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Veröffentlicht am 09.06.2019

Auf der Flucht die Liebe gefunden...

Die Sterne über den Black Mountains
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Für die Schriftstellerin Caitlin könnte es momentan gerade nicht besser laufen, denn sie fühlt sich im schottischen Glasgow pudelwohl und die Kunden greifen gern zu ihren Krimis, was sie auch ihrer Freundin ...

Für die Schriftstellerin Caitlin könnte es momentan gerade nicht besser laufen, denn sie fühlt sich im schottischen Glasgow pudelwohl und die Kunden greifen gern zu ihren Krimis, was sie auch ihrer Freundin Rachel zu verdanken hat, die ihr als Agentin den Rücken frei hält, während sie sich ihre Geschichten ausdenkt. Als nun allerdings der Termin für eine Autorenlesung bevorsteht, verlässt Caitlin der Mut, denn öffentliche Auftritte sind so gar nicht ihr Ding. Doch diesmal kann sie sich nicht drücken, allerdings endet es in einem absoluten Fiasko. Mit einem totalen Filmriss findet sich Caitlin am nächsten Morgen in einem Hotelzimmer wieder zusammen mit dem Zettel eines Unbekannten. Ihr Auftritt bei der Lesung wird öffentlich zerrissen und veranlasst Caitlin, sich auf eine abgelegene Farm in den Black Mountains zu flüchten, um dort Abstand zu gewinnen und auch ihrer Schwester zu entkommen, die unerwartet bei ihr aufgetaucht ist und ihre Wohnung in Beschlag genommen hat. Ausgerechnet auf der Farm trifft sie in Tierarzt Ben den Unbekannten wieder, der ihr am Lesungsabend aus der Klemme geholfen hat…
Alexandra Zöbeli hat mit „Die Sterne über den Black Mountains“ einen unterhaltsamen, leicht turbulenten und gefühlvollen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist locker-flüssig und mit einer Spritze Humor gewürzt, der Leser wird regelrecht in die Seiten hineingesaugt, um sich an Caitlins Fersen zu heften und einige Abenteuer zu erleben. Mit wechselnden Erzählperspektiven zeigt die Autorin dem Leser nicht nur Caitlins Seite auf, sondern lässt ihn auch am Leben von Emma, Jack, Rachel, Jamie, Ben und anderen teilhaben. Geschickt erfährt er so von den verschiedenen Verflechtungen und den zwischenmenschlichen Beziehungen untereinander. Die Beschreibungen der Örtlichkeiten sind bildgewaltig und farbenfroh, die Farm und deren Umgebung entstehen während der Lektüre vor dem inneren Auge des Lesers und vermitteln ein Wohlgefühl. Die Geschichte ist zwar vorhersehbar, mindert aber nicht im Geringsten den Lesespaß, da die Autorin mit kleinen überraschenden Wendungen aufwartet, die die Handlung durchweg interessant und kurzweilig gestalten.
Ihren Protagonisten hat die Autorin regelrecht Leben eingehaucht, sie bestechen durch individuelle Ecken und Kanten, überzeugen durch Authentizität und Glaubwürdigkeit. Der Leser fühlt sich ihnen schnell nah und verbunden, was das Mitfühlen und –fiebern sehr erleichtert. Caitlin ist eine sehr sympathische Frau, die mit ihrer Phantasie gutes Geld verdient. Sie liebt die Abgeschiedenheit und bekommt schon einen Herzkasper, wenn sie in der Öffentlichkeit auftreten muss. Manchmal möchte man sie schütteln, denn sie ist viel zu freundlich und gutmütig, was andere sehr wohl für ihren Vorteil zu nutzen wissen. Ben ist ein freundlicher und offener Mann, der Einfühlungsvermögen und Empathie besitzt. Rachel ist Caitlins Freundin, die sie in allen Lebenslagen unterstützt. Schwester Kendra ist eine Nervensäge, die sich immer wieder ungefragt in Caitlins Leben drängt. Aber auch Emma, Jack und Jamie machen die Handlung durchweg kurzweilig mit ihren Auftritten.
„Die Sterne über den Black Mountains“ ist ein sehr unterhaltsamer Liebesroman, der chaotische Familienbande, gute Freundschaften und alte Geschichten in sich vereint. Verdiente Leseempfehlung für eine schöne romantische Auszeit in Wales.

Veröffentlicht am 08.06.2019

"Eine Liebe kann ewig dauern, braucht aber nur eine Sekunde, um zu beginnen." (Kuban. Sprichwort)

Nächstes Jahr in Havanna
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2017 Miami. Die Journalistin Marisol will den letzten Wunsch ihrer geliebten Großmutter Elisa erfüllen und macht sich nach deren Tod auf die Reise, um die Urne in Elisas Heimatland Kuba beisetzen, denn ...

2017 Miami. Die Journalistin Marisol will den letzten Wunsch ihrer geliebten Großmutter Elisa erfüllen und macht sich nach deren Tod auf die Reise, um die Urne in Elisas Heimatland Kuba beisetzen, denn Elisa ist seit Ende der 50er Jahre nie mehr in Kuba gewesen. Marisol kennt die Heimat ihrer Vorfahren nur aus den Erzählungen Elisas, aber als sie kubanischen Boden betritt, fühlt sie sich sofort daheim. Ihre Unterkunft bei Elisas bester Freundin Ana liegt in Havanna genau neben dem ehemaligen alten Haus von Marisols Familie. Ana weiß viel über die alten Zeiten zu erzählen, darauf hofft Marisol, denn Elisa hat nie viel von damals berichtet. Und als Marisol noch in den Besitz von alten Liebesbriefen Elisas gelangt, taucht sie immer tiefer in Elisas Welt und sucht nach dem Herzensmann ihrer Großmutter. Dabei wird sie von dem Universitätsprofessor Luiz unterstützt, der bald schon ihr Herz in Gefahr bringt…
Chanel Cleeton hat mit „Nächstes Jahr in Havanna“ einen sehr unterhaltsamen, gefühlvollen und farbenfrohen Roman vorgelegt, der den Leser auf die südamerikanische Insel Kuba entführt. Der Schreibstil ist flüssig, eindringlich und atmosphärisch dicht, schnell taucht der Leser in die fesselnde Handlung ein und lässt mal im alten Kuba an der Seite von Elisa im Jahr 1958, mal an der Seite von Marisol im Jahr 2017 nieder, um die Erlebnisse der beiden Frauen hautnah mitzuerleben. Mit den wechselnden Zeitperspektiven gibt die Autorin einen sehr guten Einblick in die politische und gesellschaftliche Lage im Kuba der jeweiligen Zeit und welchen Einfluss diese auf ihre Protagonisten hatte. Die Bevölkerung litt unter Versorgungsengpässen, Gewalt, Folter und Unterdrückung. Beide dargestellten Zeiten sind vom Umbruch bestimmt: im vergangenen Jahrhundert stand Kuba 1958 kurz vor der Revolution durch Fidel Castro, während sich das Land im Jahr 2017 in einer tiefen Rezession befand, nachdem es sich mehr und mehr von der zentralistischen Staatswirtschaft verabschiedete. Die bittersüß-geschilderten Liebesgeschichten transportieren südamerikanisches Flair, die farbenfrohen Beschreibungen der Örtlichkeiten von Havanna entstehen während der Lektüre vor dem inneren Auge des Lesers und lassen von einem Besuch dieser faszinierenden Stadt träumen.
Die Charaktere sind liebevoll und sehr lebendig ausgestaltet, sie bestechen durch ihre individuellen Eigenschaften, wirken authentisch und glaubwürdig. Der Leser fühlt sich schnell mit ihnen verbunden und kann mit ihnen leiden, fühlen, hoffen und bangen. Marisol ist eine Frau, die eine tiefe Verbindung zu ihrer Familie hat und sich danach sehnt, endlich ihre Wurzeln kennenzulernen. Sie besitzt eine gesunde Neugier, die ihr auch mal zum Verhängnis werden kann, sie ist hartnäckig und einfühlsam, aber auch selbstbewusst und stolz. Luiz ist ein Mann der Tat, gebildet und vor allem politisch engagiert. Elisa ist eine mutige Frau aus wohlhabender Familie, die sich allen Konventionen entgegengesetzt und doch ihre Heimat verlassen muss. Pablo ist ein charismatischer Revolutionär aus armen Verhältnissen, der gegen die Politik rebelliert und sich bessere Bedingungen für alle wünscht. Aber die weiteren Protagonisten wie Ana können mit ihren Auftritten überzeugen und machen die Handlung rundum gelungen.
„Nächstes Jahr in Havanna“ erzählt nicht nur zwei emotionale Liebesgeschichten in verschiedenen Jahrhunderten, sondern wartet auch mit vielen interessanten Informationen über die südamerikanische Insel auf. Wunderbare Lektüre, die einen von Havanna träumen und eine Achterbahn der Gefühle erleben lässt. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 02.06.2019

Feuerwerk und Sternenregen auf Fire Island

Sommer unter Sternen
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Das kann doch alles nur ein böser Traum sein! Das Leben der 36-jährigen Ella wie ein Kartenhaus zusammen, als sie erfährt, dass ihr Ehemann Thomas ausgerechnet eine Affäre mit der Nachbarin hat und sich ...

Das kann doch alles nur ein böser Traum sein! Das Leben der 36-jährigen Ella wie ein Kartenhaus zusammen, als sie erfährt, dass ihr Ehemann Thomas ausgerechnet eine Affäre mit der Nachbarin hat und sich von ihr trennen will. Die Rettung erfolgt in Gestalt ihrer Freundin Maggie, die ihr als Zufluchtsort das Ferienhaus ihrer Eltern in Fire Island anbietet. So schnappt sich Ella ihre 3-jährigen Zwillingsmädchen und flüchtet in das zur Verfügung gestellte Domizil, mit dem sie viele schöne Erinnerungen aus ihrer Jugendzeit verbindet. Nach einer anstrengenden Reise kann sich Ella allerdings nicht, wie erhofft, häuslich einrichten, sondern trifft dort überraschend auf ihre heimliche Jugendliebe Nathan, seines Zeichens Maggies älterer Bruder und Sternekoch, der nicht gerade „amused“ ist, das Haus zu teilen. Wie soll diese WG funktionieren, wenn beide Abstand von ihren Problemen suchen? Nathan flüchtet sich ins Kochen…

Miriam Covi hat mit „Sommer unter Sternen“ einen wunderschönen sommerleichten, aber auch tiefgründigen Roman vorgelegt, der sich mit einer einfühlsamen und romantischen Geschichte vor der herrlichen Kulisse von Fire Island sofort ins Leserherz schleicht. Der Schreibstil ist flüssig und gefühlvoll, bringt den Leser sofort an Ellas Seite und lässt ihn nicht nur die Katastrophe in ihrem Leben hautnah miterleben, sondern auch ihre Selbstreflexion sowie die Anstrengungen, ihren Kindern gerecht zu werden, sie zu beschützen und ihnen die nötige Balance zurückzugeben, die durch die Lebensveränderungen auch ihren gewohnten Alltag durcheinandergebracht haben. Die Autorin hat einige Themen in ihrem Roman untergebracht, die so alltäglich sind, aber viele ihrer Leser betreffen und sich somit irgendwie auch selbst in dem Buch wiederfindet. Spannend platziert sie in einem stimmigen Kontext gescheiterte Beziehungen, Burn-out, Freundschaft, neue Chancen und dass man sich dem Leben mit allen Höhen und Tiefen stellen muss. Die Beschreibungen der Örtlichkeiten sind so bildgewaltig und farbenfroh, so dass der Leser sich im Urlaubsmodus wiederfindet, während die Geschichte fesselnd und mitreißend ein tolles Kopfkino beschert.

Ihre Charaktere hat die Autorin mit viel Liebe und Leben versehen, sie wirken so naturgetreu und glaubwürdig, haben ihre individuellen Ecken und Kanten, dass der Leser gar nicht anders kann, als sich in (fast) jeden von ihnen zu verlieben und sich nicht mehr von ihnen trennen zu wollen. Da bleibt es nicht aus, dass man ihre Gefühle und Schicksalsschläge teilt und mit ihnen hofft und bangt. Ella ist eine Frau, die zutiefst verletzt wurde, ihren Kindern aber eine Löwenmutter ist, die sich nichts anmerken lässt. Sie ist mutig und stark, sich ihre eigenen Fehler einzugestehen. Ella ist eine Kämpferin, die sich nicht unterkriegen lässt, auch wenn sie mal aus dem Takt gerät. Thomas ist ein Kotzbrocken, der sich nimmt, was er will ohne Rücksicht. Maggie ist eine gute Freundin, die sich sorgt und manchmal zu viel Fürsorge zeigt. Nathan ist ein „enfant terrible“, der momentan mit sich selbst zu kämpfen hat. Deshalb gibt er sich abweisend, unterkühlt und recht unfreundlich. Aber er ist auch charmant und sanft, kann mit seinen Händen zaubern, so dass er sich nicht nur über die Gaumen in die Herzen einnistet. Aber auch die Zwillinge sind kleine Schätzchen, die das Leben auf Fire Island recht turbulent werden lassen.

Mit „Sommer unter Sternen“ erlebt das Leserherz viel Gefühlschaos, Ehe- und Familienprobleme, echte Freundschaft, Küchensternstunden und herzerwärmende Romantik vor der Kulisse einer zauberhaften Insel. Wunderbar und warmherzig erzählt und jeden Stern einer absoluten Leseempfehlung wert! Traumhaft gemacht, Chapeau!

Veröffentlicht am 02.06.2019

Herz über Kopf

Meistens kommt es anders, wenn man denkt
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Die Liebe kommt PR-Profi Nele erst einmal nicht mehr zu nah, nun geht die Karriere vor. Ihr neuer Agenturchef Claas gibt ihr die Verantwortung, das fragwürdige Image eines Anwärters auf den Bürgermeisterposten ...

Die Liebe kommt PR-Profi Nele erst einmal nicht mehr zu nah, nun geht die Karriere vor. Ihr neuer Agenturchef Claas gibt ihr die Verantwortung, das fragwürdige Image eines Anwärters auf den Bürgermeisterposten wieder aufzupäppeln. Währenddessen plant ihr Bruder Lenny, der nicht nur das Down Syndrom, sondern auch einen Herzfehler hat, zukünftig ein Leben in den eigenen vier Wänden zu führen. Da ist Neles helfende Hand natürlich auch gefragt, da ihre Eltern dem ganzen Unternehmen recht ängstlich und besorgt gegenüberstehen. Nele hat also alle Hände voll zu tun, und ausgerechnet ihr attraktiven Chef Claas ist da immer wieder zur rechten Zeit am richtigen Ort und unterstützt Nele, wo es nur geht. Das bringt ihren Herzrhythmus ganz schön aus dem Takt…
Petra Hülsmann hat mit „Meistens kommt es anders, wenn man denkt“ erneut einen wunderschönen Liebes- und Unterhaltungsroman vorgelegt, der nicht nur mit einem gefühlvollen, flüssig-leichten und humorvollen Erzählstil, sondern auch durch Geschichten wie im richtigen Leben einmal mehr überzeugen kann. Der Leser ist von Beginn an mitten im Geschehen und darf mit Nele, Lenny und Claas so einiges erleben. Mit viel Empathie beschreibt die Autorin die Gefühlslage ihrer Protagonistin, die ihr Leben lang die zweite Geige gespielt hat und einige Enttäuschungen wegstecken musste. Der Leser kann gar nicht anders, als mit ihr zu fühlen, obwohl man sie manchmal auch gern gehörig schütteln möchte bei so viel Selbstlosigkeit und Verständnis. Der Roman punkte zusätzlich mit tollen Beschreibungen von Hamburg, und wer die Stadt kennt, fühlt sich gleich zuhause und kann im Geiste die Strecken mit den Protagonisten abgehen, was die innere Verbundenheit mit ihnen noch zusätzlich fördert.
Die Charaktere sind mit viel Liebe und sehr lebendig gestrickt. Der Leser kann sich gut in sie hineinfühlen, da sie glaubhaft und authentisch wirken und insgeheim das Gefühl wecken, man würde sie schon lange kennen. Dies fördert die Verbundenheit mit ihnen noch mehr, so dass man die Geschichte von A bis Z genießen kann. Nele ist eine Frau, die sich immer um andere kümmert und sich selbst dabei aus den Augen verloren hat und ihre eigenen Bedürfnisse hinten anstellt. Sie ist freundlich und hat das Herz am rechten Fleck, das Wort NEIN kommt in ihrem Wortschatz einfach nicht vor, was ihr so gar nicht guttut. Schlechte Erfahrungen haben sie auf den Boden der Tatsachen geholt und man wünscht ihr einfach, dass sie endlich mal auf die Sonnenseite gelangt. Lenny ist ein toller Typ, der genau weiß, was er will und sich seine Selbständigkeit erkämpft. Claas ist ein sehr netter Mann, der nicht nur mit seinem Charme punktet, sondern auch mit seinem Verständnis und Einfühlungsvermögen. Dabei hat er selbst sein Päckchen zu tragen. Besonderer Star ist auch Sally, eine Hündin, die sich ganz schnell ins Leserherz schleicht.
„Meistens kommt es anders, wenn man denkt“ ist ein rundum gelungener Roman für Herz und Seele, der mit liebenswerten Protagonisten und einer gut durchdachten Handlung überzeugen kann. Für diese kurzweiligen und warmherzigen Lesemomente ist eine absolute Leseempfehlung verdient!

