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Veröffentlicht am 20.11.2022

Kaffee gibt mir einen Schmerz, der nicht ohne Lustgefühl ist. (Napoleon Bonaparte)

Töchter der Speicherstadt – Das Versprechen von Glück
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1965 Hamburg. Nachdem der Krieg die Hafenstadt in Trümmer gelegt hat, haben alle gemeinsam angepackt, um aus den Trümmern Hamburg neu aufzubauen und den Handel wieder in Gang zu bringen. Das neue Kaffeekontor ...

1965 Hamburg. Nachdem der Krieg die Hafenstadt in Trümmer gelegt hat, haben alle gemeinsam angepackt, um aus den Trümmern Hamburg neu aufzubauen und den Handel wieder in Gang zu bringen. Das neue Kaffeekontor „Behmer & Söhne“ in der Speicherstadt verhilft der Familie zu erträglichen Geschäften. Cläres Tochter Anna ist als Nachfolgerin vorgesehen, doch diese hat eigentlich ganz andere Träume, möchte viel lieber Kunst studieren. Bei einem Ballbesuch im Hotel Atlantic lernt Anna Joost van der Vehlen kennen, den neuen Prokuristen von „Behmer & Söhne“, mit dem sie schon bald die Ehe eingeht, sehr zur Freude ihrer Eltern. Allerdings bringt Anna sich nicht ins Kontor ein, sondern zieht es vor, als Hausfrau und Mutter ihr Dasein zu fristen. Ihre Ehe mit Joost entpuppt sich als Fehlgriff, denn er betrügt und hintergeht sie, wo er nur kann und schadet damit auch dem Kontor. Ist das das Ende von „Behmer und Söhne“?
Anja Marschall hat mit „Das Versprechen von Glück“ den dritten und finalen Band ihrer historischen „Speicherstadt-Saga“ vorgelegt, der erneut mit gut recherchiertem Hintergrund und einer unterhaltsamen Geschichte zu punkten weiß. Der flüssige und farbenfrohe Erzählstil lässt den Leser schnell zurück ins vergangene Jahrhundert reisen, um sich als unsichtbarer Hausgast unter den Familienmitgliedern zu tummeln und deren Leben sowie das Schicksal von Anna über einen Zeitrahmen von 33 Jahren zu folgen. Über Perspektivwechsel erhält der Leser Einblick in das Leben und die Gefühlswelt der verschiedenen Protagonisten. Cläre ist immer noch ganz Geschäftsfrau und hofft, ihre Tochter Anna wird ihr Lebenswerk weiterführen, wenn sie erst den richtigen Mann an ihrer Seite hat. Anna begeht in ihrem Liebeskummer den großen Fehler, einen Mann zu ehelichen, der neben ihr auch die ganze Familie ins Unglück zu stürzen droht. Es ist fast schon tragisch, wie sehr sich Anna in ihrer zugedachten Rolle einrichtet und alles so hinnimmt, um einen Skandal für die Familie zu vermeiden. Viel aufregender verläuft da die Geschichte um Annas Cousine Irma, die nach dem Krieg in der DDR geblieben ist und sich mit der Stasi auseinandersetzen muss. Aber auch Köchin Erna, die in fortgeschrittenem Alter mit dem Berliner Binnenschiffer Icke noch eine neue Liebe findet, trägt sehr zum Unterhaltungswert der Geschichte bei. Die Autorin hat akribisch recherchiert und lässt den Leser während der Lektüre nicht nur die große Sturmflut 1962 miterleben, sondern auch die Gründung der DDR sowie den Mauerbau und deren endgültigen Fall 1989. Der Spannungsbogen ist in diesem Teil allerdings nicht so hoch angelegt, wie in den Vorgängerbänden.
Die Charaktere sind detailliert ausgestaltet und mit glaubwürdigen Ecken und Kanten versehen. Der Leser heftet sich gern an ihre Fersen, um ihren Werdegang zu verfolgen. Anna ist eine naive Träumerin, die sich leicht manipulieren lässt und lange keinerlei Kampfgeist zeigt. Das macht sie nicht gerade sympathisch. Mutter Cläre ist da ein ganz anderes Kaliber, denn sie ist mutig und nimmt jede Herausforderung an. Joost ist ein Opportunist, dem es nur um sich selbst geht. Erna ist eine Seele von Mensch, sie hat das Herz am rechten Fleck. Auch Icke ist ein Original, der mit seinen Handlungen für einige Abwechslung sorgt.
Mit „Das Versprechen von Glück“ schließen sich nun die Pforten des Kaffeekontors für den Leser. Der Mix von Familiengeschichte, Liebe, Aufbruchsstimmung vor dem gut recherchierten historischen Hintergrund bietet gute Unterhaltung und schöne Lesestunden, reicht jedoch nicht an die Vorgängerbände heran. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 06.11.2022

