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Veröffentlicht am 19.03.2019

Fünf Studenten auf Schatzsuche

Goldschatz
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Goldschatz - Ingrid Noll

Nicht das beste Buch der Autorin, insbesondere der charakteristische bissige Humor der früheren Werke fehlt leider fast gänzlich.

Unverhofft erbt Studentin Trixi ein altes, ...

Goldschatz - Ingrid Noll

Nicht das beste Buch der Autorin, insbesondere der charakteristische bissige Humor der früheren Werke fehlt leider fast gänzlich.

Unverhofft erbt Studentin Trixi ein altes, renovierungsbedürftiges Bauernhaus. Die perfekte Gelegenheit, mit ein paar Freunden eine WG zu gründen und es der Wegwerfgesellschaft zu zeigen. Motiviert machen sie sich ans Werk, das alte Haus möglichst günstig und nachhaltig auf Vordermann zu bringen. Beim Entrümpeln taucht so einiges auf, unter anderem ein Goldschatz, der aber auch gleich wieder verschwunden ist. Auch Gruseliges kommt zu Tage.
Und dann wäre da noch der schrullige alte Nachbar, der viel mehr über die Geheimnisse der Vergangenheit zu wissen scheint, als er zugeben will. Zwischen den WG-Bewohnern beginnt es aus verschiedenen Gründen bald zu brodeln...
Sehr bald ist von Konsumverweigerung kaum mehr die Rede, es regiert die Gier, denn mit dem Schatz geht der Ärger erst richtig los.

Die Grundidee ist großartig und das Potenzial riesig. Meiner Meinung nach wurde dieses aber leider nicht vollständig ausgeschöpft.
Die verschiedenen Charaktere fand ich sehr stark ausgearbeitet. Sie sind nicht sympathisch, dafür mit Ecken und Kanten sehr authentisch, und im Zusammenspiel durchaus chaotisch. Genau so könnte ich mir ein solches Projekt der nachhaltigen Wohngemeinschaft vorstellen. Ärger ist quasi vorprogrammiert. Gewisse Schwierigkeiten, die bei der überstürzten Gründung einer Wohngemeinschaft auftreten, wurden recht deutlich und gut beschrieben.
Einige Hintergrundinformationen wurden mir aber zu sehr im Unklaren gelassen. So hätte ich gerne mehr über die Herkunft des Schatzes erfahren. Da wurde Vieles recht schnell und lieblos abgehandelt und wichtige Fragen blieben offen. Sehr viel Platz wird jedoch der Zubereitung und dem Verzehr der Mahlzeiten eingeräumt.
Beinahe wirkt dieses Buch wie ein Lehrstück, was Gier aus Menschen machen kann.
Letztendlich waren mir sämtliche Protagonisten zu passiv. Sie haben alle nur reagiert. Das wirklich böse konnte ich hier nicht finden. Es sind vielmehr Versäumnisse und dumme Zufälle derer sie sich schuldig machen.

Durchaus unterhaltsam, aber irgendwie oberflächlich und zu zahm, mit viel verschenktem Potenzial. Und mit Sicherheit kein Krimi.


Veröffentlicht am 03.02.2019

Warum ist die Welt so unendlich?

Die zehn Lieben des Nishino
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Die zehn Lieben des Nishino – Hiromi Kawakami

„Warum ist die Welt so unendlich?“ Ein Buch über die Liebe.

Ein melancholischer, ein wirklich eigenartiger Roman. Wenn es denn überhaupt als Roman bezeichnet ...

Die zehn Lieben des Nishino – Hiromi Kawakami

„Warum ist die Welt so unendlich?“ Ein Buch über die Liebe.

Ein melancholischer, ein wirklich eigenartiger Roman. Wenn es denn überhaupt als Roman bezeichnet werden kann, besteht das Büchlein doch aus zehn zeitlich ungeordneten Sequenzen, die allesamt das Liebesleben des Nishino zum Thema haben. Und das hat es in sich. Zehn Verflossene (allesamt moderne, emanzipierte Frauen) erzählen, wie es ihnen mit Nishino erging, den sie nicht zu lieben glaubten, dann aber nicht vergessen konnten.
Nishino scheint der perfekte Mann zu sein, attraktiv, allseits beliebt. Trotzdem sind seine Beziehungen nur von recht kurzer Dauer. Aus irgendeinem Grund kann er keine der Frauen länger halten. Er will lieben, bleibt dabei aber geisterhaft unverbindlich. Und liebt eigentlich immer mehrere Frauen gleichzeitig.

