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Veröffentlicht am 05.09.2020

"Antisemitismus ist keine Meinung. Er ist eine Perversion." (Jacques Chirac)

Leben mit Auschwitz
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"Die Erinnerung ist wie das Wasser: Sie ist lebensnotwendig und sie sucht sich ihre eigenen Wege in neue Räume und zu anderen Menschen. Sie ist immer konkret: Sie hat Gesichter vor Augen, und Orte, Gerüche ...

"Die Erinnerung ist wie das Wasser: Sie ist lebensnotwendig und sie sucht sich ihre eigenen Wege in neue Räume und zu anderen Menschen. Sie ist immer konkret: Sie hat Gesichter vor Augen, und Orte, Gerüche und Geräusche. Sie hat kein Verfallsdatum und sie ist nicht per Beschluß für bearbeitet oder für beendet zu erklären."
(Noach Flug - Auschwitzüberlebender)

Das 1845 von Heinrich Beta formulierte „Arbeit macht frei“ wurde von den Nazis in zynischer Weise als Willkommensgruß für die Ankömmlinge im Konzentrationslager Auschwitz gewählt, um dort ihre Gefangenen unter unmenschlichen Bedingungen zur Arbeit heranzuziehen, sie zu foltern, zu quälen, auszuhungern und vor allem zu töten. Vor 75 Jahren, am 27. Januar 1945 wurden die Konzentrationslager von Auschwitz durch Soldaten der Roten Armee befreit, die dort noch 7.000 Inhaftierte antrafen, die bis dahin den Holocaust überlebt hatten. Welchen Verlauf hat deren Leben danach genommen? Wie konnten sie nach all dem Gräuel ein neues Leben beginnen und vor allem, wie haben sie das Erlebte verarbeitet? Wie gehen die Nachkommen mit dem Wissen um?

Andrea von Treuenfeld geht in ihrem Buch „Leben mit Auschwitz“ diesen Fragen nach, die vor allem die Nachfahren, in diesem Fall die Enkelgeneration der ehemals Inhaftierten, betrifft. Sowohl mit Pragmatismus als auch mit ausgesprochenem Feingefühl und Respekt lässt die Autorin anhand von persönlichen Geschichten den Leser an den unterschiedlichsten Schicksalen teilhaben, wobei sie hervorhebt, welchen Stellenwert und Einfluss Auschwitz in deren heutigem Leben auf ihr Handeln und Tun hat. Die ehemalig Inhaftierten haben die Erlebnisse oftmals in sich verschlossen, nicht nur aufgrund der Grausamkeiten, die sie erlebt haben, sondern auch, weil sie oftmals als einzige ihrer Familien überlebt haben, sich vielleicht sogar schuldig fühlten, noch am Leben zu sein. Sie haben die Zeit tief in ihren Seelen vergraben, um irgendwie mit ihrem Leben weiterzumachen. Doch die heutige Enkelgeneration ist offen, neugierig, hartnäckig, stellt Fragen und ist interessiert an den eigenen Wurzeln. Die Erlebnisse ihrer Großeltern kommen nun ans Tageslicht und die Enkel versuchen, diese Vergangenheit aufzuarbeiten, richten ihr Leben darauf aus und spüren nach, welchen Einfluss diese Dinge auf ihr Leben haben. Beispielhafte Familiengeschichten wie die von Rebecca de Vries, Daniel Langbein oder den Geschwistern Faessler stehen für aufwühlende Erlebnisse und mutige Menschen, deren Leben eng mit den Schicksalen ihrer Großeltern verbunden sind.

Mit „Leben mit Auschwitz“ hat Andrea von Treuenfeld ein einzigartiges Buch vorgelegt, dass sich nicht nur Familienschicksalen des Holocaust annimmt, sondern auch Hoffnung macht durch die intelligente und offene Aufarbeitung der jungen Generation, dass Auschwitz zwar nie vergessen, sich aber auch nie wiederholen wird. Sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 03.09.2020

"Es gibt Freunde im Leben, und es gibt Freunde fürs Leben." (Anne Barns)

Eisblumenwinter
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Die drei Schwester Katharina, Pia und Jana wurden von ihrer Großmutter Anni auf Rügen großgezogen, nachdem die Eltern bei einem Autounfall ums Leben kamen. Nun steht bei jeder von ihnen eine Entscheidung ...