Janz Berlin war eene Wolke – nur icke war zu sehn.

Die Wintergarten-Frauen. Der Traum beginnt
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20er Jahre Berlin. Die 20-jährige Nina von Veltheim träumt schon lange davon, berühmt zu werden. Bereits als Kind hat sie Theaterstücke für die Familie aufgeführt, doch eigentlich ist es nicht nur das ...

20er Jahre Berlin. Die 20-jährige Nina von Veltheim träumt schon lange davon, berühmt zu werden. Bereits als Kind hat sie Theaterstücke für die Familie aufgeführt, doch eigentlich ist es nicht nur das Schauspielen, dass Nina lebendig werden lässt, sie giert nach Macht und Anerkennung, die sie sich nur als namhafte Regisseurin vorstellen kann. Deshalb hält es sie auch nicht auf dem familieneigenen Gutshof in der Uckermark. Mit der Unterstützung ihrer Familie und vor allem durch Zwillingsbruder Carlo kommt Nina nach Berlin, wo sie sich in Zeiten von Wohnungsnot, Hunger und überall präsenter Armut mit riesigem Kraftaufwand durchschlagen muss, damit ihr Traum wahr wird, in dem bisher nur Männer das Sagen haben…
Charlotte Roth hat mit „Der Traum beginnt“ den Auftakt für ihre historische „Wintergarten-Frauen“-Trilogie vorgelegt, der den Leser nicht nur in die 20er Jahre des alten Berlins, sondern zudem mit kunstfertiger Erzählkunst in die schillernde Welt des Theaters entführt. Der flüssige und farbenprächtige Schreibstil lässt den Leser schnell an die Seite von Nina gleiten und dort hautnah ihr Schicksal miterleben. Für Nina ist der Romantitel Programm, denn sie hat sich nichts sehnlicher gewünscht, als ein bedeutender Teil der Theaterwelt zu werden. Während der Leser Nina zu ihren Vorsprechterminen begleitet, ihre Verwandlung auf der Bühne registriert oder ihre Fähigkeit bewundert, wie sie andere Kunstschaffende um sich schart, erlebt der Leser aber auch das andere Berlin, wo die Menschen jeden Tag ihre persönlichen Kämpfe gegen die herrschende Armut und den Hunger austragen. Die Autorin hat hervorragend recherchiert und das alte Berlin mit seinen unterschiedlichen Gesellschaftsschichten sowie der damaligen politischen Lage gekonnt mit ihrer Handlung verwoben. Das Geld ist immer weniger wert und die Arbeitslosigkeit nimmt zu, was den Nationalsozialisten den geeigneten Nährboden für ihre krude Politik ebnet. Mittendrin versucht Nina sich mit ihren neugefundenen Freundinnen Sonia und Jenny gegen eine machtgierige und arrogante Männerwelt zu stemmen, die Frauen so gar nichts zutrauen.
Die Charaktere sind mit glaubwürdigen menschlichen Eigenheiten lebendig ausgestaltet, können jedoch keine wirkliche Nähe zum Leser herstellen, der die Rolle als Zaungast übernimmt und ihren Weg im alten Berlin nur mitverfolgt. Nina ist eigentlich eine eher unscheinbare Frau, die auf der Bühne zu einer schillernden Persönlichkeit mutiert. Auch wenn sie mutig, selbstbewusst und stur ist, zeigt sie oftmals Anzeichen von Selbstüberschätzung, Arroganz und sehr ausgeprägtem Egoismus, was sie dem Leser nicht gerade ans Herz wachsen lässt. Interessanter sind da eher die weiteren Protagonisten wie Freundin Jenny, die sie nie im Stich lässt oder Sonia, die sich nie unterkriegen lässt. Anton ist eine verlässliche Seele, selbst als Schauspieler bekannt und mit eigenen Problemen behaftet, versucht er Nina mit allen Mitteln zu unterstützen. Aber auch Ninas Zwillingsbruder Carlo sowie Oma Hulda oder Tante Sperling bereichern die Geschichte mit ihren Auftritten.
„Der Traum beginnt“ ist ein unterhaltsamer Einstieg in die schillernde Welt des Berlins der 20er Jahre. Der Mix aus der gekonnten Erzählweise der Autorin, exzellent recherchiertem historischen Hintergrund, starken Frauencharakteren und der bunten Traumwelt des Theaters spendiert dem Leser eine schöne Zeitreise. Aufgrund der wenig sympathischen Hauptprotagonistin gibt es leider nur eine verdiente Leseempfehlung für ein farbenfrohes Kopfkino!

