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Veröffentlicht am 11.08.2017

Der Traumladen

Der Hochzeitsladen
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100 Jahre ist es bereits her, dass der „Hochzeitsladen“ in der Kleinstadt Heart’s Bend/Tennessee eröffnet wurde und jahrelang von Cora Scott, der Nichte der Gründerin geführt wurde. Darin konnte sie doch ...

100 Jahre ist es bereits her, dass der „Hochzeitsladen“ in der Kleinstadt Heart’s Bend/Tennessee eröffnet wurde und jahrelang von Cora Scott, der Nichte der Gründerin geführt wurde. Darin konnte sie doch vielen Bräuten ein liebevolles Umfeld und die Erfüllung ihrer Kleiderträume bieten. Coras heimlicher Traum war immer Rufus gewesen, doch wird sie dieses Glück jemals ereilen? Nun steht dieser Laden seit langem leer und ein Investor möchte das heruntergekommene Geschäft abreißen. Doch der hat nicht mit Haley gerechnet, die gerade in ihre Heimatstadt zurückgekehrt ist, nachdem ihre beste Freundin Tammy an Krebs gestorben ist und auch ihre Beziehung in die Brüche ging. Haley will neu durchstarten und da kommt ihr der Hochzeitsladen wie gerufen, erinnert er sie doch an ein altes Versprechen. Haley krempelt die Ärmel hoch, doch immer wieder hat sie mit allen möglichen Problemen zu kämpfen, es ist wie verhext! Wird ihr Neuanfang mit dem Hochzeitsladen in Heart’s Bend gelingen und ihr eine neue Zukunft geben?

Rachel Hauck hat mit ihrem Buch „Der Hochzeitsladen“ einen wunderschönen gefühlvollen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist einfühlsam, dabei aber flüssig und einnehmend. Der Leser findet sich schnell in dem kleinen Örtchen Heart’s Bend wieder und begleitet Haley bei all ihren Unternehmungen, erlebt die Schwierigkeiten bei der Gründung eines Unternehmens und die Hoffnungen, Zweifel und Träume von Haley hautnah mit. Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt, der eine behandelt Haley und die Gegenwartssituation, der andere lässt den Leser am Leben von Cora Scott in den 30er Jahren teilhaben. So hat man einen schönen Vergleich zwischen der Vergangenheit und Gegenwart des Ladens und dem Leben seiner jeweiligen Besitzerin, die allerdings auch irgendwie miteinander verbunden sind. Vier Personen kommen in diesem Buch zu Wort, die jeweils aus ihrer Sicht zur Geschichte beitragen. Gerade diese Perspektivwechsel geben einen schönen Rundumblick über Verhältnisse untereinander und auch die Beziehung zu dem Laden. Auch den Hochzeitsladen selbst beschreibt die Autorin so liebevoll und lebendig, dass er vor dem inneren Auge des Lesers regelrecht zum Leben erweckt wird.

Den Charakteren wurde mit viel Liebe Leben eingehaucht. Sie alle haben ihre Eigenheiten, Ecken und Kanten, wurden vom Schicksal gebeutelt und kämpfen sich durch Schwierigkeiten. Gerade deshalb wirken sie lebendig und authentisch. Haley ist eine junge Frau, die gerade einige Schläge verkraften musste, vor allem der Tod ihrer besten Freundin macht ihr schwer zu schaffen. Aber auch der Betrug durch ihren Ex ist nicht spurlos an ihr vorbeigegangen. Aber sie ist eine mutige Frau, die anpacken kann und sich eine neue Zukunft schaffen und ihrem Leben einen neuen Sinn geben möchte. Dabei muss sie sich aber auch auf Gott einlassen. Cora ist ebenfalls eine starke Frau, der ihr Glaube wichtig ist und die anderen gern bei der Verwirklichung ihrer Träume behilflich ist. Insgeheim hofft und wartet sie auf die Erfüllung ihres eigenen. Cole ist ein netter Mann, hilfsbereit und tatkräftig. Birch ist ein warmherziger Kerl, gutmütig und selbstlos kümmert er sich um Cora. Auch die anderen Protagonisten geben mit ihrem Erscheinen der Handlung weitere Impulse und machen die ganze Lektüre rund.

Der christliche Aspekt findet sich in diesem Roman sowohl in der Handlung als auch in den Dialogen der Charaktere wieder. Es geht um Vergebung, Hoffnung und Liebe, auch zu sich selbst. Doch auch Gottes Hilfe ist hier ein Thema, denn mit dem Glauben an ihn und dem „sich in seine Hände geben“ erfährt der Mensch immer wieder Unterstützung in den Fragen des Lebens und seinen Einfluss auf die alltäglichen Dinge.

„Der Hochzeitsladen“ ist ein wunderschönes Buch über Hoffnungen, Träume, über das Leben und die Ergreifung von Möglichkeiten. Absolute Leseempfehlung für ein sehr romantisches Lesevergnügen!

