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Veröffentlicht am 20.06.2020

Mit Tim Raue am Herd

Tim Raue - Rezepte aus der Brasserie
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Wer schon einmal in Berlin zu Gast bei Tim Raue war und ihm über die Schulter sehen durfte, ob in seiner „Brasserie Colette“ oder auch im Restaurant, der freut sich darauf, endlich eines dieser so raffiniert ...

Wer schon einmal in Berlin zu Gast bei Tim Raue war und ihm über die Schulter sehen durfte, ob in seiner „Brasserie Colette“ oder auch im Restaurant, der freut sich darauf, endlich eines dieser so raffiniert zusammengestellten Gerichte einmal selbst auszuprobieren und sich bei Gelingen wie ein Sternekoch zu fühlen.
Der seit 2007 vom Gault-Millau gekührte Koch des Jahres kennt sich virtuos in den Küchen verschiedener Nationalitäten aus und bringt den Leser mit dem Buch „Tim Raue – Rezepte aus der Brasserie“ kulinarisch nach Frankreich. Hat man Paris schon einen Besuch abgestattet, weiß man, dass es an jeder Ecke entweder eine Brasserie oder ein Bistro gibt, in denen man sich durch köstliche Gerichte und Snacks probieren kann, während man den Menschen beim Flanieren zusieht. Dieses Konzept hat Raue auch in Berlin mit seiner „Brasserie Colette“ etabliert und mit eigener Handschrift der französischen Küche ein neues Gesicht gegeben.
Nicht nur die professionell gestalteten Fotos machen Appetit, sondern auch die Zusammenstellung der Rezepte lässt einem das Wasser im Mund zusammenlaufen. Ausführlich und nachvollziehbar sind die 66 Rezepte für den Leser aufbereitet, der sich anhand der Aufteilung ein eigenes Menü zusammenstellen kann. Dabei kann man sich auch entscheiden, wie aufwendig es denn sein soll. Da ist für den Anfänger ebenso etwas dabei wie für den fortgeschrittenen Hobbykoch. Gerichte wie die typische französische Zwiebelsuppe oder Gnoccis mit Ziegenkäse, Feigen und Lavendelhonig sollten unbedingt probiert werden. Empfehlenswert sind auch Ratatouille oder Coq au vin, beides Gerichte, die praktisch schon als französische Nationalgerichte durchgehen und eigentlich jedem schmecken. Raue bringt in jede Speise seine eigene persönliche Note hinein, sei es ein spezielles Gewürz oder eine besondere Art der Zubereitung. Auch die Desserts sollte man nicht aus dem Auge verlieren, wobei neben einer gehaltvollen Mousse au Chocolat besonders die Tarte Tartin zur Nachahmung zu empfehlen ist.
„Tim Raue – Rezepte aus der Brasserie“ besticht nicht nur durch eine wunderschöne hochwertige Aufmachung, sondern gibt dem Leser die Rezepte eines mehrfach gekürten Sternekochs an die Hand, um diese selbst auf den Tisch bringen zu können. Ein wirklich empfehlenswertes Buch!

Veröffentlicht am 20.06.2020

La Esperanza - die Hoffnung

Der Duft von Orangenblüten
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Katharina führt mit Paul eine glückliche und harmonische Ehe, bis das Schicksal eines Tages während ihrer Joggingrunde brutal zuschlägt. Von einem auf den anderen Moment ist nichts mehr wie vorher, wird ...