Veröffentlicht am 18.10.2022

Menschen, die aus dem Glauben leben, sehen alles in einem anderen Licht. (L. Zenetti)

Wo die Winterrose blüht
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1943 Frankreich. Mitten im Zweiten Weltkrieg entscheidet sich die aus dem amerikanischen Oregon stammende Quäkerin Grace Tonquin, sich als Fluchthelferin zu engagieren, um mit Hilfe von Roland möglichst ...

1943 Frankreich. Mitten im Zweiten Weltkrieg entscheidet sich die aus dem amerikanischen Oregon stammende Quäkerin Grace Tonquin, sich als Fluchthelferin zu engagieren, um mit Hilfe von Roland möglichst viele jüdische Kinder von Frankreich nach Spanien zu bringen und vor den Nazis zu retten. Während dieser Zeit und all der Gefahren verlieben sich Grace und Roland und gründen später mit den geretteten Geschwistern Marguerite und Elias in Oregon eine Familie, die sich nach dem Krieg einigen Herausforderungen stellen muss…
2003 Oregon. 60 Jahre später sucht die schwangere Addie Holt verzweifelt einen Knochenmarkspender für ihren schwerkranken Pflegevater Charlie. Die Suche nach Verwandten gestaltet sich schwierig, weil Charlie dabei keine große Hilfe ist. Aber nach und nach glückt es Addie, die geheimnisvolle Familiengeschichte Charlies aufzudecken und deren Spuren zu finden…
Melanie Dobson hat mit „Wo die Winterrose blüht“ einen gefühlvollen Roman vorgelegt, der gut zu unterhalten weiß. Der flüssige, farbenfrohe und empathische Schreibstil der Autorin lässt den Leser über wechselnde Zeitebenen in eine komplexe Familiengeschichte eintauchen, die sich erst nach und nach wie ein Puzzle entfaltet und sein ganzes Bild preisgibt. Während die eine Zeitebene die Vergangenheit von Grace im Jahr 1943 präsentiert, erlebt der Leser in der anderen die Suche von Addie im Jahr 2003. Grace‘ mutiger Einsatz während des Krieges zeigt einmal mehr auf die vielen helfenden und mitfühlenden Hände, die im Verborgenen so viel bewirkt und Leben gerettet haben. Sie ist tief verwurzelt in ihrem Glauben und schöpft daraus die Kraft für die Sicherung der Kinder. Auch Addie ist tief in ihrem Glauben verankert und gibt die Hoffnung nicht auf, ihren Pflegevater