gut vorstellen, denn in ihrer verschlafenen Kleinstadt ist das eines der größten Ereignisse. Und noch besser kann man sich vorstellen, dass eine Mutter ihr Kind gerne lieber schlank hätte... Aber was ist mit Will? Für sie ist natürlich alles nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag.

Bereits beim Lesen war mir bewusst, dass ich mich mit dieser Rezension schwer tun werde. Ich glaube, keine geschriebenen Wörter können Dumplin's Geschichte gerecht werden, dafür traf es mich einfach an zu vielen Stellen.

Beginnen wir also mit dem einfachstem, dem Schreibstil. Die Geschichte ist durchgängig in einem leichten, jugendlichen Stil gehalten, mit einem kleinen Hang ins Sarkastische/Zynische, was mir sehr gut gefallen hat und sich toll lesen ließ.
Erzählt wird aus Will's Sicht, in einer Art direkten Leseranrede, was uns charmant ins Geschehen zieht. Ich finde diese Entscheidung deshalb perfekt gewählt, weil Will menschlich und emotional zu vielschichtig ist, um ihr anders gerecht zu werden.
Sie wird mit vielen Themen und Problemen konfrontiert, die jedem Teenager bekannt sein dürften. Das erste Mal, sich auseinanderentwickelnde Freundschaften, Liebe... Alles Dinge, die jeder kennt. Aber auf Grund ihres Aussehens, ist da natürlich eine starke Steigerung zu entdecken. Es geht sowohl um externe Dinge wie Mobbing, als auch um ihr Innerstes. Denn obwohl sie weiß, dass sie dick ist und eigentlich auf den ersten Blick einen starken Eindruck macht, sind da natürlich Selbstzweifel sowie die Gefühle unattraktiv, ungeliebt und minderwertig zu sein.

Julie Murphy versteht es die Gefühlswelt von Will darzustellen. Es bleibt natürlich eine reine Mutmaßung, dass sie ein bisschen aus ihrem eigenen Leben plaudert, aber das würde erklären, wie sie es schafft, dass ich mich in so vielen Gedanken, Emotionen und Zweifeln wiederfand. Denn einer der Gründe, warum ich dieses Buch unbedingt lesen wollte, sind natürlich meine eigenen Erfahrungen. Als beleibter Teenager ist nunmal nicht alles schwarz oder weiß! Und auch, wenn ich wie sie damals immer versucht habe, nach außen stark und gleichgültig zu wirken, was dieses Thema betraf, gibt es doch immer Dinge, die einem näher gingen, als sie sollten. Selbstzweifel, gerade in der Jugend sind wohl bei jedem vorhanden und ich bin mir sicher, dass jeder von euch sich selbst auch ein Stück weit in Will's Geschichte entdecken wird.

Für mich ist "Dumplin'" ein absolutes Herzensbuch, das ich jedem von euch empfehlen möchte! Julie Murphy schafft es nicht nur, tiefe Einblicke in Will zu ermöglichen, sondern auch in uns selbst. Und obwohl viele Passagen und Themen eher nachdenklich und emotional sind, musste ich oft schmunzeln, weil mir das alles so bekannt vorkam. Und das, obwohl man früher immer das Gefühl hatte, das keinem anderen erklären zu können ;)

Ein gelungenes Buch über das Erwachsenwerden, Andersartigkeit und den Mut, zu sich zu stehen!
Ich für meinen Teil liebe schon die Widmung "Für all die Mädels mit den dicken Hintern".

Veröffentlicht am 16.03.2018

Ein gelungener Thriller, der seinen Vorgänger noch übertrifft

Oxen. Der dunkle Mann
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Zitate:
"Die Stille war so ausgeprägt, dass sie eine Symbiose mit der Dunkelheit einzugehen schien. Zusammen bildeten sie eine kräftige Nacht, die alles mit eiserner Hand umschlossen hielt, bis sie müde ...

