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Veröffentlicht am 12.03.2023

Innerer Strukturwandel

Wovon wir leben
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In Birgit Birnbachers Roman „Wovon wir leben“ erzählt die Protagonistin von ihrer Rückkehr in ihr Heimatdorf. Dort will sie ihre Kündigung und ihren gesundheitlichen Zusammenbruch verarbeiten, ist nach ...

In Birgit Birnbachers Roman „Wovon wir leben“ erzählt die Protagonistin von ihrer Rückkehr in ihr Heimatdorf. Dort will sie ihre Kündigung und ihren gesundheitlichen Zusammenbruch verarbeiten, ist nach dem Weggang ihrer Mutter mit ihrem Vater und ihrem pflegebedürftigen Bruder konfrontiert, ebenso wie mit den sozialen Strukturen eines ländlichen Dorfs, und lernt einen Mann kennen, der, wenn auch unter anderen Vorzeichen, wie sie an einem Scheidepunkt im Leben steht. Das Coverbild sieht aus, als würden die beiden in einer Wiese schwimmen, und so „schwimmen“ sie tatsächlich nach dem Verlust ihres bisherigen Lebensentwurfs, während das Dorf einen Raum, aber auch Grenzen für einen Neuanfang absteckt.
Das Buch handelt von Selbst- und Fremdbestimmung, Strukturwandel und Rollen-, vor allem Geschlechterbildern, und wie das eigene Weltbild das Handeln bestimmt. Erst spät merkt man an einzelnen Worten, dass die Geschichte in Österreich spielt, aber für das Geschehen ist das eh nebensächlich, dieselben Themen wird man auch in Deutschland, Italien oder der Türkei antreffen. Die Handlung des Buchs ist glaubwürdig und die Personen in Julias Umfeld sind anschaulich charakterisiert.
Nur Julia als Erzählerin blieb mir die ganze Geschichte über hinweg wenig greifbar. Am ehesten konnte ich mit ihr mitfühlen, als sie ihre alte Arbeitsstätte verlässt, aber ansonsten erschien mir der innere Monolog über weite Strecken sehr rational und merkwürdig gefühlsarm. Vielleicht deshalb fand ich manche Entwicklungen, vor allem das Verschwinden der Atemprobleme und das Finden einer neuen beruflichen Perspektive, zwar möglich, aber als Leserin schlecht nachvollziehbar. Dazu trägt auch bei, dass nach einer detaillierten Schilderung von Julias ersten Tagen im Dorf ein Zeitraffer einsetzt, bei dem ganze Wochen oder Monate zusammengefasst werden.
Die Stärke des Buchs liegt dagegen in den scharfen Analysen der Personen und zwischenmenschlichen Situationen und den kurzen, treffenden Bildern, die die Autorin findet. Sie haben das Buch für mich zu einem Lesevergnügen gemacht, auch wenn sie stellenweise in Szenen mit schneller Handlung nicht so recht in den Ich-Erzähler-Stil passten – ich zumindest denke bei der plötzlichen Begegnung mit einer alten Freundin selten in so eleganten Formulierungen wie „Bea ist winterhart, Bea blüht ganzjährig.“
Im Gedächtnis bleiben wird mir das Ende des Buchs, von dem ich auch eine Woche später nicht sagen kann, ob es nun ein Happy End ist oder nicht. Insgesamt hat Birgit Birnbacher einen nachdenklichen Roman geschaffen, den ich gerne gelesen habe.
Disclaimer: Ich habe das Buch als kostenloses Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Dies beeinflusst meine Rezension nicht.

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Veröffentlicht am 12.03.2023

Rätselheft der nächsten Generation

Ravensburger Stay alive! Rätsel-Challenge - Überlebe im magischen Wald - Rätselbuch für Gaming-Fans ab 8 Jahren
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Der Prinz ist verschwunden und das Königreich wird von Katastrophen heimgesucht – nur wenn du den Einsiedler im Magischen Wald findest, kannst du diesen merkwürdigen Ereignissen auf den Grund gehen. Und ...

