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Veröffentlicht am 17.03.2024

bedrückende Atmosphäre um eine Religionsgemeinschaft

Die Lebenspflückerin
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Mit dem Roman »Die Lebenspflückerin« bringt Regine Kölpin die Leser in das Ostfriesland des 16. Jahrhunderts. Ein Jahrhundert, das geprägt war vom Kampf der Religionen. Die Reformer bekamen immer mehr ...

Mit dem Roman »Die Lebenspflückerin« bringt Regine Kölpin die Leser in das Ostfriesland des 16. Jahrhunderts. Ein Jahrhundert, das geprägt war vom Kampf der Religionen. Die Reformer bekamen immer mehr Zuspruch, doch die Katholiken versuchten mit allen Mitteln, ihre Machtpositionen auszubauen und zu halten. Am Rande dessen entstanden neue und besondere Religionsgemeinschaften, die ihren eigenen Weg gehen wollten. In Ostfriesland fanden sie Ländereien und Wohlgesinnte, die ihnen ein Leben in ihrem Glauben und Frieden versprachen. Ostfriesland war Zufluchtsort vieler Glaubensflüchtlinge besonders aus Holland.

Der Roman zeigt aber, dass es nicht immer ruhig zuging in diesen Gemeinschaften. Als Hiske Aalken, die in Jever als Hexe vor dem Tribunal stand und in letzter Minute fliehen konnte, in der „Herrlichkeit Gödens“ ankommt, ist gerade ein Mord geschehen. Das Opfer war ein Anführer einer Gruppe von Täufern. Sofort wird klar, dass es um Macht innerhalb der Gemeinschaft geht, und dass Hiske für so manchen eine willkommene Täterin wäre. Aber auch der große Junge, von der Erscheinung her beinahe ein Erwachsener, aber nach Alter ein Kind, wird als Täter ins Spiel gebracht. Nur mit Mühe und dank der Menschen, die erkennen, dass Hiskes Kenntnisse als Hebamme und Heilerin unverzichtbar für die Gemeinschaft sind, kann sich Hiske den Anschuldigungen erwehren. Bis schließlich ein weiterer Mord geschieht …

Kölpin hat in diesem Roman eine bedrückende Atmosphäre um eine Religionsgemeinschaft aufgebaut und bringt das Geschehen der damaligen Zustände in einer spannenden Geschichte näher. Schnell erkennt nicht nur die Protagonistin, sondern auch der Leser, dass eine Gemeinschaft so gut wie jede andere ist, wenn es um die Macht und den Anspruch der Führung darinnen geht. Nach umfangreicher Recherche hat die Autorin mit viel Akribie die Zustände beschrieben und reale Personen mit fiktiven Figuren in eine Handlung verstrickt, bei der man auf das Ende hin miträtselt und darauf neugierig bleibt. Doch als Erzählung angelegt, bleiben viele Aktionen, Handlungen und Dialoge etwas auf der Strecke. Ich hätte mir etwas mehr Lebhaftigkeit gewünscht. Der Spannung haben diese erzählenden Strecken allerdings nicht geschadet.

Der erste Band gibt der Trilogie um die Hebamme Hiske Aalken einen angemessenen Auftakt und erhält eine unbedingte Leseempfehlung. (Zur Info: Band 2 „Der Meerkristall“, Band 3 „Das Signum der Täufer“)

Veröffentlicht am 15.03.2024

Roman zum Entspannen

Winterglück
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Die an der Ostküste und in Florida lebende Schrifstellerin Debbie Macomber hat mit „Winterglück“ (Originaltitel: „The Inn at Rose Harbour“) einen weiteren schönen Wohlfühlroman vorgestellt. Die Protagonistin ...

