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Veröffentlicht am 10.08.2019

Kaffee und Honig - ein kulinarischer japanischer Roman

Schuldig
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Schuldig – Kanae Minato

Kaffee, Honig, Essen. Mehr ein kulinarischer Roman als ein Krimi. Die Spannung bleibt dabei etwas auf der Strecke.

Fukase ist ein introvertierter Typ, der immer am Rande steht ...

Schuldig – Kanae Minato

Kaffee, Honig, Essen. Mehr ein kulinarischer Roman als ein Krimi. Die Spannung bleibt dabei etwas auf der Strecke.

Fukase ist ein introvertierter Typ, der immer am Rande steht und von den anderen kaum beachtet wird. Ein klassischer Außenseiter eben. In Hirosawa findet er endlich einen Freund. Nach einem Ausflug zu viert in ein Chalet ist Hirosawa tot. Ein Autounfall auf einer steilen Serpentinenstraße. Das Leben der drei zurückgebliebenen Kommilitonen ist durch das Unglück völlig verändert.
Drei Jahre später beginnt Fukase nachzuforschen. Wie gut hat er Hirosawa eigentlich wirklich gekannt? Was ist damals genau passiert? Und wen trifft Schuld?

Die Geschichte braucht recht lange um in Schwung zu kommen. Fukase beschäftigt sich scheinbar endlos mit Kulinarik und Kaffeezubereitung.

Grundsätzlich ein sehr ruhiges Buch und ein etwas gewöhnungsbedürftiger japanischer Schreibstil. Recht nüchtern, teilweise eine auch irgendwie ungelenke und umständliche Erzählweise. Wobei das auch an der Übersetzung liegen kann. Die Autorin geht sehr sparsam mit Emotionen um; vermutlich typisch japanisch.
Auch ein wenig japanische Kultur und Gepflogenheiten werden vermittelt, wobei es auch hier wieder in erster Linie ums Essen geht…

Im Vordergrund steht die Frage, wie man mit dem Gefühl von Schuld (ob nun berechtigt oder nicht) leben kann. Wie ein solches Unglück das weitere Leben beeinflusst. Es sind also mehr die psychologischen Aspekte, die Minato hier behandelt. Ein sehr interessanter Ansatz, doch so richtig fesseln und überzeugen konnte mich das leider nicht.

Den Anfang sowie das Ende fand ich stark, doch der Mittelteil hat sich für meinen Geschmack zu sehr gezogen. Und letztendlich ist es wohl einfach der Schreibstil, der mich nicht überzeugen konnte.




Veröffentlicht am 04.08.2019

Gute Story - mangelhafte Umsetzung

Die Leben der Elena Silber
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Die Leben der Elena Silber - Alexander Osang

Eine russische Geschichte des 20. Jahrhunderts
Die Idee fand und finde ich toll, von der Umsetzung war ich dann leider nicht so begeistert.

Jelena, Elena, ...

Die Leben der Elena Silber - Alexander Osang

Eine russische Geschichte des 20. Jahrhunderts
Die Idee fand und finde ich toll, von der Umsetzung war ich dann leider nicht so begeistert.

Jelena, Elena, Lena - Eine Frau mit vielen Namen und mit vielen Wahrheiten. Bedenkt man aber die schwierigen Lebensumstände, die sie begleiteten, kann man das ein oder andere Geheimnis vielleicht nachvollziehen.
Als Zweijährige musste Elena bereits aus ihrem Heimatort an der Oka fliehen, der Vater, ein Revolutionär, wurde ermordet. Später heiratet sie einen Deutschen und folgt ihm nach Berlin. Doch in den Kriegswirren verschwindet er und lässt die Mutter von vier Töchtern in einem fremden Land zurück.

Die Geschichte ist aus verschiedenen Zeitebenen erzählt und aus unterschiedlichen Ländern, Russland, Polen, Deutschland.

Elena wird als relativ gefühlskalte Frau beschrieben. Als Leser kommt man ihr leider nicht nahe. Es fehlt nicht nur am Verständnis für die gebeutelte Frau, nein, man kann ihr Handeln stellenweise einfach überhaupt nicht verstehen.

Ein weiterer wichtiger Erzähler ist der Enkelsohn Elenas, Konstantin. Leider ist auch er eine ziellose, beinahe lebensunfähige Person, die in erster Linie sich selbst sucht, ein Filmemacher, der „sein Thema“ noch nicht gefunden hat. Konstantin, Kostja genannt, hat einen recht hohen Nervfaktor in seiner Unbeholfenheit. Nun wittert er ebendieses Thema in der eigenen Familiengeschichte. Eine Familie, die zerrütteter beinahe nicht sein könnte; all die Odysseen, welche Elena mit ihren Töchtern durchstehen musste, haben sie offensichtlich nicht zusammenschweißen können – im Gegenteil.