Veröffentlicht am 06.08.2017

Herzenswünsche

Das Leuchten einer Sommernacht
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Lynne leitet in Wales die Organisation „Gute Fee“ und erfüllt Herzenswünsche von kleinen schwerkranken Kindern. Diesmal ist die 9-jährige und an Mukoviszidose erkrankte Winnie an der Reihe, die sich einen ...

Lynne leitet in Wales die Organisation „Gute Fee“ und erfüllt Herzenswünsche von kleinen schwerkranken Kindern. Diesmal ist die 9-jährige und an Mukoviszidose erkrankte Winnie an der Reihe, die sich einen Tag mit ihrem Lieblingsrugbyteam „Cardiff Greens“ gewünscht hat. Bei diesem Wunschtreffen begegnet Lynne ihrer großen Jugendliebe Reed Rivers, die waren in ihrer Kindheit bis zu ihrer Trennung unzertrennlich und haben sich seit 12 Jahren nicht mehr gesehen. Reed ist in den vergangenen Jahren in Neuseeland zum erfolgreichen und umschwärmten Sportler geworden und nun der neue Kapitän der „Cardiff Greens“. Das Zusammentreffen ist für Lynne ein Schock, die Vergangenheit holt sie wieder ein, der Tag der Trennung ist so präsent wie nie. Aber auch die alten Gefühle von damals kommen wieder hoch. Lynne versucht, Reed so gut es geht aus dem Weg zu gehen, doch das lässt Reed nicht zu. Dabei hütet Lynne ein Geheimnis, von dem Reed nichts weiß und auch nie erfahren soll…

Ella Simon alias Sabrina Qunaj hat mit ihrem Buch „Das Leuchten einer Sommernacht“ einen sehr emotionalen und fesselnden Liebesroman vorgelegt, der sich kaum aus der Hand legen lässt. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig, bildhaft und gefühlvoll, der Leser ab der ersten Seite an Lynnes Seite, um hautnah ihre Gedanken, ihre Aktionen und ihr Gefühlsleben mitzuerleben. Die Handlung wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, der Leser erfährt sowohl Lynnes als auch Reeds Sichtweise der Dinge, aber auch Winnies Mutter Jen kommt zu Wort. So bekommt man einen Rundumblick über die Gegenwart und die Vergangenheit der Hauptprotagonisten, gleichzeitig erlebt der Leser die Sorgen und Nöte einer alleinerziehenden Mutter mit schwerkrankem Kind. Beide Geschichten laufen parallel nebeneinander her, sind aber auch miteinander verbunden, so das ein schönes rundes Bild entsteht. Die Autorin versteht es auf besondere Weise, die Klaviatur der Emotionen beim Leser zum Klingen zu bringen. Es wird ein Wechselbad der Gefühle geboten, man trauert, leidet mit, freut sich und hofft auf das große Glück.

Die Charaktere wurden sehr liebevoll ausgearbeitet und in Szene gesetzt. Sie besitzen neben den alltäglichen Sorgen und Problemen alle auch ihre Eigenheiten, Ecken und Kanten und wirken aufgrund dessen sehr authentisch und lebensecht. Der Leser kann sich meist sehr gut in sie hineinversetzen und manchmal kommt das Gefühl auf, einen von ihnen sogar persönlich zu kennen. Lynne ist eine sympathische Frau mit einer bewegten Vergangenheit. Sie wirkt zurückhaltend, aber in ihrer Arbeit für schwerkranke Kinder blüht sie regelrecht auf. Sie ist hilfsbereit, begeisterungsfähig und nicht sehr eitel. Reed ist ein attraktiver Mann, der in seiner Kindheit unter ADHS leidet und dies sein ganzes bisheriges Leben geprägt hat. Er besitzt viel Charme, Humor und Überzeugungskraft. Diese versucht er auch bei der kleinen Winnie und bei Lynne einzusetzen. Winnie ist ein nettes Mädchen, das oftmals viel zu weise daher kommt, als es für ihr Alter normal ist. Doch es scheint, als besäße sie Antennen für die sehr feinen Untertöne, die die Erwachsenen während eines Gespräches fallen lassen. Sie ist aber auch ein normales Mädchen mit Ängsten, weil sie mit einer schweren Krankheit leben muss. Jen ist Winnies liebenswerte Mutter, deren Ehemann sie sitzengelassen hat und die all ihre Kräfte sammelt, um Winnie ein schönes und möglichst normales Leben zu bieten. Sie hat Angst, nochmals enttäuscht zu werden, aber vor allem, ihren kleinen Engel Winnie zu verlieren. Jen hat allerdings großes Glück mit ihren Freunden, die ihr genug Freiräume geben, um Winnie bei ihren Behandlungen zu begleiten. Oliver ist ein sympathischer Mann und Jens Chef im Pub, gleichzeitig aber auch der ehemals beste Freund ihres Mannes. Auch die übrigen Nebenprotagonisten sind so liebenswert gezeichnet und geben der Handlung mit ihrem Auftreten und ihren Dialogen schöne Impulse oder treiben die Spannung weiter nach oben.

