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Veröffentlicht am 20.03.2021

"Deine große Barfußmädchenseele, Asta, ewig lebt sie, webt und wirbt." (Joachim Ringelnatz)

Das Haus der Winde
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1934. Der berühmte dänische Stummfilmstar Asta Nielsen besitzt auf der Ostseeinsel Hiddensee das Haus „Karusel“ nach einem Entwurf des Architekten Bruno Taut, wo sie den Sommer in Begleitung ihrer Schwester ...

1934. Der berühmte dänische Stummfilmstar Asta Nielsen besitzt auf der Ostseeinsel Hiddensee das Haus „Karusel“ nach einem Entwurf des Architekten Bruno Taut, wo sie den Sommer in Begleitung ihrer Schwester Johanne verbringt, um sich vom Berliner Trubel zu erholen und Abstand zu gewinnen. Als sie dem Fischer Kai kurz vor der Überfahrt von Strahlsund nach Hiddensee begegnet, macht dieser sie neugierig aufgrund seiner erfrischenden unbekümmerten Art , sie verliebt sich schon bald in ihn. Kai tröstet Asta auch darüber hinweg, dass ihr enger und mittelloser Freund Joachim Ringelnatz schwer an Tuberkulose erkrankt ist. Asta und Kai verleben einen wunderbaren Sommer, doch nicht nur die politische Lage in Deutschland wirft seine Schatten voraus. Am Ende des Sommers muss Asta eine Entscheidung treffen, ob es mit Kai und vor allem wie es mit ihr weitergehen soll…
Sylvia Frank hat mit „Das Haus der Winde“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der sich an wahre Begebenheiten anlehnt und die einst berühmte Stummfilmdiva Asta Nielsen für einen Sommer vor der Kulisse der Ostseeinsel Hiddensee wieder lebendig werden lässt. Der flüssig-leichte, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser in der Zeit zurückreisen und sich in Asta Nielsens „Karusel“ einnisten, um den Bühnenstar ganz persönlich kennenzulernen und einen Sommer lang bei ihrem Treiben zu beobachten. Schon die Beschreibungen des Insellebens nebst der dort teil illustren Besucherschar sowie des architektonisch besonders reizvollen Hauses, das Asta ihr eigen nennt, sind so bildhaft, dass diese beim Leser während der Lektüre schöne Bilder vor dem inneren Auge hervorrufen und die herrschende Urlaubsstimmung übertragen. Während die 30er Jahre wieder aufleben, liegen Astas Gefühls- und Gedankenwelt wie ein offenes Buch vor einem und machen den Filmstar auf unaufgeregte Weise sehr nahbar. Die damalige politische Lage spitzt sich immer mehr zu, und Asta, die sich von den Nazis nicht vor den Karren spannen lassen will, steht vor wichtigen Entscheidungen, was sowohl ihr Berufs- als auch ihr Privatleben betrifft. Besonders interessant ist auch der Freundeskreis, bestehend aus dem Who is Who der damaligen Künstlerszene, mit dem sich Asta Nielsen umgibt, die auf eindrucksvolle Weise zeigen, dass man „gefallene“ Kollegen und Freunde nicht hängen lässt, sondern ihnen unter die Arme greift.
Die Charaktere sind facettenreich ausgestaltet und glaubwürdig inszeniert. Ihre überzeugenden menschlichen Eigenheiten lassen den Leser ihnen gern folgen, wobei er jedoch immer auf Abstand bleibt und eher den Posten eines Beobachters innehat. Asta Nielsen ist eine starke Frau, die weiß, was sie will und was nicht. Sie ist ihren Freunden gegenüber großzügig und hilfsbereit. Bereits mehrfach geschieden, sehnt sie sich mit 53 noch immer nach Glück. Die politische Lage zwingt sie dazu, den Fortgang ihrer beruflichen Karriere zu überdenken und diesbezüglich weitreichende Entscheidungen zu treffen. Kai ist ein sympathischer Mann mit einnehmendem Wesen, der mit seiner erfrischend unbekümmerten und vorlauten Art überzeugt.
„Das Haus der Winde“ spendiert nicht nur eine schöne Zeitreise in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts, sondern besticht auch mit Urlaubsfeeling, einer Liebesgeschichte und der eindrucksvollen Persönlichkeit von Asta Nielsen. Kurzweiliges und farbenfrohes Kopfkino mit verdienter Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 20.03.2021