Eine gute Geschichte, aber in viel zu vielen Seiten, in häufigen Wiederholungen und endlosen wie unnützen Abschweifungen totgeschwafelt. Es werden zu viele Handlungsstränge verfolgt, die zum großen Teil ins Leere laufen. Ein wirklicher Schinken, dabei hätte die Story auf die Hälfte der Seitenzahl reduziert, viel besser funktioniert. Meine Meinung.

Generell ist Osangs Personal recht klischeebehaftet und es wimmelt nur so vor Stereotypen. Dabei sind die allermeisten Figuren auch noch recht oberflächlich gezeichnet. Masse statt Klasse.

Dabei waren durchaus gelungene und interessante Passagen dabei, auch emotionsgeladen und fesselnd. Sonst hätte ich wohl auch keine 600 Seiten durchgehalten. Aber leider bin ich keiner der Protagonisten näher gekommen. Dazu trägt auch die relativ knappe und distanzierte Sprache bei. Große Emotionen können so gar nicht erst aufkommen. Und das, obwohl die Handlung überaus dramatisch ist! Die Teile aus der Jetzt-Zeit in Deutschland hätte man sich womöglich ganz sparen können.
Ach ja, die Auflösung hat mich am Ende dann gar nicht mehr interessiert.

Veröffentlicht am 05.06.2019

Konnte die Erwartungen leider nicht erfüllen

Die Nickel Boys
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Die Nickel Boys – Colson Whitehead

Von Whitehead habe ich zuletzt den Bestseller „Underground Railroad“ gelesen und war begeistert. „Die Nickel Boys“ konnten mich leider bei Weitem nicht so mitreißen ...

Die Nickel Boys – Colson Whitehead

Von Whitehead habe ich zuletzt den Bestseller „Underground Railroad“ gelesen und war begeistert. „Die Nickel Boys“ konnten mich leider bei Weitem nicht so mitreißen und dieses Werk bleibt meiner Meinung nach weit dahinter zurück.
Das Thema der Rassenproblematik in Amerika durchzieht sämtliche Werke des Autors und so geht es auch hier um die Probleme der schwarzen Bevölkerung, die der Willkür von Weißen schutzlos ausgeliefert sind. Ein dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte, umso beeindruckender, als diese Erzählung auf wahren Begebenheiten beruht.

Elwood ist ein fleißiger, pflichtbewusster Sechzehnjähriger, der es geschafft hat, einen Platz am College zu ergattern. Durch einen dummen Zukunft und die Ignoranz der Justiz, wird Elwood zum Nickel, einer Besserungsanstalt, verurteilt. Hier werden die Jungen misshandelt und ausgebeutet. Und nicht jeder verlässt die Anstalt lebend wieder.

Diese Geschichte wird in drei Teilen erzählt. Im ersten Teil erfährt der Leser Einzelheiten über Elwoods Leben vor Nickel, das ebenfalls durch Rassenbenachteiligungen geprägt war. Dann erlebt man mit dem Protagonisten die Besserungsanstalt Nickel und seine Brutalitäten. Schließlich widmet sich der Autor den Auswirkungen, die eine solche Inhaftierung mit sich bringt.
Leider bleibt in diesem Roman die Distanz zu den Personen sehr groß, so dass man die Szenerie mehr von außen beobachtet. Es gelingt dem Autor nicht, dass man als Leser wirklich mitfiebert. Vielleicht liegt es an der relativ geringen Seitenzahl, dass mir das Buch als nicht ganz ausgearbeitet und unausgereift erschien. Insgesamt bleibt es weit hinter „Underground Railroad“ zurück, auch wenn das schriftstellerische Talent Whiteheads immer mal wieder durchblitzt und für großartige Szenen sorgt, kann es sich leider nicht durchsetzen. Für mich blieben sowohl Elwood und seine Leidensgenossen, als auch die Handlung sehr blass und holzschnittartig. Schade, denn das Thema ist wichtig.


Veröffentlicht am 03.06.2019

Reise auf der Seine

Warum die Vögel sterben
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Warum die Vögel sterben – Victor Pouchet

Wer hier anhand des Titels und des Klappentextes einen spannenden Abenteuerroman erwartet, wird enttäuscht sein. Denn es handelt sich vielmehr um die Ansammlung ...