irgendwie retten zu können. Ihre verbissene Recherche bringt Erkenntnisse zum Vorschein, die auch für Addie eine große Überraschung sind und sie Charlie so von einer ganz neuen Seite kennenlernt. Die Zeitenwechsel greifen gut ineinander und tragen zur Steigerung der Spannung bei. Allerdings hat die Geschichte auch einige Längen, dazu erscheinen manche Dinge einfach nicht plausibel oder wurden völlig unnötig in die Handlung eingebracht, um dann für die eigentliche Geschichte keinen Nutzen zu bringen. Der christliche Aspekt wurde jedoch sehr gut eingewebt, geht es doch um Schuld und Vergebung, Gottvertrauen und Hoffnung.
Die Charaktere wurden mit menschlichen Eigenschaften ausgestattet und lebendig in Szene gesetzt, jedoch kommen sie dem Leser trotz aller Emotionalität der Geschichte nicht nah genug. So muss sich dieser als Zaungast begnügen, der die Szenerie beobachtet. Grace ist eine Frau, die aus ihrem Glauben Kraft und Mut schöpft. Sie hat ein großes Herz, ist mitfühlend, hilfsbereit und liebevoll. Charlie lässt sich schon lange von seiner Schuld beherrschen, die ihn nicht nur verzweifeln, sondern auch aufgeben lässt. Addie ist wie ein Pitbull, sie verbeißt sich in ihr Vorhaben, lässt sich von Niederschlägen nicht aufhalten und kämpft sich wie eine Löwin immer weiter. Zusätzlich spielen auch Roland, Marguerite, Lois und Grace‘ Mutter Ruby wichtige Rollen in dieser komplexen Geschichte.
„Wo die Winterrose blüht“ ist ein unterhaltsamer Roman über zwei Zeitebenen und überzeugt durch seine Mischung aus Familiengeschichte, historischem Hintergrund, Geheimnissen und Verwicklungen, deren Emotionalität den Leser ein ums andere Mal trifft. Verdiente Leseempfehlung mit einigen Abstrichen!

Veröffentlicht am 03.10.2022

In unseren dunkelsten Momenten müssen wir uns auf das Licht fokusieren. (Aristoteles)

Kinderklinik Weißensee – Tage des Lichts (Die Kinderärztin 3)
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1929 Berlin. Während die Ärztin Marlene von Weilert in der Kinderklinik Weißensee erfolgreich Karriere gemacht und in der Arbeit ihre Erfüllung gefunden hat, steht es in ihrer Ehe mit Maximilian nicht ...

