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Veröffentlicht am 02.03.2019

Auf Martha's Vineyard werden die Geheimnisse gelüftet

Die Stunde der Inseltöchter
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Die 35-jährige Lauren führt mit Ehemann Ed und Tochter Mack ein recht komfortables Leben im Londoner Stadtteil Notting Hill. Da Eds 40. Geburtstag vor der Tür steht, plant Laura eine riesige Überraschungsparty ...

Die 35-jährige Lauren führt mit Ehemann Ed und Tochter Mack ein recht komfortables Leben im Londoner Stadtteil Notting Hill. Da Eds 40. Geburtstag vor der Tür steht, plant Laura eine riesige Überraschungsparty für ihn. Doch dann erscheint Ed nicht zu seiner eigenen Party, was sowohl Laurens und auch Macks Welt völlig aus der Bahn wirft und ihr Leben komplett durcheinander wirbelt. Die bestehenden Probleme zwischen Mutter und Tochter treten nun noch deutlicher zutage und schnell wird klar, dass es mit etwas aus Laurens Vergangenheit zu tun hat. Lauren verlässt mit Mack London und kehrt zu ihrer Mutter Nancy, die als Künstlerin in Martha’s Vineyard vor der Küste von Cape Cod lebt, zurück. Jenna, Laurens jüngere Schwester, lebt dort ebenfalls und die beiden sind seit jeher eng verbunden und teilen so manches Geheimnis. Ihr beider Verhältnis zu Nancy ist dagegen gespalten und von Distanz geprägt. Als die drei Frauen nun wieder aufeinander treffen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis so manches ans Tageslicht kommt und ihre Beziehung untereinander so richtig durcheinander wirbelt…
Sarah Morgan hat mit ihrem Buch „Die Stunde der Inseltöchter“ einmal mehr unter Beweis gestellt, wie gut sie ihren Protagonisten Leben einhauchen und mit den Gefühlen des Lesers spielen kann. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und berührend, schnell taucht der Leser zwischen die Seiten und darf sich auf wechselnde Erzählperspektiven freuen, die ihm ermöglichen, die wichtigsten Charaktere samt ihren Gedanken, Gefühlen und Geheimnissen sehr gut kennenzulernen. Die Autorin versteht es sehr gut, mit den Emotionen ihrer Leser zu spielen, so erfährt dieser auch in diesem Roman eine Achterbahn der Gefühle, denn die Protagonisten müssen so einige Hürden und Tiefen in ihrem Leben überwinden, um endlich wieder Licht am Ende des Tunnels sehen zu können. Die Perspektivwechsel erlauben nicht nur das Eintauchen in den jeweiligen Charakter, sondern auch einen nach und nach wiedergespiegelten Blick auf Ereignisse in der Vergangenheit, die alle von ihnen geprägt haben. Neben der gefühlvollen Handlung bestechen auch die wunderbaren Beschreibungen der Örtlichkeiten. Wer schon einmal in Martha’s Vineyard war, wird sich sofort wie zuhause fühlen, so bildhaft und farbenfroh erscheint die Landschaft vor dem inneren Auge.
Die Autorin versteht es wunderbar, ihre Charaktere lebensnah und glaubwürdig darzustellen. Mit ihren individuellen Ecken und Kanten wirken sie überzeugend und authentisch, der Leser fühlt sich ihnen schnell verbunden und kann ihre Sorgen, Nöte, Hoffnungen und Träume gut nachvollziehen und mit ihnen fiebern. Lauren ist eine Frau, die jahrelang ein schmerzliches Geheimnis mit sich herumgeschleppt hat und immer damit rechnen musste, dass es zum Vorschein kommt. Sie hat sich zu einer Meisterin der Verdrängung entwickelt und sich dabei selbst etwas vorgemacht. Nancy war ihre Karriere immer wichtiger als ihre Rolle als Mutter, weshalb das Verhältnis zu ihren Kindern nicht gerade von besonderer Enge geprägt ist. Auch sie hat ihre Geheimnisse, die lieber niemand hervorholen sollte. Jenna ist eine freundliche und offene Frau mit einem großen Wunsch, der sich bisher nicht erfüllt hat. Mack ist ein pubertierender Teenager, immer auf Krawall gebürstet, wodurch auch das Verhältnis zu ihrer Mutter Lauren sehr leidet. Auch die weiteren Protagonisten wie Greg oder Scott geben der Handlung zusätzliche Impulse und machen sie rundum gelungen.
„Die Stunde der Inseltöchter“ ist ein Buch voller Emotionen, alter gut gehüteter Geheimnisse und schwierigen zwischenmenschlichen Beziehungen, wobei auch die Liebe nicht zu kurz kommt. Ein echter Pageturner, der den Leser von der ersten Seite an mitnimmt und tolle Lesestunden beschert. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 24.02.2019

Sag beim Abschied leise Servus...