Der Prinz ist verschwunden und das Königreich wird von Katastrophen heimgesucht – nur wenn du den Einsiedler im Magischen Wald findest, kannst du diesen merkwürdigen Ereignissen auf den Grund gehen. Und um ihn zu finden, musst du dich einer Reihe von Herausforderungen stellen: den Rätseln in diesem Buch.
Die Rätsel: Die Rätsel haben uns großen Spaß gemacht. Sie sind sehr vielseitig - Wörterrätsel, Matherätsel, Suchrätsel, Logikrätsel… - und manche habe ich (trotz viel Rätselerfahrung) in der Form noch nicht gesehen. Die Besonderheit, dass es drei Schwierigkeitsstufen gibt, war richtig gut umgesetzt, vor allem, wenn sich die Aufgabe auf jeder Stufe ein bisschen verändert. Bei manchen Rätseln, v.a. gegen die Zeit, fanden wir die Rätsel selbst als Erwachsene herausfordernd, also sollten Spieler*innen aller Altersstufen auf ihre Kosten kommen. Damit können auch Personen mit unterschiedlichen Rätselfähigkeiten, z.B. zwei unterschiedlich alten Kindern, gut zusammen spielen. Der „Kampf“ mit dem Endgegner war leider bisweilen etwas langatmig, aber das macht ja nur einen Bruchteil der Spielzeit aus.
Die Geschichte: Man „durchreist“ mehrere Gebiete, die man durch gesammelte Punkte „öffnet“. In jedem gibt es mehrere Rätsel zur Auswahl, die man nicht alle lösen muss, sondern nur so viele, bis man eine bestimmte Menge Punkte gesammelt hat. Zu jedem Rätsel gibt es einen netten kleinen Einleitungstext, der erzählt, wem man im Wald begegnet und welche Aufgabe zu lösen ist – das macht nochmal extra Lust auf das Rätsel. Ich hatte erwartet, dass die Rätsel in irgendeiner Form eine fortlaufende Geschichte erzählen, das war leider nicht der Fall. Theoretisch kann man die Rätsel also in beliebiger Reihenfolge lösen, da man aber keinen Überblick bekommt, macht man sie dann doch wahrscheinlich einfach der Reihe nach. Hier wären Orientierungsseiten schön gewesen, auf denen man (z.B. auf einer Art Karte) sieht, welche Orte/Figuren man in dem Gebiet besuchen kann.
Das Material: Grafisch hat mir das Buch gut gefallen - die Bilder sind in einem farbenfrohen Comicstil gehalten, modern, aber nicht plump, und transportieren schön die Stimmung an den verschiedenen Handlungsorten. Es gibt gut verständliche Lösungsseiten, einen Punktezähler, für den man eine Schere braucht, und eine Lösungsmatrix. Die Punktezähler haben wir nicht benutzt, das ging auch gut mit einer Strichliste, aber vom Material her funktionieren sie bestimmt gut. Auch die Matrix zum Lösen mancher Rätsel hat ihren Zweck erfüllt. Die Farbe auf den Feldern wird durch erwärmen durchsichtig, sodass man die Lösung sehen kann – in kalten Zimmern reichte rubbeln nicht immer, aber Hand drauflegen hat immer funktioniert. Kleiner Wermutstropfen für mich: Ausdrücke wie "Brainpunkt" und "challenge" klingen für mich etwas albern. Aber das tut den Rätseln keinen Abbruch.
Insgesamt gebe ich trotz kleiner Schwächen eine klare Empfehlung für Leute, die Spaß an vielseitigen Rätseln, kleinen Geschichten und schönen Bildern gleichzeitig haben.
Disclaimer: Ich habe das Buch als kostenloses Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Dies beeinflusst meine Rezension nicht.

