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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.05.2022

Maggie und Thomas

Remember when Dreams were born
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Maggie und Thomas
Es geht hier um einen schweren Unfall und den Weg zurück ins Leben. Zuviel über den Inhalt möchte ich hier gar nicht verraten. Nur soviel: dieser Roman hat mich wirklich überrascht. Erwartet ...

Maggie und Thomas
Es geht hier um einen schweren Unfall und den Weg zurück ins Leben. Zuviel über den Inhalt möchte ich hier gar nicht verraten. Nur soviel: dieser Roman hat mich wirklich überrascht. Erwartet hatte ich typisch leichte Frauenunterhaltung. Bekommen habe ich aber etwas völlig anderes, viel tiefgründigeres. Im ersten Drittel fiel es mir schwer, den ein oder anderen Beweggrund besonders von Tom nachzuvollziehen. Doch dann gibt es einen grandiosen Plottwist, der mich sprachlos machte. Von dem Moment an konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Es nahm einen ganz anderen Verlauf als erwartet. Viel besser.
Sehr interessant fand ich auch die psychologischen Aspekte, die hier gründlich beleuchtet werden.
Der Schreibstil ist angenehm und die Geschichte wird abwechselnd aus zwei Perspektiven erzählt. Das ist hier besonders spannend.
5 Sterne für einen Roman, der mich wirklich überrascht und gefesselt hat.

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Veröffentlicht am 06.05.2022

Erschreckend real

Die Wut, die bleibt
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Die Wut, die bleibt – Mareike Fallwickl
Eine dreifache Mutter, die plötzlich und augenscheinlich völlig unerwartet vom Tisch aufsteht und sich vom Balkon stürzt. Warum macht jemand so etwas? Diese Situation ...

Die Wut, die bleibt – Mareike Fallwickl
Eine dreifache Mutter, die plötzlich und augenscheinlich völlig unerwartet vom Tisch aufsteht und sich vom Balkon stürzt. Warum macht jemand so etwas? Diese Situation wird auf einer einzigen Seite, brillant erzählt. Das ist die Ausgangssituation. Zwei Frauen, Helenes beste Freundin Sarah und Helenes älteste Tochter Lola, versuchen nun mit dieser Situation umzugehen. Die Handlung Helenes zu verstehen und zu verarbeiten. Beide Frauen machen im Laufe des Romans eine unglaubliche Entwicklung durch -allerdings in komplett gegensätzliche Richtungen. Helene steht für viele überforderte, von den Ehemännern allein gelassene, Frauen, die verzweifelt versuchen, allem und jedem gerecht zu werden und sich dabei selbst aus den Augen verlieren. Der Roman spielt während der Corona-Pandemie, die diese Situation für viele noch verschärft hat. Sehr bald stellt sich Sarah, Lola und dem Leser die Frage, wer wollen wir sein als Frau, in welche Rollen lassen wir uns drängen und warum ist es so schwer, für sich selbst einzustehen?
Das ist ein sehr feministisches Buch, was mir zu Lesebeginn gar nicht so sehr bewusst war. Doch (leider) wurde ich von Helenes Geschichte, von ihren Beweggründen für ihre Verzweiflungstat, eiskalt erwischt. So viele Gedanken, Gefühle könnten meine sein. Es ist so wahr, was Fallwickl da schreibt. Sie legt den Finger in die Wunde und rüttelt auf. Das tut weh und ist schockierend real. Man fragt sich, wo genau ist es schiefgegangen…. Bei diesem Roman hatte ich ständig das Bedürfnis Parallelen zu ziehen, zwischen Geschichte und meiner Wirklichkeit. Gerade das zeigt, wie sehr es mich berührt und emotional mitgenommen hat.
Wie oben schon erwähnt machen Sarah und Lola ganz unterschiedliche Entwicklungen durch. Mit Sarah konnte ich mich wesentlich besser identifizieren, mag auch am ähnlichen Alter liegen. Lola ist ein Teenager, der der Trauer um die Mutter mit Rebellion begegnet. Sie wendet sich dem Feminismus zu, das allerdings in einer für mich zu extremen Art und Weise. Doch auch ihre Sichtweise ist berechtigt und verständlich.
Die Männer in diesem Buch kommen überhaupt nicht gut weg. Ich glaube, es gibt einen einzigen vernünftigen Mann in dieser Geschichte. Sie sind entweder abwesend, egoistisch und ignorant oder gleich gewalttätig. Der Fokus liegt eindeutig auf den Frauen, die lernen müssen, sich gegen diese Männer zur Wehr zu setzen.
Sprachlich fand ich dieses Buch genial. Ein selbstverständlicher, flüssiger Schreibstil, immer wieder gespickt mit österreichischen Ausdrücken. Ich fand das sehr sympathisch und authentisch. Beinahe wird man gezwungen, sich mit diesen Frauen zu identifizieren.
Auch wenn mir Lolas Entwicklung gegen Ende zu weit ging, bzw. ich damit nicht mehr viel anfangen konnte, hat mich dieser Roman gepackt und mitgerissen. Und mir vor allen Dingen Missstände aufgezeigt, über die ich mir bisher kaum Gedanken gemacht habe. Auf jeden Fall rüttelt diese Geschichte auf und regt zum Nachdenken auf. Deshalb von mir 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 10.04.2022

Ruhige, melancholische Geschichte

Boy meets Girl
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Boy meets Girl – Julia Holbe
Nora ist um die fünfzig, verheiratet und hat eine erwachsene Tochter. Doch eines Tages merkt sie, dass sie sich längst von ihrem Mann entfremdet hat, dieser sie sogar betrügt. ...