Gut Greifenau - Morgenröte
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1918. Während der 1. Weltkrieg weiter seinen grausamen Finger überall hin ausstreckt und zahlreiche Opfer fordert, scheint ein Frieden mit Russland in greifbarer Nähe gerückt zu sein. Nachdem Konstantin ...

1918. Während der 1. Weltkrieg weiter seinen grausamen Finger überall hin ausstreckt und zahlreiche Opfer fordert, scheint ein Frieden mit Russland in greifbarer Nähe gerückt zu sein. Nachdem Konstantin knapp einem Mordanschlag entgangen ist, aber dennoch schwer verletzt wurde, hängt sein Leben an einem seidenen Faden. Rebecca kümmert sich um seine Versorgung und Pflege. Auch dem Gut geht es schlecht, denn Graf Adolphis hat sich verspekuliert und nun fehlt es an allen Ecken und Enden. Einzig Katharina kann den Ruin noch abwenden, wenn sie mit Ludwig den Neffen des Kaisers heiratet, wozu sie ihre Mutter Feodora regelrecht hineindrängt. Doch Katharina konnte bisher noch ihren Widerstand gegen diese Eheverbindung halten, denn ihre Liebe gilt dem Industriellensohn Julius und veranlasst sie zur Flucht…
Hanna Caspian hat mit ihrem Buch „Gut Greifenau – Morgenröte“ den finalen Roman ihrer Greifenau-Trilogie vorgelegt, der den beiden Vorgängern in punkto Spannung, Gefühl und exzellenter historischer Hintergrundrecherche in nichts nachsteht. Der Erzählstil ist flüssig und fesselnd zugleich, die Autorin knüpft nahtlos an die Ereignisse des letzten Bandes an, so dass der Leser, einem Kinofilm gleich, sofort wieder als Gast auf Greifenau logiert und sowohl den Bediensteten als auch den höheren Herrschaften auf Schritt und Tritt bei ihren Unternehmungen folgen kann. Sehr schön lässt die Autorin auch in diesem Teil wieder den Alltag auf dem Gut an dem Leser vorbeiziehen, doch nicht ohne die Folgen des herrschenden Krieges mit einzubeziehen. Die harte Arbeit der Dienstboten, der Mangel an Lebensmitteln und der drohende Ruin des Gutes hinterlassen bei allen ihre Spuren, auch beim Leser, der sich bei dem Einblick in die Gefühle und Gedanken der einzelnen immer wieder fragt, wie das alles nur enden soll. Die Autorin sorgt mit immer wieder neuen Überraschungen und Wendungen dafür, dass die Geschichte wie ein Kinofilm vor dem inneren Auge abläuft und dem Leser immer wieder vor neue Überlegungen stellt. Alles wirkt so natürlich und realistisch, wie man es nur selten in Romanen findet. Das historische Zeitgeschehen ist während der gesamten Lektüre sehr präsent und wunderbar mit der Handlung verwoben.
Die Charaktere wurden von der Autorin entsprechend der Realität weiterentwickelt, sie alle sind älter geworden, haben so einiges erlebt, was ihr Leben geprägt hat. Der Leser fühlt sich nach den beiden Vorgängerbänden bereits als Mitglied des Gutes und schätzt doch recht familiäre Atmosphäre sowohl bei den Dienstboten als das Zusammentreffen mit den Familienangehörigen, denn man fühlt sich ihnen in besonderer Weise verbunden, hat mit ihnen so manche schwierige Phase erlebt. Katharina ist zu einer starken und mutigen Frau herangewachsen, die sich ihren Aufgaben stellt und ihren eigenen Kopf hat. Sie ergibt sich nicht in ihr Schicksal, sondern kämpft um das, was ihr wichtig ist. Rebecca ist ebenfalls eine selbstbewusste Persönlichkeit, die sich trotz ihres Zerwürfnisses mit Konstantin doch aufopferungsvoll um seine Genesung kümmert. Feodora ist weiterhin unerträglich und arrogant, an ihr prallt alles ab. Aber auch Alexander, Albert und die Bediensteten gestalten die Handlung abwechslungsreich und sind immer wieder für eine Überraschung gut.
„Gut Greifenau – Morgenröte“ ist ein brillianter Abschlussband einer außerordentlichen Trilogie, die sich von Band 1 bis Band 3 ins Herz des Lesers einschleicht und dort kleben bleibt, auch noch lange, nachdem die letzte Seite gelesen ist. Mit einer Träne im Auge gibt es die absolute Leseempfehlung für einen Pageturner der Extraklasse, denn der Abschied tut weh!!!

