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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.04.2020

Enttäuschend, oberflächlich, wenig spannend

Pandora
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REZENSION – Als „historischer Thriller“ über die Nachkriegszeit in Berlin angekündigt, durfte man auf das Krimi-Debüt „Pandora. Auf den Trümmern von Berlin“ des in Berlin lebenden Autoren-Duos Liv Amber ...

REZENSION – Als „historischer Thriller“ über die Nachkriegszeit in Berlin angekündigt, durfte man auf das Krimi-Debüt „Pandora. Auf den Trümmern von Berlin“ des in Berlin lebenden Autoren-Duos Liv Amber und Alexander Berg gespannt sein, bieten doch gerade die Nachkriegsjahre vielerlei Ansatzpunkte für einen interessanten Roman um „alte Schuld und neue Sünden“. Doch „Pandora“ ist leider weder historisch interessant noch als Kriminalroman spannend genug. Stattdessen ist die Handlung um den aus dem britischen Exil in seine von Ost-West-Spaltung und sowjetische Blockade gebeutelte Heimatstadt heimgekehrten Hans-Joachim Stein, Kriminalkommissar in der neuen Westberliner Mordinspektion, allzu durchsichtig. Schon nach 100 der knapp 450 Seiten ist der Zusammenhang zweier Mordfälle zu durchschauen. Schnell wird deutlich, dass es um die mangelhafte Aufarbeitung von Euthanasie- und anderer Verbrechen geht, die in den Nachkriegsjahren bekanntermaßen, da viele Nazis in West-Berlin und in der jungen Bundesrepublik wieder in Justiz und Verwaltung eingesetzt waren, von alten NS-Seilschaften gezielt behindert wurde.
Gleich nach Dienstantritt in seinem neuen Job wird Stein die Aufklärung des Mordes an einem stadtbekannten früheren Schwarzmarkthändler und jetzigen Besitzer des Nachtclubs „Pandora“ übertragen. Zufällig findet er auch die Akte eines anderen Mordfalles auf seinem Tisch, bei dem wohl gleich nach Kriegsende fünf junge Frauen aus einer Klinik umgekommen sind. Dass sein Chef, Polizeirat Krüger, alles daran setzt, diese Akte unbedingt verschwinden zu lassen, weckt Steins Misstrauen, weshalb er sich gerade deshalb heimlich auch dieses Falles annimmt. Leider allzu frühzeitig wird dem Leser eine mögliche Verbindung beider Mordfälle offensichtlich.
Erwartet man von einer gebürtigen Schwedin und praktizierenden Anwältin wie Liv Amber als Autorin vielleicht die literarische Kraft eines skandinavischen Thrillers oder wenigstens einen spannenden Justizkrimi, wird der Leser bei „Pandora“ leider enttäuscht. Auch die Co-Autorenschaft des Psychiatrie-Professors und Sachbuch-Autors Alexander Berg hinterlässt in den handelnden Charakteren keine erkennbaren Spuren – im Gegenteil, die Figuren sind nur oberflächlich charakterisiert und verkörpern vielmehr bereits stark abgegriffene Klischees. Da ist natürlich der gute Deutsche in Person des Heimkehrers Hans-Joachim Stein, der „mit unbestechlichem Blick alte und neue Verstrickungen aufdeckt“ und bei seiner Suche nach Wahrheit gegen den „allgegenwärtigen Geist des Nationalsozialismus“ ankämpfen muss, wie es schon im Klappentext heißt. Dann lernen wir seinen Kollegen Max Wuttke kennen, der als typischer Mitläufer natürlich „niemals Nationalsozialist und nie in der Partei“ war, aber seinem Vorgesetzten Krüger in alter Kriegskameradschaft immer noch hörig ist. Und so setzen sich die altbekannten Klischees in anderen Romanfiguren fort. Auch in historischer Sicht bietet der Krimi nichts, was man in anderen Romanen nicht schon besser gelesen hätte.
Alles in allem enttäuscht also der Krimi „Pandora. Auf den Trümmern von Berlin“ – zumindest die älteren, schon erfahrenen Leser – durch die Oberflächlichkeit seiner Figuren, den wenig spannenden, da erwartbaren Handlungsablauf, die Verwendung allzu bekannter Klischees und den auch historisch wenig interessanten Handlungsrahmen. Anders mag das Urteil vielleicht bei jüngeren, in Nachkriegsromanen noch ungeübten Lesern ausfallen. „Pandora“ wurde als Auftakt zu einer historischen Thriller-Reihe angekündigt. Doch ein zweiter Band sollte nach diesem literarisch noch recht bescheidenen Debüt schon einiges mehr an Spannung, historischer Milieu-Beschreibung und Tiefenschärfe seiner Figuren bieten.