Veröffentlicht am 31.05.2019

Ines' Geheimnis

Hurentochter - Die Distel von Glasgow
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19. Jh. Glasgow. Die 17-jährige Emily, geboren und aufgewachsen in dem Bordell, in dem ihre Mutter Ines seit 17 Jahren arbeitet, lebt zwar ein recht behütetes Leben, aber den Beruf ihrer Mutter möchte ...

19. Jh. Glasgow. Die 17-jährige Emily, geboren und aufgewachsen in dem Bordell, in dem ihre Mutter Ines seit 17 Jahren arbeitet, lebt zwar ein recht behütetes Leben, aber den Beruf ihrer Mutter möchte sie niemals ergreifen. Sie ist mit Liam befreundet, dessen Mutter vor ihrem Tod ebenfalls dort tätig war. Die beiden planen eine gemeinsame Zukunft abseits des Bordells. Eines Tages wird Emilys Mutter Ines mit einigen anderen ermordet und das Bordell fällt einem Feuer zum Opfer. Emily flieht gemeinsam mit Liam, die beiden müssen sich allein ohne Geld durchschlagen, nur eine alte Uhr und ein Medaillon sind Emily von ihrer Mutter geblieben, wobei gerade das Medaillon ein Geheimnis birgt. Emily ist fest entschlossen herauszufinden, warum ihre Mutter sterben musste und wer dahinter steckt. Mit Unterstützung von vielen neuen Bekanntschaften, die ihnen gegenüber keine Vorbehalte hegen, gelingt es Emily, sowohl den Mörder ihrer Mutter zu finden und dem gut gehüteten Geheimnis ihrer Mutter auf die Spur zu kommen…
Tabea Koenig hat mit „Hurentochter – Die Distel von Glasgow“ einen sehr unterhaltsamen und spannenden historischen Roman vorgelegt, der mit seinem flüssigen und bildgewaltigen Erzählstil den Leser schnell in die Geschichte hineinsaugt, wo er sich im viktorianischen Zeitalter wiederfindet, um Emily und Liam bei ihren Erlebnissen zu begleiten. Die Autorin hat eine akribische historische Recherche betrieben, die dem Leser nicht nur über die gesellschaftlichen Verhältnisse im Schottland der damaligen Zeit aufklärt, sondern auch deren Riten und Kultur näher bringt. So findet das Fest Beltane, den Jahreszeitenwechsel zum Sommeranfang und der deutschen Walpurgisnacht vergleichbar, ebenso Erwähnung wie der teilweise doch recht grausame Umgang miteinander sowie die harten Lebensbedingungen zu jener Zeit. Frauen waren Menschen zweiter Klasse und landeten aufgrund von Schicksalsschlägen schnell in einem Bordell, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, dabei ihr Ansehen völlig verloren. Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr farbenfroh, so dass der Leser sich in einem rauen Land voller Mythen und Sagen wiederfindet, wo die Menschen noch an Feen glaubten und an alte Heilkräfte. Die Stimmung wird innerhalb der Geschichte sehr gut transportiert und auch der Spannungsbogen liegt während der gesamten Handlung dauerhaft hoch.
Die Charaktere wurden liebevoll ausgestaltet und wirken mit ihren sehr lebensnahen Ecken und Kanten glaubwürdig und authentisch. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fiebern, hoffen und bangen. Emily ist eine recht behütet aufgewachsene junge Frau, die genaue Vorstellungen von ihrem Leben hat. Dem Beispiel ihrer Mutter will sie auf keinen Fall folgen und genießt auch deren Unterstützung. Gerade, weil sie in dem Bordell so einiges miterleben musste, besitzt Emily Mut und Stärke und lässt sich auch von Niederlagen nicht so schnell von ihrem Vorhaben abbringen. Liam ist ein netter Kerl, verlässlich und fleißig, er ist für Emily der Fels in der Brandung, können sie doch aufeinander zählen, denn ihre Liebe ist seit Jahren immer mehr gewachsen. Ebenso können die Nebenprotagonisten wie z.B. Vigo mit ihren Auftritten überzeugen und geben der Handlung zusätzliche Spannungsmomente.
Mit „Hurentochter – Die Distel von Glasgow“ ist der Autorin ein eindrucksvolles Debüt gelungen, das den Leser von der ersten Seite an in den Bann zieht und wunderbare Lesestunden bereitet. Nicht nur der historische Hintergrund fasziniert, sondern auch eine gut durchdachte Geschichte, die berührt und zu fesseln weiß. Absolute Leseempfehlung für eine echte Entdeckung!