Die drei Schwester Katharina, Pia und Jana wurden von ihrer Großmutter Anni auf Rügen großgezogen, nachdem die Eltern bei einem Autounfall ums Leben kamen. Nun steht bei jeder von ihnen eine Entscheidung an, wie es mit ihrem Leben weitergehen soll. Während Katharina noch nicht weiß, ob sie ihren Freund Miro wirklich heiraten will, stellt Küken Jana ihr Studium in Frage. Pia dagegen ist bisher zwischen Rügen und Juist hin und her gependelt, weil Freund Paul dort ein Restaurant eröffnen will, während sie sich mit ihrer Karamellwerkstatt einen Traum erfüllt hat. Doch momentan ist Sendepause zwischen Paul und ihr, denn Pia will unter keinen Umständen nach Juist ziehen. Wie gut, dass Oma Anni gerade erst erfahren hat, dass deren Tante Hedwig noch am Leben ist und ihr eine Einladung zum 94. Geburtstag zukommen ließ. Die Auszeit mit Anni in deren alter Heimat Schönberg ist genau das Richtige für Pia, um sich über einiges klar zu werden. Die Begegnung mit neuen Verwandten und alten Geschichten aus der Vergangenheit tut ihr Übriges dazu…
Anne Barns lädt den Leser mit „Eisblumenwinter“ ein, erneut ins Haus von Oma Anni einzuziehen, um in der Weihnachtszeit als unsichtbarer Gast die Geschicke der einzelnen Frauen zu begleiten, während ihm aufgrund der Koch- und Backfähigkeiten der Protagonistinnen ständig das Wasser im Mund zusammenläuft. Gefühlvoll und warmherzig lässt die Autorin den Leser nicht nur an den Schicksalen der vier Frauen teilhaben, sondern webt auch eine alte Geschichte aus der Vergangenheit mit ein, bei der Liebende durch Flucht und den Eisernen Vorhang voneinander getrennt wurden, und als Folge neue und liebenswerte Protagonisten ins Licht treten lässt. Mit überraschenden Wendungen und sowie der Offenlegung der Gedanken- und Seelenwelt ihrer Protagonisten vermittelt die Autorin dem Leser das Gefühl, nicht nur dabei zu sein, sondern auch mit dazu zu gehören. Farbenfrohe und bildhafte Beschreibungen öffnen dem Leser zudem das Auge für die wunderschöne Insel Sylt, lassen aber auch den rauen Charme der Nordseeküste lebendig werden, so dass man während der Lektüre einen vorweihnachtlichen knackigen Seeurlaub verbringen darf. Innerhalb der wunderschönen Geschichte darf der Leser sich auch wieder allerhand Kulinarik um die Ohren hauen lassen, deren Rezepte als Schmankerl im Anhang zum Nachmachen einladen.
Die Charaktere sind liebevoll mit menschlichen Ecken und Kanten ausgestattet, die ihnen nicht nur Glaubwürdigkeit, sondern auch Authentizität verleihen. In ihrer Mitte fühlt man sich als Leser sofort pudelwohl und aufgehoben, lässt sich von ihrer engen familiären Beziehung regelrecht anstecken. Pia, Katharina, Jana und Anni sind so unterschiedlich wie Tag und Nacht, aber jede von ihnen trägt das Herz auf der Zunge, ist offen, ehrlich und selbstsicher. Thea und Erika gehören einfach dazu, ob als Freundin oder Annis Schwester, sie geben der Geschichte Schwung und so manches Rätsel auf. Hedwig ist einmalig, etwas spröde, aber nicht auf den Mund gefallen. Sie redet, wie ihr der Schnabel gewachsen ist, aber mit 95 Jahren sollte man auch nicht mehr mit Dingen hinter dem Berg halten. Mads, Hanna und der Dänenclan sind einfach liebenswert und geben der Geschichte nicht nur den letzten Pfiff, sondern tragen auch zu dem einen oder anderen Rezept bei.
Mit „Eisblumenwinter“ ist Anne Barns erneut ein richtig schöner Wohlfühlroman gelungen, der den Leser auf Seeurlaub schickt, um mit den Protagonisten nicht nur Probleme zu wälzen, sondern eine alte Familiengeschichte und so manches Geheimnis zu Tage zu fördern. Absolute Leseempfehlung für ein wunderschönes Wohlfühlbuch mit alten Bekannten!