Veröffentlicht am 24.02.2019

"Der Schwache kann nicht verzeihen. Verzeihen ist eine Eigenschaft des Starken." (Mahatma Gandhi)

Im Schatten der Vergangenheit
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2015 nahe Stuttgart. Die 26-jährige deutsch-amerikanische Siebenkämpferin Hanna Jameson verbringt einige Zeit in den bayerischen Bergen, um sich dort auszukurieren und zu überlegen, wie ihr Leben weitergehen ...

2015 nahe Stuttgart. Die 26-jährige deutsch-amerikanische Siebenkämpferin Hanna Jameson verbringt einige Zeit in den bayerischen Bergen, um sich dort auszukurieren und zu überlegen, wie ihr Leben weitergehen soll. Um dabei nicht gestört zu werden, hat sie sich eine technische Auszeit gegönnt und war telefonisch nicht erreichbar. Vor kurzem erst ist ihre Familie aus den USA zurück nach Deutschland gezogen aufgrund eines Jobangebots, das ihr Vater Henry bekommen hat. Als Hanna an dem neuen Wohnort der Familie, dem Baden-Württembergischen Pattonville, ankommt, trifft sie nicht, wie erwartet, auf ihre Eltern, sondern auf eine völlig Fremde. Helena kann sich das nicht erklären und bemerkt erst jetzt die zahlreichen Anrufe von ihrer Zwillingsschwester Helena auf ihrem Handy, das sie bisher ignoriert hat. Als sie ihre Schwester endlich erreicht, ist diese noch im amerikanischen Charleston. Das Gespräch ist nur von kurzer Dauer, dann wird es von Schüssen unterbrochen. Was ist passiert und wo ist ihre Familie?
Elisabeth Büchle hat mit ihrem Buch „Im Schatten der Vergangenheit“ einen sehr spannenden, vielschichtigen und fesselnden Roman vorgelegt, der den Leser schon nach den ersten Zeilen völlig in die Geschichte hineinzieht. Der Erzählstil ist schön flüssig, bildhaft und gleichzeitig immer von unterschwelliger Spannung geprägt. Die Autorin versteht es meisterhaft, dem Leser das Gefühl zu geben, hautnah alles mitzuerleben. Die Handlung ist sehr gut durchdacht und lässt keine Wünsche offen. Der bereits zu Beginn angelegte Spannungsbogen steigert sich im Verlauf der Geschichte immer weiter in die Höhe bis zum großen Schlussfinale, wo alle Fäden wunderbar miteinander verknüpft werden und den Leser dennoch überraschen können. Der Leser begleitet Hanna auf eine sehr abenteuerliche und gefährliche Reise, wobei nie vorherzusehen ist, was als