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Veröffentlicht am 27.07.2021

Zwischen Wahrheit und Fiktion

Das letzte Bild
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Ich höre mir gerne True Crime Podcasts an, wenn es ein ungelöster Fall ist, dann finde ich es oft frustrierend, die Beweggründe des Verbrechens nicht zu kennen. So ähnlich muss sich Anja Jonuleit gefühlt ...

Ich höre mir gerne True Crime Podcasts an, wenn es ein ungelöster Fall ist, dann finde ich es oft frustrierend, die Beweggründe des Verbrechens nicht zu kennen. So ähnlich muss sich Anja Jonuleit gefühlt haben, als sie von der sogenannten Isdal Frau gehört hat – eine Frau, die in den 70er Jahren in Norwegen ermordet wurde und deren Identität bis heute unklar ist.
Anja Jonuleit gibt der Ermordeten einen Namen und eine Geschichte. Dabei greift sie auf tatsächliche Hinweise und Beweismaterial zurück und baut hierauf ihren Roman auf.
Erzählt wird auf zwei Zeitebenen.
In der Gegenwart entdeckt Eva in der Zeitung das Bild einer Toten, die das Spiegelbild ihrer Mutter sein könnte. Auf Nachfrage reagiert diese abweisend, doch Eva lässt die Sache keine Ruhe und sie reist nach Norwegen um Nachforschungen anzustellen.
In der Vergangenheit begleiten wir Margarete durch die 60er und 70er Jahre. Margarete führt kein glückliches Leben. Sie hat als Kind ihre Schwester und ihre Mutter verloren und die Suche nach ihrer Familie treibt sie kreuz und quer durch Europa.
Sie ist eine Protagonistin mit Ecken und Kanten, die man nicht unbedingt als sympathisch beschreiben kann aber man entwickelt Mitgefühl für sie. Sie hat ihre Wurzeln verloren und landet bei ihrer Suche immer wieder in Sackgassen. Man fiebert mit ihr mit und wünscht ihr so sehr, endlich eine Spur zu finden. Ihre Geschichte ist vollgepackt mit vielen verschiedenen Themen, seien es die Lebeborn Heime im zweiten Weltkrieg, norwegische Fremdenlegionäre oder das Leben einer Escortdame in den 70er Jahren.
Es kommt zu keiner Zeit Langeweile auf. Auch der Handlungsstrang aus Evas Sicht ist ähnlich spannend. Sie versucht Margaretes letzte Tage zu rekonstruieren und der Leser bekommt noch einmal eine ganz andere Sicht auf die Geschehnisse von damals.
Im Gegensatz zum realen Fall der Isdal Frau löst „Das letzte Bild“ das Schicksal der Toten auf. Margarete, die zu Lebzeiten so hart wirkte, weckt im Tod dennoch Emotionen im Leser. Es macht traurig, welchen Preis sie für ihre Antworten bezahlen musste.
Abgerundet wird der Roman durch ein ausführliches Nachwort und Information zum wahren Kriminalfall.
Mir hat die Vermischung von Fiktion und Realität sehr gut gefallen und für mich war dies ein weiteres gelungenes Buch von Anja Jonuleit, welches ich gerne mit 5 Sternen bewerte.

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Veröffentlicht am 23.07.2021

Geisterstunde

Besuch aus ferner Zeit
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Der Klappentext von Katherine Webbs neuem Roman „Besuch aus ferner Zeit“ hörte sich so mystisch und interessant an, dass mir klar war, dass ich dieses Buch unbedingt lesen muss. Obwohl ich also mit sehr ...