Veröffentlicht am 31.03.2020

Enttäuschender Venedig-Krimi voller Klischees

Der freie Hund
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REZENSION – Locker geschrieben, auch unterhaltsam, doch insgesamt eher enttäuschend ist der Anfang März bei Kiepenheuer & Witsch erschienene Venedig-Krimi „Der freie Hund“ des deutschen Schriftstellers ...

REZENSION – Locker geschrieben, auch unterhaltsam, doch insgesamt eher enttäuschend ist der Anfang März bei Kiepenheuer & Witsch erschienene Venedig-Krimi „Der freie Hund“ des deutschen Schriftstellers Wolfgang Schorlau (69) und seines italienischen Co-Autors Claudio Caiolo (54). Zwangsläufig ist man als Leser versucht, Vergleiche mit den Romanen von Donna Leon und dem von Schorlau im Buch mehrfach genannten Andrea Camilleri zu ziehen. Doch dieser Vergleich ist überflüssig, fehlt es doch dem „freien Hund“ an jeglichem literarischen Anspruch. Schorlaus aus Sizilien stammender und zur eigenen Sicherheit nach Venedig versetzter Commissario Antonio Morello, von den Medien nach erfolgreicher Mafia-Jagd als „freier Hund“ bezeichnet und auf der Todesliste der Mafia stehend, reicht bei weitem nicht an Leons venezianischen Commisario Brunetti oder Camilleris sizilianischen Commissario Montalbano heran.
Gleich an seinem ersten Arbeitstag in Venedig muss der Sizialianer Antonio Morello als neuer Leiter der venezianischen Kriminalabteilung für Gewaltverbrechen in einem Mordfall ermitteln: Der junge Anführer einer studentischen Gruppierung, die gegen die Vielzahl der riesigen Kreuzfahrtschiffe kämpft, natürlich ein Spross aus bestem Patriziergeschlecht, wird ermordet. Die Aufklärungsarbeit verschafft dem Morello einen tiefen Einblick hinter die ihm unbekannten Kulissen venezianischen Lebens und uns Lesern einen wenn auch pauschalierten Einblick in die Verstrickungen italienischer Politik mit der Mafia.
Trotz der Mitarbeit seines italienischen Co-Autors Claudio Caiolo, der als gebürtiger Sizilianer und über mehrere Jahre in Venedig ausgebildeter Schauspieler vielleicht Insider-Wissen hätte beisteuern können, gleicht Schorlaus Venedig-Krimi einem hausgemachten und sättigenden Eintopf, erreicht aber an keiner Stelle das Niveau literarischer Sterne-Küche. „Der Freie Hund“ ist eine bunte Mischung aus uns mehrheitlich aus den Medien bekannten Fakten über die aktuelle Situation der „schönsten Stadt der Welt“, deren Bestand in der Zukunft durch das zunehmende Anlanden riesiger Kreuzfahrtschiffe und die Überflutung von 30 Millionen Touristen pro Jahr nach Meinung nicht nur vieler Umweltschützer bedroht ist, und ebenso bekannter Klischees, gewürzt mit einigen Prisen Humor und Sex. Alles in allem ist „Der freie Hund“ ein Mix aus einer nur mäßig spannenden Handlung, einem Sammelsurium von Informationen über Italien, Venedig und Sizilien und Rezepten aus einem italienischen Kochbuch. Alles hat man irgendwo schon so oder ähnlich in anderen Venedig-Romanen und -Krimis gelesen – nur besser geschrieben.
Geht man allerdings als Leser ohne jeglichen literarischen Anspruch und ohne allzu große Erwartungen an diesen Krimi heran, eignet sich „Der freie Hund“ immerhin als leichte und lockere Unterhaltung zur mentalen Ablenkung in den gerade jetzt durch das Corona-Virus so getrübten Tagen.

Veröffentlicht am 23.02.2020

Zu spät, zu lang!

Vom Wind verweht
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Ich hab's versucht, ehrlich!, aber nicht geschafft! Ich habe aufgegeben!! Es liegt gewiss nicht am Roman! Gerade diese Neuübersetzung macht es einem doch wirklich leicht, diesen Klassiker von 1936 auch ...

