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Veröffentlicht am 14.05.2022

Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (J. W. v. Goethe)

Die Frauen von New York – Worte der Hoffnung
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1946 Berlin. Die Journalistin Kate Mancini ist mit einer Gruppe männlicher Kollegen in Deutschland, wo sie nicht nur über die Folgen des Krieges berichten soll, sondern auch den Nürnberger Prozessen beiwohnt. ...

1946 Berlin. Die Journalistin Kate Mancini ist mit einer Gruppe männlicher Kollegen in Deutschland, wo sie nicht nur über die Folgen des Krieges berichten soll, sondern auch den Nürnberger Prozessen beiwohnt. Während eines Aufenthaltes in Berlin findet sie mit ihren Kollegen Rick Shearer und Harvey Milton im sowjetischen Sektor ein kleines Mädchen mutterseelenallein und frierend auf den Stufen eines zerbombten Hauses. Kate nimmt die Kleine, die kein Wort spricht, mit in ihr Hotelzimmer, um sie später bei deutschen Bekannten von Rick in Celle unterzubringen, die fortan für sie sorgen werden. Zurück in Amerika findet Kate trotz beachteter und gelobter Artikel als Frau keine Festanstellung als politische Journalistin, während Harvey und Rick schnell die Karriereleiter aufsteigen. Nach vielen Gelegenheitsartikeln über Bikinis und Schminktipps winkt Kate eine Festanstellung beim Fernsehen, wo sie endlich über politische Themen berichten darf. Als sich Rick, der Kates große Liebe ist, einer Verleumdung als Kommunist gegenübersieht und sich einem Gericht stellen muss, wirft Kate all ihre Bedenken über Bord und springt ihm mit einem entlastenden Überraschungsgast zur Anhörung bei…
Ella Carey hat mit „Worte der Hoffnung“ den zweiten Band ihrer „Frauen von New York“-Reihe vorgelegt, der dem ersten Band an Unterhaltungswert und Spiegel der damaligen Zeit in nichts nachsteht. Der flüssige, bildliche und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zu einer Reise in die Nachkriegszeit ein, wo der der Leser gemeinsam Kate und ihren männlichen Kollegen erst die sowjetische Besatzung in Berlin sowie die Nürnberger Prozesse miterlebt, um dann ihre berufliche Laufbahn in New York mitzuverfolgen. Über einen Zeitraum von 5 Jahren und wechselnde Perspektiven erhält der Leser einen Einblick in das Leben der Frauen zur damaligen Zeit. Während Kate sich ihre berufliche Karriere hart erkämpft und dabei auch Zugeständnisses machen muss, ist ihre Schwester Bianca Ehefrau eines Mannes der gehobenen Gesellschaft und entspricht dem damaligen Klischee, dass Frauen sich nur um die Bedürfnisse ihres Mannes kümmern und als Außenseiterin von der sogenannten Elite nur schwer akzeptiert werden. Der dritte Handlungsstrang spiegelt das Leben von Ricks Mutter Francis wieder, die sich als gebildete und belesene Frau untergeordnet hat und nun unter der Kälte ihres Ehemannes leidet. Die Autorin zeigt den harten Kampf der Frauen auf, die sich in ihrem Beruf doppelt behaupten müssen, um dann doch nur mit schlechtem Gehalt und Geringschätzung abgespeist zu werden. Schlimm ist vor allem, dass Frauen Dummheit, Einfältigkeit und kein Urteilsvermögen in Bezug auf Politik unterstellt wird. Welches Recht nehmen sich Männer, dies ausschließlich für sich zu verbuchen? Die Verleumdung Ricks als politische Schmutzkampagne ist ebenso bezeichnend für die Zeit, denkt man an McCarthy oder Watergate.
Die Charaktere sind mit glaubwürdigen menschlichen Ecken und Kanten lebendig in Szene gesetzt, so dass der Leser sich ihnen gern anschließt, mitfiebert, hofft und bangt. Kate ist eine selbstbewusste, ehrgeizige Frau, die sich trotz des harten Journalistengeschäfts Empathie und Mitgefühl bewahrt hat. Harvey ist ein lieber, freundlicher und verlässlicher Kerl, der oftmals gern über seinen Schatten springen würde, doch nicht kann. Rick ist Journalist mit Leib und Seele, besitzt einen eigenen Kopf, macht sich nichts aus Konventionen und hat ein großes Herz. Bianca wirkt etwas einfältig und vor allem nachtragend, während Frances eine gestandene Frau ist, die ihr Leben auf einmal in Frage stellt. Das Wiederlesen mit den Morellis am Rande macht die Geschichte wunderbar rund.
„Worte der Hoffnung“ überzeugt mit einer gelungenen Darstellung der Rolle der Frau zur damaligen Zeit, mit historischem Hintergrund sowie mit Familiengeschichte und Romantik. Verdiente Leseempfehlung für eine kurzweilige Unterhaltungslektüre!