Veröffentlicht am 30.08.2020

Schwestern - ein Band für die Ewigkeit

Kinder ihrer Zeit
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Rosa flieht 1945 mit ihren 11-jährigen Zwillingstöchtern Emma und Alice vor den Russen aus ihrer Heimat Ostpreußen. Unter unglücklichen Umständen wird Alice von ihrer Mutter und ihrer Schwester getrennt. ...

Rosa flieht 1945 mit ihren 11-jährigen Zwillingstöchtern Emma und Alice vor den Russen aus ihrer Heimat Ostpreußen. Unter unglücklichen Umständen wird Alice von ihrer Mutter und ihrer Schwester getrennt. Rose verzweifelt an dem Verlust der Tochter, einzig Emma hält an dem Gedanken fest, ihre Schwester irgendwann doch wieder in die Arme schließen zu können. In Westberlin bauen sich die zwei Frauen ein neues Leben auf. Zwölf Jahre gehen ins Land, bevor sich die Zwillingsschwestern sich wiedersehen, wobei ihnen beiden deutlich vor Augen steht, wie sehr sie sich doch in unterschiedliche Richtungen entwickelt haben. Alice lebt in Ost-Berlin und macht Emma mit dem Physiker Julius Laakmann bekannt, in den sich Emma verliebt. Julius sitzt zwischen zwei Stühlen, denn er wird von der Stasi beobachtet und möchte doch nur zu gern in den Westen. Als Alice auf einmal wie vom Erdboden verschwunden ist und Julius seine Beziehung zu Emma abbricht, fällt Emma in ein tiefes Loch. Doch sie gibt nicht auf und versucht auf eigene Faust, die Menschen, die sie liebt, zu retten, bevor die Grenzen zwischen West und Ost sich für immer schließen…
Romane von Claire Winter sind wie seltene Edelsteine, über die man sich riesig freut, wenn man endlich wieder einen in die Finger bekommt, denn die Autorin besticht nicht nur mit akribischer Hintergrundrecherche und Faktennähe, sondern greift mit ihrem flüssigen, berührenden und atmosphärisch-dichten Erzählstil nach des Lesers Herz und Seele. „Kinder ihrer Zeit“ ist wieder so ein Exemplar, dessen Seiten einem durch die Finger rinnen, während man als Leser mit Rosa, Emma und Alice fiebert zu einer Zeit, als der Eiserne Vorhang kurz vor der Erstellung stand und dann jahrzehntelang als Schandfleck Deutschlands Bevölkerung, Familien und Freunde voneinander trennte. Wunderbar webt Winter ihre fiktive Geschichte von einer getrennten Familie mit den politischen Ereignissen der damaligen Zeit, die das Ende des Krieges sowie die Aufteilung Deutschlands in BRD und DDR thematisiert. Konnten sich die Menschen in der Anfangszeit noch zwischen Ost und West bewegen, kam dies mit dem Mauerbau völlig zum Erliegen. Der Leser hat einen Logenplatz sowohl in West- als auch in Ost-Berlin, um das Schicksal von Emma und Alice hautnah mitzuerleben. Besonders eindrucksvoll sind die Einblicke, die Winter dem Leser über die unterschiedlichsten Methoden der Geheimdienste gewährt. Der KGB sowie die Stasi waren nicht zimperlich, um ihre Forderungen durchzusetzen. Ohne Rücksicht auf Verluste setzen sie Menschen einem immensen Druck aus. Mit wechselnden Perspektiven strickt die Autorin eine Geschichte voll atemloser Spannung, wobei die Schicksale der Protagonisten den Leser weder kalt- noch loslassen.
Die Charaktere sind wunderbar ausgestaltet und mit der Geschichte verankert. Menschliche Eigenschaften sowie ihre Lebendigkeit lassen sie authentisch und glaubwürdig wirken. Zwischen ihnen und dem Leser gibt es von Beginn an eine besondere Nähe, die das Mitfühlen und Mitfiebern selbstverständlich machen. Emma ist ein fürsorglicher und mitfühlender Mensch, dem die Freiheit über alles geht. Dafür geht sie auch große Risiken ein. Alice ist mit einer Ideologie aufgewachsen, die den Klassenfeind verachtet und aus dessen Fängen sie sich nicht befreien kann. Rosa kann sich ihrer Schuldgefühle nicht erwehren und wird immer mehr zu einem Schatten ihrer selbst. Markov vom KGB ist das personifizierte Böse. Sergej ist ein hilfsbereiter und warmherziger Mann. Max ist ein Freigeist, der sich gegen Ungerechtigkeiten zur Wehr setzt. Irma war Alice erst eine Freundin, doch zu welchem Preis. Julius hat sich unbewusst in eine schwierige Lage gebracht, die ihm einiges abverlangt.
„Kinder ihrer Zeit“ ist von der ersten bis zur letzten Seite ein Kleinod: ein brillanter Mix aus gefühlvoller Familiengeschichte, exzellenter Hintergrundrecherche und Politthriller. Besser kann man Geschichte nicht lebendig werden lassen – Prädikat „Besonders wertvoll“! Chapeau!!!