Auf jeden Fall hat dieses Buch einen sehr japanischen Stil. Poetisch und leise, doch seltsam distanziert beleuchtet die in Japan sehr populäre Autorin gründlich menschliche Beziehungen und hinterlässt den Leser dennoch nachdenklich. Man kann diese Aneinanderreihung von Geschichten als Studie von Paarbeziehungen unserer Zeit lesen. So wird die Flüchtigkeit und Kurzlebigkeit der modernen, im Zweifel unverbindlichen, Liebe dargestellt. Dem seltsamen Verhalten Nishinos könnte man problemlos Bindungsangst unterstellen. Aber das ist meine Interpretation.

Die zehn Geschichten sind alle nach dem gleichen Schema aufgebaut, es wird am Ende beinahe etwas langweilig. Und weil die Kapitel nicht chronologisch geordnet sind, weiß man auch schon recht früh, dass Nishino sich nicht ändern wird. Er selbst bleibt bis zum Schluss sehr blass. Eher nervig, ständig wiederkehrende Diskussionen, wer wen mehr liebt, nicht mehr liebt, nicht genügend liebt, zu spät bemerkt hat, dass er doch liebt,.... jedes Mal etwas anders, aber doch immer ähnlich.

Man sollte japanische Literatur mögen und auch willens sein, sich Gedanken über das Gelesene zu machen. Dann kann man als Leser vielleicht etwas daraus mitnehmen. Mich konnte es leider nicht so wirklich überzeugen. Am Ende fand ich nicht nur die Lieben des Nishino, sondern auch das Buch etwas flüchtig.

Veröffentlicht am 16.11.2018

Auswirkungen des Krieges

Kriegslicht
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Michael Ondaatje - Kriegslicht

Nachdem ich erst vor etwa einem Jahr „Der englische Patient“ gelesen habe, welcher mir hervorragend gefallen hat, war dieser neue Roman von Ondaatje für mich ein absolutes ...

Michael Ondaatje - Kriegslicht

Nachdem ich erst vor etwa einem Jahr „Der englische Patient“ gelesen habe, welcher mir hervorragend gefallen hat, war dieser neue Roman von Ondaatje für mich ein absolutes Muss. Unerwarteter Weise hab ich mich mit diesem Werk relativ schwer getan. Ich glaube fest, dass dies ein sehr gutes Buch ist, einige Passagen haben mir auch sehr gefallen. Trotzdem konnte mich die Geschichte im Ganzen einfach nicht wirklich und vor allem nicht über einen längeren Zeitraum fesseln. Vermutlich kam es für mich einfach nicht zur richtigen Zeit, um mich vollständig darauf einlassen zu können. Sehr schade, denn die Erwartungen waren hoch.

Konkret geht es um die Geschwister Nathaniel und Rachel, die kurz nach dem Krieg von ihren Eltern in London zurückgelassen werden. In der Obhut eines geheimnisvollen Mannes, Falter genannt. Jahre später kommt die Mutter zurück, ohne den Vater und ohne eine befriedigende Erklärung. Für ihre Kinder bleibt sie fortan eine Fremde.
Viele Jahre später, nach dem Tod der Mutter, beginnt Nathaniel nachzuforschen, was damals wirklich geschehen ist und welche Rolle sie damals im Kalten Krieg einnahm.

Die Geschichte ist zweigeteilt. Während der erste Teil die Gefühlswelt und das Unverständnis der zurückgebliebenen Kinder behandelt, geht es im weiteren Verlauf um die Nachforschungen des erwachsenen Nathaniel, der Stück für Stück die Geschichte seiner Mutter aufdeckt, deren selbstloses Handeln von Liebe und Krieg geprägt war, die dadurch dennoch ihre Familie zerstört hat, und das Leben ihrer Kinder bis weit ins Erwachsenenleben hinein beeinflusst hat. Beinahe erscheint es dem Leser wie eine Flucht, die sie ihren Kindern unwiderruflich entfremdet.

"Man kehrt zu dieser früheren Zeit zurück, ausgerüstet mit der Gegenwart, und einerlei, wie dunkel diese Welt war, will man sie doch erhellen. Das eigene erwachsene Selbst nimmt man mit. Man erlebt das Vergangene nicht von neuem, sondern ist erneut Beobachter." Seite 133

Auch wenn der Roman durchaus vielversprechend beginnt, verliert er sich doch immer wieder in Nebensächlichkeiten und Abschweifungen. So erfordert er sehr viel Geduld. Besonders gegen Ende der ersten Hälfte hatte das Buch für mich eine lange Durststrecke.
Auch wenn diese Geschichte toll geschrieben ist, erreicht sie jedoch bei Weitem nicht die Sogwirkung des „englischen Patienten“.
Mich hätte dieser Roman beinahe auf der halben Strecke verloren. Dennoch werde ich das Gefühl nicht los, ihn trotz aller Bemühungen letztendlich nicht komplett verstanden, durchdrungen zu haben.