Veröffentlicht am 14.05.2022

Das Leben beginnt dort, wo die Furcht endet. (Osho)

Ein Sommer in Rimini
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1955 Hamburg. Das Wirtschaftswunder hat Hilfsköchin Nina Jacobi noch nicht erreicht. Als Witwe arbeitet sie als Hilfsköchin im Hotel „Vier Jahreszeiten“ und wohnt mit ihrer älteren Freundin Henriette „Henni“ ...

1955 Hamburg. Das Wirtschaftswunder hat Hilfsköchin Nina Jacobi noch nicht erreicht. Als Witwe arbeitet sie als Hilfsköchin im Hotel „Vier Jahreszeiten“ und wohnt mit ihrer älteren Freundin Henriette „Henni“ Spiegel in einem Kellerloch. Nina kocht für ihr Leben gern und hofft, eines Tages selbst als verantwortliche Köchin den Gästen ihre Kreationen zu kredenzen. Als sie dann per Zufall von einem italienischen Geschäftsmann die Chance bekommt, für das Grand Hotel im italienischen Rimini zu arbeiten und Henni davon Wind bekommt, sind ganz schnell die Koffer gepackt, die neu erworbene Isetta angeworfen und die Reise nach Rimini angetreten, denn Henni träumt schon lange davon, nach Italien zu fahren. Unterkunft finden sie in einer Pension neben dem Grand Hotel, die von Luigi Antonelli und seinem Sohn Piero geführt wird. Während Nina sich als Deutsche erst einmal in der Hotelküche beweisen muss, macht Henni die Umgebung unsicher und verdreht dem alten Luigi den Kopf…
Fenna Janssen hat mit „Ein Sommer in Rimini“ einen kurzweiligen Roman vorgelegt, der den Leser in die Zeit des Wirtschaftswunders zurückversetzt und mit zwei sehr unterschiedlichen Frauen einen ereignisreichen Sommer im Rimini der 50er Jahre verleben darf. Der flüssige und bildhafte Schreibstil der Autorin stellt den Leser schon mit wenigen Worten an Ninas Seite, wo er ihr bei Schritt und Tritt über die Schulter schaut. Einst nach dem Krieg als Zweck-WG eingegangen, sind Nina und die ältere Henriette inzwischen gute Freundinnen geworden, die aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit sehr voneinander profitieren. Nina liebt das Kochen und darf doch nur Hilfsarbeiten im Hotel verrichten, da Frauen zur damaligen Zeit keine verantwortungsvollen Posten vor allem in männlichen Metiers angetragen wurden. In der Küche des Grand Hotels ist sie erst einmal die Deutsche und wird misstrauisch von allen beäugt, bis sie sich mit ihrem Talent immer mehr beweisen darf. Das weckt auch den Respekt der Kollegen, die ihr bei einer schwierigen Geschichte nur zu gern zur Seite stehen. Während Nina sich beruflich behaupten muss, lebt sich Henni schnell ein, schließt Freundschaften und genießt das süße Leben. Erst spät entdeckt Nina Hennis Geheimnis. Die Autorin erzählt ihre Geschichte mit solch einer Leichtigkeit, dass das italienische „Dolce Vita“ aus jeder Seite springt und der Leser während der Lektüre alles bildlich vor sich sieht. Da schwadroniert der Papagallo am Strand und die bessere Gesellschaft lässt abends den Champagner in Strömen fließen. Auch Frederico Fellini hat seinen Auftritt und lässt Erinnerungen an einen seiner Filme wach werden.
Die Charaktere sind liebevoll ins Bild gesetzt und spiegeln die damalige Zeit schön wieder. Der Leser fühlt sich schnell mit ihnen verbunden und fiebert mit ihnen gemeinsam. Nina ist eine zurückhaltende Frau, die schon einige Schicksalsschläge verkraften musste. Sie besitzt Herz und Verstand, ist fleißig und hilfsbereit, traut aber ihren eigenen Gefühlen nicht so richtig. Henriette ist ein Unikum, quirlig, extrovertiert, offen und immer fröhlich. Ihr Geheimnis ist eine kleine Überraschung. Maurizio Benevento ist ein aufdringlicher Kerl mit zweifelhaften Ambitionen. Luigi Antonelli ist liebenswert und gefühlig, während der unnahbare Pierro dann doch sein Herz entdeckt. Aber auch Stefano Galli, Sofia und vor allem Timo bereichern die Geschichte mit ihren Auftritten.
„Ein Sommer in Rimini“ ist genau das: eine leichte, sommerliche, gefühlvolle Geschichte, die nicht nur italienisches Flair verströmt, sondern beim Leser Erinnerungen an die ersten Ferien in Italien weckt. Kurzweilig und farbenfroh mit verdienter Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 07.05.2022