Genuss für Gaumen und Geist

Die Patisserie am Münsterplatz – Zeitenwandel
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1893. Die 19-jährige Bäckerin Ida Tritschler siedelt mit ihrer Familie von Stuttgart ins elsässische Straßburg, wo ihr Vater eine eigene Konditorei etablieren will, denn er liebt die Stadt schon seit langem ...

1893. Die 19-jährige Bäckerin Ida Tritschler siedelt mit ihrer Familie von Stuttgart ins elsässische Straßburg, wo ihr Vater eine eigene Konditorei etablieren will, denn er liebt die Stadt schon seit langem und erfüllt sich damit einen großen Wunsch. In unmittelbarer Nähe der bereits ansässigen Patisserie Picard öffnen sich am Münsterplatz bald schon die Tore der Tritschlerschen Feinbäckerei, in der auch Ida in der Backstube arbeiten wird. Aus der zufälligen Begegnung mit Lucien Picard wird für die beiden schon bald die große Liebe, doch dessen Familie ist überhaupt nicht begeistert von der Beziehung zwischen ihrem Sohnemann und der Tochter des unmittelbaren Konkurrenten. Bei der Eröffnungsfeier der Tritschlers kommt es zu einem bösen Wortgefecht zwischen den Vätern von Ida und Lucien. Worin liegt der Grund für die starke gegenseitige Abneigung der beiden Familienväter begründet?
Das Autorenduo Charlotte Jacobi legt mit „Die Patisserie am Münsterplatz-Zeitenwandel“ den Auftakt für ihre neue historische Straßburg-Reihe vor, der den Leser während der Lektüre nicht nur in wunderbaren Köstlichkeiten schwelgen lässt, sondern auch eine unterhaltsame Geschichte zu über Neid, Hass, Liebe und den deutsch-französischen Krieg zu erzählen hat. Der flüssige, bildreiche und gefühlvolle Schreibstil katapultiert den Leser ins 19. Jahrhundert zurück, wo er sich in dem ehemals französischen Straßburg wiederfindet, das nun zum deutschen Kaiserreich gehört. Viele Straßburger mussten sich damals entscheiden, ob sie von ihrer französischen Identität lassen wollen oder aber alles, was sie sich aufgebaut haben, zurücklassen und in Frankreich mit nichts von vorn anfangen. Genau diese trübe Stimmung wird von den Autoren gut aufgefangen und durch die Bewohner der Stadt wiedergespiegelt. Das Misstrauen ist auf beiden Seiten groß, da die Gemeinschaft praktisch durch den Krieg erzwungen wurde. Mit farbenfrohen Beschreibungen lassen die Autoren nicht nur das alte Straßburg vor dem Auge des Lesers entstehen, sondern geben ihm auch die Möglichkeit, sich dauerhaft einen Platz in der duftenden Bäckerstube zu sichern, wo er sich aufgrund allerlei Leckereien den Mund wässrig macht. Gleichzeitig wird der Leser Zeuge über den Streit zwischen den konkurrierenden Familien, der Liebe zwischen Ida und Lucien sowie einigen Geheimnissen, die nach und nach an die Oberfläche gelangen und so für einige Spannung sorgen.
Die Charaktere wurden liebevoll ausgeformt und lebendig in Szene gesetzt, mit glaubhaften menschlichen Ecken und Kanten können sie den Leser schnell überzeugen und ihn in ihre Mitte ziehen, wo er hautnah mit ihnen hoffen, bangen und fiebern kann. Ida zeigt für ihr junges Alter nicht nur Mut und Stärke, mit ihrer offenen, freundlichen und hilfsbereiten Art stemmt sie sich gegen Anfeindungen und Gerede. Lucien ist ein sympathischer junger Mann, der durch die Fehde zwischen den Stühlen hängt, jedoch zu Ida hält. Idas Bruder Oskar ist ein netter Kerl, der für einiges Chaos sorgt. Luciens Bruder René ist ein unangenehmer Zeitgenosse, der seinem Bruder in den Rücken fällt. Aber auch Großmutter Picard, Denise, Idas Eltern sowie einige andere Nebendarsteller tragen viel zur Geschichte bei.
Mit „Die Patisserie am Münsterplatz-Zeitenwandel“ ist ein unterhaltsamer und kurzweiliger Auftakt gelungen, der den Leser neben einer historischen Geschichte mit Liebe, Intrigen und Neid auch mit den Schilderungen von wunderbaren Köstlichkeiten verwöhnt, die einen fast in die nächste Konditorei treiben. Wer auf Diät ist, sollte dieses Buch meiden! Verdiente Empfehlung!