Katharina führt mit Paul eine glückliche und harmonische Ehe, bis das Schicksal eines Tages während ihrer Joggingrunde brutal zuschlägt. Von einem auf den anderen Moment ist nichts mehr wie vorher, wird es auch nie wieder sein, denn jeder Blick in den Spiegel wird Katharina immer wieder erneut an das Verbrechen erinnern, das ihr angetan wurde. Ihr wurde nicht nur ihr Aussehen geraubt, sondern auch ihre Seele beschmutzt. Das Erlebnis bringt auch ihre Ehe ins Ungleichgewicht, so dass der Brief eines spanischen Notars gerade zur rechten Zeit kommt, in dem Katharina mitgeteilt wird, dass sie von einem Fremden eine Finca in der Sierra Nevada geerbt hat. Katharina reist nach Spanien und findet auf der Orangenplantage nicht nur ihren inneren Frieden wieder, sondern bringt auch die Vergangenheit ans Tageslicht…
Alexandra Mazar hat mit „Der Duft von Orangenblüten“ einen sehr gefühlvollen und berührenden Roman vorgelegt, der den Leser mit einem bildgewaltigen und flüssigen Schreibstil schnell für sich einnimmt. Die Autorin malt regelrecht mit Worten, so dass schon der recht brutale Beginn das innere Gleichgewicht des Lesers in Aufruhr versetzt. Ein Erlebnis, das überall auf der Welt täglich so stattfindet und ein Leben danach auf immer verändert. Behutsam lässt die Autorin ihre Protagonistin langsam Abstand finden, indem sie deren Seele durch einen Tapetenwechsel und der Konzentration auf die Vergangenheit ihrer Vorfahren langsam heilen lässt. Wunderbare Beschreibungen von den spanischen Orangen- und Olivenhainen sowie deren Duft betören den Leser ebenso wie Katharina. Die spanische Lebenslust sowie deren Einklang mit der Natur setzen einen Heilungsprozess bei Katharina in Gang, wobei sie sich aus dem ihrem selbstgewählten Gefängnis langsam wieder ans Tageslicht kämpft, die Schönheit um sich herum wahr nimmt, aber sich auch ihrer eigenen Schönheit langsam bewusst wird. Der Leser stapft in Katharinas Fußabdrücke, erlebt ihren Schmerz und ihre Verzweiflung hautnah mit, ebenso darf er sehen, wie Katharina wie eine Blume aufblüht und ihre Hoffnung wiederfindet. Diese gefühlvolle Reise wird von der Autorin sehr lebendig und glaubwürdig dargestellt. Auch die Verwerfungen in der Ehe mit Paul sind nachvollziehbar, denn ein so einschneidendes Erlebnis verletzt immer beide, wobei ein Partner sich oftmals hilflos fühlt, da er nicht wirklich helfen kann.
Mit ihrer Protagonistin hat Mazar einen sehr realistischen und authentischen Charakter erschaffen, mit dem der Leser schnell verwächst. Katharina ist eine Frau ohne Verwandte, denn Mutter und Großmutter sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen, ihren Vater hat sie nie kennengelernt. Nach dem Überfall muss sich Katharina wiederfinden, ihre Scham, Verzweiflung und innere Zerrissenheit sind ebenso erlebbar wie die sich langsam bildende Hoffnung, Schritt für Schritt wieder ins Leben zu treten und es willkommen zu heißen. Dabei entwickelt sie eine Stärke und einen Mut, der bewundernswert und jeder Frau mit solch einem Erlebnis nur zu wünschen ist.
„Der Duft von Orangenblüten“ überrascht auf ganzer Linie. Wer eine tiefgründige und sehr emotionale Lesereise sucht, sollte sich diese Geschichte nicht entgehen lassen. Mitreißend und farbenfroh erzählt, ist hier eine Leseempfehlung absolut verdient.

Veröffentlicht am 20.06.2020

Tiefgründige Familienstudie

Das Holländerhaus
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Weil ihr Vater Cyril Conroy einen guten Geschäftssinn besitzt und mit Immobilien die Familie zu Wohlstand gebracht hat, wachsen die Geschwister Danny und Maeve in einer außerordentlichen Villa am Rande ...