Glücklich, wer sich am Rande des Abgrunds erkennt und den Sturz vermeidet! (Jean-Jacques Rousseau)

Ich bin ja heut so glücklich
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Journalistentochter Renate Müller wächst wohlbehütet mit ihrer kleinen Schwester Gabi in Emmering bei München auf. Sie liebt es, zu singen und zu tanzen und will unbedingt Schauspielerin werden. 1924 kommt ...

Journalistentochter Renate Müller wächst wohlbehütet mit ihrer kleinen Schwester Gabi in Emmering bei München auf. Sie liebt es, zu singen und zu tanzen und will unbedingt Schauspielerin werden. 1924 kommt Renate als 18-jährige nach Berlin, wo sie schon bald erste Erfolge beim Theater verbuchen kann. Später bei der UFA gelingt ihr dann der Durchbruch als Filmschauspielerin. Während Renate die Karriereleiter immer weiter heraufsteigt, ändert sich die politische Lage in Deutschland dramatisch, denn die Nazis halten immer mehr Zügel in der Hand und reglementieren alles im Land nach ihren Vorstellungen. Nachbarsjunge und Jugendfreund Werner Lohse war schon immer überzeugt davon, dass Renate mal seine Frau wird. Und während Renate immer erwachsener und bekannter wird, verfolgt Werner sie geradezu und wird auch noch als Chauffeur von Goebbels ein Handlanger der Nazis. Renate will mit dem Regime nichts zu schaffen haben, vor allem deshalb nicht, weil ihr Liebster, der Bankierssohn Georg Deutsch, Jude ist und diese Liebe nur im Geheimen gelebt werden darf. Doch leider ist ihnen nicht viel Glück beschieden, denn Werner Lohse treibt sie ins Visier von Goebbels und der SS…
Charlotte Roth hat mit „Ich bin ja heut so glücklich“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, in dem nicht nur Fiktion und wahre Tatsachen auf wunderbare Weise verschmelzen, sondern dem Leser auch erlauben, eine in Vergessenheit geratene Künstlerin der 30er Jahre kennenzulernen. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil gewährt dem Leser Eintritt in Renates Welt, um dort ihre Familie, ihr Umfeld und ihre schauspielerischen Ambitionen hautnah mitzuerleben. Die Diskrepanz einer warmherzigen, liebevollen Familie zu dem aufdringlichen Werner Lohse ist groß. Während ihr Vater Renate suggeriert, das für sie alles möglich ist im Leben, versucht Werner schon in jungen Jahren Renate einzuschränken, sie zu bevormunden, sich ihr regelrecht aufzudrängen und sie zu verfolgen. Renate