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Veröffentlicht am 06.02.2023

Der 7. Hummel-Himmel

SAMi - Die kleine Hummel Bommel
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Das Cover ist eher schlicht gestaltet, im Buch selbst gibt es mehr zu entdecken. Ich finde die Illustrationen von Joelle Tourlonias einfach unglaublich goldig, sehr gefühlvoll und trotzdem nicht kitschig. ...

Das Cover ist eher schlicht gestaltet, im Buch selbst gibt es mehr zu entdecken. Ich finde die Illustrationen von Joelle Tourlonias einfach unglaublich goldig, sehr gefühlvoll und trotzdem nicht kitschig. Für kleine Kinder ist außerdem toll, dass die Bilder übersichtlich sind, man aber auch viele Details entdecken kann. So auch in der Geschichte der Hummel Bommel. Die Figuren sind vielfältig und - bis auf die anderen Krabbelgruppenkinder (ein sehr schönes Wortspiel, wo es doch um Insekten geht) - sympathisch. Die Geschichte ist für Kinder gut verständlich geschrieben und nachvollziehbar. Als Erwachsene habe ich beim Lesen/Hören an ein paar Stellen gestutzt, die mir nicht logisch erschienen, wie die Begründung des Vaters für die kleinen Flügel, aber das hat nicht weiter gestört. Die Message, dass man sich nicht einreden lassen sollte, was man kann und was nicht, und auch, wie gut es ist, sich Rat zu holen, kann man ja gar nicht oft genug hören.
Die Umsetzung für den Sami-Lesebär hat gut funktioniert. Die Vorlesestimme ist sympatisch, es gefällt mir, dass die Geschichte durch Sounds und Musik untermalt wird. Auch die Soundqualität des Lieds ist gut, Maite Kelly singt persönlich - dass ich das Lied nicht mag, weil es keinen richtigen Rhythmus, kein Reimschema hat und der Text mir zu sehr nach Selbsthilfeliteratur klingt, wird nicht auf jeden zutreffen.
Technisch ist der Bär einfach zu bedienen, und das auch, wenn man die Audiofiles nicht übers W-Lan, sondern über Kabel übertragen will. Auch die Kopplung ans Buch ist einfach und für Kinder gut umsetzbar. Wenn man nicht weiterblättert, erinnert einen Sami nach einer Weile sehr freundlich daran, dass man nach dem Anschauen der Seite umblättern kann, wenn man möchte - das ist schön gelöst. Trotzdem finde ich den Slogan "macht Vorlesen zu einem Erlebnis" unverschämt dreist - klar kann ich als Vorlesende nicht alle Soundeffekte produzieren, aber beim Lesen kuscheln, mit den Fingern auf die Bilder zeigen, Fragen beantworten, DAS kann eben nur ein Mensch und keine Plastikfigur. Etwas mehr Bescheidenheit wäre hier angebracht.
Davon unabhängig sind Sami und Bommel aber eine Kombi, die mir Spaß gemacht hat. Ich freue mich auf weitere Lesebärbücher!
Disclaimer: Ich habe das Buch als kostenloses Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Dies beeinflusst meine Rezension nicht.

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Veröffentlicht am 21.12.2022

Der Geist der Vergangenheit

Die dunklen Sommer
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Saskias Familie wird durch den gewaltsamen Tod ihres kleinen Bruders auseinandergerissen. Mit ihrer Adoptivfamilie kommt sie nach Zuhause, einer Aussteigerkommune, in der sie sich aufgehoben und ihrem ...