nächstes passieren wird, oder aus welcher Ecke neue Erkenntnisse kommen werden und wer Hanna wirklich helfen will. Eine wahre Achterbahn der Gefühle durchläuft den Leser dabei unaufhörlich. Es ist wie ein Wettlauf gegen die Zeit, der den Leser mit Hanna hetzen lässt, um ihre Familie wiederzufinden und sich gleichzeitig zu fragen, was hinter allem stecken könnte. Dabei fasst die Autorin wieder einige heiße Themen an: vom Amoklauf über den Ku-Klux-Klan und den ausgeprägten Rassismus in Amerika ist alles dabei. Gleichzeitig versteht es Elisabeth Büchle wie kaum jemand anderes, existentielle Fragen des Glaubens innerhalb ihrer Handlung zu verpacken und den Leser zum Nachdenken zu animieren.
Die Charaktere sind sehr schön ausgefeilt und detailliert in Szene gesetzt. Sie wirken mit ihren individuellen Eigenschaften sehr realitätsnah und authentisch. Der Leser kann sich wunderbar mit ihnen identifizieren, kann sich in sie hineinfühlen und mit ihnen hoffen und bangen. Hanna ist eine sehr ehrgeizige junge Frau, die sehr diszipliniert ist, um ihre Ziele erreichen zu können. Sportlich hat sie einiges erreicht, doch nun steht sie vor einem Scheidepunkt. Die Sorge um ihre Familie wirkt wie ein Wettkampf, den Hanna bewältigen muss. Hanna kann sich eigentlich nur auf sich selbst verlassen, denn sie weiß nicht, wem sie trauen kann. Die Liebe zu ihrer Familie treibt sie an, bringt sie in Gefahr und lässt sie über einige Geheimnisse stolpern, mit denen sie nicht gerechnet hätte. Chris Thompson ist ein freundlicher und hilfsbereiter Mann, der Hanna mehr als einmal den Rücken stärkt und sie in ihrer verzweifelten Situation nicht im Stich lässt. Er ist verlässlich und vertrauenswürdig, was bei vielen anderen nicht der Fall ist. Auch die weiteren Protagonisten wie z.B. Helena geben der Handlung zusätzliche Spannungsmomente und Abwechslung.
„Im Schatten der Vergangenheit“ ist ein rasanter und spannungsgeladener Roman, bei dem die Autorin mit den Gefühlen des Lesers ausgezeichnet zu spielen weiß. Mit einer fesselnden Handlung und atmosphärischem Erzählstil ist Elisabeth Büchle wieder ein Pageturner der Extraklasse gelungen, den ihr so schnell keine nachmacht! Absolute Leseempfehlung und mit dem Prädikat „Spitzenklasse“ ausgezeichnet – besser geht es wirklich nicht!