Die an der Ostküste und in Florida lebende Schrifstellerin Debbie Macomber hat mit „Winterglück“ (Originaltitel: „The Inn at Rose Harbour“) einen weiteren schönen Wohlfühlroman vorgestellt. Die Protagonistin Jo Marie Rose hat ihren Mann Paul in Afghanistan verloren. Ein kleines Erbe und der Verkauf, des mit Paul erworbenen Hauses reichen, damit sie einen neuen Anfang wagen kann. Sie zieht in den beschaulichen Küstenort Cedar Cove und wagt sich an die Eröffnung eines Bed & Breakfasts, welches sie Rose Harbour Inn nennt. Bald schon kommen die ersten Gäste, Abby Kincaide und Joshua Weaver. Schnell merkt Jo Marie, dass beide Gäste nicht ganz freiwillig in Cedar Cove sind. Sie tragen schwer an ihrem Gepäck und ihnen steht ein turbulentes Wochenende bevor. Wird alles gut gehen?

Macomber hat diesen Roman als Episodenroman angelegt. Die Gäste der Pension kennen sich nicht und jeder hat eine andere Last zu tragen, mit der sie in den kleinen Ort gekommen sind. Drumherum wird die Geschichte von Jo Marie erzählt. Somit erfährt der Leser drei unterschiedliche Geschichten in diesem Roman. In jeder dieser Geschichten stellt sich die Frage, wie sie wohl ausgehen mag. Damit wird der Leser mit drei sehr unterschiedlichen Protagonisten konfrontiert. Jede Geschichte wird aus einer anderen Perspektive erzählt. Während die von Jo Marie in der ersten Person aus der Sicht von ihr selbst erzählt wird, werden die anderen beiden Geschichten von einer dritten Person erzählt. Nicht von Jo Marie, denn sie ist nicht in allen Momenten anwesend.

Nicht besonders schön fand ich die ständigen Wiederholungen im Text. Die Schriftstellerin scheint ihren Lesern nicht zuzutrauen, dass sie sich an eine Tatsache auch nach 50 oder 200 noch erinnern können. Wenn eine Figur einmal als böswillig beschrieben wird, dann muss dieses nicht alle zwanzig Seiten wiederholt werden.

Ein schöner Roman zum Entspannen, den man einfach so weglesen kann, ohne sich viel Gedanken um das Weltgeschehen machen zu müssen. Liebhaber von Nora Roberts werden auch diesen Roman mögen.

In derselben Reihe:
– Frühlingsnächte
– Sommersterne
– Herbstleuchten

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016

Veröffentlicht am 15.03.2024

Roman mit Charme und Reiz.

Moselruh
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Moselruh, ein beschauliches Seniorenheim für Demenzkranke. An der Mosel gelegen, von Ordensschwestern geführt, ist dieser Ort eigentlich eine Idylle. Wenn da nicht eines Morgens der junge Pfleger Daniel ...

Moselruh, ein beschauliches Seniorenheim für Demenzkranke. An der Mosel gelegen, von Ordensschwestern geführt, ist dieser Ort eigentlich eine Idylle. Wenn da nicht eines Morgens der junge Pfleger Daniel tot aufgefunden worden wäre. Die Bewohner stört weniger der Tod des Pflegers, denn den bekommen viele gar nicht so richtig mit, als die Tatsache, dass sie nun nicht mehr von ihm betuttelt werden. Zu allem Überfluss ist ein Bewohner verschwunden. Während die Schwestern auf der Suche nach ihm sind, muss das Unglück mit dem Pfleger passiert sein. Deshalb erhält die hinzugerufene Mordkommission nur sehr spärliche Informationen rund um das Tatgeschehen. Die, die sich erinnern könnten, waren nicht da, und die anderen können sich nicht erinnern.

Als der entschwundene Bewohner wieder auftaucht, wird festgestellt, dass ein weiterer Herr abgängig ist. Mit großem Suchaufgebot wird bis nach Luxemburg hinein nach ihm gesucht. Schließlich ist er mit dem Tod des Pflegers verschwunden, könnte also ein tatverdächtiger sein.