Veröffentlicht am 19.03.2021

"Wenn ich Angst habe, will ich mich Dir anvertrauen." (Psalm 56,4)

Die irischen Schwestern
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1866 Franklin. Die beiden Schwestern Catriona und Nora O’Toole haben sich von Irland auf den beschwerlichen Weg nach Amerika gemacht, um dort bei Catrionas bereits vor einiger Zeit ausgewanderten Zwillingsbruder ...

1866 Franklin. Die beiden Schwestern Catriona und Nora O’Toole haben sich von Irland auf den beschwerlichen Weg nach Amerika gemacht, um dort bei Catrionas bereits vor einiger Zeit ausgewanderten Zwillingsbruder Ryan eine neue Heimat zu finden, nachdem alle übrigen Familienmitglieder verstorben sind. Als sie jedoch die Carnton-Plantage in den Südstaaten endlich erreichen, ist Ryan nicht mehr dort. Obwohl der Bürgerkrieg bereits kürzlich beendet wurde, weiß niemand, wo er sich aufhält, nachdem er in die Konföderiertenarmee eingezogen wurde. Doch Catriona und Nora haben noch ein zusätzliches Problem, denn das ihnen von Ryan zugeschickte Geld stellt sich als Fälschung heraus und macht sie zu mittellosen Bittstellerinnen für den Verbleib auf Carnton. Wade Cunningham, der als verdeckter Regierungsagent eine Anstellung als Aufseher auf Carnton angenommen hat, um mehr über das Falschgeld herauszufinden, fühlt sich schon bald zu Catriona hingezogen…
Tamera Alexander hat mit „Die irischen Schwestern“ einen abenteuerlichen historischen (Liebes-)Roman vorgelegt, dessen Kulisse in den Südstaaten liegt und nicht nur dem Schwesternpaar bei ihren ersten Schritten in Amerika folgt, sondern parallel auch Wades Nachforschungen eine Bühne bietet. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zu einer Zeitreise ein, wo er sich in einem Amerika kurz nach dem Bürgerkrieg wiederfindet, um einerseits das Schicksal von Catriona und ihrer kleinen Schwester hautnah mitzuerleben, andererseits auch Wade über die Schulter zu sehen, während er getarnt versucht, dem Falschgeld auf den Grund zu gehen. Die Autorin versteht es nicht nur, die zwischenmenschlichen Beziehungen wunderbar in Szene zu setzen und die damaligen gesellschaftlichen Gepflogenheiten in ihrer Handlung widerzuspiegelnd, sondern verknüpft ebenso den historischen Hintergrund sehr eng mit ihrer Geschichte. So ist der Leser nicht nur Zeuge des Lebens auf einer Plantage, sondern erlebt auch mit, wie sehr die Familien damals unter dem Verlust ihrer Lieben, die in einem grausamen Krieg den Tod fanden, litten und oftmals lange über den Verbleib ihrer Angehörigen im Unklaren blieben. Wades verdeckte Ermittlungen bringen zusätzliche Spannung in die Geschichte, so dass der Leser an den Seiten kleben bleibt. Der christliche Aspekt wurde unaufdringlich in die Handlung eingeflochten, so dass der Leser miterleben darf, wie Catriona langsam wieder zu ihrem Glauben zurückfindet, verzeihen kann und ihr Schicksal in Gottes Hände legt.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet, besitzen glaubhafte Ecken und Kanten, die es dem Leser leicht machen, sich ihnen anzunähern und mit ihnen zu bangen, zu hoffen und zu fiebern. Catriona hat in ihrem Alter schon eine große Verantwortung, denn sie muss sich um ihre kleine Schwester kümmern, was sie sehr ernst nimmt. Ihre Geduld ist nahezu unerschöpflich, doch auch Misstrauen und Schuld bestimmen Catrionas Gefühlswelt. Schwester Nora führt sich auf wie eine verwöhnte kleine Göre, die es mit der Wahrheit oftmals nicht so genau nimmt und mit dem Kopf durch die Wand will. Sie bringt Catriona oft in Schwierigkeiten, jedoch zeigt sich hier nur die Reaktion eines traumatisierten Kindes, dessen Leben Kopf steht. Tempy ist eine fürsorgliche und liebevolle Frau mit dem Herz am rechten Fleck. Wade ist ein aufrechter, hilfsbereiter und ehrlicher Mann, der selbst mit seiner Vergangenheit hadert.
„Die irischen Schwestern“ ist eine unterhaltsame Mischung aus historischem Roman, Familiengeschichte, spannendem Abenteuer und Liebe, die den Leser von Anfang bis Ende in Atem hält. Verdiente Leseempfehlung für dieses gefühlvolle Buch!

