Platzhalter für Profilbild

Buecherhexe

Lesejury Star
online

Buecherhexe ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Buecherhexe über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.08.2022

Ein sehr interessantes Buch, das auf drei Ebenen spielt:

Auf See
0

Erstens: Yada, ein junges Mädchen, das auf einer künstlichen Insel lebt. Ihr Vater ist ein sektiererischer Visionär, will alles und jeden seiner Idee unterordnen. Sich selbst aber ausgenommen. Er isst ...

Erstens: Yada, ein junges Mädchen, das auf einer künstlichen Insel lebt. Ihr Vater ist ein sektiererischer Visionär, will alles und jeden seiner Idee unterordnen. Sich selbst aber ausgenommen. Er isst morgens und mittags allein, lauter frische Leckerbissen während das
gemeine Volk, seine Tochter inklusive, einheitlichen grünen Vitaminbrei essen müssen. Zudem gönnt sich der Vater Auslandsreisen, obwohl er Yada immer erklärt, die Außenwelt ist zerstört, es gäbe sie nicht mehr, Doch die Tochter beginnt zu rebellieren. Dem Vater schwebt eine perfekte Gesellschaft auf dem Meer vor, alle Menschen streben nach Perfektion, Gleichheit, Freiheit. Aber es ist nur die vom Vater akzeptierte Freiheit, alle Andersdenkende werden entfernt, Yada wächst isoliert auf, ohne Kontakt zu anderen Kindern, die Erwachsenen um sie herum gängeln oder meiden sie. Irgendwann merkt Yada, wie sehr ihr Vater und seine Clique sie betrogen und belogen haben, sie mit Medikamenten gefügig gemacht haben und sie flieht von der Insel.
Zweitens: Helena, freie, ungebundene Künstlerin, Malerin, Bloggerin, aber alles ohne feste Überzeugung. Sie tut dies, weil sie es kann, nicht weil es ihr ein Bedürfnis ist. Sie hat eine riesige Fangemeinde, Follower und Bewunderer. Aber ihr liegt nichts an ihnen. Sie versteht auch nicht den Rummel, der um sie gemacht wird. Sie will einfach frei und ungebunden sein.
Drittens: Kapitel die “Archiv” betitelt sind und über Sonderwirtschaftszonen, über Unternehmungen diverser Visionäre oder Betrüger berichten, die versucht haben entweder eigene Mini-Staaten zu gründen, oder Menschen um ihre Ersparnisse zu bringen, mit
angeblichen Inseln oder Ländern in denen sie frei und ungebunden leben könnten.
Yada und Helena werden sich begegnen, Yadas Vater hat nun keine Macht mehr über sie und kann sie nicht zwingen, zu ihm zurück zu kehren, was für ihn persönlich katastrophale Folgen haben wird. Aber Yada ist endlich frei. Sie wird nun in einem alten geschenkten VW Golf ihre Freiheit genießen, die sie während ihrer Kindheit und Jugend nie hatte.
Während die “Archiv” betitelten Kapitel trocken und emotionslos über die missglückten Versuche selbständige Staaten zu bilden berichten, sind die anderen Kapitel, die über Yada, Helena oder die anderen agierenden Personen berichten, spannend, ja sogar dramatisch geschrieben, man lese nur das Kapitel über Yadas Flucht.
Das Buch ist in Abschnitte unterteilt, die die Namen der englischen grammatikalischen Zeiten im Indikativ Aktiv tragen: Future Simple, Future Progressive, Past Perfect, Present Progressive und Future Perfect. Weshalb hat die Autorin wohl das Present Simple ausgelassen?
Theresia Enzensberger hat ein faszinierendes Buch geschrieben, angesiedelt zwischen Utopie und Realismus, zwischen Fantasie und Wirklichkeit.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.08.2022

Spannender Krimi, der, wie könnte es anders sein, aus Schweden kommt.

Sturmrot
0

Ein Vierzehnjähriger soll ein Mädchen getötet haben. Jahre später ist er wieder in seinem Heimatort. Und die alten Erinnerungen kommen wieder hoch. Vor allem, da er seinen Vater ermordet in der Dusche ...