Der Klappentext von Katherine Webbs neuem Roman „Besuch aus ferner Zeit“ hörte sich so mystisch und interessant an, dass mir klar war, dass ich dieses Buch unbedingt lesen muss. Obwohl ich also mit sehr viel Vorfreude und Motivation an den fast 600 Seiten starken Wälzer herangegangen bin, war ich relativ schnell versucht, den Roman zu pausieren. Durch die ersten Kapitel musste ich mich förmlich durchbeißen. Insbesondere der Teil, der in der Vergangenheit spielt, hatte einen zähen Start. Bethia ist eine eitle Frau, die es durch Heirat geschafft hat, ihre ärmlichen Verhältnisse zu verlassen. Sie engagiert sich im Armenhaus, jedoch nicht aus Nächstenliebe, sondern um sich zu profilieren. Generell ist sie von allem was sie tut, sei es ihr Gesang, ihre Qualität als Vorleserin etc. sehr überzeugt und sieht sich gerne im Mittelpunkt. Eines Tages beschließt sie, ihre Hilfe einer Frau aufzudrängen, die 20 Jahre in einem Heuhaufen gelebt hat. Als sie der vermeintlichen Landstreicherin gegenüber steht, fällt Bethia aus allen Wolken. Dieser Schockmoment war für mich der Auslöser, der die Blase der Trägheit zum Platzen brachte und von einer Sekunde auf die andere war ich plötzlich mitten im Geschehen. Die Handlung springt in Rückblenden weiter zurück und erzählt eine unfassbar tragische Geschichte über den Schaden, den die strengen Konventionen der Gesellschaft anrichten können.
Parallel dazu gibt es noch eine Handlung in der Gegenwart. Liv will nicht glauben, dass ihr Vater sich umgebracht hat sondern hofft täglich auf seine Rückkehr. Die Suche nach Spuren lenkt sie von ihren eigenen Problemen ab und löst gleichzeitig immer wieder Zweifel an ihrer geistigen Gesundheit in ihr aus. Nachts hört sie das Weinen eines Kindes und bei Tag steht immer wieder ein Obdachloser vor ihrer Tür und fragt nach Personen, von denen sie nie gehört hat.
Ich mochte die Atmosphäre von „Besuch aus ferner Zeit“ sehr. Man sollte allerdings ein wenig offen sein, für Dinge, die mit Wissenschaft nicht zu erklären sind, um sich richtig auf die Geschichte einzulassen. Ich kann das Buch jedem empfehlen, der Lust auf eine dramatische Geistergeschichte hat. Insbesondere für die Herbstzeit finde ich den Roman sehr passend. Für mich hat es sich auf jeden Fall gelohnt, trotz des zähen Anfangs durchzuhalten, denn ich wurde mit einem sehr guten und besonderen Schmöker belohnt.

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Veröffentlicht am 11.07.2021

Eine junge Mutter im Nachkriegsdeutschland

Wenn die Hoffnung erwacht
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„Wenn die Hoffnung erwacht“ war mein vierter Roman von Lilli Beck und auch diese Geschichte hat mich komplett abgeholt und in den Bann gezogen. Inzwischen sind die Bücher der Autorin eine Garantie für ...