Zitate:
"Die Stille war so ausgeprägt, dass sie eine Symbiose mit der Dunkelheit einzugehen schien. Zusammen bildeten sie eine kräftige Nacht, die alles mit eiserner Hand umschlossen hielt, bis sie müde wurde und im Morgengrauen ihre Macht verlor." Seite 83
"War er paranoid? War dieser Plan ein neues PTBS-Symptom, das er noch nicht kannte?" Seite 102
"Er hatte nichts gegen die Dunkelheit. Sie war eine Freundin, eine Verbündete. Dunkelheit verschaffte einem viele Möglichkeiten - doch sie mahnte auch zur Achtsamkeit." Seite 105

Meinung:

Während Oxen sich unter einem Pseudonym zu verstecken versucht, weiß er nicht, dass Rossmann und Franck händeringend nach ihm suchen. Theoretisch müsste er sich auch keine Sorgen machen, denn wie ihr euch vorstellen könnt, sind seine Sicherheitsvorkehrungen exzellent. Aber leider lässt die Vorsicht früher oder später immer mal nach, und so kommt es, dass nicht nur der PET ihn aufstöbert, sondern auch der Danehof sich wieder an seine Fersen heftet. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als die Sache ein für allemal zu beenden. Aber das ist vermutlich leichter gesagt als getan, oder?

Nachdem mir Band 1 der Trilogie schon gut gefallen hat, war ich natürlich neugierig, wie es mit Oxen, Franck und dem Danehof weitergeht. Leider hat er sich das letzte Mal ja eher "unschön" aus dem Staub gemacht, was mir natürlich nicht so zugesagt hat. Vor allem, weil nicht nur Franck ein toller Charakter ist, der etwas anderes verdient hat, sondern auch, weil man Oxen eine Möglichkeit wünscht, sich von seinem PTBS und seiner Unfähigkeit zu vertrauen, zu befreien.
Wie ihr euch sicher vorstellen könnt, wird das auch in dieser Fortsetzung eher schwierig, zumal Oxens Verfolgung durch den Danehof umfassende Züge annimmt. So verfliegt Seite um Seite voller Spannung, Intrigen und Verschwörungselementen, bis man wirklich absolut keine Ahnung hat, wem er vielleicht doch noch trauen kann und wem nicht.

Auch die Darstellung der Charaktere gefällt mir sehr gut. Franck, die mich immer ein bisschen an Lisbeth Salander erinnert, spricht eigentlich für sich. Aber Oxen, der knallharte Elitesoldat, der sich fast durchgehend im Überlebensmodus befindet und unter einem absolut gerechtfertigtem Verfolgungswahn leidet, zeigt ab und an auch seine "weiche" Seite, indem wir etwas über Mr White oder seinen Sohn lesen. Für mich macht ihn das nicht nur sympathisch, sondern auch authentischer. Die Geschichte ist so ausgeprägt auf Misstrauen und Verrat ausgelegt, dass man diese emotionale, menschliche Seite an ihm auch mal braucht. Zumindest ging es mir so ;)

Für mich ist "Der dunkle Mann" ein wirklich gelungener Thriller. Das liegt natürlich zum einen daran, dass das Tempo und die Bedrohung enorm angestiegen und die Ideen besser konstruiert sind, zum anderen sind die von mir in Band 1 bemängelten, für mich zu umfassenden Personenvorgeschichten sowie Umgebungs- und Objektbeschreibungen deutlich weniger, und ermöglichen so eine gehörige Portion Spannung, die beim Lesen viel Spaß macht.

Veröffentlicht am 14.03.2018

Beklemmend, morbide, phänomenal!

Scythe – Der Zorn der Gerechten
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Zitate:

"Das Kind in ihm war getötet worden, und er fragte sich, ob irgendjemand um dieses Kind trauerte." Seite 20

"Ich möchte glauben, dass das Scythetum zu dem zurückkehren kann, was es einmal war... ...