Ein Vierzehnjähriger soll ein Mädchen getötet haben. Jahre später ist er wieder in seinem Heimatort. Und die alten Erinnerungen kommen wieder hoch. Vor allem, da er seinen Vater ermordet in der Dusche vorfindet. Alles stellt sich ganz anders heraus, als es die Ermittler damals darstellten. Nach monatelangen Verhören, mit Schlafentzug, ohne Beisein der Eltern oder eines Rechtsanwalts, gesteht das Kind alles, was die Polizisten wollen. Die Ermittler haben sich auf diesen Jungen eingeschossen, ohne anderen Spuren nachzugehen, ohne auch nur in Betracht zu ziehen, dass die Wahrheit eine ganz andere ist. Und nun, 23 Jahre später ist Olofs Vater getötet worden, Sofort glaubt die Polizei, er wäre auch in diesem Fall der Täter, obwohl er gar nicht zur Tatzeit am Tatort gewesen war.
Eira, die ermittelnde Polizistin, beißt sich an diesen Fall fest, sie geht allen Spuren nach, findet den Mörder von Olofs Vater, findet die Brandstifter, die Olofs Haus anzünden, findet heraus, was vor 23 Jahren mit Lina passiert war, findet auch die Leiche eines Unbekannten, der mit Linas Verschwinden zu tun hatte, findet auch heraus, wie ihre eigene Familie in diesem Fall mit verstrickt war.
Der mitreißende Schreibstil überzeugt und nimmt den Leser mit. Dabei kommt der Krimi ohne Hollywoodmäßige Showdowns aus, ohne Schießereien, Rettung in letzter Minute und dergleichen mehr. Und trotzdem lesen wir gebannt, fragen uns, wann endlich Linas Leiche auftauchen wird.
Klare Leseempfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.08.2022

Tragische Geschichte eines Jahrhunderts

Isidor
0

Ein kleines vergessenes Schtetl im ADW in Galizien zur Jahrhundertwende 19/20. Die Doppeladlermonarchie hat noch 14 Jahre, dann zerfällt das Reich in einem langen blutigen Krieg, an dessen Ende nichts ...