„Wenn die Hoffnung erwacht“ war mein vierter Roman von Lilli Beck und auch diese Geschichte hat mich komplett abgeholt und in den Bann gezogen. Inzwischen sind die Bücher der Autorin eine Garantie für mich, dass ich für einige Stunden gut unterhalten werde und völlig vom Alltag abschalten kann.
Der Titel ist hier Programm, denn nach den düsteren Kriegsjahren wird das Leben für die junge Nora endlich wieder aufregender und glücklicher. Sie verliebt sich in den charmanten Soldaten William und sieht die gemeinsame Zukunft bereits in allen Farben vor sich. Doch als William plötzlich spurlos verschwindet bleibt Nora allein und schwanger zurück – zur damaligen Zeit ein Skandal! Um ihrem strengen Vater zu entkommen flieht Nora nach München, wo sich aufgrund eines Missverständnisses großartige Chancen für sie ergeben.
Nora konnte ich von Anfang an sehr gut leiden und habe mit Spannung verfolgt, wie sich ihr Leben entwickelt. Mehr als einmal habe ich innegehalten und darüber nachgedacht, ob ich ihre verhängnisvolle Entscheidung verwerflich oder nachvollziehbar finde. Aus heutiger Sicht ist es schwer, sich so eine Situation vorzustellen aber der Roman erklärt anschaulich die gesellschaftlichen Normen Ende der 40er Jahre. Dass eine alleinerziehende Mutter eine Wohnung erhält, wäre undenkbar gewesen. Wahrscheinlich wäre ihr noch nicht einmal das Sorgerecht zugesprochen worden. Unter diesem Aspekt kann ich Noras Zwickmühle und ihren Entschluss, ihr Leben auf einer Notlüge aufzubauen verstehen.
Neben Nora spielt insbesondere die Familie Wagner eine bedeutende Rolle. Helene Wagner findet nur sehr schwer ins Leben zurück, nachdem ihr der Krieg ihre Kinder genommen hat. Da hilft auch das große Haus und das Vermögen der Familie wenig. Ihr Mann Wolf träumt davon, eine Illustrierte zu gründen. Wolf war einer meiner Lieblingscharaktere in dieser Geschichte. Ich empfand ihn als ausgesprochen sympathisch, großzügig und verständnisvoll. Außerdem hat es mir großen Spass bereitet, die Entstehung der Zeitschrift – damals noch in schwarz/weiß – zu verfolgen und darüber zu lesen, welche Themen Anfang der 50er Jahre beliebt waren.
Auch die Aufmachung des Romans gefällt mir gut. Die Covergestaltung passt sich optisch sehr gut an die anderen historischen Romane von Lilli Beck an und die vier ergeben zusammen ein stimmiges Bild. Zudem finde ich es sehr positiv, dass der Klappentext nicht zu viel verrät. Ich hatte zwar vermutet, dass ich ziemlich genau wüsste, wohin die Handlung geht, tatsächlich brachte die Geschichte einige Überraschungen mit sich und entwickelte sich anders, als zunächst angenommen.
„Wenn die Hoffnung erwacht“ habe ich sehr gerne gelesen. Die Protagonistin durchläuft eine interessante Charakterentwicklung vom jungen Mädchen zu einer erfolgreichen, berufstätigen Frau und setzt sich dabei über die Konventionen ihrer Zeit hinweg.
Hier vergebe ich gerne fünf Sterne.

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Veröffentlicht am 03.07.2021

Krimi mal anders

Das Verstummen der Krähe
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„Das Verstummen der Krähe“ ist der erste Teil einer bisher dreibändigen Reihe um die Nachlassverwalterin Kristina Mahlo. Mir hat der Auftakt sehr gefallen und ich werde die Serie auf jeden Fall weiterlesen. ...