Veröffentlicht am 30.08.2020

Jedes Leben ist ein Geschenk

Schicksalhafte Zeiten
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1942 Berlin. Während der Zweite Weltkrieg die Bevölkerung durch die Hölle jagt, kämpft Luise als Hebamme in der Neuköllner Klinik um jedes der Neugeborenen. Ihren Status als Oberhebamme hat sie verloren, ...

1942 Berlin. Während der Zweite Weltkrieg die Bevölkerung durch die Hölle jagt, kämpft Luise als Hebamme in der Neuköllner Klinik um jedes der Neugeborenen. Ihren Status als Oberhebamme hat sie verloren, weil sie um keinen Preis in die NSDAP eintreten wollte. Zusätzlich kümmert sie sich um die Kinder der Zwangsarbeiterinnen, die als minderwertig eingestuft werden und deshalb weniger Betreuung erhalten. Margot hat die Klinik verlassen, weil die Zwangssterilisationen sie sehr belastet haben. Als freie Hebamme in einem Frauengefängnis behandelt sie die Insassinnen, die schon bald von ihren Babys getrennt werden, um dem Tod entgegenzugehen, weil sie sich gegenüber der Partei kritisch geäußert haben. Margot versucht alles, um den Frauen zu helfen und bringt sich in eine gefährliche Lage. Edith hat es mit ihrem Ehemann gerade noch rechtzeitig geschafft, in die Schweiz zu gehen, bevor die Nazi-Häscher sie als Jüdin in ihre schmutzigen Finger bekommen. Die Distanz zwischen den Freundinnen wird derweil mit einem regen Briefverkehr überbrückt immer mit der Hoffnung verbunden, doch bald wieder miteinander vereint zu sein…
Linda Winterberg hat mit „Schicksalhafte Zeiten“ den dritten Teil ihrer historischen Hebammen-Saga vorgelegt, der den Zweiten Weltkrieg und die Machenschaften der Nazis sehr lebendig in das Gedächtnis des Lesers rückt. Mit flüssigem, bildhaften und atmosphärisch-dichtem Erzählstil fesselt die Autorin den Leser an die Seiten, lässt ihn abtauchen ins vergangene Jahrhundert, um dort an der Seite von Luise, Margot und deren Freundin Christa mitzuerleben, mit welchen Schicksalen sie konfrontiert waren und unter welchen Arbeitsbedingungen sie ihren Beruf bzw. ihre Berufung ausübten. Empathisch, aber auch pragmatisch vermittelt die Autorin die grausamen, unmenschlichen Gesetze der Nazis, die es erlaubten, dass Frauen zur Abtreibung oder Sterilisation gezwungen wurden oder Föten aus dem Mutterleib geschnitten wurden. Meinungsfreiheit