Ein kleines vergessenes Schtetl im ADW in Galizien zur Jahrhundertwende 19/20. Die Doppeladlermonarchie hat noch 14 Jahre, dann zerfällt das Reich in einem langen blutigen Krieg, an dessen Ende nichts mehr so sein wird, wie es einmal war.. Österreich ersteht quasi aus der Asche, stark verkleinert und gehörig gerupft, aber mit Stil und Charme. Isidor aus diesem kleinen Schtetl Lokutni hat es bis an die Spitze Wiens geschafft. Aber wie lange? Mit kleineren oder größeren Kriegsschiebereien, Aktiengewinne, lukrative Geschäfte auf dem Schwarzmarkt, die nicht immer koscher waren, ist Isidor am Kriegsende Millionär. Aber er ist nicht der einzige, der aus dem großen Vaterländischen Krieg Gewinne erzielt, da gehen viele Christen mit gutem Beispiel voran. Isidor wird zum Lebemann, Bonvivant. Leben und Leben lassen ist seine Devise. Er unterstützt seine Familie, Künstler und die Wiener Oper. Stets bereit zu spenden, zu helfen, öffnet er gerne sei Haus vielen Gästen und Freunden.
Aber auf den Straßen Wiens kehrt keine Ruhe ein. In den zwanziger Jahren zeigt sich, dass der Antisemitismus keine Erfindung des Großdeutschen Reiches allein ist. Immer wieder kommt es zu Gewaltausbrüchen, zu antijüdischen Hetzen und Verfolgungen. Isidor ist ein Ästhet, er verdrängt das Hässliche um ihn herum, glaubt sich, dank seiner Position und seines Reichtums davor gefeit. Nach dem “Anschluss” Österreichs, standen die Nazischergen bei ihm als einer der ersten auf der Matte. Isidors Bedienstete hatten heimlich im Voraus Listen mit all seinen Gütern und Aktien erstellt und den Nazis ausgeliefert. Seines Vermögens beraubt und todkrank wird er aus der Haft entlassen, um wenige Monate später als gebrochener Mann zu sterben. “Der Tod ist ein Meister aus Deutschland” (Paul Celan, Todesfuge), ja, die Deutschen haben Wien und die “Ostmark” übernommen und meisterlich und geordnet das wunderschöne Wiener Leben, an dem die Juden doch solch einen reichen Beitrag geleistet hatten, plattgewalzt.
Nur wenigen gelingt die Flucht, nach Amerika, nach Palästina. Walter, Lieblingsneffe Isidors ist einer von ihnen. Gute elf Jahre nach dem Krieg stattet er Wien einen Besuch ab, geht auch in das Haus, in dem er vor seiner Flucht gelebt hat. Die jüdischen Nachbarn sind alle weg, den Säuberungen zum Opfer gefallen. Allein die ehemalige Hauswartsfamilie wohnt noch da. “Als er bei dem Ehepaar klingelt, öffnet die Hauswartsfrau die Wohnungstür und erkennt Walter sofort. Kreidebleich ruft sie in die Wohnung hinein: “Der Jud’ is wieda doa!” Worauf ihr Mann rüde antwortet: “Sag koa Wort!” In den wenigen Sekunden, ehe sie die Tür vor Walters Nase zuschlägt, kann er einige Möbel seiner Eltern und ehemaliger Nachbarn ausmachen.” (S. 15). Juden sind zwar weg aus Wien, der Antisemitismus jedoch ist immer noch da, latent aber jederzeit präsent und bereit zu explodieren.
Isidor findet seine letzte Ruhestätte auf dem Wiener Zentralfriedhof in der jüdischen Abteilung. “Bewacht” werden die Gräber in diesem von Menschen wenig besuchten Bereich von Rehen, Hasen, Fasanen. Das Reh, dass dem Betrachter offen in die Augen blickt auf dem Titelbild, ist auch eine Anspielung auf das Reh, das bei Isidors Grab der Autorin entgegenblickt. Das Titelbild hat mich verzaubert. Eine Flucht von prunkvollen hohen Räumen und mittendrin blickt uns ein Reh an. Als ob es sein gutes und angestammtes Recht wäre, in diesem Palais zu sein, stellvertretend für den von Nazischergen ermordeten Hausherrn.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.08.2022

Spannender Thriller

Die Cellistin
0

Dieses Buch verspricht ein sehr spannender Thriller zu werden, wenn Auftragsmorde einer
Regierung nicht schon längst zum Alltag gehören würden. Ob Russland, Pandemie, die
USA am Rande des Wahnsinns ausgelöst ...