Veröffentlicht am 24.02.2019

"Suchet, so werdet ihr finden"

Wohin dein Herz mich ruft
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1881 London. Die Krankenschwester Julia Bernay möchte unbedingt Ärztin werden und tut alles dafür, um am dafür vorgesehenen Londoner College als Studentin aufgenommen zu werden. Als Julia mit der U-Bahn ...

1881 London. Die Krankenschwester Julia Bernay möchte unbedingt Ärztin werden und tut alles dafür, um am dafür vorgesehenen Londoner College als Studentin aufgenommen zu werden. Als Julia mit der U-Bahn auf dem Weg zu einem medizinischen Vortrag ist, entgleist der Zug und es kommt zu einem schweren Unglück. Julias Sitznachbar, der sich als Rechtsanwalt Michael Stephenson entpuppt, liegt regungslos am Boden und ist schwer verletzt. Julia hat alle Hände voll zu tun, Michaels Leben zu retten, bis dieser von herbeigerufenen Sanitätern in ein Krankenhaus gebracht wird. Nur durch eine Visitenkarte weiß Julia, wer ihr Patient war und erkundigt sich einige Zeit später nach seinem Befinden, obwohl es sie und auch ihn in einen Gewissenskonflikt bringt, denn Michael vertritt in einem Prozess den Kläger gegen das medizinische College, das Julia einmal besuchen möchte, und dem bei einem Urteil die Schließung droht. Michael möchte sich bei Julia dafür revanchieren, dass sie ihm das Leben gerettet hat und gibt ihr in Folge dessen Lateinunterricht, obwohl ihn das beruflich in eine schwierige Lage bringt. Während der Zeit, die die beiden miteinander verbringen, kommen sie sich immer näher. Doch es gibt zu viele Hindernisse, die den beiden im Weg liegen…
Jennifer Delamere hat mit ihrem Buch „Wohin dein Herz mich ruft“ den zweiten Band um die Bernay-Schwestern vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und anrührend, der Leser wird mit den ersten Zeilen an das Ende des 19. Jahrhunderts katapultiert und darf Julia bei ihrem mutigen Kampf für ihre Hoffnungen und Träume folgen, wobei ihre Gedanken und Gefühle für den Leser nie ein Geheimnis bleiben. Die Autorin gewährt dem Leser einen sehr guten Einblick in die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse und politischen Ansichten, wobei sich der Großteil dagegen ausspricht, dass sich Frauen in für Männer vorbehaltene Berufe drängen, ob es nicht der Arztberuf oder der eines Anwalts ist. Dass Frauen als Ärztin durchaus von Nutzen sein können, wird zwar hin- aber nicht ernst genommen. Ein im Buch verhandelter Prozess zeigt zudem die einsame Rache eines einflussreichen Mannes, der zum einen die Kontrolle über seine eigenen Familienmitglieder verloren hat, sowie ein Opfer seines Starrsinns ist, mit dem er versucht, andere um ihre Zukunft zu bringen. Der christliche Aspekt wird in diesem Buch sehr schön und gleichzeitig dezent durch die Gedanken und Taten von Julia reflektiert. Unbeirrbar hat sie ihr Leben in Gottes Hand gelegt und ist davon überzeugt, dass jederzeit Hilfe kommt, wenn sie von Nöten ist. Die kleinen Gebete und Zitate passen immer sehr gut zu der jeweiligen Situation und geben dem Leser auch den Anreiz, diese auf das eigene Leben anzuwenden.
Die Charaktere sprühen geradezu voller Leben und wirken mit ihren Stärken und Schwächen sehr realistisch und glaubhaft. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und ihre Handlungen nachvollziehen. Julia ist eine intelligente und offene Frau, die das Leben so annimmt, wie es ihr begegnet. Sie glaubt fest daran, dass alles seinen Sinn hat und vertraut darauf, dass es immer eine Lösung geben wird. Julia ist hilfsbereit, uneigennützig und vor allem sehr loyal. Michael hat sich in seinem Beruf hochgearbeitet und weiß, dass er in der Schuld seiner Unterstützer steht. Er ist clever, hat hehre Ziele, doch manche davon stellt er immer mehr in Frage. Je mehr er Julia kennenlernt, umso mehr nimmt er von ihrer Zuversicht für sich an und gewinnt an Vertrauen. Edith ist eine hervorragende Ärztin, aber eine verbissene und verbitterte Frau, die mit ihrem Stolz über die Stränge schlägt. Cara ist Julias jüngere Schwester, die das Leben noch etwas naiv und durch eine rosarote Brille sieht. Jedoch ist die Liebe zu Julia unerschütterlich und lässt sie über sich hinauswachsen. Ebenso überzeugen die weiteren Protagonisten wie z.B. James Anderson oder Finley, die die Geschichte rundum gelungen machen.
„Wohin dein Herz mich ruft“ ist ein wunderschöner Roman mit historischem Hintergrund, der nicht nur eine Liebesgeschichte erzählt, sondern auch den spannenden Kampf von Frauen für ihr Recht auf einen von ihnen gewählten Beruf. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 23.02.2019

Zeitreise ins politische Bonn der 70er Jahre

Rheinblick
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November 1972 – Bundeshauptstadt Bonn. Willy Brandt hat mit seiner SPD gerade bei den vorgezogenen Bundestagswahlen ein Wahlergebnis von 46% erreicht und steht nun vor schwierigen Koalitionsverhandlungen. ...