Warum die Vögel sterben – Victor Pouchet

Wer hier anhand des Titels und des Klappentextes einen spannenden Abenteuerroman erwartet, wird enttäuscht sein. Denn es handelt sich vielmehr um die Ansammlung von Abschweifungen und Überlegungen eines Studenten, der des Arbeitens an seiner Diplomarbeit leid ist und sich stattdessen lieber mehr oder weniger halbherzig auf die Suche nach der Ursache für den Regen toter Vögel an den Ufern der Seine macht.

Ein seltsamer Roman. Da fährt der Protagonist mir einem Senioren-Ausflugs-Schiff die Seine hinunter, sinniert über vom Himmel gefallene Vögel, sein zerrüttetes Elternhaus und verliert sich immer wieder in allerlei Abschweifungen, wie den biblischen Plagen, bei denen er seine Forschung beginnt. Oder eine Lachswanderung, zurück zur Quelle, mit denen er seine Reise gen Heimat vergleicht. Dies ist mal unterhaltsam, mal weniger. Um immer wieder auf die Vögel zurückzukommen, die in der Nähe seines Heimatortes zu Boden fielen. Dabei ist der Erzähler durchaus selbstkritisch. Ihm ist bewusst, dass er keine Ahnung von Vögeln hat, doch er fühlt sich gerade dadurch bestätigt, dass die Allgemeinheit, die Vogelregen ignoriert.

"Meine ornithologischen Kenntnisse waren dürftig, und mein Instinkt konnte mich trügen. (...) Ich hoffte darauf, dass die Dunstschwaden der Seine mich in eine hellsehende Pythia verwandeln würden, in einen glaubwürdigen Propheten, der die Vorzeichen und Vogelschauen deuten und die himmlischen Fingerzeige erkennen konnte." Seite 51

Die Sprache ist teils geradezu unbeholfen, einfach und direkt, dann wieder poetisch bis übertrieben schwülstig. Dieser Wechsel soll wohl die etwas ambivalente Persönlichkeit des Protagonisten ausdrücken, der sich gerade in etwas hineinsteigert.

Insgesamt eine hochinteressante Grundidee, doch in der Umsetzung wurde viel Potential verschenkt, gerade in der zweiten Hälfte gibt es beträchtliche Längen und wenig Fortschritt. Weder in der Sache der Vögel, noch in der Entwicklung des Protagonisten. Dazu ist der Roman etwas mühsam und anspruchsvoll zu lesen.
Eingeschränkte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 21.05.2019

Eine Ferienfreundschaft

Bell und Harry
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Jane Gardam - Bell und Harry

Eine Ferienfreundschaft

Von der bekannten britischen Autorin hab ich bisher lediglich "Weit weg von Verona" gelesen, das mich leider nicht wirklich begeistern konnte. Trotzdem ...

Jane Gardam - Bell und Harry

Eine Ferienfreundschaft

Von der bekannten britischen Autorin hab ich bisher lediglich "Weit weg von Verona" gelesen, das mich leider nicht wirklich begeistern konnte. Trotzdem wollte ich es hiermit noch einmal mit einem ihrer Werke versuchen. Auch Bell und Harry ist ein älteres Werk von Gardam, welches nun erst ins Deutsche übersetzt wurde (1981, The Hollow Land).

Es handelt sich hier um ein recht dünnes Büchlein und auch die Handlung ist im Prinzip schnell erzählt. Stadtkind (Harry) trifft auf Landkind (Bell). Die Urlauber kommen viele Jahre immer wieder und es entspinnt sich ein englisches Bullerbü, nur plätschert es etwas lustlos vor sich hin.

Dabei schreibt die Autorin in einer schönen Sprache, liefert großartige Landschaftsbeschreibungen und liebevolle Charakterzeichnungen. Trotzdem war mir das Ganze zu oberflächlich und zu ereignislos.
Insgesamt eine nette und süße Geschichte einer Ferienfreundschaft, oft aber auch irgendwie banal, Bullerbü halt. Viele schöne, auch literarisch großartige Stellen, die ein idyllisches Landleben beschreiben. Abgerundet wird die Geschichte immer wieder mit leisem Witz, typisch englisch absolut korrekt.

Ein netter Roman, ich persönlich werde es aber mit der Autorin kein weiteres Mal versuchen. Irgendwie liegt mir ihr Erzählstil einfach nicht.