bedeutete oftmals den Tod, denn Andersdenkende sahen die Nazis als Gegner an, der ausgemerzt werden musste. Geburtshilfe fand in Bunkern oder Luftschutzkellen statt, während immer das Damoklesschwert über den Hebammen schwang, nicht im Sinne der Nazis gehandelt zu haben, dabei entdeckt und denunziert zu werden. Die eingeschobenen Briefe von Edith sind geschickt gewählt, so bleibt der Leser über den Werdegang aller Freundinnen auf dem Laufenden. Die Verknüpfung von historischem Hintergrund gepaart mit fundierter Recherche und fiktiver Geschichte ist hier wieder einmal hervorragend gelungen.
Die Charaktere sind eindrucksvoll in Szene gesetzt, wirken mit ihren menschlichen Eigenschaften nicht nur lebendig und glaubwürdig, sondern vor allem authentisch. Der Leser findet sich schnell wieder im Kreis liebgewonnener Frauen, mit denen er nicht nur durch ein wahres Gefühlsbarometer läuft, sondern Höhen und Tiefen teilt, hofft, bangt und fiebert. Luise ist ob ihrer Gradlinigkeit nur zu bewundern. Ihre Hilfsbereitschaft und Engagement verdient den größten Respekt, zumal sie immer das Wohl der anderen ohne Blick auf den sozialen oder religiösen Hintergrund im Sinn hat. Margot, die bisher immer sehr kämpferisch rüberkam, wirkt in diesem Band etwas sensibler. Doch auch sie hilft ohne Rücksicht auf Verluste, selbst wenn sie sich selbst Gefahren aussetzen muss. Christa ist ebenfalls eine zupackende Frau, der das Wohl ihrer Patienten am Herzen liegt. Aber auch Edith, Johanna, Elise und weitere Protagonisten leisten ihren Beitrag in dieser wohldurchdachten Geschichte.
„Schicksalhafte Zeiten“ ist eine sehr gelungene Fortsetzung aus dem Leben der Freundinnen, die man liebgewonnen hat und gern weiterhin begleitet, um an ihrem Schicksal teilzuhaben. Akribische Recherche und sehr informative Einblicke gepaart mit einer fesselnden, gefühlvollen Handlung lassen den Leser an den Seiten kleben. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 29.08.2020

Wenn die Vergangenheit noch immer präsent ist...

Das Bild der Vergangenheit
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20 Jahre ist es her, seit Lanas Freundin Klara-Isabell bei einem gemeinsamen Ausflug auf mysteriöse Weise verschwand. Seither hat die 29-jährige Kunsttherapeutin Lana außer ihrer Familie niemanden mehr ...