Das Autorenduo hat einen charmanten Ermittlerkrimi vorgelegt. Mit viel Humor wird die Demenz anhand der Heimbewohner geschildert. Ein Schmunzeln lässt sich beim Lesen genauso wenig unterdrücken wie beim Umgang mit solch Betroffenen in der eigenen Familie. Die Polizei wird dabei gleich mit im Heim einquartiert. So gestalten sich die Ermittlungen leichter und es muss nicht immer zwischen Trier und Moselruh gependelt werden, zumal der eine oder andere Kollege hier im Heim seine Tante sehen kann.

Mit viel Detailtreue wird sowohl die Arbeit des Pflegepersonals als auch der Polizei ausgestattet. Als Leser bleibt man an der Geschichte, um auch die Rückkehr der Ausreißer erleben zu können. Dass man an der Klärung des Todesfalles interessiert ist, muss nicht betont werden. Schließlich müssen auch hier die falschen Fährten ausgeschlossen werden. Es bleibt bis zum Ende offen, ob es sich um einen Unfall oder einen Mord handelt.

Ein empfehlenswerter Roman mit Charme und Reiz.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016

Veröffentlicht am 15.03.2024

Spannung pur mit interessanten Figuren

Die Bildhauerin
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Minette Walters arbeitete viele Jahre als Redakteurin in London bevor sie das fiktive Schreiben begann. Ihr erster Roman „Im Eishaus“ wurde sofort zum internationalen Bestseller und als bestes Krimidebüt ...

Minette Walters arbeitete viele Jahre als Redakteurin in London bevor sie das fiktive Schreiben begann. Ihr erster Roman „Im Eishaus“ wurde sofort zum internationalen Bestseller und als bestes Krimidebüt ausgezeichnet. Der vorliegende Roman „Die Bildhauerin“ ist ihr zweiter Roman und erhielt den Edgar-Alan-Poe-Preis. Walters lebt mit ihrer Familie in Hampshire und ihre Romane spielen häufig in und um Southampton im Süden Englands.

Als Bildhauerin wird die mehr als übergewichtige Oliv Martin im Gefängnis bezeichnet. Sie sitzt bereits seit fünf Jahren hier, weil sie gestanden hat, ihre Mutter und ihre jüngere Schwester in der Küche des elterlichen Hauses ermordet zu haben. Den Beinamen Bildhauerin hat sie von den anderen Gefängnisinsassinnen und Wärterinnen erhalten, weil sie Puppen aus Modelliermasse knetet und diese gelegentlich wie Voodoopuppen mit Nadeln durchsticht. Als Oliv vor fünf Jahren das Geständnis ablegte, gab es keine weiteren Tatverdächtigen ohne Alibi, deshalb waren die Ermittlungen schnell abgeschlossen und auch die Gerichtsverhandlung ging rasant über die Bühne. Allenfalls die Begleitumstände waren bemerkenswert da die 23jährige von Presse und Öffentlichkeit als Monster gebrandmarkt wurde, ihre Hässlichkeit aufgrund ihrer Leibesfülle passte geradezu perfekt zu der Grausamkeit der Tat.

Auch im Gefängnis ist sie so etwas wie eine Diva. Ihre Mitgefangenen trauen sich nicht, sie etwas härter anzupacken. Oliv hat sich damit eine Rolle zugelegt, mit der sie sich lästige Menschen vom Leib hält.

Die Journalistin und Schriftstellerin Rosalind Leigh hat von ihrem Verleger den Auftrag bekommen, ein Buch über einen bizarren Fall zu schreiben. Eigentlich widerstrebt es ihr, solch ein Auftragswerk zu schreiben, doch dann stößt sie auf Olive Martin und auf deren dunkles Geheimnis. Sie entdeckt immer mehr Ungereimtheiten, die so gar nicht zu dem ansonsten klaren Fall passen. Rosalind macht sich auf den Weg, deren Unschuld zu beweisen.