„Das Verstummen der Krähe“ ist der erste Teil einer bisher dreibändigen Reihe um die Nachlassverwalterin Kristina Mahlo. Mir hat der Auftakt sehr gefallen und ich werde die Serie auf jeden Fall weiterlesen.
Im Meer der Kriminalromane sticht dieser heraus, denn es geht nicht um Polizeiermittlungen. Tatsächlich kommen hier keine Polizisten vor. Die Handlung dreht sich komplett um Kristina Mahlo. Um den Beruf eines Nachlassverwalters hatte ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht. Kristina Mahlos Tätigkeiten wurden so interessant beschrieben, dass ich mir diesen Job fast selbst vorstellen könnte.
Neben ihren normalen Fällen, in denen es hauptsächlich darum geht, Erben zu finden und Häuser zu entrümpeln, wird Kris mit einer besonders außergewöhnlichen Nachlasssache betraut. Sie soll herausfinden, ob sich unter einer Gruppe von Freunden ein Mörder befindet oder nicht. Zunächst hat Kristina wenig Ambitionen sich dieser verworrenen Angelegenheit anzunehmen, doch dann erhält sie einen Hinweis, dass ihr vor Jahren verschwundener Bruder in die Sache verstrickt sein könnte.
Die Geschichte wird ausschließlich aus der Sicht von Kristina erzählt. Ich konnte mich sehr leicht in sie hineinversetzen und ihre Sorgen und ihre Zerrissenheit gut nachvollziehen. Sie ist eine sympathische Einzelgängerin, die gutes Essen und Tiere liebt – ein Mensch, mit dem ich mich gerne anfreunden würde.
„Das Verstummen der Krähe“ ist nicht so spannend, wie man es vom einem Krimi erwarten würde, aber gleichzeitig niemals langweilig. Die Handlung bleibt immer interessant, obwohl Kristina sehr lange im Dunkeln tappt. Wie soll es ihr gelingen, mehr als die Polizei herauszufinden, insbesondere, da sie von den potenziellen Erben immer wieder angelogen wird. Doch je tiefer sie gräbt, desto öfter lassen ihre Gesprächspartner die Maske fallen und auch über ihren Bruder erfährt sie Dinge, die sie ihm nie zugetraut hätte.
Mir haben der Erzählstil und der Aufbau dieses Buches sehr zugesagt. Nicht nur Kris, sondern auch ihr komplettes Umfeld (ihre Eltern, ihre beste Freundin und ihr Lebensgefährte) sind Charaktere, die man einfach ins Herz schließen muss. Dieser Krimi war für mich ein voller Erfolg und ich bin gespannt, was im zweiten Band auf die Protagonisten zukommt.

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Veröffentlicht am 03.07.2021

Sehr spannend mit eigenwilligem Schreibstil

DUNKELKAMMER
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„Dunkelkammer“ war mein erster Thriller von Bernhard Aichner. Der Schreibstil des Autors ist sehr eigenwillig und anders, als alles andere, was ich bisher gelesen habe. Kurze Sätze reihen sich aneinander ...

„Dunkelkammer“ war mein erster Thriller von Bernhard Aichner. Der Schreibstil des Autors ist sehr eigenwillig und anders, als alles andere, was ich bisher gelesen habe. Kurze Sätze reihen sich aneinander und statt Anführungszeichen verwendet er Spiegelstriche. Die Dialoge selbst lesen sich eher wie ein Drehbuch und die Gespräche wirken häufig seltsam unnatürlich und emotionslos. Normalerweise wären all diese Kriterien Gründe für mich, ein Buch nicht zu lesen. Im Falle von „Dunkelkammer“ ist es allerdings so, dass der sonderbare Schreibstil dazu beitrug, dass ich den Thriller als großartig empfunden habe. Gleichzeitig ist er nämlich wahnsinnig spannend und temporeich geschrieben. Der Autor gönnt dem Leser nie auch nur einen Moment Verschnaufpause, die Ereignisse überschlagen sich von der ersten bis zu letzten Seite.
Es handelt sich hier um den Auftakt einer neuen Serie. Im Mittelpunkt steht der Pressefotograf David Bronski, der eine ziemlich morbide Einstellung zur Totenfotografie hat. Als er Kenntnis von einem besonders schockierenden Tatort erhält, denkt er zunächst nur ans Geld. Doch als er im Geldbeutel des Mordopfers ein Foto seiner vor 20 Jahren verschwundenen Tochter findet, stellt er nach und nach fest, dass er eine Schachfigur in einem ausgeklügelten Spiel ist.
David Bronski ist ein Mensch, den das Leben hart gemacht hat, doch er trägt das Herz auf dem rechten Fleck und seine Familie bedeutet ihm alles.
Der Plot von „Dunkelkammer“ ist sehr spannend und mit jedem Kapitel kommen neue unfassbare Enthüllungen ans Licht. Auch Bronskis Schwester und seine neue Kollegin sind Charaktere, die man gerne mag. Dies war ein überaus gelungener Reihenauftakt und ich freue mich auf Bronskis nächsten Fall.

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