ist ein Freigeist, der sich seine Träume mit Fleiß erarbeitet hat und mit einem Quäntchen Glück die Karriere machte, die sie schon immer wollte. Doch schon bald weht in Deutschland mit den Nazis ein anderer Wind, der das Leben der Menschen reglementiert und ihre Freiheit immer mehr einschränkt. Die Autorin hat den politischen Hintergrund wunderbar mit ihrer Handlung verwebt und auf diese Weise die unterschiedlichen Stimmungen sehr gut eingefangen. Renate, die Werners Verfolgungswahn ausgesetzt ist und sich in einen Juden verliebt, lebt wie ein Vogel auf dem Drahtseil. Ihre Weigerung, in nazipropagandistischen Filmen mitzuwirken, brachte ihr die Überwachung durch die Gestapo ein und ließ sie ständig in Gefahr schweben. Viel zu früh verstirbt Renate auf tragische Weise im Alter von 31 Jahren.
Die Charaktere sind facettenreich gestaltet und lebendig in Szene gesetzt. Sie nehmen den Leser in ihre Mitte und lassen ihn ganz nahe an sich heran, was ein Hoffen, Bangen und Mitfiebern erlaubt. Renate hat schon in jungen Jahren ihr Ziel vor Augen und arbeitet akribisch daran, ihren Traum von der Schauspielerei zu erreichen. Sie ist liebenswert, manchmal umtriebig, freundlich und mit Prinzipien, doch innerlich wirkt sie immer zerrissener aufgrund des politischen Drucks. Ihre Freundin Sybille Schmitz ist exzentrisch, aber für Renate ein Fels in der Brandung, die sie immer wieder auffängt. Renates Eltern sind weltoffen, liebevoll und fürsorglich, sie lassen ihren Kindern ihre Freiheiten und unterstützen sie in allen Lebenslagen. Werner Lohse ist ein Mann, der für seine Unzulänglichkeiten die Verantwortung immer bei anderen sucht. Er ist ein unsteter Charakter, der sich nur zu gern dem Nazi-Regime unterwirft.
„ich bin ja heut so glücklich“ ist eine sehr unterhaltsame historische Romanbiografie, die nicht nur das Leben einer außergewöhnlichen Frau herausstellt, sondern auch den damaligen Zeitgeist und die politische Lage lebendig an den Leser bringt. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 30.04.2022

Alle Engel Gottes kommen verkleidet zu uns. (James Russell Lowell)

Der Engel von Warschau
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1940 Warschau. Während die Nazis in der Stadt ein Ghetto errichten, um dort alle von ihnen verhassten Juden und Menschen anderer Gesinnung wegzusperren, lässt die 29-jährige katholische Sozialarbeiterin ...