Veröffentlicht am 10.11.2018

Ein etwas anderer Ostfrieslandkrimi

Totenstille im Watt
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Ein Ostfriesland-Krimi, der so ganz anders war, als ich erwartet hatte. Diese Geschichte wird nämlich aus der Perspektive des Täters erzählt. Dies ist einerseits sehr ungewohnt, macht aber auch einen besonderen ...

Ein Ostfriesland-Krimi, der so ganz anders war, als ich erwartet hatte. Diese Geschichte wird nämlich aus der Perspektive des Täters erzählt. Dies ist einerseits sehr ungewohnt, macht aber auch einen besonderen Reiz aus. Die Gedankengänge eines Mörders und Psychopathen, erzählt mit viel schwarzem Humor, sind allemal die Lektüre wert.

Dr. Sommerfeldt ist ein falscher Arzt mit neuer Identität, der sich nicht nur um die medizinische Versorgung des kleinen Touristenortes an der Ostsee kümmert, sondern sich gerne auch um die Beseitigung von gewalttätigen Ehemännern kümmert. ..

Ein ungewöhnlicher Plot, erzählt aus einer besonderen Sichtweise mit erfrischend deutlicher Ausdrucksweise.
Trotzdem, so wirklich identifizieren kann man sich mit diesem Protagonisten nicht. Und so bin ich auch mit der ganzen Geschichte nicht so wirklich warm geworden. Einige Redewendungen erschienen mir arg platt und bemüht, abgedroschen.

Diesen Krimi würde ich nicht unbedingt als solchen bezeichnen, Spannung fehlt hier nämlich fast komplett. Vielmehr handelt es sich hierbei um das Psychogramm eines Mörders. Und als solches finde ich es durchaus gelungen.


Veröffentlicht am 10.08.2019

Kaffee und Honig - ein kulinarischer japanischer Roman

Schuldig
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Schuldig – Kanae Minato

Kaffee, Honig, Essen. Mehr ein kulinarischer Roman als ein Krimi. Die Spannung bleibt dabei etwas auf der Strecke.

Fukase ist ein introvertierter Typ, der immer am Rande steht ...

Schuldig – Kanae Minato

Kaffee, Honig, Essen. Mehr ein kulinarischer Roman als ein Krimi. Die Spannung bleibt dabei etwas auf der Strecke.

Fukase ist ein introvertierter Typ, der immer am Rande steht und von den anderen kaum beachtet wird. Ein klassischer Außenseiter eben. In Hirosawa findet er endlich einen Freund. Nach einem Ausflug zu viert in ein Chalet ist Hirosawa tot. Ein Autounfall auf einer steilen Serpentinenstraße. Das Leben der drei zurückgebliebenen Kommilitonen ist durch das Unglück völlig verändert.
Drei Jahre später beginnt Fukase nachzuforschen. Wie gut hat er Hirosawa eigentlich wirklich gekannt? Was ist damals genau passiert? Und wen trifft Schuld?

Die Geschichte braucht recht lange um in Schwung zu kommen. Fukase beschäftigt sich scheinbar endlos mit Kulinarik und Kaffeezubereitung.

Grundsätzlich ein sehr ruhiges Buch und ein etwas gewöhnungsbedürftiger japanischer Schreibstil. Recht nüchtern, teilweise eine auch irgendwie ungelenke und umständliche Erzählweise. Wobei das auch an der Übersetzung liegen kann. Die Autorin geht sehr sparsam mit Emotionen um; vermutlich typisch japanisch.
Auch ein wenig japanische Kultur und Gepflogenheiten werden vermittelt, wobei es auch hier wieder in erster Linie ums Essen geht…

Im Vordergrund steht die Frage, wie man mit dem Gefühl von Schuld (ob nun berechtigt oder nicht) leben kann. Wie ein solches Unglück das weitere Leben beeinflusst. Es sind also mehr die psychologischen Aspekte, die Minato hier behandelt. Ein sehr interessanter Ansatz, doch so richtig fesseln und überzeugen konnte mich das leider nicht.

Den Anfang sowie das Ende fand ich stark, doch der Mittelteil hat sich für meinen Geschmack zu sehr gezogen. Und letztendlich ist es wohl einfach der Schreibstil, der mich nicht überzeugen konnte.