20 Jahre ist es her, seit Lanas Freundin Klara-Isabell bei einem gemeinsamen Ausflug auf mysteriöse Weise verschwand. Seither hat die 29-jährige Kunsttherapeutin Lana außer ihrer Familie niemanden mehr näher an sich herangelassen, zu sehr liegt ihr der Verlust der Freundin noch auf der Seele. Als Lana eines Abends nach der Eröffnung ihrer eigenen Gemäldeausstellung von zwei vermummten Fremden angegriffen wird und verschleppt werden soll, kann sie sich in letzter Minute durch Selbstverteidigung retten. Lana meldet den Angriff der Polizei, was sofort einige ihrer Brüder auf den Plan ruft, die fürs BKA arbeiten. Kaum ist Lana vor ihrem einsam gelegenen Strandhaus angekommen, steht ein Amerikaner vor ihr, der sich als Connor Landauer vorstellt und sie des Kunstdiebstahls und -schmuggels beschuldigt. Als erneut Angriffe nicht nur auf Lana, sondern auch auf Connors Stiefschwester Carly stattfinden, die in letzter Minute vereitelt werden können, bestehen Lanas Geschwister darauf, sie in Sicherheit zu bringen, wobei auch Connor seine Hilfe anbietet, der bereits sein Herz an Lana verloren hat. Sämtliche Kontakte Lanas werden durchleuchtet, doch was hat es mit Lanas angeblicher Kunstschmuggelei auf sich? Immer mehr führen die Spuren in die Vergangenheit…
Noa C. Walker hat mit „Das Bild der Vergangenheit“ einen neuen packenden Roman um die Wieland-Familie vorgelegt, der den Leser von der ersten Seite nicht nur durch eine spannungsgeladene Geschichte, sondern auch mit gefühlvollen Passagen und dem tollen Familienzusammenhalt der Wielands zu fesseln weiß. Der flüssige, bildhafte und emotionale Erzählstil schleust den Leser mit wenigen Worten an die Seite von Lana, wo er ihr als unsichtbarer Schatten auf Schritt und Tritt folgt, wobei ihm nicht nur deren Gedankenwelt wie ein offenes Buch präsentiert wird, sondern ihn auch durch eine Achterbahn der Gefühle jagt. Der farbenfrohe Schreibstil der Autorin lässt vor dem inneren Auge des Lesers die Handlung wie einen Kinofilm ablaufen, schon mit dem ersten Kapitel wird der Puls auf Hochtouren gejagt, was auf sehr gut angelegten Spannungsbogen zurückzuführen ist. Wechselnde Perspektiven, die auch den Täter miteinbeziehen, puschen die Spannungskurve immer weiter nach oben. Der enge Zusammenhalt der Familie Wieland wird in diesem Roman erneut sehr deutlich, jeder steht für den anderen ein, niemand wird mit seinen Sorgen allein gelassen, wobei sie sich spielerisch und mit viel Humor gegenseitig liebevoll necken. Dem Leser selbst wäre so viel Einmischung bis in die privatesten Details fast schon zu viel, doch in Anbetracht der einzelnen Schicksalsschläge ist die Fürsorglichkeit gut nachvollziehbar. Kriminalistische Elemente sind hier mit einer sich anbahnenden Liebesgeschichte wunderbar miteinander verwoben.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt. Mit ihren menschlichen Eigenschaften wirken sie lebendig und authentisch. Der Leser findet sich von Beginn an in der Mitte von alten Freunden wieder, hofft, bangt und fühlt mit ihnen. Lana ist eine selbstbewusste und schlagkräftige Frau, die niemanden außer ihrer Familie an sich herankommen lässt, zu sehr hat die Vergangenheit Spuren auf ihrer Seele hinterlassen und sie zusätzlich Schuldgefühle plagen. Connor ist ein selbstsicherer, offener Mann mit großem Beschützerinstinkt. Aber auch die Wielands sind nicht ohne, sei es T, Lars, Jonas, Thomas oder Timo. Zusätzlich spielen Peter und Klara-Isabells Familie nicht unerhebliche Rollen in der Geschichte.
Mit „Das Bild der Vergangenheit“ schreibt sich Walker einmal mehr ins Herz des Lesers, denn sie versteht es auf wunderbare Weise, abenteuerliche Spannung und emotionale Liebesgeschichte miteinander zu verbinden. Das gut konzipiertes Handlungskonstrukt sowie der Wechsel zwischen Dramatik, humorvollen, schlagfertigen Dialogen und gefühlvollen Momenten ist unwiderstehlich und lässt den Leser an den Seiten kleben. Absolute Leseempfehlung!!