Doch bis zum Ende des Romans kann sich der Leser nicht sicher sein, ob die Beweiskette, die die Schriftstellerin aufstellt, lückenlos ist. Das wird immer wieder zwischendurch klar. Der Roman wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Über große Teile verfolgt der Leser die Handlungen der Schriftstellerin Rosalind und sieht alles aus mehreren Blickwinkeln. Er kann ihr dabei gut folgen und mit ihrer Meinung einhergehen. In dem Moment aber, wenn der Erzähler lediglich den Raum um die Bildhauerin ausleuchtet, wird ein komplett anderes Bild wiedergegeben. So verwundert es nicht, dass am Ende des Romans, der bis dahin einen glücklichen Verlauf nahm, dem Leser das Schaudern über den Rücken läuft.

Spannung pur mit interessanten Figuren, die erst zueinander finden müssen. Eine unterhaltsame Milieustudie aus den Arbeitervierteln der südenglischen Hafenstadt.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016

Veröffentlicht am 15.03.2024

Für Liebhaber von Jane Austen und den Brontë-Schwestern

Das Geheimnis von Digmore Park
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Elizabeth Porter ist jung, jedoch für das England des 19. Jahrhunderts möglicherweise schon zu alt, um noch einen Freier zu finden, der mit ihr die Ehe eingehen möchte. Ihre Mutter, ganz und gar Dame „von ...

Elizabeth Porter ist jung, jedoch für das England des 19. Jahrhunderts möglicherweise schon zu alt, um noch einen Freier zu finden, der mit ihr die Ehe eingehen möchte. Ihre Mutter, ganz und gar Dame „von Welt“, kümmert sich seit dem Tod des Ehemannes kaum um das Anwesen. Das macht Elizabeth. Unterstützung hatte sie von dem langjährigen Verwalter. Doch der kommt langsam in ein Alter, welches ihn nicht mehr so agil handeln lässt. Deshalb bleibt alles an Elizabeths Schultern hängen. Sie befürchtet, sich zu wenig um die jungen Männer der Gegend gekümmert zu haben, um noch einen abzubekommen.

Major Frederick Michael Dewary kämpft als Seeoffizier für die Krone. Doch dann erreicht ihn eine schreckliche Nachricht. Er wird in der Heimat des Mordes bezichtigt und höchstrichterlich gesucht. Es muss sich hierbei um ein Missverständnis handeln. Doch so einfach kann es dieses Missverständnis nicht aufklären, denn er wird gesucht. Deshalb reist er unter dem Namen Freddy Michaels in die Nähe seines Anwesens Digmore Park. Ihm zur Seite immer sein getreuer Adjutant. Ein zuverlässiger Freund verschafft ihm den Posten des Gutsverwalters auf Portland. Doch dort gerät er mit der jungen Elizabeth zunächst aneinander.

Sophia Farago hat hervorragend das Ambiente des südlichen Englands der 19. Jahrhunderts wiedergegeben. Als eine Hommage an die Romane von Jane Austen herausgebracht, greift sie die Landschaften, Gepflogenheiten und Personen dieser Zeit auf. Die Not der jungen Mädchen, und noch mehr die ihrer Eltern, finanziell abgesichert unter die Haube zu kommen, unbedingt einmal in London eingeführt zu werden, scheinen zwar etwas historisch angehaucht, haben aber auch in der heutigen Zeit kaum von Attraktivität eingebüßt. Die sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen Elizabeth und Frederick wurde mit dem Kampf und dem Geheimnis um Digmore Park zu einem spannenden und sehr unterhaltendem Roman versponnen. Intrigen und Betrügereien scheinen in manchen englischen Kreisen auf der Tagesordnung zu stehen, so mancher Jüngling lässt sich blenden und fällt darauf herein.

Für Liebhaber von Jane Austen und den Brontë-Schwestern wird dieser Roman eine faszinierende Ergänzung sein.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016