Veröffentlicht am 14.03.2021

„Unser Leben ist das Ergebnis unserer Entscheidungen.“ (Stephen R. Covey)

Der Nordseehof – Als wir den Himmel erobern konnten
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1981. Seit dem Tod ihres Mannes Eike bewirtschaftet Johanna Deeken den Nordseehof und die Schäferei allein. Tochter Adda lebt mit Ehemann Dirk und Tochter Feemke in Bremen, so bleibt Johanna nur die Unterstützung ...

1981. Seit dem Tod ihres Mannes Eike bewirtschaftet Johanna Deeken den Nordseehof und die Schäferei allein. Tochter Adda lebt mit Ehemann Dirk und Tochter Feemke in Bremen, so bleibt Johanna nur die Unterstützung von ihrer ersten großen Liebe Rolf, der in unmittelbarer Nähe des Nordseehofs wohnt. Doch nach der Trennung von ihrem Ehemann steht Adda mit Feemke eines Tages wieder vor Johannas Tür und sucht Zuflucht. Während Adda sich erst wieder an das Landleben gewöhnen muss, ist der Nordseehof für Feemke ein Paradies, denn sie liebt die vielen Schafe und hat neben ihrem Freund Micha auch in Rolf einen Opa, der rundum für sie da ist. Zwischen Rolf und Johanna knistert es immer noch, doch bevor sich eine Beziehung anbahnen kann, bringt sowohl Rolfs geschiedene Frau Dagmar als auch der Dauerfreind Manfred Oetjen wieder einigen Wirbel in die Familie Deeken. Dann zieht es auch noch Feemke raus in die Welt, wo sie endgültig lernt, was der Nordseehof ihr wirklich bedeutet…
Regine Kölpin hat mit „Als wir den Himmel erobern konnten“ den Abschlussband ihrer historischen Nordseehof-Trilogie vorgelegt, der den Leser in das Leben der Protagonistinnen hineinkatapultiert und erneut mit einer spannenden Geschichte alle Register zieht. Der flüssige, bildhafte und emotional geprägte Erzählstil erlaubt es dem Leser ein letztes Mal, sich auf dem Nordseehof einzuquartieren und die Bewohner zu beobachten, deren Leben durch das Schicksal und einige Widersacher wieder einmal auf die Probe gestellt wird. Die Autorin bringt die zwischenmenschlichen Beziehungen ebenso geschickt an den Leser wie die unterschiedlichen Generationen ihrer Protagonistinnen, die alle eng mit dem ostfriesischen Nordseehof verwurzelt sind. Die intensiven Bilder der Landschaft sind ebenso gelungen wie die Einzelschicksale ihrer Charaktere, deren