Ich hab's versucht, ehrlich!, aber nicht geschafft! Ich habe aufgegeben!! Es liegt gewiss nicht am Roman! Gerade diese Neuübersetzung macht es einem doch wirklich leicht, diesen Klassiker von 1936 auch heute noch zu lesen. Interessant für mich waren zum Beispiel die Schilderung der historischen Gegebenheiten, des Lebens in den Südstaaten der USA im 19. Jahrhundert Aufgegeben habe ich wegen der nicht mehr zeitgemäßen, ausufernden Beschreibungen bis in die letzte Kleinigkeit. Auch der Buchumfang der 1.325 Seiten (inkl. Nachwort und Amerkungen) schreckten mich ab. Man muss sich diesem Roman lange Zeit widmen - zu lange. Wer hat denn heute noch diese Zeit und Ruhe und Geduld, einen so dicken Roman fortlaufend ohne Unterbrechung lesen zu können? In einem Satz also: Es lag nicht am Roman, es lag an mir und meiner Lesegewohnheit. Ich muss ein Buch in einer Woche gelesen haben, dann muss das nächste, zur Abwechslung möglichst sogar ein anderes Genre drankommen.

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Veröffentlicht am 02.09.2019

Enttäuschend - übertrieben und unlogisch

Opfer
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REZENSION - Spannend, auch brutal und schockierend, insgesamt aber doch enttäuschend und letztlich unlogisch war für mich der Thriller „Opfer“, das bereits in ein Dutzend Sprachen übersetzte Romandebüt ...

REZENSION - Spannend, auch brutal und schockierend, insgesamt aber doch enttäuschend und letztlich unlogisch war für mich der Thriller „Opfer“, das bereits in ein Dutzend Sprachen übersetzte Romandebüt des schwedischen Journalisten Bo Svernström (55), im Juli als Taschenbuch im Rowohlt-Verlag erschienen. „Man glaubt zu wissen, was als Nächstes passiert – doch dann zieht Svernström einem den Boden unter den Füßen weg“, wird sein einstiger Arbeitgeber, die schwedische Tageszeitung „Aftonbladet“, auf dem Rücktitel zitiert. Auch andere schwedische Zeitungen rühmen diesen Thriller, der mich leider gar nicht überzeugen konnte.
Thema des Romans, der sich in drei Teile gliedert, ist das in psychologischen Gutachten vor Gericht oft behandelte Problem, ob manche Täter nicht vielleicht selbst auch Opfer ihres familiären Umfeldes oder der Gesellschaft sein können. Dieser Frage geht der Autor im Zuge der Ermittlungen einer unheimlich brutalen Mordserie in Stockholm nach. Das erste Mordopfer, völlig nackt und brutal gefoltert, entdeckt ein Bauer in seiner Scheune. Weitere Morde, ebenso brutal und misshandelnd ausgeführt, folgen fast im Tagestakt und immer sind Kriminelle die Opfer. Kommissar Carl Edson von der Reichsmordkommission sucht mit seinem Team fieberhaft nach einem Muster, um an einem Punkt mit seiner Ermittlung ansetzen zu können. „Aftonbladet“-Reporterin Alexandra Bengtsson ist ihm dabei ständig auf den Fersen.
Der erste Teil des Buches, in dem wir Kommissar Carl Edson und sein Team bei ihren vergeblichen Ermittlungsbemühungen begleiten, liest sich noch einigermaßen spannend. Doch vielen Lesern dürfte es wie dem Kommissar ergehen: Kaum hat man den Spannungsfaden aufgenommen, kaum glaubt der Kommissar einen Ermittlungsansatz gefunden zu haben, folgt schon der nächste Mord, der wieder alles durcheinander bringt, wodurch die Spannung gebrochen wird und man ähnlich dem Kommissar wieder von vorn beginnen muss. Kennt man skandinavische Thriller, ist man als Leser Düsterheit und eine gewisse Brutalität in den Romanen gewöhnt. Doch Svernström übertreibt in seinem Debüt mit der Vielzahl der Morde in ungewöhnlich schneller Folge und vor allem in der detaillierten Beschreibung der beim Mord ausgeführten Misshandlungen.
Im zweiten Teil des Romans lernen wir bereits den Täter kennen, über dessen Identität hier natürlich nichts verraten werden darf. Wir erfahren durch ausführliche Rückblicke in dessen Kindheit und Eheleben die vielfachen Ursachen, die das daraus geformte Opfer letztendlich zum Täter haben werden lassen. Wenn auch die allzu bekannte Problematik durchaus diskutabel ist, breitet mir Svernström diesen Teil des Buches allzu sehr in Einzelheiten aus, was zu Lasten der Spannung geht und bei mir stellenweise zu Langeweile, zum Querlesen und zum Weiterblättern geführt hat. Auch dieser Teil endet mit übertriebener Brutalität, die in der Ausführlichkeit ihrer Schilderung zusätzlich abschreckt.
Der dritte Teil, in dem man als Leser trotz Kenntnis des Täters nun doch voller Spannung die Auflösung der Mordserie durch Kommissar Edson erwartet, überrascht schließlich durch mehrfache Wechsel der Möglichkeiten.
Das Thema des Thrillers ist zweifellos interessant, doch scheint mir der Roman letztlich allzu sehr am Reißbrett konstruiert und von der Realität entfernt zu sein. Die Handlung ist mir insgesamt zu übersteigert und erscheint allein dadurch schon als unglaubwürdig. Doch diese Unglaubwürdigkeit wird noch durch das mehrfach überraschende Ende verstärkt. Svernström führt zwar alle gesponnenen Handlungsfäden zu einem in sich logischen Ende. Doch die theoretisch möglichen Wendungen der Romanhandlung, sind in der Realität unmöglich, was den Roman insgesamt unglaubwürdig macht. Wer gern harte, sogar brutale Thriller zur reinen Unterhaltung liest, ohne den Handlungsablauf genauer zu hinterfragen, mag auch bei Svernströms „Opfer“ auf seine Kosten kommen. Doch wer kritischer liest, dem bleibt leider nicht allzu viel, was diesen „Nr.1-Bestseller aus Schweden“ - vor allem im direkten Vergleich mit anderen skandinavischen Autoren - lesenswert und empfehlenswert machen könnte.

Veröffentlicht am 03.07.2021

Schludrig runtergeschriebener Lockdown-Pausenfüller

Höllenkind
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Nachdem ich schon am Thriller "Final Control" (2020) von Veit Etzold (48) trotz der eigentlich interessanten Geschichte etliche stilistische Mängel auszusetzen hatte, erspare ich mir bei seinem neuen, ...

Nachdem ich schon am Thriller "Final Control" (2020) von Veit Etzold (48) trotz der eigentlich interessanten Geschichte etliche stilistische Mängel auszusetzen hatte, erspare ich mir bei seinem neuen, im März erschienen Thriller "Höllenkind", dem achten Band der Clara-Vidalis-Krimireihe, im März bei der Verlagsgruppe Droemer Knaur erschienen, die Mühe einer ernsthaften Rezension: Dieser Roman ist dermaßen dürftig und stilistisch auf niedrigem Niveau, wie man es diesem Autor kaum zutraut. Schon die Ausgangsidee - Clara Vidalis wird vom Dienst im LKA suspendiert und im unfreiwilligen Urlaub in Florenz vom Vatikan angeheuert - ist dermaßen unglaubwürdig, dass alles Nachfolgende kaum noch wundert. Wieder im Text häufige Wiederholungen, und sollten erfahrene Kriminalisten im Dienst sich tatsächlich so dümmlich unterhalten und verhalten, wie die Dialoge im Roman formuliert und die Szenen geschildert sind, muss man um die Effektivität der deutschen Kripo bangen. Der ganze Roman ist absolut banal, schludrig und lieblos während der Lockdown-Monate runtergeschrieben. Die Spannung - sollte man eine beim Lesen überhaupt verspürt haben - verpufft spätestens zur Mitte des Buches, wenn die Identität der Täterin erkennbar wird. Das einzig Positive an diesem Roman sind jene Textpassagen, die sich sachlich auf Rom und Florenz, auf die dortigen Baudenkmäler und Kunstschätze sowie auf Dantes "Göttliche Komödie" beziehen. Zusammengefasst: Dieser Roman war für mich sogar als ablenkende Feierabend-Lektüre noch untauglich, da ich mich während der Lektüre statt zu unterhalten eher über das niedrige Niveau des Romans geärgert habe. Ich habe trotz dreimaligen Abbruchversuchs doch bis zum Ende durchgehalten, aber leider blieb meine Ausdauer selbst im Epilog unbelohnt, da man sich die Hintergründe, die zu den spektakulären Morden geführt haben, schon vorher hatte zusammenreimen können.