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Veröffentlicht am 22.03.2017

Eine zarte Liebesgeschichte

Unsere Seelen bei Nacht
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Unter dem poetischen Titel „Unsere Seelen bei Nacht“ ist Kent Haruf ein gefühlvoller Roman über das Glück einer späten Liebe gelungen. Es ist schade, dass es der letzte Roman des Autors war und seine anderen ...

Unter dem poetischen Titel „Unsere Seelen bei Nacht“ ist Kent Haruf ein gefühlvoller Roman über das Glück einer späten Liebe gelungen. Es ist schade, dass es der letzte Roman des Autors war und seine anderen Bücher noch nicht in die deutsche Sprache übersetzt wurden. Denn diese schöne kleine Geschichte von Addie und Louis ist ein literarisches Juwel.
Der Einstieg in den Roman beginnt mit dem Satz „Und dann kann der Tag, an dem Addie Moore bei Louis Waters klingelte.“ und der Leser platzt sofort in das Leben der beiden alten Leute hinein. Addie und Louis leben in der fiktiven Stadt Holt inmitten der Prärie Colorados, so wie anscheinend alle seine Romane.
Die beiden verwitweten Nachbarn Addie und Louis – beide etwa 70 Jahre alt - haben nur ganz wenig Berührungspunkte, bis Addie Louis einen ungewöhnlichen Vorschlag macht. Da sie beide alleine leben und einsam sind, könnten sie die Nächte gemeinsam verbringen. Es ginge ihr dabei nicht um Sex, sondern darum, die Nacht mit Reden und Nähe zu überstehen. Louis ist überrascht und lässt sich auf den Vorschlag ein. Er bewundert Addie für ihren Mut und ihr Selbstbewusstsein. So geht Louis bald jede Nacht zu Addie – dabei nutzt er nach kurzem Zögern die Vordertüre. Addie mag keine Heimlichkeiten und es ist ihr egal, was ihre Mitmenschen denken. Nachts erzählen sich die beiden aus ihrem Leben, ihren Schicksalsschlägen und aus gegenseitiger Sympathie entwickeln sich zarte Gefühle. Die beiden möchten auf ihre Gespräche und gemeinsamen Nächte nicht mehr verzichten und versuchen das Gerede der anderen zu überhören. Als Addies Sohn Gene von seiner Frau und Mutter seines Sohnes Jamie verlassen wird, gib er diesen eines Tages bei Addie ab. Fürsorglich und wie selbstverständlich kümmert sich von nun an auch Louis um den 8jährigen Jamie, der nachts von Albträumen geplagt wird. Die drei wachsen zu einer kleinen Familie zusammen und bald hilft Jamie Louis bei der Gartenarbeit. Sogar einen Hund aus dem Tierheim bekommt Jamie, damit er sich nicht so einsam und verlassen fühlt. Jamie wird immer zugänglicher und fröhlicher. Doch dann kehrt Jamies Mutter zu Gene zurück und sie wollen Jamie zurückholen und wieder als Familie leben. Das stürzt nicht nur Jamie in ein Gefühlschaos, sondern bringt den beiden Senioren zudem Ärger. Gene verbietet seiner Mutter den Umgang mit Louis, da er Jamies Tränen nach seiner Rückkehr zu seinen Eltern, den beiden alten Leuten zuschiebt. So kleinkariert in seinem Denken und voller Vorurteile gegen Addie und Louis Verbindung macht er damit drei Menschen unglücklich. Dabei bekommt er seine eigene Ehe nicht auf die Reihe und hat für die Bedürfnisse seines Sohnes nicht viel übrig.
Kent Haruf erzählt die Geschichte sehr gefühlvoll ohne sentimental zu werden, entspannt und unaufgeregt. Ganz einfache Erlebnisse seiner beiden Protagonisten fasst er in eine liebevolle und schöne Sprache und lädt den Leser in deren Leben ein. Mühelos schafft der Autor eine schöne Atmosphäre, ohne sich mit vielen Nebensächlichkeiten aufzuhalten. Die wörtliche Rede, ohne besondere Kennzeichnung, übernimmt hier eine ganz besondere Rolle, so als würden Addie und Louis den Leser direkt ansprechen.
Es geht um das späte Glück zweier einsamer Menschen, die sich Wärme und Nähe geben und anfangen, das Leben wieder zu genießen. Leider wird diese Beziehung nicht nur von ihrer Umwelt, sondern auch von Addies Sohn mit Misstrauen und Neid beobachtet. So verschont Kent Haruf den Leser nicht mit Enttäuschung, Ablehnung und auch Traurigkeit. Ein spätes Liebesglück aus einer innigen Freundschaft gewachsen zeigt, dass das Leben immer wieder Überraschungen und die Hoffnung auf einen Neubeginn bereithält.