1929 Berlin. Während die Ärztin Marlene von Weilert in der Kinderklinik Weißensee erfolgreich Karriere gemacht und in der Arbeit ihre Erfüllung gefunden hat, steht es in ihrer Ehe mit Maximilian nicht gerade zum Besten, denn obwohl sich beide sehnlichst ein Kind wünschen, lässt der Nachwuchs auf sich warten. Ein Unfall bringt Marlene dazu, endlich beruflich kürzer zu treten, doch Alexander Flemings Entdeckung des Penicillins macht ihre Pläne zunichte, zu sehr brennt sie darauf, das Medikament bei den zu behandelnden Kindern anzuwenden. Ihre Schwester Emma arbeitet ist inzwischen Oberschwester in der Klinik, doch gönnt ihr diesen Erfolg nicht jeder und lässt sie das spüren. Ihr Sohn Theo hat in seinem Freundeskreis einige Nazisympathisanten, was Emma gar nicht gefällt, denn Theo droht sich von deren menschenverachtenden Weltanschauung blenden zu lassen…
Antonia Blum hat mit „Tage des Lichts“ den dritten Teil ihrer historischen Serie um die Kinderklinik Weißensee vorgelegt, in deren Mittelpunkt das Wirken und Schaffen der beiden Schwestern Marlene und Emma steht, die es aus eigener Kraft geschafft haben, sich ihre beruflichen Träume zu erfüllen. Der flüssige, bildhafte und empathische Erzählstil lässt den Leser in die Zeit der Weimarer Republik eintauchen, um den Schwestern bei ihren täglichen Herausforderungen über die Schulter zu sehen. Inzwischen sind einige Jahre ins Land gegangen, sowohl Marlene als auch Emma sind verheiratet und haben nicht nur beruflich alle Hände voll zu tun, sondern werden auch privat mit allerlei Problemen konfrontiert. Marlene ist als Ärztin dermaßen engagiert, dass sie kaum noch Zeit für ihren Ehemann hat, deshalb stellt sich auch der Nachwuchs nicht ein und entfremdet die beiden immer mehr. Emma ist als umsichtige Oberschwester dem Neid der Kollegen ausgesetzt, die ihr den Erfolg nicht gönnen. Gleichzeitig rutscht ihr Sohn durch seine Freunde in den Bannkreis der Nazis, die immer mehr Aufwind bekommen und mit ihren radikalen Ansichten Angst und Schrecken verbreiten. Die Autorin hat historischen Hintergrund gut recherchiert und mit ihrer Geschichte verwoben und vermittelt dem Leser dabei gekonnt die politische und gesellschaftliche Lage im damaligen Berlin. Dabei hat sie auch die Entdeckung des Penicillins durch Fleming einfließen lassen, dass für die medizinische Welt eine Revolution darstellte.
Die Charaktere haben eine realistische Weiterentwicklung erlebt und überzeugen den Leser mit ihren glaubwürdigen Ecken und Kanten, so dass dieser ihnen wie ein unsichtbarer Schatten folgt. Marlene ist Ärztin aus Leidenschaft, die kein Zeitgefühl mehr besitzt, wenn es um ihre kleinen Patienten geht. Durch ihren getriebenen Ehrgeiz verliert sie ihr Privatleben mit Max immer mehr aus den Augen, so dass die beiden sich immer fremder werden. Was wie gesunder Egoismus aussieht, wirkt bei Marlene schon fast wie eine Flucht. Emma ist ebenfalls erfolgreich als Oberschwester, doch mit ihrer feinfühligen Art schnappt sie die Stimmungen eher auf als ihre Schwester. Deshalb entgeht ihr auch das Abgleiten ihres Sohnes Theo nicht. Aber auch Max von Weilert, Theo, Kurt sowie einige andere Protagonisten tragen ihren Teil zum Unterhaltungswert dieser Geschichte bei.
„Tage des Lichts“ überzeugt mit einer Mischung aus gut recherchiertem historischem Hintergrund, Familiengeschichten, Liebe, Intrigen, realistischen familiären Problemen, Machtspielchen und einer bahnbrechenden medizinischen Entdeckung. Verdiente Leseempfehlung für gute Unterhaltung!

Veröffentlicht am 04.09.2022

Generationenwechsel bei den Hansens

Schritt ins Licht
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1924 Hamburg. Luises und Hamzas gemeinsame Tochter Amala Hansen reist von Amerika aus zum ersten Mal nach Deutschland, um zum ersten Mal in ihrem Leben auf ihre deutsche Verwandtschaft zu treffen. Ihr ...

