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Veröffentlicht am 11.06.2022

Die Erfindung des Buches

Papyrus
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Was sind Klassiker? Eine Frage, die Generationen an Gelehrten umtrieb und die hitzige Auseinandersetzungen zwischen Fachleuten und gelangweilten (Ex-)Schüler entfachte. Irene Vallejo zeigt in diesem Buch, ...

Was sind Klassiker? Eine Frage, die Generationen an Gelehrten umtrieb und die hitzige Auseinandersetzungen zwischen Fachleuten und gelangweilten (Ex-)Schüler entfachte. Irene Vallejo zeigt in diesem Buch, dass Klassiker so viel mehr als pseudoelitäre Staubfänger zum Angeben sind: Klassiker sind Bücher, die geliebt wurden und sehr viel Glück hatten. Sie haben überlebt: den Diebstahl durch Herrscher, die Bibliotheksbrände und politischen Bücherverbrennungen, Verfolgungen und widrige Elemente. Die Geschichte des Buches ist seit der Antike wechselvoll und dramatisch, geprägt von tiefer Leidenschaft – Liebe und Hass gleichermaßen.

Irene Vallejo führt den Leser weit zurück in die Welt der Antike, in die ersten Abenteuer, die uns zum Buch bekannt sind. Ihr Stil ist ungewöhnlich und manchmal gewöhnungsbedürftig. Sie erzählt die geschichtlichen Fakten lebendig, beinahe romanhaft – und springt auch von den Ereignissen der Antike zu persönlichen Erfahrungen in der Gegenwart. Manchmal verwirrend, aber damit schafft sie auch Querverbindungen, die zeigen, dass kaum ein Ereignis rund ums Buch singulär ist. Das Buch als Statussymbol oder als Symbol des Außenseiters, Autoren, die für die Erschaffung des Buches so wenig eine Rolle spielten, dass sie dafür nicht entlohnt wurden, ja manchmal als Urheber völlig im Nebel der Geschichte verschwanden bis zu Autoren, die einen Herrschaftsstatus genossen. Rohstoffmangel, der als Druckmittel und als Kreativschub genutzt wurde.

Irene Vallejo führt den Leser durch das antike Griechenland, das Pharaonenreich und das alt Rom, immer auf den Spuren des Buches, seiner Wandlung, seines Streitwertes, seiner nicht zu unterschätzenden Macht und sie zeigt bis zum ebook auf wie wandlungsfähig und wertig das Buch ist.

Mein einziger Kritikpunkt ist, dass der deutsche Untertitel „Die Geschichte der Welt in Büchern“ irreführend ist und damit bei Lesern eine falsche Erwartung schürt. Im spanischen Original ist es deutlich, dass es hier um die Erfindung des Buches in der antiken Welt geht. Die Antike bleibt bei allen Diskursen und allen Querverbindungen zur Weltgeschichte und Gegenwart Dreh- und Angelpunkt von Irene Vallejos Werk.

Der Erzählstil ist unterhaltsam, teilweise romanhaft, aber auch sprunghaft und damit ganz sicher nicht jedermanns Sache. Mir gefiel es gut, dass auf einen sachlicheren Fachbuchton verzichtet und das Buch damit zu einem wahrhaften Leseerlebnis wurde. Lesetipps zu Primär- und Sekundärliteratur findet man sowohl im Haupttext als auch im Anhang in Hülle und Fülle. Ein zusätzlicher Bonus ist, dass es vom Diogenes-Verlag toll aufgemacht ist, mit einem goldgeprägten Schutzumschlag und einer wunderbaren Papierqualität bei den Seiten.

Ein großartiges Buch für alle, die sich mit der Geschichte des Buches beschäftigen wollen.

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Veröffentlicht am 11.06.2022

Nemos Erben

Tochter der Tiefe
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Nur die Tatsache, dass die neunte Klasse der Harding-Pencroft-Schule vor dem sicheren Tod. Doch dass ihre Schule in das Meer gerutscht ist war kein Unfall. Ana und ihre Freunde müssen erkennen, dass sich ...

Nur die Tatsache, dass die neunte Klasse der Harding-Pencroft-Schule vor dem sicheren Tod. Doch dass ihre Schule in das Meer gerutscht ist war kein Unfall. Ana und ihre Freunde müssen erkennen, dass sich ihre Schule nicht nur durch exzellenten Unterricht in Meeresforschung und Kampfkünsten auszeichnete, sondern dass sie Kapitän Nemos Erbe gehütet hat. Ana muss erkennen, dass sie die letzte lebende Nachfahrin Nemos ist und damit eine große Verantwortung trägt.