1940 Warschau. Während die Nazis in der Stadt ein Ghetto errichten, um dort alle von ihnen verhassten Juden und Menschen anderer Gesinnung wegzusperren, lässt die 29-jährige katholische Sozialarbeiterin Irena Sendler nichts unversucht, um mithilfe ihres hart erarbeiteten Netzwerkes gerade diesen ausgestoßenen Menschen jedwede Hilfe zukommen zu lassen. So geht sie als Polin mit Judenstern im Ghetto ein und aus und versucht unter Lebensgefahr mit Unterstützung ihrer Freunde und Kollegen, die jüdischen Familien zu überzeugen, ihre Kinder zu retten. Mit deren Erlaubnis schmuggelte sie die Kinder aus dem Ghetto heraus, wo sie mit neuen Identitäten ausgestattet und bei nicht-jüdischen polnischen Familien untergebracht wurden. Während Irena mit ihren Unterstützern tausende von Kindern die Hoffnung auf Leben verschafft, führt sie heimlich eine Liste mit den Real- und neuen Namen, damit diese den Kindern hilft, später eventuell ihre Familien wiederzufinden, sollten diese das Grauen der Nazis überleben. Bei all ihren Rettungsaktionen schwebt nicht nur die Gefahr vor Entdeckung in Irenas Kopf, sondern auch die Angst um ihren Liebsten Adam, der Jude ist und selbst im Ghetto lebt. Drei Jahre kann Irena ihre Rettungsaktion durchführen, bis sie 1943 von der Gestapo geschnappt wird und ihr das Todesurteil droht. Nur dank ihres Netzwerkes kommt sie frei und muss untertauchen…
Lea Kampe hat mit „Der Engel von Warschau“ einen sehr eindringlichen und berührenden autobiografischen Roman über eine mutige Frau vorgelegt, die in der dunkelsten Zeit des vergangenen Jahrhunderts viele Menschenleben vor dem sicheren Tod gerettet hat wie der allseits bekannte Oskar Schindler. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil nimmt den Leser mit in die ärmliche Welt des Warschauer Ghettos während der furchtbaren Naziregentschaft, wo er an der Seite von Irena nicht nur das schreckliche Elend der dort eingepferchten Menschen miterlebt, sondern hautnah dabei ist, wenn Irena ein Kind nach dem anderen aus dem Ghetto schmuggelt. Die Überzeugungsarbeit gegenüber den Eltern, ihre Kinder in Sicherheit bringen zu lassen, ringt einem Respekt ab, gleichzeitig spürt man den unbändigen Schmerz ihres Verlustes. Auch der ständige Nervenkitzel, wenn Irena wieder einmal ein Kind aus dem Ghetto bringt, lässt den Leser durch ein Wechselbad der Gefühle rasen, während er gleichzeitig die ständige Gefahr vor Entdeckung im Nacken spürt und um die Grausamkeit der Nazis weiß. Mit vielen helfenden Händen hat Irena ca. 2500 Kinder gerettet, deren reale Namen sie in Listen neben ihren neuen Identitäten notiert hat, so dass die Möglichkeit bestand, dass die Kinder eventuell ihre leiblichen Eltern nach dem Krieg wiederfanden, so sie noch am Leben waren. Dafür Irena hat viele Opfer gebracht und sich von ihrer eigenen Familie ferngehalten, um diese nicht in Gefahr zu bringen. Die Autorin lässt ihre biografisch belegte Hauptprotagonistin Irena Sendler, die 2008 starb, lebendig werden, um deren mutiges und selbstloses Handeln dem Leser zu vermitteln. Sie und ihre Mithelfer sind Helden in einer düsteren Zeit, denn sie nahmen große Gefahren in Kauf, um das Leben von Tausenden zu retten.
Die Charaktere sind mit Leben gefüllt, besitzen authentische menschliche Züge, mit denen sie dem Leser schnell ans Herz wachsen. Irena ist eine starke und mutige Frau, die empathisch und selbstlos den Ärmsten der Armen hilft. Sie starb 2008 im Alter von 98 Jahren in Warschau und war 10 Jahre mit ihrem Adam verheiratet, der selbst im Ghetto gelebt hat. Ebenso wichtig für diesen Roman sind all die Protagonisten, die Irena bei ihrer gefährlichen Mission unterstützt haben.
„Der Engel von Warschau“ ist eine Hommage an Irena Sendler, die sich durch Mut und Menschlichkeit auszeichnete und viele jüdische Kinder vor den Gräueltaten der Nazis schützte. Verdiente Leseempfehlung für ein Zeitzeugnis!

Veröffentlicht am 30.04.2022

Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiß wie Wolken schmecken. (Novalis)

Liebe, schmetterlingsbunt
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Seit Ellas Vater Thomas die Familie verlassen hat, lebte sie allein mit ihrer Mutter in Berlin. Inzwischen erwachsen hat sie sich eine berufliche Karriere als Webdesignerin in einer Werbeagentur aufgebaut. ...