Veröffentlicht am 21.03.2017

Ein ungewöhnlicher Detektiv in einer fantastischen Welt

Rosen für Erkül Bwaroo
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Das farbenfrohe und fröhliche Cover mit dem kleinen, eleganten Elfendetektiv und seinem Rosenstrauß fällt einem sofort ins Auge. Als Kenner des „Originals Hercule Poirot“ springt einen der Name Erkül Bwaroo ...

Das farbenfrohe und fröhliche Cover mit dem kleinen, eleganten Elfendetektiv und seinem Rosenstrauß fällt einem sofort ins Auge. Als Kenner des „Originals Hercule Poirot“ springt einen der Name Erkül Bwaroo sofort ins Auge und macht neugierig. Das hat neben der interessanten Kurzbeschreibung auf der Rückseite des Buches mein Interesse geweckt und ich wurde nicht enttäuscht.
Erkül Bwaroo ist ein cooler, galanter, intelligenter und stets gut gekleideter Elfendetektiv, der in einer fantastischen Welt, die von Menschen, Elfen, Greife, Nixen, Nöcks, Zwergen, Zauberern und Vampiren bevölkert wird. Aber auch diese Welt ist nicht vor Neid, Missgunst und sogar Mord gefeit. So kommt es, dass Titania, die Herrscherin über das Elfenreich, den Elfendetektiv zur Aufklärung eines Mordes in die Menschenwelt schickt. An seiner Seite findet sich stets sein resoluter, korrekter und schweigsamer Diener Orges. Sein „menschlicher“, aber nicht sonderlich engagierter Kollege Treibel ist bereits vor Ort, als Erkül an einem Filmset eintrifft. Für den Elfendetektiv erschließt sich eine völlig neue Welt der Schauspielkunst, denn der Krimi spielt zur Zeit der Entstehung des „Lichtspieles“. Kommissar Treibel tut den Tod der jungen, wenig begabten Schauspielerin Klarissa als Selbstmord ab und überlässt Erkül recht schnell das Feld. Zumal sich sogleich herausstellt, dass Klarissa eine Elfe ist und sich die Ohren operieren ließ, um als überaus schöner Mensch zu glänzen. Im Laufe der Ermittlungen wird klar, dass Klarissa eine überaus neugierige Person und auf ihren Vorteil bedacht war. Allerdings ist die Suche nach dem Mörder/der Mörderin nicht einfach und Erkül hat jede Menge zu tun.
Dieses Buch steckt voller schöner und auch witziger Ideen! Die Geschichte ist kurzweilig und es macht Spaß, Erkül in seine Welt zu folgen, in der es die gleichen Probleme wie in der Parallelwelt (unserer Welt) gibt. Anfangs fiel es mir etwas schwer, zwischen den verschiedenen Wesen zu unterscheiden, doch bald schon war ich so in dieser Fantasiewelt gefangen, so dass ich nicht nur Erkül mit seinem Faible für die französische Sprache, seine altmodische Ausdrucksweise, sondern auch seine Eigenheiten lieben lernte. Der Humor spielt in diesem außergewöhnlichen Kriminalroman eine große Rolle. Ich habe mich köstlich amüsiert, als Erkül auf einem Esel reiten musste und wie er vehement den Flug mit einem Greif abgelehnt hat. Der Name der Reporterin „Kussmaul“ oder „Heissenbier“ für den Wachtmeister finde ich ebenfalls sehr amüsant. Erkül und sein menschlicher Diener Orges geben ein originelles Gespann ab. Die Spannung kommt bei diesem ganz besonderen Krimi trotzdem nicht zu kurz. Und wie sein Vorbild Hercule klärt der Elfendetektiv am Ende der Geschichte den Fall souverän auf. Auch der Bezug zur heutigen Zeit, in der es viel Diskriminierung und Vorurteile gibt, wird durch die Gleichbehandlung aller Wesen auf dem Internat Freynberg ganz deutlich. Dort werden durchaus Schüler abgewiesen, deren Eltern sich für etwas Besseres halten.
Der Elfendetektiv Erkül Bwaroo hat in mir einen neuen Fan gewonnen. Es wird Zeit, dass ich ihn näher kennenlerne und das geht nur über die vorhergehenden Bücher.