Saskias Familie wird durch den gewaltsamen Tod ihres kleinen Bruders auseinandergerissen. Mit ihrer Adoptivfamilie kommt sie nach Zuhause, einer Aussteigerkommune, in der sie sich aufgehoben und ihrem Bruder nahe fühlt. Doch sie und die anderen Jugendlichen dort fühlen sich zu einer Tat getrieben, die sie Jahre später einholt. Gemeinsam müssen sie sich in ihrem alten Zuhause der Vergangenheit stellen.
Erzählt wird aus Saskias Perspektive und kapitelweise abwechselnd die Erlebnisse aus ihrer Kindheit und wie die Ereignisse sie Jahrzehnte später einholen. Trotz der Zeitsprünge konnte ich der Geschichte gut folgen. Man ahnt, worauf die Geschichte hinausläuft, aber der Vergleich zu Donna Tartt auf dem Cover ist nachvollziehbar – das Buch lebt weniger davon, was erzählt wird, als wie es erzählt wird. Der Erzählstil ist ungewöhnlich und findet schöne Bilder, über die es sich lohnt, länger nachzudenken. Die Hauptfiguren sind schön herausgearbeitet und zeigen in ihrem Verhalten in weiten Teilen überzeugend Charakter, ohne in Klischees abzudriften. Saskias Gefühlsleben wird in vielen Nuancen geschildert, was eine große emotionale Intensität erzeugt; auch wenn ich diese Differenziertheit in der Ich-Perspektive zum einen für eine traumatisierte Teenagerin aus einem nicht übermäßig zugewandten Elternhaus, zum anderen in hochemotionalen Momenten unglaubwürdig fand. Zwischen den Nebenfiguren, vor allem den Bewohnern von Zuhause, kam ich stellenweise durcheinander, und das Motiv der Erpresserbriefe wurde mir auch nicht so ganz deutlich, aber die Dynamik zwischen den Mitgliedern der sektenartigen Kommune fand ich spannend und überzeugend dargestellt.
Insgesamt kein leichtes, aber ein lohnenswertes Buch.
Disclaimer: Ich habe das Buch als kostenloses Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Dies beeinflusst meine Rezension nicht.

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Veröffentlicht am 19.12.2023

Wackeliger Spagat

Büchermenschen
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„Büchermenschen“ zeigt und erzählt, durch wie viele Hände ein Buch geht, bis es von der ersten Idee bei den Leserinnen und Lesern ankommt. Die Aufmachung ist definitiv ein Blickfang: bunte Illustrationen, ...

„Büchermenschen“ zeigt und erzählt, durch wie viele Hände ein Buch geht, bis es von der ersten Idee bei den Leserinnen und Lesern ankommt. Die Aufmachung ist definitiv ein Blickfang: bunte Illustrationen, der beschnittene Einband und die Schweizer Bindung, die ich persönlich vorher noch nie in der Hand hatte. Allein das macht das Buch zu einem kleinen Schatz.
Jede der 10 miteinbezogenen Personengruppen wird auf zwei Doppelseiten beschrieben. Dabei mischen sich allgemeine Tätigkeitsbeschreibungen mit Anekdoten und Beispielen. Auch wenn nicht jede Personengruppe im gleichen Umfang dargestellt werden kann, hätte ich es spannend gefunden, auch über die anderen Parteien innerhalb des Verlags zumindest kurz etwas zu erfahren, sie werden jedoch bei den Lektor:innen nur aufgelistet. Die Tätigkeiten der Beteiligten sind ebenfalls oft Auflistungen und ich konnte mich oft nicht so richtig in ihren Berufsalltag hineinfühlen. Inhaltlich würde ich das Buch nicht als Kinderbuch einstufen, weil es sehr viele Fachausdrücke beinhaltet, abstrakte Konzepte (wie den Rhythmus eines Layouts) behandelt und oft ins Detail geht, aber die größeren Zusammenhänge (die man als Erwachsene ungefähr kennt) wenig deutlich werden. Ich würde das Buch also eher einem Teenager als einem Grundschulkind in die Hand drücken.
Was mich gestört hat, war, dass die Illustrationen nur in wenigen Fällen einen Mehrwert zum Text liefern, aber in Relation zum klein gedruckten Text sehr viel Raum einnehmen. Die Bilder sind für sich genommen interessant (auch wenn ich persönlich die Farbgebung als zu unruhig empfinde) und es gibt viel zu entdecken, sie stehen eben nur eher neben dem Text als in klarem Bezug dazu.
Für mich eine schöne Idee, die leider den gewünschten Spagat zwischen Bilder- und Sachbuch nicht so richtig hinkriegt.

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