Boy meets Girl – Julia Holbe
Nora ist um die fünfzig, verheiratet und hat eine erwachsene Tochter. Doch eines Tages merkt sie, dass sie sich längst von ihrem Mann entfremdet hat, dieser sie sogar betrügt. Eigentlich war sie in ihrem eingerichteten Leben schon lange nicht mehr glücklich. Nora will nochmal neu anfangen und trennt sich von ihrem Mann. Und bald schon stellt sich die Frage, was oder wen sie denn eigentlich will in ihrem Leben.
In diesem unaufgeregten Roman begleitet die Autorin Nora, eine reife Frau, bei ihrem Neuanfang und allen damit einhergehenden Ängsten und Zweifeln. Es ist ein entscheidender Umbruch in Noras Leben, der sie erst einmal verwirrt und orientierungslos zurücklässt.
Die Autorin hat eine ruhige, beinahe sachliche Erzählweise, die dennoch Stimmungen und Gefühle perfekt einfängt. Dieser Roman ist sehr tiefgründig und beschäftigt sich mit den großen Fragen unseres Daseins. Die Handlung an sich ist dabei überschaubar – diese Geschichte könnte belanglos, nichtssagend sein. Doch sie ist es nicht. Im Gegenteil: diese Figuren sind so authentisch und aus dem Leben gegriffen, dass man sich sicherlich an irgendeiner Stelle dieses Buches wiedererkennt. Frau Holbe zeigt die kleinen Glücksmomente unseres Lebens und auch all die verpassten Gelegenheiten. Auch handwerklich ist dies ein gelungenes Werk – der Bogen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart wird erfolgreich gespannt und verleiht dieser Geschichte noch etwas mehr Tiefe und Melancholie. Ein wirklich authentisches, kluges Buch – das Leben eben.
5 Sterne und eine Leseempfehlung für diesen sehr lesenswerten Roman!

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Veröffentlicht am 03.04.2022

Inti und die Wölfe

Wo die Wölfe sind
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Wo die Wölfe sind – Charlotte McConaghy
Sowohl das Cover als auch der Klappentext lassen eine stimmungsvolle Geschichte über die Wiederansiedlung von Wölfen in den schottischen Highlands erwarten. Genau ...

Wo die Wölfe sind – Charlotte McConaghy
Sowohl das Cover als auch der Klappentext lassen eine stimmungsvolle Geschichte über die Wiederansiedlung von Wölfen in den schottischen Highlands erwarten. Genau das bekommt der Leser auch. Allerdings noch einiges mehr. Die heimischen Farmer sind erwartungsgemäß alles andere als begeistert über die Raubtiere in engster Nachbarschaft. Und spätestens als ein Mann tot aufgefunden wird, droht die Stimmung zu kippen.
Doch auch fernab der Wolfsgeschichte gibt es Handlungsstränge. Denn Inti Flynn, die leitende Wolfsbiologin, ist bei Weitem nicht die Einzige, die mit ihren Dämonen kämpft. Etwa ab der Hälfte des Romans verwandelt sich dieses Buch in einen mitreißenden Krimi, der den Leser nicht mehr loslässt. Ich fand es so fesselnd, dass ich die letzten Zweidrittel an einem Stück lesen musste.
Der Schreibstil ist süffig und eingängig, aber auch anspruchsvoll. Man ist praktisch sofort in der Geschichte, auch wenn einige Hintergrundinformationen erst gegen Ende gelüftet werden. Die Autorin hat eine wunderbare Art und Weise zu beobachten und zu erzählen. Die Naturbeschreibungen sind wunderbar, ebenso wie die Wolfsbegegnungen, die McConaghy sehr detailliert beschreibt. Man merkt, wie sehr ihr die Tiere am Herzen liegen. Überhaupt ist die Wiederansiedlung von Wölfen ein hochinteressantes Thema, soll das doch dem Ökosystem des ganzen Umlandes helfen, sich zu regenerieren.
Die Autorin scheint sich Natur und Tieren näher zu fühlen als ihren Figuren. Diese sind nämlich nicht unbedingt Sympathieträger und bleiben auch immer etwas distanziert. Gerade Inti benimmt sich ziemlich ruppig und hat absolut kein Talent, die Farmer auf ihre Seite zu ziehen. Seltsamerweise hat mich das hier aber gar nicht gestört. Trotzdem ist die Handlung extrem spannend und unglaublich einfühlsam geschrieben. Dabei ist dies mit Sicherheit kein leichtes Buch. Über allem liegt eine gewisse Schwere. Der Erfolg der Wiederansiedlung ist ungewiss, die Probleme Intis mit ihren Mitmenschen sind gewaltig. Tatsächlich liegt eine gewisse Schwere über der Geschichte.
Wie bereits in ihrem Debüt „Zugvögel“ verbindet die Autorin hier Naturschutz, Tierschutz und Menschlichkeit. Wobei der Mensch dabei nicht immer allzu gut wegkommt….
Dieser Roman hat mir ganz hervorragend gefallen – 5 Sterne!