Weil ihr Vater Cyril Conroy einen guten Geschäftssinn besitzt und mit Immobilien die Familie zu Wohlstand gebracht hat, wachsen die Geschwister Danny und Maeve in einer außerordentlichen Villa am Rande von Philadelphia auf. Doch dann verlässt Mutter Elna ihren Ehemann Cyril und die Kinder, um nach Indien zu gehen und sich dort selbst zu verwirklichen. Die ältere Maeve muss von einem Tag auf den anderen erwachsen werden und ihrem sieben Jahre jüngeren Bruder Danny die Mutter ersetzen, was die beiden noch enger aneinanderbindet. In Andrea findet Cyril eine neue Ehefrau, die zwei Töchter mit in die Ehe bringt und schon bald nach dem Einzug deutlich macht, wer bei ihr den Vorrang hat. Als Cyril überraschend stirbt, weist Andrea Danny und Maeve die Tür und beansprucht das Haus sowie das Erbe für sich und ihre Töchter. Maeve und Danny bleibt fortan nichts anderes übrig, als ihr ehemaliges Zuhause von außen zu betrachten…
Ann Patchett hat mit „Das Holländerhaus“ einen wunderbaren und gefühlvollen Roman vorgelegt, der den Leser von der ersten Seite an in den Bann zieht. Der flüssige und plastische Erzählstil der Autorin lässt während der Lektüre nicht nur zu, dass die Handlung wie ein Kinofilm vor dem inneren Auge des Lesers vorbeizieht, sondern lässt auch den Blick in die Gedanken- und Gefühlswelt ihrer Protagonisten zu, die die gesamte Klaviatur des Gefühlsbarometers vom Leser einfordern. Man streift mit Maeve und Danny durch die wunderschöne Villa und fühlt regelrecht die behütete Liebe zu ihrem Zuhause, die abrupt durch das Eindringen der neuen Stiefmutter und deren Kinder gestört wird. Wie bei Cinderella lässt die Autorin die beiden eng verbundenen Geschwister nicht nur Mutter und Vater verlieren, sondern sie werden regelrecht um alles betrogen, was ihnen mal gehört hat oder zusteht. Als Leser leidet man regelrecht mit, während Danny in der Ich-Form die Geschichte seiner Familie erzählt, wie er mit Schwester Maeve immer wieder ihr ehemaliges Heim besuchen, ohne hineingehen zu können. Aber auch die stetig wachsenden Rachegedanken der beiden wachsen, je älter sie werden und bestimmen einen Großteil ihres Lebens, was auch Auswirkungen auf andere hat, die ihnen nahestehen.
Die Charaktere sind wunderbar positioniert, bestechen mit menschlichen Eigenschaften und überzeugen mit ihrer Glaubwürdigkeit und Authentizität. Schnell fühlt sich der Leser Danny und Maeve verbunden, denn nicht nur die an ihnen begangene Ungerechtigkeit schweißt mit ihnen zusammen, sondern auch ihr gegenseitiger Zusammenhalt und ihre Liebe zu dem Haus. Maeve ist liebevoll und fürsorglich, besitzt einen großen Beschützerinstinkt und tut alles für ihren jüngeren Bruder. Manchmal bekommt man das Gefühl, sie vergisst dabei ihr eigenes Leben, während Rachegedanken ihr Antrieb geben. Danny ist seinem Vater ähnlicher, als ihm bewusst zu sein scheint. Er macht dessen Fehler nach, während seine Ehefrau dabei irgendwie auf der Strecke bleibt. Als böse Stiefmutter brilliert Andrea von A bis Z, widerwärtiger und unbarmherziger geht es fast nicht mehr. Sie ist eiskalt und besitzt kein Herz, jedenfalls nicht für andere. Elna bleibt ein Mysterium, denn das Zurücklassen der eigenen Kinder ist nicht zu verstehen, das völlige Verschwinden aus deren Leben noch weniger.
„Das Holländerhaus“ ist eine sehr gelungene tiefgründige Familiengeschichte, die man nicht so schnell vergessen kann. Wunderbar bildhaft erzählt, trifft die Autorin mit ihrem Roman mitten ins Herz. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 20.06.2020

Wenn Vergangenheit und Gegenwart zusammentreffen

Schwestern im Tod
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2018 Toulouse. Kommissar Martin Servaz muss in einem Mordfall ermitteln, der ihn an einen alten Fall erinnert, den er 1988 bearbeitet hat. Damals wurden zwei Studentinnen in einem Wald erschlagen aufgefunden, ...