Seit Ellas Vater Thomas die Familie verlassen hat, lebte sie allein mit ihrer Mutter in Berlin. Inzwischen erwachsen hat sie sich eine berufliche Karriere als Webdesignerin in einer Werbeagentur aufgebaut. Eines Tages findet Ella ein Päckchen in ihrer Post, dessen Inhalt sie völlig aus dem Konzept bringt, denn darin befinden sich alte Briefe ihres Vaters an sie, die sie nie bekommen hat. Außerdem lädt der Verwalter ihres Vaters sie ein, nach England zu kommen, da ihr Vater sterbenskrank sei und sie so gern noch einmal sehen möchte. Obwohl ihre Gefühle ein einziges Chaos sind, überlegt Ella nicht lange und macht sich, sehr zum Ärger ihrer Mutter, auf den Weg von Berlin ins ländlich gelegene Green Ghyll Cottage in England, wo sie erst den charmanten Naturburschen Jacob kennenlernt und dann vom Verwalter Edward und dessen Mutter Agathe erwartet wird. Während ihr Vater noch auf der Intensivstation im Koma liegt, kommen in Ella alte Erinnerungen hoch, die sie lange verdrängt hat. Als Thomas erwacht, nähern sich Vater und Tochter immer mehr an, bis er bereit ist, Ella den Grund für sein damaliges Verschwinden zu nennen…
Hannah Juli hat mit „Liebe, schmetterlingsbunt“ einen sehr berührenden Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur mit einer schönen Liebesgeschichte unterhält, sondern vor allem das Verhältnis zwischen Vater und Tochter nach so langer Zeit der Trennung sensibel aufarbeitet und dabei ein gut gehütetes Geheimnis preisgibt. Der flüssige, farbenfrohe und einfühlsame Erzählstil lässt den Leser hautnah an Ella heran und mit ihr gemeinsam nach England reisen, wo er Zeuge bei der langsamen Annäherung zwischen Ella und ihrem Vater wird, aber auch die schöne Landschaft genießen sowie den künstlerisch begabten Jacob und sein Geheimnis kennenlernen darf. Ellas Vater Thomas hütet ebenfalls seit Jahren etwas, das sich dem Leser nach und nach offenbart. Dass Ella sich immer mehr in Green Ghyll heimisch fühlt, liegt nicht nur an den offenen und freundlichen Einwohnern, vor allem Edward und seine Mutter Agathe haben mit ihrer empathischen Art großen Anteil daran. Das Verhalten ihrer Mutter, mit der Ella immer wieder das Gespräch sucht, ist dagegen unmöglich, denn sie blockt immer wieder ab und äußert sich abfällig und verletzend über ihren Ex-Mann. Wunderbar dagegen sind die Einflechtungen der Autorin über Schmetterlinge, die ihre Geschichte bereichern und als Sinnbild für die Liebe stehen. Auch das langsame und für alle Beteiligten schmerzhafte Abschiednehmen von Thomas wird sehr einfühlsam und liebevoll abgehandelt, wobei hoffnungsvolle und freudige Situationen dies leichter erleben lassen.
Die Charaktere sind sehr lebendig und realistisch ausgestaltet, so dass sie auf den Leser nicht nur glaubwürdig wirken, sondern sich dieser auch sofort als Teil der ihren betrachtet. Ella ist eine tatkräftige, offene Frau, die die Dinge in die Hand nimmt. Sie hält sich nicht mit Nebensächlichkeiten auf, sondern steuert direkt auf alles zu. Edward ist ein zurückhaltender, pragmatischer Mann, während Agathe mit ihrer liebevollen, fürsorglichen Art Optimismus verbreitet. Jacob ist ein Eigenbrötler und Naturbursche, der nicht nur künstlerisch talentiert ist, sondern auch hilfsbereit und einfühlsam. Aber die Geschichte lebt auch von weiteren Protagnisten, die sich nahtlos in das Gefüge einpassen.
„Liebe, schmetterlingsbunt“ ist so farbenfroh wie ein Schmetterlingsflügel, so vielschichtig wie die Menschen in ihren Eigenheiten nun mal sind, so traurig, gefühlvoll und herzzerreißend wie eine Tragödie, die sich am Ende doch noch in Happy End wandelt. Verdiente Leseempfehlung für eine emotionale Geschichte, die von der ersten bis zur letzten Seite fesselt!