Veröffentlicht am 21.03.2017

Lügen und ihre Folgen

Das Jahr, in dem ich lügen lernte
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Im Jahr 1943 lebt die 11jährige Annabelle auf der elterlichen Farm im Norden Amerikas. Die Farm wird von 3 Generationen in dieser schweren Zeit bewohnt und bewirtschaftet. Annabelle ist ein aufgewecktes ...

Im Jahr 1943 lebt die 11jährige Annabelle auf der elterlichen Farm im Norden Amerikas. Die Farm wird von 3 Generationen in dieser schweren Zeit bewohnt und bewirtschaftet. Annabelle ist ein aufgewecktes Mädchen mit zwei jüngeren Brüdern und geht in die Schule. Durch den Krieg sind alle Menschen eingeschränkt und so verwundert es nicht, dass alle Altersstufen in einer einzigen Klasse von einer Lehrerin unterrichtet werden und sich mindestens zwei Schüler ein Pult teilen müssen. Eine extreme Wende nimmt Annabelles Leben, als die neue, schwererziehbare Mitschülerin Betty in die Schule kommt. Betty ist sich für keine Gemeinheit zu schade und bedroht Annabelle, dass sie ihr „irgendetwas“ mitbringen soll. Andernfalls würde sie Annabelle oder deren Brüder schlagen. Als sich Annabelle widersetzt macht Betty auf unglaubliche, erschreckende Weise ihre Drohung war. Einzig der Fremde Toby, ein sehr schweigsamer und zurückgezogen lebender Kriegsveteran steht Annabelle einmal bei, als Betty ihr droht. Toby wird von den Bewohnern als Außenseiter behandelt und als es schließlich zu einem Steinwurf auf den deutschen Mr Anselm kommt, beschuldigt Betty ihn der Tat. So entwickeln die Geschichte und das Schweigen von Annabelle, die sich ihren Eltern erst spät anvertraut, eine erschreckende Dynamik. Die Ereignisse überschlagen sich zum Ende hin und dann ist nichts mehr so wie es war.
Eine unglaublich schöne, aber auch traurige Geschichte über ein ungewöhnliches und kluges 11jähriges Mädchen: Annabelle schafft es, die Erwachsenen für sich und ihre Ideen zu gewinnen. Sie ist bereit, für ihre Überzeugungen zu kämpfen und lügt dafür ihre geliebte Familie an. Sie stellt sich gegen die böse Betty, von der sie das lügen lernt. Anders als Betty lügt sie, um andere zu beschützen. Annabelle widersetzt sich den damaligen, üblichen Vorurteilen gegenüber Fremden oder Menschen, die anders sind, weil sie Schreckliches im Krieg erlebt haben. Das Buch ist sehr spannend und selbst als Erwachsene konnte ich mich dem Bann der Geschichte nicht entziehen und habe mit Annabelle und Toby mitgefühlt. Bis auf Tante Lily ist mir die ganze Familie McBride im Laufe des Lesens ans Herz gewachsen. Das Cover in seinen zarten Blau- und Gelbtönen, dem Schemen eines Mädchens und den Bäumen an der Seite ist schön gestaltet und hat mich sofort angesprochen. Zudem ist der anfängliche Text des Buches über das Cover geschrieben und die Bäume setzen sich am Anfang eines jeden Kapitels fort. Ob Annabells Handlungen und Gedanken immer realistisch sind, mag man bezweifeln. Doch die Geschichte ist ein gelungenes Beispiel dafür, was geschehen kann, wenn ein unschuldig scheinender Mensch seine Umwelt terrorisiert, Lügen verbreitet und Mitmenschen absichtlich verletzt. Es zeigt sich immer wieder, dass jede Lüge ein Ereignis nach sich zieht und die Folgen verheerend sein können. Die Autorin beschreibt Annabelles Not, aber auch ihre Stärke bildlich und so habe ich als Leserin mitgefühlt und mitgelitten.
Mir hat die Geschichte um Annabelle, Toby, Betty und deren einfaches Leben während des zweiten Weltkrieges sehr gut gefallen. Die Autorin erhebt nicht mahnend den Zeigefinder, sondern erzählt – vor allem zum Schluss hin – ganz spannend, wie sich das Leben von Annabelle ändert, als Betty in ihre Klasse kommt. Betty ist so ganz anders als Annabelle und hat ihre Freude daran, andere – in diesem Fall Annabelle – zu terrorisieren. Annabelle dagegen versucht, ihre Familie zu schützen und offenbart sich relativ spät ihrer Mutter. Es ist schön, dass ihre Eltern zu ihr stehen, auch wenn es letztlich nicht viel nützt, denn Bettys Großeltern glauben ihrer Enkelin mehr. Außerdem werden Vorurteile gegenüber Fremden und insbesondere Deutschen thematisiert, was einen sehr realistischen Bezug zum aktuellen Weltgeschehen hat. Ein wirklich schönes und gelungenes Jugendbuch, das liebevoll illustriert wurde und voller Emotionen steckt.