2018 Toulouse. Kommissar Martin Servaz muss in einem Mordfall ermitteln, der ihn an einen alten Fall erinnert, den er 1988 bearbeitet hat. Damals wurden zwei Studentinnen in einem Wald erschlagen aufgefunden, beide tragen Kommunionskleider. Der damalige Doppelmord wurde einem Kriminalfall des Autors Erik Lang nachempfunden, der damals auch als Tatverdächtiger galt. Auch der neue Tatort zeigt viele Parallelen zum alten Fall auf, diesmal jedoch ist die Frau des Autors das Mordopfer, auch sie trägt ein Kommunionkleid. Servaz muss den alten Fall erneut aufrollen, um endlich den wirklichen Täter aller drei Morde zur Strecke zu bringen…
Bernard Minier fügt mit „Schwestern im Tod“ den 5. Band seiner erfolgreichen Psychothriller-Serie um Kommissar Martin Servaz hinzu. Der flüssige, spannende und vor allem bildhafte Schreibstil lässt den Leser sofort an die Seite von Servaz gleiten, um ihm während seiner oftmals unkonventionellen Ermittlungsarbeit über die Schulter zu sehen und die einem während der gesamten Lektüre immer wieder Schauer über den Rücken laufen lassen ob der perfiden und teils brutalen Vorgehensweise, mit denen sich Servaz auseinandersetzen muss. Minier beherrscht sein Metier und dirigiert nicht nur seine Protagonisten durch die Geschichte, sondern auch den Leser, der sich immer wieder fragt, was hinter der nächsten Ecke wohl lauern wird. Wer schon den ersten Band „Schwarzer Schmetterling“ gelesen hat, erlebt mit diesem Buch ein kleines Déjà-vu, da diese neue Geschichte die Ereignisse aus dem ersten Band wieder hervorholt und zu einer neuen Handlung vermischt, was dem Autor sehr gut gelungen ist. Minier lässt neben seinem Kommissar auch den Leser immer neue Spuren verfolgen, in dem er die eine oder andere zusätzliche Wendung eingefügt hat. Aber da gibt es auch noch jemanden, der die Szenerie beobachtet und nichts Gutes im Schilde führt. Nach und nach werden die Puzzlestücke zusammengesetzt, bis der wahre Mörder offensichtlich ist. Der Spannungslevel ist gleich zu Beginn schon recht hoch angelegt, steigert sich aber im weiteren Verlauf immer weiter in die Höhe und lässt den Leser immer atemloser werden.
Die Charaktere sind sehr differenziert ausgestaltet und gemäß ihren Rollen sehr gut in Szene gesetzt worden. Einige von ihnen führen den Leser an der Nase herum, allerdings so gut kaschiert, dass man bis fast zum Ende hin nicht weiß, wer wirklich gut und wer wirklich böse ist. Man stellt zwar so seine Vermutungen an, wird teilweise aber dann doch überrascht. Über allen steht Martin Servaz, der nicht nur ein ungewöhnlicher Ermittler ist, der seinen eigenen Bedingungen folgt, sondern auch ein liebender Vater für seinen kleinen Sohn Gustav. Martin wirkt oftmals wie ein Sonderling, aber gerade seine ungewöhnlichen Methoden machen ihn greifbar und zeigen sein Einfühlungsvermögen. Aber auch Espérandieu und seine Frau Charlène spielen eine wichtige Rolle, vor allem für Gustav. Erik Lang dagegen ist ein undurchsichtiger Mann, dem schwer beizukommen ist.
„Schwestern im Tod“ ist wieder einmal ein Hochgenuss und absoluter Pageturner für alle, die gern Psychothriller lesen, denn Minier beherrscht sein Handwerk, den Leser während der Lektüre konstant unter Hochspannung zu setzen. Verdiente Leseempfehlung, man sollte nur nicht zartbesaitet sein.

Veröffentlicht am 13.06.2020

Καλώς ήρθατε στην Ελλάδα (Willkommen in Griechenland)

Gebrauchsanweisung für die griechischen Inseln
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Für viele ist Griechenland das Urlaubsziel schlechthin, für mich und meine Familie ist eine griechische Insel seit knapp 40 Jahren das zweite Zuhause. Schon beim Verlassen des Flugzeugs haben wir immer ...

Für viele ist Griechenland das Urlaubsziel schlechthin, für mich und meine Familie ist eine griechische Insel seit knapp 40 Jahren das zweite Zuhause. Schon beim Verlassen des Flugzeugs haben wir immer wieder das Gefühl von „endlich daheim“. Obwohl wir meist auf die Roseninsel Rhodos fliegen, haben wir in all den Jahren auch Kreta, Mykonos, Santorin, Naxos, Samos, Kos, Symi, Hydra und das Festland besucht, denn mit den Fähren kann man so einige Inseln schnell erreichen. Jede Insel hat ihre Eigenheiten und ihren ganz besonderen Charme, weshalb es sich lohnt, sich immer wieder mal ein neues Ziel dort zu suchen.
Gerade deshalb war ich so gespannt auf die „Gebrauchsanweisung für die griechischen Inseln“ von Stella Bettermann, die als Halbgriechin ihr Land noch viel besser kennt. Schon die Karte zu Beginn weckt Sehnsüchte, die die Autorin in ihrem Buch mit schönen persönlichen Geschichten zu untermalen weiß. Sie geht nicht nur auf die griechische Gastfreundschaft ein, sondern beschreibt spielerisch die griechische Kultur, die Essgewohnheiten, die vielen Feste, ob christlich oder familiär, die in griechischen Familien einen hohen Stellenwert haben und sich manchmal über mehrere Tage erstrecken, sie gibt auch wertvolle Tipps für besondere Plätze, deren Besuch sich besonders lohnt. Dabei ist ihre unterhaltsame Erzählweise so bildhaft, dass man nur die Augen schließen muss, um die Bilder einzelner Strände oder Sehenswürdigkeiten vor sich zu sehen.
„Gebrauchsanweisung für die griechischen Inseln“ ist ein Buch für alle, die Griechenland noch nicht kennen und sich auf einen schönen Urlaub vorbereiten wollen. Aber es ist auch eine Lektüre für alle, die das Land lieben und sich immer wieder dort einfinden, um die Seele baumeln zu lassen, aufs türkisfarbene Meer hinauszublicken und bei einem Retsina einen der wunderschönen Sonnenuntergänge zu betrachten. Absoluter Lesetipp!