Gefühls- und Gedankenwelt dem Leser offenbart werden. Während man in den harten Alltag auf dem Hof eintaucht, lässt Kölpin den zeitgerechten historischen Hintergrund sehr schön miteinfließen, der die Anti-Atomkraft- und Friedensbewegungen ebenso wiederaufleben lässt wie die zunehmende Emanzipation der Frau. Gerade letzteres zeigt sich auch in Johanna, Adda und Feemke. Jede war auf ihre Weise gemäß ihrer Zeit unkonventionell in ihren Handlungen, doch erkennt man auch an ihnen, welche Veränderungen es gerade für das Leben der Frauen in den vergangenen Jahrzehnten gegeben hat.
Liebevoll ausgearbeitete Charaktere mit menschlichen Eigenschaften vermitteln Lebendigkeit und Authentizität. Der Leser fühlt sich sofort wie ein Teil von ihnen, was das Mitbangen und Mitfiebern erleichtert. Johanna ist inzwischen Witwe und bewältigt die harte Arbeit auf dem Hof ganz allein. Sie ist eine Kämpferin, die niemals aufgibt, während sie sich vom Leben auch noch etwas Glück erhofft. Adda, inzwischen zu einer Großstadtpflanze avanciert, muss eine gescheiterte Ehe verkraften. Die Kraft, ihrer Tochter gerecht zu werden und ihre eigenen Wunden zu lecken findet sie ausgerechnet auf dem elterlichen Hof. Sie ist eine starke Frau, die sich nicht so schnell unterkriegen lässt. Feemke ist ein Wirbelwind, der jedem sofort ans Herz wächst. Rolf ist ein lieber Kerl, auf den man sich immer verlassen kann. Aber auch Dagmar, Micha, und Manfred spielen zentrale Rollen in dieser Geschichte.
Mit „Als wir den Himmel erobern konnten“ findet die Familiengeschichte des Nordseehofes einen spannenden Abschluss. Noch einmal gilt es, mit den Protagonisten Liebe, Leid, Entscheidungen und Intrigen vor historischem Hintergrund zu durchleben, bevor man sie mit der letzten Seite ziehen lässt. Verdiente Leseempfehlung für eine fesselnde und unterhaltsame Lektüre.

Veröffentlicht am 13.03.2021

“Der Schöpfer hat Italien nach Entwürfen von Michelangelo gemacht.” (Mark Twain)

Der Jasminblütengarten
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Die Anwältin Giulia Zeidler entdeckt bei einem Besuch bei ihrer Mutter den Brief eines Notars aus Italien und stellt beim Überfliegen des Textes fest, dass ihre Mutter Pina durch den Tod ihres Vaters Enzio ...