Veröffentlicht am 06.03.2017

Eine außergewöhnliche Geschichte mit Sogwirkung

Wenn ich jetzt nicht gehe
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Inhalt:
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als Mexiko-Stadt der Mittelpunkt der Neuen Welt war, steht der ehemals arme Bergmann Mauro Larrea erneut vor einem Wendepunkt in seinem Leben.
Einst ...

Inhalt:
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als Mexiko-Stadt der Mittelpunkt der Neuen Welt war, steht der ehemals arme Bergmann Mauro Larrea erneut vor einem Wendepunkt in seinem Leben.
Einst als Witwer mit zwei Kindern völlig arm nach Mexiko gekommen, hat sich Mauro Larrea durch harte Arbeit und kluge Entscheidungen ein kleines Imperium aufgebaut. Durch eine leichtsinnige Entscheidung verliert er seine gesamte Existenz und plant seinen „Abgang“ aus Mexiko-Stadt, ohne sein Gesicht zu verlieren. Immer an seiner Seite sind sein treuer Diener Santos Huesos sowie sein Prokurist und Freund Elías Andrade. Andrade und Larrea sind total unterschiedliche Männer. Andrade ist der Besonnene und eher Zurückhaltende. Larrea dagegen ist ein Abenteurer und sehr risikofreudig. Andrade unterstützt Larrea wo er nur kann und hält ihm auch den Rücken frei. Auch seine schwangere Tochter Mariana ist ihm treu ergeben und hilft ihm, während ihr jüngerer, sprunghafter Bruder Nico in Frankreich die Füße stillhalten soll. In Rückblicken – die nicht besonders gekennzeichnet sind – zeigt sich der Werdegang des ehemals armen, verwitweten, alleinerziehenden Bergarbeiters Larrea. Aus dem Nichts, aus bitterer Armut hat er sich nach ganz oben gearbeitet bzw. in seinen Minen arbeiten lassen. Obwohl er mit 50 Jahren wieder einen Neuanfang wagen muss, verliert er nicht seine Stärke und handelt schnell. Er verkauft fast sein ganzes Hab und Gut und leiht sich ausgerechnet bei demselben Halsabschneider Geld, der ihn bei seiner Ankunft in Mexiko bereits ausgebeutet hatte. Die knappen Rückzahlungsklauseln setzen ihn schwer unter Druck, so bald wie möglich ein gutes Geschäft abzuschließen. Unter diesen Umständen bricht Mauro nach Kuba auf, um dort erneut sein Glück zu suchen. Bei der Wahrung des Scheins in Mexiko-Stadt nimmt Andrade sämtliche Unannehmlichkeiten auf sich. Durch ihre enge Verbundenheit ist er auch immer die Stimme der Vernunft in Larreas Kopf. Er hält gewissermaßen Zwiesprache mit ihm. Kaum in Havanna angekommen, steht Mauro Larrea kurz davor, sich wieder in riskante Geschäfte einzukaufen. Von der Schwiegermutter seiner Tochter Mariana hatte er Geld zur Investition mitbekommen und ein Bekannter, Ernesto Gorostiza hat ihm den Erbanteil für seine Schwester Carola Gorostiza ebenfalls mitgegeben. Der Bankier Calafat, der sein Geld verwaltet, bietet ihm eine Beteiligung an einem s.g. „Gefrierschiff“ an. Die schöne, aber kalte und undurchschaubare Carola Gorostiza bittet ihn, ihr Erbe vor ihrem Mann geheim zu halten. Zudem schlägt sie ihm vor, ebendieses Geld in ein Schmuggelgeschäft zu investieren - es geht dabei um Sklavenhandel. Letztlich entscheidet sich Mauro gegen beide Geschäfte. Als ihn Carolas Mann Gustavo Zayas zu einem „Billardduell“ herausfordert, erwacht in ihm endlich sein Kampfgeist wieder und geschickt gewinnt er schließlich die spanischen Ländereinen des Gustavo Zayas mithilfe des intelligenten Bankiers Calafat. In seiner Zeit als Bergmann hatte Mauro in so ziemlich jeder Spelunke Billard gespielt und wurde dadurch ein hervorragender, wenn auch aggressiver Spieler. Bevor ihn Carola Gorostizas Rache trifft, verschwindet Mauro aus Havanna und reist nach Spanien zu seinen gewonnen Ländereien. Dort wartet allerdings schon die nächste schöne und geheimnisvolle Frau, Soledad Montalvo (Claydon). Auch sie versucht, ihn für ihre Zwecke zu benutzen und bittet ihn um einen Gefallen. Wie hoch ist der Preis für diesen Gefallen?
Fazit:
Das schlichte, aber sehr romantische Cover in seinen Grau-, Rot- und Orangetönen im Aquarellstil lässt keinen Zweifel daran, dass es sich hier um eine Liebesgeschichte handelt. Ihre Sprache ist einfach wunderbar, kraftvoll, bildgewaltig und zieht den Leser mitten ins Geschehen um den äußerst erfolgreichen Bergmann Mauro Larrea. Auch mich hat María Dueñas bereits mit den ersten Zeilen begeistert. Sie schreibt sehr gefühlvoll und webt geschickt Mauros Gedankengänge und die Stimme seines Gewissens – in Form von Elìas Andrade – in die Geschichte ein. Durch ihre stimmigen Landschaftsbeschreibungen und die Ausarbeitung der komplexen Charaktere zieht die Autorin den Leser in die Reise und die Verwicklungen des Bergmannes hinein. Von der ersten bis zur letzten Seite habe ich mit Mauro und später mit Soledad mitgelitten, wenn sich wieder ein Unglück abgezeichnet hat oder eine Situation ausweglos erschien.
Der Buchtitel passt hervorragend zu Mauro Larreas Lebensgeschichte, denn er fragt sich nach seiner Pleite sicherlich: „Wenn ich jetzt nicht gehe“ verliere ich nicht nur mein Vermögen, sondern auch mein Ansehen und auch meine Kinder sind dem Spott der Leute ausgesetzt. In Havanna sieht es dann nicht viel besser für ihn aus: „Wenn ich jetzt nicht gehe“, trifft mich der Zorn von Carola Gorostiza und ich bin vielleicht für immer ruiniert. Dadurch entsteht eine sehr stimmige Verbindung zwischen dem Buchtitel und dem steten Aufbruch von Larrea in ein neues, anderes Leben. Letzten Endes stellt sich die Frage, ob nicht etwas ganz Wunderschönes entsteht, wenn er bleibt.
„Wenn ich jetzt nicht gehe“ ist ein wunderbares Buch voller Abenteuer, Glück und Unglück, Liebe und Hass und Kampfgeist mit liebevoll ausgearbeiteten Charakteren, die dem Leser mit jeder Zeile mehr ans Herz wachsen oder ihn zornig machen. Dieses Buch hat eine unglaubliche Sogwirkung, der man sich schwer entziehen kann. Zu Recht wird dieses Buch als „Der Sensationsbestseller aus Spanien“ betitelt.