Dieses Buch verspricht ein sehr spannender Thriller zu werden, wenn Auftragsmorde einer
Regierung nicht schon längst zum Alltag gehören würden. Ob Russland, Pandemie, die
USA am Rande des Wahnsinns ausgelöst durch einen starrsinnigen “old white man”, die
Realität ist längst da. Trotzdem, das Buch verspricht Spannung und Kurzweil. Bezüge zum
wirklichen Leben sind gewollt und unvermeidbar. Die Handlung ist etwas zu sehr
vorhersehbar, Gabriel Allon ist der neue Null Null Sieben, der Tausendsassa, Prinz Siegfried
und liebevoller Familienvater in Personalunion. Seine Bondgirls sind durch die Bank
hochintelligent, künstlerisch sehr begabt, wunderschön und mit einem Gewissen wie Mutter
Theresa. Seine Gegenspieler sind skrupellose “Bad Banks”, senile Präsidenten,
gewaltbereite Autokraten und ihre Helfershelfer.
Dazwischen folgen immer mal wieder Exkurse in die Welt der Finanzen, die eigentlich Politik
und Alltag bestimmen. Diese Erklärungen sind genauso interessant, wie die Action an sich.
Der Aufbau des Buches ist wie ein Konzertbesuch, wie um auf den Titel des Buches
aufmerksam zu machen. Die großen Buchabschnitte sind unterteilt, wie ein Konzert,
inklusive Zugaben: Moderato - steht für Einleitung, der Teil in dem wir nur spüren, dass das
Buch interessant werden könnte, wir aber noch nicht wissen, in welche Richtung sich die
Handlung entwickeln wird, Im Teil zwei “Menuett und Trio” wird die Handlung weiter
aufgebaut, Gefahren und neue Schauplätze tauchen auf, Teil drei “Adagio Cantabile”
entwickelt die Handlung brisant weiter, der senile alte Mann in Washington taucht so richtig
in Erscheinung und wird zur potentiellen Gefahr für eine der Hauptheldinnen (keine Angst,
Gabriel Allon wird zur Stelle sein), Teil vier - Finale - ist eigentlich kein Finale, weil nur in
einer Oper stirbt der Tenor den Heldentod, in einem Thriller ist das nicht zulässig. Heroisch
wird das trotzdem. Gabriel zieht praktisch die Kugel, die für den neuen US-Präsidenten
gedacht war, auf sich, Aber er überlebt im letzten Teil - Zugabe. Wie bei einem richtigen
Konzert bietet der Solist oder das Orchester (oder beide) noch eine Zugabe, die erst den
richtigen Abschluss für ein Konzert bilden. Der brisanteste Teil des Buches, zumindest für
mich, ist aber die “Anmerkung des Verfassers”, ab S. 435 und folgende. Keine Fiktion, pure
Fakten, die zeigen wie ein Präsident das eigene Land an den Abgrund fahren kann, wenn er
seine Ziele und irrationalen Wünsche über alles stellt.
Das Buch liest sich angenehm, spannend und in einem Rutsch. Ich würde sagen, Herr Silva,
Ziel erreicht!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.07.2022

Skandinavien - what else?

Im Feuer
0

Bitte nur im Winter lesen! Die Hitze, die dieses Buch ausstrahlt, die vielen Feuerbrände, die brennenden Wälder und Straßen und Häuser, dies Buch müssen wir uns für den Winter aufheben, wenn wir wegen ...

Bitte nur im Winter lesen! Die Hitze, die dieses Buch ausstrahlt, die vielen Feuerbrände, die brennenden Wälder und Straßen und Häuser, dies Buch müssen wir uns für den Winter aufheben, wenn wir wegen Gasknappheit nicht mehr heizen können!
Spaß beiseite, Pernilla Ericson hat uns hier einen spannenden Krimi mit klassischem Aufbau geliefert. Routiniert und gekonnt entfaltet sie die Handlung vor unseren Augen. Lilly Held lässt sich von Stockholm in die Provinz versetzen, um einer schwierigen persönlichen Situation zu entgehen. Und da es einen heißen Sommer gibt, muss Held gleich in ein paar Brandfällen ermitteln. Jesper, der Feuerwehrchef unterstützt sie dabei, rettet sie auch aus brandgefährlichen Situationen. Und wie in einem Krimi der auf sich hält, ist der Mörder und Brandstifter jemand ganz anderes und unerwartet, obwohl, wenn man es weiß, im Nachhinein es einem ganz klar erscheint: Nur die Person konnte es sein und keiner sonst.
Weshalb lieben wir Krimis? Zunächst einmal der klare Aufbau, dann der Mord, die Ermittlungen die zum Schluss zum Fassen des Täters und Aufklären sämtlicher Fragen führen. Und die Gewissheit: Am Ende siegt immer das Gute, die Übeltäter werden bestraft. Und genau das hat in diesem Buch auch Pernilla Ericson geliefert. Ich habe das Buch gerne gelesen. Die Spannung, die Story, das gute Ende. Und das Versprechen, dass es weiter gehen wird mit Lilly Held. Hoffentlich auch mit der Liebesgeschichte zwischen Lilly und Jesper.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere