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Veröffentlicht am 12.10.2019

Ein Klick zur Liebe

Der Preis der Liebe
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Daisy Pendleton führt in Coppers Creek den Blumenladen zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Großmutter. Nebenbei engagiert sie sich ihrer Gemeinde, deren Pastor Jack McReady ist und mit dem Daisy ein freundschaftliches ...

Daisy Pendleton führt in Coppers Creek den Blumenladen zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Großmutter. Nebenbei engagiert sie sich ihrer Gemeinde, deren Pastor Jack McReady ist und mit dem Daisy ein freundschaftliches Verhältnis pflegt. In der Liebe herrscht bei Daisy allerdings Flaute, sie hat sich auf einem Dating Portal namens „Flutter“ angemeldet, um endlich ihrem Traummann zu begegnen. Sie hat keine Ahnung, dass sie schon seit langer Zeit die Traumfrau von Pastor Jack ist, der es nicht riskieren will, ihre Freundschaft und ihr Vertrauen zu verlieren, wenn er ihr seine Liebe gesteht. Aber während Jack denkt, dass niemand von seinen Gefühlen weiß, haben seine Freunde die Situation schon längst durchschaut und eröffnen für den zurückhaltenden Pastor kurzerhand ein Profil mit Pseudonym auf dem „Flutter“-Portal, um ihn endlich mit Daisy zusammenzubringen. Schnell entwickelt sich zwischen Jack und Daisy online ein reger Nachrichtenaustausch, wobei Daisy allerdings keine Ahnung hat, dass ihr Pastor Jack schreibt, der ihr gerade bei einer heiklen Familienangelegenheit eine große Stütze ist…
Denise Hunter hat mit „Der Preis der Liebe“ einen sehr unterhaltsamen und berührenden Roman vorgelegt, der nicht nur mit einer romantischen Liebesgeschichte punkten kann, sondern auch mit Familiengeheimnissen und dem gesellschaftlichen Miteinander in einer Kleinstadt. Der Schreibstil ist flüssig-leicht und gefühlvoll, der Leser lernt schon gleich zu Beginn Daisy kennen, darf sich an ihre Fersen heften, ihre Familie und Freunde kennenlernen. Die Autorin beschreibt das Leben in einer Südstaatenkleinstadt so anschaulich, dass man sich die Bewohner und deren Gemeinschaft wunderbar vorstellen kann. Sie hat für ihre Handlung auch einige ernstere Themen parat, so geht es um junge Mädchen ohne Familie mit einer Hoffnung auf Perspektive, um die Leseschwäche Legasthenie, um Vertrauen, Unterstützung der Schwächsten und auch um Lebenslügen, die plötzlich ans Licht kommen. Alles wurde behutsam und gekonnte miteinander verwoben, so dass die Handlung rundum zu lesen ist wie aus dem Alltag einer Kleinstadt, in der man sich rundum wohlfühlen kann. Auch der christliche Gedanke kommt in dieser Geschichte nicht zu kurz, denn neben kleinen Hilferufen und Gebeten geht es in der Handlung auch um ein freundliches Miteinander, Nächstenliebe und Verzeihen. All dies wird mittels Dialogen, aber auch durch die handelnden Protagonisten wunderbar zum Ausdruck gebracht.
Die Charaktere sind wie aus dem Leben gegriffen, wirklichkeitsnah, authentisch und glaubwürdig. Der Leser fühlt sich ihnen sofort verbunden und kann ihre Handeln und Tun gut nachvollziehen. Daisy ist eine freundliche und hilfsbereite junge Frau, die für alle ein offenes Ohr hat und jeden unterstützt, der ihre Hilfe benötigt. Sie ist sensibel gegenüber ihren Mitmenschen und besitzt ein besonderes Organisationstalent. Aber Daisy ist auch verletzlich und schämt sich für ihre Schwächen, was sie nur noch liebenswerter erscheinen lässt. Jack ist einige Jahre älter als Daisy und genießt als Pfarrer das Vertrauen seiner Gemeinde. Er ist eine Sportskanone, aber auch ein guter Zuhörer, besitzt Empathie und Hilfsbereitschaft. Allerdings ist er auch sehr zurückhaltend und ängstlich, wenn es darum geht, sein Ziel zu erreichen. Julia ist eine freundliche Frau, die für einigen Wirbel sorgt. Aber auch weitere Protagonisten wie Karen oder Kade sorgen für eine rundum kurzweilige und unterhaltsame Lektüre.
„Der Preis der Liebe“ ist ein Buch nicht nur für Fans von romantischen Liebesgeschichten, sondern spricht auch die an, die gern Familiengeheimnisse aufdecken. Ein zauberhafter Roman, der mit der ersten Seite in eine andere Welt entführt. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 04.10.2019

Der Zauber des Riverside Bookshops

Die kleine Buchhandlung am Ufer der Themse
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Die junge Charlotte lebt in Schweden, ist durch den Unfalltod ihres Mannes bereits Witwe, was ihr immer noch nachhängt und führt allein die gemeinsam gegründete Kosmetikfirma weiter. Da wird sie von der ...

Die junge Charlotte lebt in Schweden, ist durch den Unfalltod ihres Mannes bereits Witwe, was ihr immer noch nachhängt und führt allein die gemeinsam gegründete Kosmetikfirma weiter. Da wird sie von der Nachricht überrascht, den Riverside Bookshop in London geerbt zu haben von ihrer Tante Sara, der sie nie begegnet ist. Charlotte wundert sich über das Erbe und reist nach London, um den Laden schnellstmöglich zu verkaufen. Doch dann betrifft sie den Buchladen, der sofort eine besondere Faszination auf sie ausübt, aber auch die Begegnung mit Martinique und Sam, die den Bookshop seit Saras Tod weiter betreiben, lässt sie nicht kalt. Trotz schlechter Geschäftslage möchte Charlotte versuchen, den Laden wieder zum Laufen zu bringen. Gleichzeitig will sie mehr über ihre Tante Sara herausfinden und warum diese ausgerechnet ihr den Buchladen vermacht hat. Ob Charlotte deren Geheimnis lüften kann?
Frida Skybäck hat mit „Die kleine Buchhandlung am Ufer der Themse“ einen unterhaltsamen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der den Leser auf eine Wohlfühlreise schickt und ihn an der Seite der Protagonisten eine Achterbahn der Gefühle erleben lässt, während einige Geheimnisse nach und nach entblättert werden. Der Schreibstil ist flüssig, anrührend und farbenfroh, an der Seite von Charlotte darf der Leser eine aufregende Reise antreten, um sich in einem alten Buchladen einzunisten und die Akteure zu beobachten. Die Autorin erzählt ihre Geschichte über zwei Zeitebenen, wobei die eine sich mit Charlotte und der Gegenwart beschäftigt, während die zweite die Vergangenheit von Charlottes Mutter Kristina und deren Schwester Sara 30 Jahre zuvor beleuchtet. Gekonnt miteinander verknüpft wird das Familiengeheimnis stückchenweise enthüllt. Die alte Buchhandlung wird so detailliert und gemütlich beschrieben, dass man als Leser dort gern in einem alten Sessel sein Lager aufschlagen würde. Aber auch ein Stadtbummel durch London kann reizvoll sein.
Die Charaktere sind mit viel Liebe zum Detail ausgestaltet und mit Persönlichkeit versehen. Individuelle Ecken und Kanten lassen sie lebendig und vor allem glaubwürdig wirken, der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen. Charlotte musste schon als junge Frau einen schweren Schicksalsschlag verkraften, allerdings ist sie noch immer nicht darüber hinweg. Das Erbe ist eine willkommene Abwechslung, die ihr zusätzlich einen Teil ihrer Familiengeschichte eröffnet, die sie nicht kannte. Charlotte ist freundlich, aber auch manchmal etwas zu verschlossen. Martinique ist eine warmherzige und treue Seele, deren Hilfsbereitschaft oftmals ausgenutzt wird. Sam dagegen ist eher schroff und unbequem, aber sie hat auch ein weiches Herz, was es zu schützen gilt. Weitere Protagonisten wie William, Sara, Kristina oder auch ein Kater namens Tennyson bringen mit ihren Auftritten zusätzlichen Unterhaltungswert sowie etwas Humor in die Geschichte.
In „Die kleine Buchhandlung am Ufer der Themse“ dreht sich alles um Familiengeheimnisse, Freundschaften und Neuanfänge. Ein unterhaltsamer und gefühlvoller Schmöker für lange Winterabende. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 03.10.2019

Himmelsbegegnungen

Wer im Himmel auf dich wartet
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Als sie sich nach langer Zeit wiedertreffen, verlieben sich die 31-jährige Krankenpflegerin Annie und ihr alter Schulfreund Paulo ineinander und gehen die Ehe ein. Bereits zu Beginn ihrer Flitterwochen ...