Als großer Kapitän Nemo- und Rick Riordan-Fan kam ich um dieses Buch nicht herum und bin wie erwartet hin und weg. Sein spannender und humorvoller Stil erweckt die Welt Jules Vernes zum Leben. Man merkt, dass diese Geschichte ein Herzensprojekt des Autors war. Auf einmalige Weise verwebt er offensichtliche Elemente des Originals mit den weniger präsenten Motiven, was sowohl ein nach Luft schnappendes Wiedererkennen als auch Humor in die spannende Geschichte bringt. Vorkenntnisse der Originalbücher Vernes sind trotz der phantastischen Adaption nicht notwendig. Rick Riordans Buch besteht auch durch sich selbst – verlockt allerdings dazu auch zum Original zu greifen.

Von Riordan als Einzelband gekennzeichnet, bleibt der Leser trotzdem mit der Hoffnung zurück, dass es eine wie auch immer geartete Fortsetzung geben wird – nicht, weil die Geschichte nicht abgeschlossen wäre, sondern weil man die Charaktere noch nicht verlassen will.

Ich liebe dieses Buch! Rick Riordan hat es wieder geschafft mich zu begeistern. Ein Abenteuerbuch außerhalb des Percy Jackson-Universums, das sämtliche Aspekte, die mich dort begeistert haben – wie der Humor und der originelle Umgang mit bekannten Motiven – aufnimmt und eines meiner liebsten Bücher der Weltliteratur zu einem unvergesslichen neuen Leseerlebnis zu machen.

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Veröffentlicht am 01.05.2022

Ein Kampf um die Träume

Nur eine Fellnase vom Glück entfernt
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Caroline ist am Ende. Mit ihren Freundinnen hatte sie sich den großen Traum von einer Catering-Firma erfüllt und jetzt hat ihnen der alte Verhoigen den Mietvertrag gekündigt, gerade als sie groß renoviert ...

Caroline ist am Ende. Mit ihren Freundinnen hatte sie sich den großen Traum von einer Catering-Firma erfüllt und jetzt hat ihnen der alte Verhoigen den Mietvertrag gekündigt, gerade als sie groß renoviert und ausgebaut hatten. Trotz ihres Erfolgs scheinen die Freundinnen vor dem Aus zu stehen. Dann wollte sie sich einen Hund zulegen und ausgerechnet Henning konkurriert mit ihr um den entzückenden Rüden Duke. Henning, der ihr schon zu Schulzeiten auf den Keks gegangen ist und ihr auch als erfolgreicher Rennfahrer mit Machallüren nicht sympathischer wurde. Zu allem Überfluss scheint er ihre Ablehnung nicht ernst zu nehmen und so findet sie sich plötzlich bei gemeinsamen Hundespaziergängen mit einem Typen wieder, der nie für sie in Frage käme.

Eine neue Romanze in Lichterhaven mit einer neuen Fellnase, die einfach nur zum Knuddeln ist! Henning war mir schon im letzten Band sehr sympathisch und ich habe mich sehr auf seine Geschichte gefreut. Mit Caroline wurde ich nur langsam warm, aber ihr zu Anfang unverständliches und unschönes Verhalten wird im Laufe der Geschichte gut erklärt, sodass sie mir schließlich auch sehr ans Herz gewachsen ist. Einer der schönsten Aspekte der Lichterhaven-Bücher ist, dass man immer auch wieder alte Bekannte trifft und ihre Geschichten so auch ein bisschen weitergehen.

Ich liebe die Lichterhaven-Romane und freue mich jetzt schon auf die nächste Geschichte und die nächste niedliche Fellnase, die ihr Zuhause findet.

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Veröffentlicht am 03.04.2022

Auf geht’s, meine putzigen Krieger!

Luyánta
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Jolantha ist wütend und frustriert. Ihre kostbaren Sommerferien muss sie damit vergeuden, mit ihrer Familie eine anstrengende Wandertour durch die Alpen zu machen. Niemand will verstehen, dass sie weder ...

Jolantha ist wütend und frustriert. Ihre kostbaren Sommerferien muss sie damit vergeuden, mit ihrer Familie eine anstrengende Wandertour durch die Alpen zu machen. Niemand will verstehen, dass sie weder die Aussicht noch die Anstrengungen oder die superklugen Sprüche ihres Bruders oder Vaters ertragen kann. Dazu die Nächte im Gemeinschaftsschlafsaal zugiger Berghütten voller schnarchender Rentner. Außerdem meckert ihr Vater den ganzen Tag an ihr rum, da sie ihm nicht aktiv, optimistisch und vor allem dankbar genug ist. Alles ändert sich als Jolantha einem merkwürdigen Ruf folgt, der sie tief in die Berge lockt – zu den Murmeltieren, die ihr eine unfassbare Geschichte erzählen. Sie sei die verschollene Faneskönigin Luyánta, das weiße Murmeltier, die große Hoffnung eines verlorenen Volkes, das erneut vor einem Krieg mit den grausamen Adlerkriegern steht.

Sprachlich hat mich dieses Buch leider immer wieder frustriert. Viel Geschimpfe und Gefluche – auch wenn es gar nicht in die Szene gepasst hat und vor allem im Fließtext oft störend wirkte. Merkwürdige Zeichensetzung, die man zwar ab und an damit in Verbindung bringen konnte, dass eine besondere Stimmung transportiert werden sollte, oft aber gestört hat. Besonders genervt war ich von den „feministischen“ Wortschöpfungen. Geistin, Schneiderinnensitz – nichts gegen einen kreativen Umgang mit der Sprache, aber diese Kreationen klangen einfach falsch und konnten sich auch nicht darauf berufen, aus der Geschichte heraus zu entstehen.

Die Geschichte selbst hat mich einfach nur überwältigt. Nach einem etwas zähen Anfang wurde es rasant. Ein Feuerwerk an Phantasie! Basis sind die Sagen um das Fanesvolk und diese sind originell und fesselnd zu einer neuen Geschichte verwoben. Spannende Schlachten, originelle Wendungen und eine außergewöhnliche Art eine magische Welt aufzubauen, die sich ohne große Erklärung mit der realen verwebt. Sie verschwimmen miteinander. Realität und Magie werden eins und als Leser fordert man keine Erklärung, man braucht sie nicht. Man nimmt es hin und es gehört so zur Geschichte, dass es diesen außergewöhnlichen Roman prägt und noch einmal so fesselnd macht.

Eine Fantasygeschichte, die selten originell und ausgesprochen vielseitig ist. Sprachlich hätte ich mir etwas anderes gewünscht, aber trotzdem kann ich nicht mal dafür einen halben Stern abziehen. Das Buch hat mich so gefesselt, dass es trotz meines Kritikpunkts, der für die meisten anderen Bücher ein K.O.-Kriterium wäre, volle 5 Sterne geben muss.

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Veröffentlicht am 03.04.2022

Die Folgen des Krieges

Mein Freund Pax – Die Heimkehr
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Der Krieg ist vorbei, doch Peter hat tiefe seelische Narben davongetragen. Er hat aus dem Verlust seines Fuchses Pax, seines Zuhauses und seines Vaters nur einen Schluss ziehen können: Nie wieder will ...

Der Krieg ist vorbei, doch Peter hat tiefe seelische Narben davongetragen. Er hat aus dem Verlust seines Fuchses Pax, seines Zuhauses und seines Vaters nur einen Schluss ziehen können: Nie wieder will er sein Herz an etwas oder jemanden binden. So erschrickt er bis ins Mark als ihm Vola genau das anbietet und er ergreift die erste Gelegenheit zu fliehen. Mit den Wasserkriegern will er losziehen, um die vom Krieg verseuchten Gewässer zu reinigen, die viele Tiere das Leben kosten. Sein Weg führt zu seinem alten Zuhause und der Gegend, in der er einst für immer von seinem Fuchs Abschied genommen hat.

Der überraschende zweite Band der Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft zwischen einem Jungen und einem Fuchs. Nachdem mich der erste Band sehr erschüttert zurückgelassen hat, greift der zweite auf viele Arten die Folgen des namenlosen Krieges auf. Seelische Verletzungen, zerstörte Natur, kaputte Familien, Tiere, die weiterhin an den Folgen leiden – und dann das, was den zweiten Band trägt und ausmacht: Hoffnung, neue Träume, Zukunftsaussichten und die Überwindung von Traumata auf mehr als einer Ebene. Wo der erste Band verbrannte Erde hinterlassen hat, lässt der zweite neues Leben entstehen – man atmet als Leser richtig durch.

Diese außergewöhnliche Geschichte wird wieder aus zwei Perspektiven erzählt: aus Peters und der des Fuchses Pax. Beide fesseln den Leser auf ihre eigene Weise. Gerade die realistische Beschreibung des Fuchses, die nichts von Vermenschlichung oder Verniedlichung hat und trotzdem entzückt.

Ein ganz besonderes Buch, das dem Leser viel gibt.

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