Veröffentlicht am 28.02.2017

Eine spannende Seereise mit einem ungewöhnlichen Mädchen

Der Korsar und das Mädchen
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Das harmonische Cover in Brauntönen besticht mit einem alten Segelschiff, das prima zur ungewöhnlichen Seereise von Catherine und Lennart passt. Es lässt keinen Zweifel aufkommen, dass der Roman sich hauptsächlich ...

Das harmonische Cover in Brauntönen besticht mit einem alten Segelschiff, das prima zur ungewöhnlichen Seereise von Catherine und Lennart passt. Es lässt keinen Zweifel aufkommen, dass der Roman sich hauptsächlich auf dem Meer abspielt. Hinzu kommen die Personenliste am Anfang des Buches und die Zeichnung zum Schiff gegen Ende, was sehr hilfreich ist.
Der Prolog lässt nichts Gutes ahnen und es bleibt offen, was mit der flüchtenden jungen Frau passiert und welche Verbindung sie zu den anderen Charakteren des Romans hat.
2. Unabhängigkeitskrieg zwischen England und Amerika im Jahr 1814:
Im Mittelpunkt des historischen Romans stehen Catherine Hansen und Lieutenant Lennart Montiniere, die zunächst nichts gemeinsam haben und aus völlig verschiedenen Familien und Welten stammen. Lennarts Wunsch, endlich Kapitän auf einem Schiff zu sein, wird überschattet von der Aufgabe, die damit verbunden ist: er soll im Auftrag der amerikanischen Regierung mit der Silver Eagle die Stärke der feindlichen, englischen Schiffe ausspionieren. Er gilt somit als „Freibeuter“ und hat keinerlei Schutz von seiner Regierung zu erwarten, sollte er auffliegen.
Die eigensinnige und belesene Catherine Hansen ist die Tochter eines Plantagenbesitzers, die eine ungewöhnliche Erziehung genossen hat. Im Gegensatz zu ihrer damenhaften Schwester Emily ist Catherine eine freiheitsliebende Kämpferin im wahrsten Sinne des Wortes. Da ein männlicher Erbe ausblieb, hat ihr Vater sie in verschiedenen Kampftechniken und im Reiten ausbilden lassen. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die 17jährige zu einem richtigen Wildfang entwickelt hat.
Auf ihrer Reise nach England zur Familie von Emilys Verlobten geraten Catherine, ihr Freund und Kampfgefährte First, Emily und ihr Verlobter unter Beschuss der Silver Eagle. Emilys Verlobter verschwindet und so sehen sich die beiden Frauen und First ganz alleine Lieutenant Montiniere gegenüber. Er nimmt die drei mit auf sein Schiff. Catherine sieht die ganze Schiffsreise als einziges Abenteuer und so ist es nicht verwunderlich, dass sie auf die Idee kommt, sich gegenüber Lennart und seiner Besatzung als Schiffsjunge auszugeben. Ihre Schwester Emily ist davon gar nicht begeistert und macht sich Sorgen, dass alles auffliegt. Nach anfänglichen Misshandlungen durch den Schiffskoch bringt der Schiffsjunge Cato (Catherine) an Bord bald zu einem gewissen Ansehen, denn er ist flink wie ein Affe, hat vor nichts Angst und bringt ein immenses Wissen über die Schifffahrt mit. Lennart hat immer ein Auge auf Cato und beschützt ihn zeitweise vor seiner wilden Mannschaft. Doch er muss dabei vorsichtig sein, nicht die Moral der Mannschaft zu untergraben, wenn er Cato zu viel Aufmerksamkeit schenkt.
Im Umgang mit Männern ist die wilde, ungestüme und freiheitsliebende Catherine nicht besonders gewandt. Sie wurde im Kämpfen unterrichtet und wuchs wie ein Junge zusammen mit dem Sklavenjungen First auf. Deshalb interessiert sie sich auch herzlich wenig für Kleidung, Etikette und höfliche Zurückhaltung. Genau das ist es, was Lennart gefällt – als er herausfindet, dass es sich bei dem Schiffsjungen Cato um eine junge Frau namens Catherine handelt. Da Lennart dieses Wissen nur seinem Freund Tucker mitteilt, kann er weiterhin Catherines Geheimnis wahren und ihr gleichzeitig den einen oder anderen Denkzettel verpassen.
Eine ungewöhnliche, abenteuerliche und spannende Seereise mit ungewissem Ende und vielen geschichtlichen Details fesselt den Leser, so dass ein Weglegen der Lektüre kaum möglich ist.
Die Hauptcharaktere Catherine und Lennart sind ausführlich und liebevoll beschrieben und stets authentisch. Beide haben eine raue Schale und einen weichen Kern. Ganz langsam entwickelt sich ihre Liebesgeschichte, die von der Autorin liebevoll und mit einem Augenzwinkern erzählt wird. Durch die schönen Unwetter- und Kampfszenen hatte ich oft das Gefühl, selbst an Bord der Silver Eagle zu sein und den Seegang zu spüren. Das harte Leben an Bord ist gut dargestellt und die Charaktere der weiteren Protagonisten machen es dem Leser leicht, sie zu mögen oder nicht. Romantik, Menschlichkeit und Herzensbildung kommen auch nicht zu kurz und driften dabei nicht ins Kitschige ab.
Elisabeth Büchle erschafft mit ihrem lebendigen und plastischen Schreibstil, vielen Elementen zur Seefahrt und Hintergrundwissen zum zweiten Unabhängigkeitskrieg eine fantastische Reise in einer Männerwelt, in der sich eine Frau dennoch behaupten kann. Sie versetzt den Leser in eine andere Zeit und vermittelt ein lebhaftes Abenteuer, das nicht nur auf dem Meer spannend ist. Dieser historische Roman hat mich stets gefesselt und ich habe in jeder freien Minute gelesen. So muss es sein!