Als sie sich nach langer Zeit wiedertreffen, verlieben sich die 31-jährige Krankenpflegerin Annie und ihr alter Schulfreund Paulo ineinander und gehen die Ehe ein. Bereits zu Beginn ihrer Flitterwochen kommen sie einem Ballonfahrer zur Hilfe, der eine Reifenpanne hat. Dieser gibt ihnen zum Abschied seine Visitenkarte und lässt daraufhin bei Annie und Paulo den Wunsch entstehen, eine Ballonfahrt zu unternehmen. Doch der Ausflug endet mit einem Absturz und der Tragödie, dass Annie stirbt und im Himmel landet, während Paulo noch auf der Erde weilt. Doch der Himmel hält einige Überraschungen bereit, denn Annie trifft dort auf fünf Menschen, die in ihrem Leben eine einschneidende Rolle gespielt haben…
Mitch Albom hat mit „Wer im Himmel auf dich wartet“ einen unterhaltsamen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der zum Nachdenken anregen soll und gleichzeitig sehr an seinen ersten Roman „Fünf Menschen, die dir im Himmel begegnen“ erinnert, der allerdings um einiges intensiver zu lesen war. Während es im ersten Buch um Eddie ging, so fokussiert sich das Hauptaugenmerk in dieser Geschichte auf Annie. Der Erzählstil ist einfühlsam, flüssig und oftmals auch poetisch zu nennen. Der Autor stellt der Handlung einige Was-wäre-wenn-Fragen gegenüber, um anhand ihrer die Situation von allen Seiten zu beleuchten, aber auch die Wichtigkeit und den Einfluss zu untermauern, die jede der Personen in ihrem Leben inne hatte, auf die Annie im Himmel trifft. Gleichzeitig lenkt er Annies Blick auch auf ihre falschen Entscheidungen oder Handlungen, aber auch auf Momente in ihrem Leben, die schmerzhaft waren. Die Darstellung, wie alles miteinander zusammenhängt und sich das Leben in eine gewisse Richtung entwickelt, ist dem Autor gut gelungen. Ebenso interessant ist wieder der flüssige Wechsel der verschiedenen Blickwinkel, denn der Leser erfährt gleichzeitig auch, was „unten auf der Erde“ weiterhin vor sich geht.
Die Charaktere sind liebevoll gezeichnet und lassen sich innerhalb der Handlung vom Leser gut verfolgen. Allerdings besteht zwischen dem Leser und der Hauptprotagonistin Annie immer ein gewisser Abstand, der wohl aufgrund ihrer Selbstgeißelung und ihres Selbstmitleids zurückzuführen ist. Dem Autor ist es allerdings gelungen, die Emotionen sehr gut zu beschreiben, so dass sie sich teilweise auf den Leser übertragen.
„Wer im Himmel auf dich wartet“ ist ein Buch mit spiritueller Botschaft, dass alles im Leben aus einem bestimmten Grund geschieht und Folgen nicht nur auf das eigene Leben, sondern auch auf das der anderen hat. Ganz unterhaltsam, aber nicht so gut, wie das erste Buch des Autors.

Veröffentlicht am 29.09.2019

Ein Blick durchs Schlüsselloch in Edith Louisa Sitwells Leben

Die Dame hinter dem Vorhang
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Nachdem die Tochter des Hauses den Yorkshire Landsitz der adligen Familie Sitwell hinter sich lässt und nach London zieht, folgt die 18-jährige Gärtnertochter Jane Banister Edith Louisa Sitwell und wird ...

Nachdem die Tochter des Hauses den Yorkshire Landsitz der adligen Familie Sitwell hinter sich lässt und nach London zieht, folgt die 18-jährige Gärtnertochter Jane Banister Edith Louisa Sitwell und wird das Dienstmädchen der Dichterin, die ihrer eigenen Familie eine traurige und schmerzhafte Kindheit verdankt und ihr seit Jahren zu unbequem ist. Im Zeitraum von 37 Jahren entsteht zwischen der intelligenten und schlagfertigen Edith und Jane eine ganz besondere Beziehung, die beiden Frauen mögen sich und werden zu Vertrauten, obwohl sie aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten stammen. Durch Edith Sitwell bekommt Jane Banister einen Einblick in die Welt der Künstler, geht mit ihrer Dienstherrin auf Reisen und lernt so einige berühmte und illustre Persönlichkeiten kennen. Aber auch Ediths unglückliche und vergebliche Liebe zum russischen Maler Pavel Tchelitchew erlebt Jane mit und versucht, Edith vor weiterem Unheil zu bewahren. Erst der Krieg führt Edith Sitwell zurück auf den heimischen Landsitz Renishaw Hall, wo sie das Anwesen für Künstler öffnet. Ihren Lebensabend verbringt Edith Sitwell in London, wo sie 1964 im Alter von 77 Jahren stirbt.
Veronika Peters hat mit „Die Dame hinter dem Vorhang“ das Leben der englischen Dichterin Dame Edith Louisa Sitwell (1887-1964) durch die Erzählungen einer fiktiven Bediensteten Revue passieren lassen, die viele biografische Züge enthält. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, der Leser fühlt sich während der Lektüre wie bei einem Kaffeekränzchen, bei dem das Dienstmädchen Jane aus dem Nähkästchen plaudert. Schon der Aufbau des Romans ist bemerkenswert, denn er erzählt Edith Schicksal in Rückblenden durch die Augen ihrer Bediensteten. Die sehr gute Recherche der Autorin sowie die wunderbare Verknüpfung von Fiktion und Wahrheit geben dem Leser einen guten Einblick in das Leben der Dichterin. Die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten sind ebenso ein Thema wie Standesdünkel, der Krieg oder auch die Künstlerszene, der sich Edith in besonderem Maße zugehörig fühlte und damit ihrem eigenen einengendem Background entfliehen konnte. Peters zeigt aber auch eine erschreckende Kindheit auf, geprägt von körperlichen Schmerzen und von Eltern, die ihrer Tochter gegenüber kaum Nähe und Liebe zulassen, weil sie dem damaligen Schönheitsideal nicht entsprach.
Die Charaktere sind sehr detailliert, individuell und glaubwürdig gestaltet und lassen den Leser auf besondere Weise ganz nah an sich heran. Edith ist die älteste Tochter einer Adelsfamilie, die aufgrund ihres wenig attraktiven äußeren Erscheinungsbildes von ihren Eltern abgelehnt wird. Sie besitzt einen wachen Verstand und weiß sich mit Wortgewandtheit ins Licht zu setzen. Aufgrund ihrer recht trostlosen Kindheit hat sie sich zu einer starken und selbstbewussten Frau entwickelt, die ein recht gutes Verhältnis zu ihren jüngeren Brüdern Sacheverell und Osbert pflegt, sich aber auch in Kreisen bewegt, in denen ihr namhafte Künstler T.S. Eliot oder Billy Wilder begegnen. Sie ist recht unkonventionell und exzentrisch. Jane ist die Enkelin des Gutsgärtners, die Tochter von Emma, die Edith schon von Kindheit an kannte und ihren Leidensweg innerhalb der Familie miterlebte. Jane ist fleißig, zuverlässig und vor allem mit den Jahren eine unverzichtbare Vertraute, die ihre Rolle als Bedienstete voller Inbrunst verrichtet. Aber auch Hanna Rootham sowie einige andere Protagonisten spielen durchaus eine Rolle in Edith Leben.
Mit ihrem biografisch angehauchten Roman „Die Dame hinter dem Vorhang“ gibt Veronika Peters dem Leser nicht nur einen schönen Blick durchs Schlüsselloch in das Leben von Edith Louisa Sitwell, sondern lässt auch die damalige Zeit und deren gesellschaftliche Normen wieder lebendig werden, in der sich eine starke und unkonventionelle Frau zu behaupten wusste. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 28.09.2019

"Ein Urteil lässt sich widerlegen, aber niemals ein Vorurteil." (Marie von Ebner-Eschenbach)

Die Zeit der Töchter
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1950er Jahre München. Die Töchter von Maria und Vivien, Antonia und Anna, die gleichzeitig auch Cousinen sind, wuchsen zusammen auf und teilen sich inzwischen sogar eine Wohnung. Obwohl Deutschland ein ...

1950er Jahre München. Die Töchter von Maria und Vivien, Antonia und Anna, die gleichzeitig auch Cousinen sind, wuchsen zusammen auf und teilen sich inzwischen sogar eine Wohnung. Obwohl Deutschland ein Wirtschaftswunder erlebt, steckt der Krieg noch allen sehr präsent in den Knochen, doch sie wollen ihren Müttern eine Überraschung bereiten und planen ein Treffen mit den Frauen, die ihr Leben Vivien und Maria zu verdanken haben. Sowohl Vivien als auch Maria engagieren sich stark in der Flüchtlingshilfe und sehen sich aufgrund dessen großen Vorbehalten und Anfeindungen gegenüber, die an den Zweiten Weltkrieg erinnern und anscheinend innerhalb der Bevölkerung überlebt haben. Als der kleine Daniel mit seiner Mutter auftaucht, entwickelt sich aufgrund des andersartigen Aussehens des Jungen eine sehr explosive Stimmung…
Katja Maybach knüpft mit „Die Zeit der Töchter“ an ihren Roman „Die Stunden der Mütter“ an und erzählt auch diesmal wieder eine sehr berührende und nachdenklich stimmende Geschichte, die wie die Faust aufs Auge in die heutige Zeit passt, obwohl der historische Rahmen der Handlung im vergangenen Jahrhundert verortet ist. Der Erzählstil ist flüssig, intensiv und gefühlvoll, der Leser folgt gebannt Anna und Antonia bei ihren Unternehmungen und trifft auch immer wieder auf deren Mütter Maria und Vivien. Die Autorin hat ein Händchen für explosive Geschichten, auch hier scheut sie sich nicht, dem Leser die deutsche Vergangenheit und die Gegenwart ins Gedächtnis zu rufen. Die Parallelen sind erschreckend, wenn man sich die momentan Fremdenfeindlichkeit und die braunen Parolen von vor 50 Jahren ins Gedächtnis ruft, die im heutigen Alltag wieder allgegenwärtig sind. Jeder von uns sollte sich glücklich schätzen, in einem freien Land zu leben und nicht getrieben von Verfolgung, Folter und Todesangst zur Flucht gezwungen sein. Maybach hat den historischen Hintergrund wieder sehr gut recherchiert und mit ihrer Geschichte verwoben, wobei sie besonders geschickt die feindliche Stimmung und die Problematik an sich zeitlos erscheinen lässt.
Die Charaktere sind sehr nuanciert ausgestaltet und mit Leben versehen worden. Individuelle Eigenschaften machen sie glaubwürdig und authentisch, der Leser kann sich gut mit ihnen identifizieren und fühlt sich ihnen während der Lektüre sehr nah. Sowohl Anna als auch Antonia sind nicht nur Freundinnen und Cousinen, sie eifern auch ihren Müttern Maria und Vivien nach, zeigen Selbstbewusstsein und Courage. Mit großer Stärke lehnen sie sich auf gegen die Missstände und Anfeindungen, setzen sich für Schwache und Bedürftige ein. Veronika ist eine Frau, die unter der Intoleranz ihrer Mitmenschen zu leiden hat, denn sie ist die Mutter eines Besatzungskindes mit dunkler Hautfarbe. Daniel ist ein kleiner Junge, der die Anfeindungen in voller Härte abbekommt, sie nicht versteht und sich nur nach seinem Vater sehnt. Aber auch andere Protagonisten wie Marie-Luise machen mit ihren Auftritten Eindruck auf den Leser und geben der Handlung zusätzliche Spannungsmomente.
"Die Zeit der Töchter" ist ein fesselnder und berührender Roman, der nicht nur die jüngste Vergangenheit deutscher Geschichte sehr schön wieder präsent werden lässt, die Handlung selbst ist aktueller denn je und entlässt den Leser nach der Lektüre lange Zeit nachdenklich. Verdiente Leseempfehlung!