1924 Hamburg. Luises und Hamzas gemeinsame Tochter Amala Hansen reist von Amerika aus zum ersten Mal nach Deutschland, um zum ersten Mal in ihrem Leben auf ihre deutsche Verwandtschaft zu treffen. Ihr 75-jährige Georg Hansen freut sich über den Besuch seiner Nichte, denn inzwischen fühlt er sich in der Familienvilla recht allein. Die 24-jährige Amala träumt von einer Schauspielkarriere, und Georg hofft, sie dabei nach Kräften unterstützen zu können. Doch die junge Frau muss schon bald merken, dass ihr aufgrund ihrer Hautfarbe Ressentiments entgegenschlagen. Wird sich Amala davon entmutigen lassen? Währenddessen hat Franz Loising die Führung des Wiener Kaffeehauses seiner Mutter Therese übernommen, der er mehr schlecht als recht gerecht wird. Zu sehr machen ihm noch die schrecklichen Erlebnisse aus dem Ersten Weltkrieg zu schaffen. Ob es ihm gelingen wird, die schlimmen Erinnerungen endlich loszuwerden?
Ellin Carsta hat mit „Schritt ins Licht“ den Auftaktband ihrer neuen historischen Saga rund um die Kinder der Hansen-Dynastie vorgelegt, die nicht nur einen Generationenwechsel einläutet, sondern mit wechselnden Schauplätzen sowie unterschiedlichsten Lebensläufen der einzelnen Familienmitglieder den Leser gut zu unterhalten weiß. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser auf eine Zeitreise ins vergangene Jahrhundert ein, um dort nicht nur auf manch altbekannten Charakter zu treffen, sondern vor allem die junge Generation beim „Wachwechsel“ zu beobachten und ihre jeweiligen Erlebnisse zu verfolgen. Über wechselnde Perspektiven steht der Leser mal an der Seite von Amala in Hamburg, dann wieder an Franz Seite in Wien sowie an Eduards in Berlin. Amala hat in Amerika eine Schauspielschule erfolgreich abgeschlossen, jedoch bisher aufgrund ihrer Hautfarbe in ihrem Beruf nicht Fuß fassen können. Nach dem Tod ihrer Mutter Luise hofft sie, nicht nur in den deutschen Familienzweig aufgenommen zu werden, sondern vielleicht ihrer Karriere in Deutschland einen Turbo zu verpassen mit Georgs Hilfe und Unterstützung. Derweil hadert Franz immer noch mit seinen Kriegserlebnissen, die ihn bei der täglichen Arbeit im Kaffeehaus behindern. Gleichzeitig hat der Leser oft das Gefühl, dass Franz nicht mit dem Herzen dabei ist und eigentlich ganz andere Lebensvorstellungen hat. Amalas Cousin Eduard dagegen steht auf Dauerkriegsfuß mit seinen säumigen Kunden und seine Mutter Martha geht ihm mit ihrer ständigen Nörgelei auf die Nerven. Während der Leser zwischen den einzelnen Hotspots hin- und her wandelt, lässt die Autorin den damaligen Zeitgeist sowie die gesellschaftlichen und historischen Ereignisse in die Geschichte miteinfließen.
Die Charaktere sind liebevoll und facettenreich ausgestaltet. Sie können mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften überzeugen, so dass der Leser sich gern unter sie mischt und mit ihnen hofft, bangt und fiebert. Amala ist eine liebenswerte junge Frau, die ein festes Ziel vor Augen hat und dieses mit dem nötigen Ehrgeiz verfolgt. Obwohl sie mit Vorurteilen zu kämpfen hat, lässt sie sich nicht entmutigen. Georg ist ein liebevoller, herzlicher und großzügiger Mann, der keine Vorbehalte hat und froh über die Beendigung seiner Einsamkeit ist. Franz steht sein Kriegstrauma im Weg, er fühlt sich unzulänglich, hilflos, aber auch unsicher, was sein restliches Leben angeht. Eduard ist Geschäftsmann, jedoch hat er weder seine Kunden noch seine Mutter Martha im Griff. Aber auch Frederike und Therese spielen in dieser Handlung eine tragende Rolle.
„Mit Schritt ins Licht“ ist der Autorin der Generationenwechsel innerhalb der Hansen-Dynastie gut gelungen. Carsta versteht es, den Leser mit ihren unterschiedlichen Familienschauplätzen abwechslungsreich zu unterhalten und die Neugier auf die Fortsetzung zu schüren. Verdiente Leseempfehlung!