Die Anwältin Giulia Zeidler entdeckt bei einem Besuch bei ihrer Mutter den Brief eines Notars aus Italien und stellt beim Überfliegen des Textes fest, dass ihre Mutter Pina durch den Tod ihres Vaters Enzio Erbin eines Hauses nebst Olivenhain in italienischen Ligurien geworden ist. Bisher war Giulia davon ausgegangen, dass Pina keine Familie mehr habe, da sie nie von ihnen gesprochen hat. Auch hüllt ihre Mutter sich in Schweigen. Giulias Neugier ist geweckt, so dass sie spontan von Frankfurt nach Italien reist, um sich das Erbe anzusehen. Schon wenige Stunden in Levanto reichen aus, dass Giulia sich in die Gegend sowie in das Haus und den riesigen Garten nebst Oliven- und Jasminplantage verliebt. Fulvio und Loretta, die für ihren Großvater gearbeitet haben, sind ihr gegenüber erst misstrauisch, wissen sie doch nicht, ob das gesamte Anwesen verkauft werden soll und sie ihre Arbeit verlieren. Schon bald ist der Argwohn beiseite gewischt, denn Giulia richtet sich dort immer mehr häuslich ein und packt selbst mit an. Nebenbei versucht sie, mehr über ihren Großvater und die Familie ihrer Mutter zu erfahren. Gemeinsam mit dem Nachbarssohn Marco findet sie dabei ein altes Familiengeheimnis heraus…
Elena Conrad hat mit „Der Jasminblütengarten“ den Auftaktband ihrer Jasminblüten-Saga vorgelegt, der den Leser gedanklich nicht nur an einen der schönsten Plätze Italiens reisen lässt, sondern auch eine gefühlvolle Handlung präsentiert. Der flüssige, bildhafte und warmherzige Erzählstil lässt den Leser sofort an Giulias Seite sinken, um mit ihr gemeinsam eine abenteuerliche Reise anzutreten, die am Ende nicht nur Giulias Leben verändern wird. Die Autorin lässt schon die Ankunft im ligurischen Levanto zu einem Erlebnis werden, denn ihre farbenprächtigen Landschaftsbeschreibungen geben dem Leser sofort das Gefühl vor Ort zu sein und alles mit eigenen Augen zu erfassen. Der Duft von Gewürzen, Tomaten und Jasmin kitzelt in der Nase, während einem eine Meeresbrise ins Gesicht weht und die silbrig glänzenden Olivenhaine betrachtet. Ebenso spart die Autorin nicht damit, die italienische Lebens- und Genussfreude in ihrer Handlung zum Ausdruck zu bringen. So werden neben den zwischenmenschlichen Beziehungen auch die Gaumenfreuden ausführlich beschrieben. Da bekommt der Leser schon bei der Lektüre von gebratener Dorade oder „Torta della Nonna“ Heißhungerattacken. Nebenbei entwickelt sich mit viel Gefühl und Romantik nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern auch das alte Familiengeheimnis wird peu à peu ans Licht gezerrt und erklärt den für Italien doch recht ungewöhnlichen Jasminanbau. Der Spannungsbogen bleibt konstant im mittleren Bereich und steigert sich auch nicht wesentlich während der gesamten Geschichte.
Die Charaktere sind sehr lebendig ausgestaltet, besitzen menschliche Ecken und Kanten, so dass sie für den Leser sehr realistisch und authentisch wirken und er keine Mühe hat, sich an ihre Fersen zu heften, um ihr Schicksal zu teilen. Giulia ist eine intelligente Frau, die selbst noch gar nicht weiß, dass sie vor Entscheidungen steht, die ihr Leben verändern. Sie liebt das Kochen, ist den Menschen gegenüber offen, ehrlich und hilfsbereit. Pina dagegen ist verschlossen, wirkt trotz ihrer Eleganz oft kühl und abweisend. Loretta hat ein schnelles Mundwerk, aber auch ein großes Herz, während Fulvio wie ein lieber Teddybär wirkt. Paolo kommt wie ein Macho rüber, was allerdings nur Fassade ist. Marco ist ein Familienmensch, fleißig, mitfühlend und oftmals auch zu schnell Missverständnissen aufgesessen. Marcos Vater Alessandro lebt in Gedanken noch in der Vergangenheit, ihm fällt es schwer zu verzeihen. Aber auch Kater Autunno bringt Leben in die Geschichte.
„Der Jasminblütengarten“ ist ein gelungener Auftakt, der auf weitere schöne Geschichten hoffen lässt. Hier holt man sich neben Familiengeschichte, Liebe und wunderbarem italienischen Flair eine gedankliche Auszeit während der Lektüre. Verdiente Leseempfehlung!