Zitate:

"Das Kind in ihm war getötet worden, und er fragte sich, ob irgendjemand um dieses Kind trauerte." Seite 20

"Ich möchte glauben, dass das Scythetum zu dem zurückkehren kann, was es einmal war... Aber manchmal ist eine Finsternis notwendig, um dorthin zu gelangen." Seite 54

"Der Thunderhead hatte etwas in der Geschichte der Menschheit Einzigartiges geschaffen: eine Bürokratie, die tatsächlich funktionierte." Seite 78


Meinung:

Der geheimnisvolle Scythe Luzifer liest in einer schwarzen Robe (die ja bekanntlich verboten ist), grausame und ungerechte Scythe nach. Jemand trachtet Scythe Curie und Anastasia nach dem Leben und ein systemtreuer, den Thunderhead liebender Bürger wird zum Widerling. Ihr fragt euch, wie das Alles zusammenhängt? Macht nichts, so geht es unseren Protagonisten auch ;) Und sie müssen sich beeilen, denn es braut sich etwas Dunkles und Bedrohliches am Horizont zusammen. Etwas, dass das Ende des bislang bekannten Daseins - sowohl für die Scythe, als auch die Menschen - bedeuten könnte...

OHMEINGOTT, OHMEINGOTT, OHMEINGOTT!!!

So, Fanmodus aus, das muss erstmal reichen :D
Aber es fällt mir schwer, denn dieses Buch hat es echt in sich! Nicht nur, dass vieles dermaßen unerwartet geschieht, einen komplett unvorbereitet trifft und ab und zu auch fassungslos zurücklässt, nein! Neal Shusterman schafft es auch erneut, richtig ernste, tiefsinnige Themen, die einem zum Nachdenken bringen -zum Beispiel in Form von Kritik an unserer heutigen Lebensweise-, so mit Spannungselementen und stellenweise recht morbidem, zumeist unterschwelligem Humor zu kombinieren, dass es mir ab der ersten Seite schwer fiel, das Buch aus der Hand zu legen. Er hat es mit seiner Fantasie und Kreativität geschafft, mich so zu umgarnen, dass ich absolut in die Geschichte eingetaucht bin. Und auch denjenigen, die wie ich Band 1 bereits vor einiger Zeit gelesen haben macht er es leicht, da ich das Thema "Gedächtnishilfen" gut gelöst finde. Er lässt sie in die aktuelle Handling einfließen - nicht zu viel und nicht zu wenig, gerade so, dass man alles schnell wieder präsent hat.

Was mich zum Beispiel (also abgesehen von der Kritik an uns) auch ins Grübeln bringt, ist die Art, wie die Menschen auf die Scythe reagieren. Ob Schleimer, sich "unsichtbar-Macher" (wer kennt die nicht, z.B. aus der Schule?), oder aber auch die, die auf Andere zeigen in der Hoffnung, dass der Scythe sich vielleicht umentscheidet. Diese Reaktionen verpassen der Geschichte immer wieder einen melancholischen, beklemmenden Touch, vor allem weil sie zwar traurig, jedoch vermutlich aber auch in gleichem Maße irgendwie verständlich sind, oder? Ehrlich gesagt bin ich froh, dass ich nie herausfinden werden muss, zu welcher Kategorie ich zählen würde. Aber man macht sich beim Lesen natürlich schon seine Gedanken dazu, wie es tatsächlich laufen würde, wenn die Scythe keine Fiktion wären.

Ihr seht, der Kampf der alten Garde gegen die neue Ordnung konnte mich ein weiteres Mal fesseln. Wir begegnen vielen Gefahren, Spannungselementen und Überraschungen, aber natürlich auch alten Bekannten. Wobei... hier muss ich kurz meckern! Scythe Faraday wurde für meinen Geschmack DEUTLICH zu wenig erwähnt! Das musste ich noch loswerden. Kann ja nicht angehen, dass mein Lieblingsscythe nicht öfter drankommt :D
Dafür dürfen wir es genießen, wie andere Protagonisten immense Veränderungen und Entwicklungen durchleben, wie zum Beispiel Citras endgültigen Übergang zu Scythe Anastasia. Aber mehr wird jetzt nicht verraten...

Für mich ist "Der Zorn der Gerechten" ein mehr als gelungener Mittelband!
Ein geschicktes Verwirrspiel, das enorm Lust auf das Finale macht, wobei ich zugeben muss, dass das fiese Ende definitiv seinen Teil dazu beiträgt!
Ein absolutes Highlight voller Kritik an unserer Lebensweise, Humor sowie bewegenden und tiefsinnigen Gedanken, die noch eine Weile nachhallen.