November 1972 – Bundeshauptstadt Bonn. Willy Brandt hat mit seiner SPD gerade bei den vorgezogenen Bundestagswahlen ein Wahlergebnis von 46% erreicht und steht nun vor schwierigen Koalitionsverhandlungen. Doch diese kann Brandt erst einmal nicht persönlich bestreiten, denn er muss sich direkt im Anschluss an die Wahl im Krankenhaus einer Stimmbandoperation unterziehen, die ihn dazu zwingt, für einige Zeit keinen Ton von sich zu geben, was seinen Rivalen natürlich Tür und Tor öffnet. Die junge Logopädin Sonja Engel hilft Brandt durch den Heilungsprozess, so dass er bald stimmlich wieder auf der Höhe ist und darf den berühmten Politiker nicht nur hautnah von seiner privaten Seite erleben, sondern kann auch einiges von den politischen Machtspielchen mitverfolgen. Währenddessen leitet die verwitwete und von Geldsorgen geplagte Hilde Kessel das „Rheinblick“, eine Kneipe, in der sich die politische Elite, kleinere Akteure, die Angestellten der Politbüros sowie die normale Bevölkerung die Klinke in die Hand geben und bei einem Essen oder einem Kartenspiel so manche internen Informationen fallen lassen. Auf diesem Wege erfährt Hilde auch von den Intrigen, die hinter Brandts Rücken geschmiedet werden. Wird sie die Informationen für sich behalten?
Brigitte Glaser hat mit ihrem Buch „Rheinblick“ einen absolut würdigen Nachfolger für ihr Werk „Bühlerhöhe“ vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und angenehm zu lesen, unterschwellig immer mit einer gewissen atmosphärischen Schwingung versehen, fesselt das Buch ab der ersten Seite. Die Autorin versteht es hervorragend, den Leser in die jüngste deutsche Vergangenheit zu ziehen und hautnah den Politzirkus mit seinem Machtgehabe und seinen Intrigen und geheimen Abmachungen mitzuverfolgen. Die Autorin lässt unter Verwendung von historisch belegten Persönlichkeiten und sehr guter Hintergrundrecherche den Leser auch den damaligen Zeitgeist sowie die gesellschaftlichen und sozialen Verhältnisse kennenlernen, wo Frauen noch immer für die Ehe, den Haushalt und die Familie zuständig waren und es noch galt, dass die Erlaubnis des Ehemanns vorliegen musste, damit eine Frau arbeiten durfte. Gleichzeitig galten die 70er Jahre als das Jahrzehnt des Aufbruchs, wo viele Studenten auf die Straße gingen, um für ihre Ansichten zu kämpfen. Wunderbar fließend verknüpft Glaser Realität mit Fiktion und macht die erzählte Geschichte zu einem echten Erlebnis, das die Erinnerung an die damaligen Ereignisse wieder ins Gedächtnis ruft. Obwohl die Handlung schon spannend genug ist, setzt Glaser noch einen zusätzlichen Höhepunkt durch einen ungeklärten Mordfall, der einige Verwicklungen nach sich zieht.
Die Charaktere sind sehr gut geschliffen und detailliert in Szene gesetzt. Individuelle Eigenschaften gepaart mit der guten Beobachtungsgabe der Autorin lassen sie durchweg sehr realitätsgetreu und authentisch wirken. Der Leser darf sich unsichtbar zwischen ihnen bewegen und ihnen über die Schulter schauen. Brandt ist ein schwieriger Patient, nimmt keine Rücksicht auf sich selbst, sondern ist mit Haut und Haar bei den Koalitionsverhandlungen. Dabei kennt er keine Schonung, waswas seiner Gesundheit nicht gerade zuträglich ist. Krankenschwester Sonja fällt die besondere Aufgabe zu, sich um Brandt zu kümmern. Doch Sonja ist mit ihren Gedanken bei ihrer jüngeren Schwester, die spurlos verschwunden ist. Ihre familiären Verhältnisse sind nicht gerade rosig zu nennen. Hilde ist bereits Witwe und muss sich mit dem frisch-renovierten Rheinblick irgendwie durchbringen, auch wenn die Schulden ihr die Luft abschnüren. Sie gilt als verschwiegen und integer, doch weiß Hilde selbst am besten, dass dem nicht so ist. Max verdient sich seinen Lebensunterhalt als Taxifahrer, dabei ist er Student und lebt mit Sonja in einer WG. Er flirtet gerne und ist ein netter Kerl. Die Journalistin Lotti ist für kurze Zeit ebenfalls Mitglied in der WG. Sie hat den Auftrag für eine Bonner Reportage, doch der Mord lässt sie in andere Richtungen forschen. Auch die weiteren Protagonisten stützen die komplexe Handlung und machen sie rundum sehr gelungen.
„Rheinblick“ ist nicht nur ein wahnsinnig spannender und atmosphärischer Roman, sondern eine tolle Zeitreise in die jüngste deutsche Vergangenheit, wo der Aufbruch seinen Anfang nahm. Absolute Leseempfehlung für ein Highlight dieses Jahres - Chapeau!