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Veröffentlicht am 25.03.2022

Die dunkle Seite der Macht

Unser Teil der Nacht
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Unser Teil der Nacht – Mariana Enriquez
Ein wahrlich beeindruckendes Werk, das sich meiner Meinung nach dem Leser fast zwangsläufig ins Gedächtnis einbrennen muss. Man muss es nicht mögen, „gefallen“ will ...

Unser Teil der Nacht – Mariana Enriquez
Ein wahrlich beeindruckendes Werk, das sich meiner Meinung nach dem Leser fast zwangsläufig ins Gedächtnis einbrennen muss. Man muss es nicht mögen, „gefallen“ will diese Geschichte gar nicht, aber die Genialität der Erzählstruktur, des Schreibstils und der Idee, kann man kaum leugnen. Das ist meine subjektive Ansicht.
Grob gesagt ist dies eine Familiensaga und eine berührende Vater-Sohn-Geschichte vor der atemberaubenden Kulisse Argentiniens. Mariana Enriquez hat sich hier über 800 Seiten Zeit genommen eine unglaublich dichte und komplexe Handlung über mehrere Jahrzehnte zu entspinnen. Entstanden ist ein Werk, das sämtliche Genregrenzen sprengt.
Zu Beginn des Romans lernt man Juan und seinen Sohn Gaspar kennen. Der Vater, der sich augenscheinlich nicht bei bester Gesundheit befindet, versucht seinen Sohn zu schützen - vor einem Orden, der Anspruch auf Gaspar erhebt. Die Hintergrundstory ist kompliziert und wird erst nach und nach aufgelöst. Es ist wirklich schwer, diesem Roman gerecht zu werden und auch nur die Handlung wiederzugeben. Zu sehr verschwimmen die Grenzen, zu vielfältig und komplex sind die Motive. Ich hoffe trotzdem meinem Entsetzen und zugleich meiner Begeisterung Ausdruck verleihen zu können.
Die Vater-Sohn-Geschichte zwischen Juan und Gaspar wird sehr eindringlich vermittelt – wenn auch nicht immer in positiver Weise. Anfangs meint man eine große Sorge und Liebe Juans für seinen Sohn zu spüren. Im weiteren Verlauf sein Verhalten nicht immer nachvollziehbar. Es ist ein sehr düsteres Buch. Die Verzweiflung und Aussichtslosigkeit der Figuren sind stets spürbar in einer beinahe erdrückenden Atmosphäre, die alles überlagert.
Eine immens große Rolle spielt schwarze Magie, die dunkle Seite der Macht. Mir persönlich war das vor Lesebeginn nicht bewusst. Die Autorin zieht bereits im ersten Kapitel, das etwa 200 Seiten umfasst, sämtliche Register. Es erinnerte mich stellenweise an einen Horrorschocker. Es ist blutig, grausam, abartig. Aber – es ist sooo gut geschrieben. Anderenfalls hätte ich vermutlich auch gar nicht weitergelesen. Der erste Teil schockiert, denn viele Erklärungen und Einordnungen folgen erst später.
Auch den aus Lateinamerika bekannten „magischen Realismus“ glaubte ich hier wiederzuerkennen. Wenn, dann allerdings in sehr viel düsterer Form als ich das bisher gelesen habe.
Besonders hervorzuheben ist die geniale Erzählweise. Jedes Kapitel, die teils sehr lang sind, dann wieder ganz kurz, steht für sich allein. Mal springt man 20 Jahre vor, dann Jahrzehnte zurück. Dadurch dass verschiedene Personen zu Wort kommen, erhält man mit der Zeit einen recht komplexen Überblick. Das ist richtig gut gemacht. Man muss sich konzentrieren, denn es ist anspruchsvoll, aber dabei auch richtig fesselnd. Dieser Roman ist perfekt komponiert und brillant erzählt. Einzig einen deutlicheren Bezug zur damals herrschenden Militärjunta hätte ich mir noch gewünscht.
Eins ist klar – mit diesem Roman bewegt man sich außerhalb jeglicher Komfortzone. Ich bin mir sicher, dass ich noch nie etwas vergleichbares gelesen habe. Ich bin fasziniert, aber auch erleichtert, dieser unglaublich düsteren Geschichte wieder entkommen zu sein. Ganz im Gegensatz zu den armen Protagonisten dieses Romans. Ein unvergessliches Leseerlebnis. 5 Sterne und eine dringende Leseempfehlung!

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