„Das Leuchten einer Sommernacht“ ist nicht nur ein wunderschön erzählter Liebesroman mit herrlichen Charakteren, sondern vereint auch ernste Themen wie ADHS, Verlust sowie den Umgang mit schwerkranken Kindern in sich. Wer gern durch eine Achterbahn der Gefühle rauscht beim Lesen, ist bei diesem Buch absolut richtig aufgehoben. Absolute Leseempfehlung für ein Highlight dieses Jahres!

Veröffentlicht am 05.08.2017

Annas Suche nach der Wahrheit

Die Grenzen der Wahrheit
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1897 Washington. Die junge und alleinstehende Bibliothekarin Anna O’Brian hat mit ihrer Stellung in der Kongressbibliothek in Washington ihren absoluten Traumjob, wenngleich Frauen hier nur geduldet sind. ...

1897 Washington. Die junge und alleinstehende Bibliothekarin Anna O’Brian hat mit ihrer Stellung in der Kongressbibliothek in Washington ihren absoluten Traumjob, wenngleich Frauen hier nur geduldet sind. Annas Vater war Kartograph auf der U.S.S. Culpepper und seit seinem Tod bei einem Schiffsunglück hat Anna nur noch seine Briefe zur Erinnerung. Doch seine letzten Zeilen stellt sie nach dem Fund einer alten Wetterkarte in Frage. Sie will unbedingt herausfinden, was mit ihrem Vater passiert ist und wendet sich an die Navy, doch die begegnen Anna mit Misstrauen und Härte, warnen sie sogar davor, weiter nachzuforschen. Das stachelt Anna erst recht an, weiter zu machen, obwohl sie bald herausfindet, dass man sie verfolgt und ihr nachstellt. Durch ihre Arbeit in der Bibliothek lernt sie den charismatischen Kongressabgeordneten Luke Callahan kennen und bittet ihn spontan um Hilfe, während sie für ihn aufwendige Recherchearbeiten erledigt, die ihm bei einem neuen Steuergesetz helfen sollen. Schnell freunden sich die beiden an, obwohl sie doch so verschieden sind. Wird es Anna gelingen, endlich die Wahrheit über den Tod ihres Vaters zu erfahren?

Elizabeth Camden hat mit ihrem Buch „Die Grenzen der Wahrheit“ einen sehr spannenden historischen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist schön flüssig und bildgewaltig, er weiß von Beginn an zu fesseln und ist zudem mit einem feinen Witz nuanciert. Der Leser ist sofort an der Seite von Anna O’Brian, lernt sie, ihre Gedanken und Gefühle genau kennen sowie ihre Lebenssituation und ihre Liebe zu Büchern. Die Beschreibung der Kongressbibliothek ist so bildhaft, dass sie vor dem inneren Auge wie ein Foto erscheint. Besonders interessant sind auch die Einschübe über das Patentamt und welche Erfindungen und Neuerungen zur damaligen Zeit dort angemeldet wurden. Die politischen Sitzungen wurden von der Autorin ebenso sehr schön dargestellt wie die aufwendige Recherchearbeit um Anfragen des Kongresses und seiner Mitglieder.

Die Charaktere sind sehr schön ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Sie wirken voller Leben und sehr real. Anna ist eine Frau mit Prinzipien und einem festen Glauben an die Wahrheit. Sie ist oftmals unsicher in Bezug auf ihre Stimme, der Ursprung liegt in einem Unglück in ihrer Vergangenheit und einer nicht gerade liebevollen Kindheit begründet. Sie ist hilfsbereit, aber auch schlagfertig, und ihre Liebe gilt allein den Büchern, denn sie sieht sich bereits als alte Jungfer, der keine Ehe mehr beschieden sein wird. Neville ist Annas bester Freund seit ihrer gemeinsamen Kindheit. Er hat einen Tick und wurde in der Kindheit aufgrund dessen immer gehänselt. Neville ist immer für Anna da, hilft ihr, wo es nur geht und lässt sie die neuesten Erfindungen ausprobieren, wenn sie dafür mal über ihren Schatten springt und etwas Mut aufbringt. Luke Callahan hat Charisma, einen aufbrausenden Charakter, Arroganz und dabei ist er so charmant und schlagfertig, dass die Wortgefechte, die er sich mit Anna liefert, ein reines Lesevergnügen sind. Luke hat selbst einen schwierigen Familienbackground und tut alles dafür, dass er in der Gesellschaft besteht und nicht in ererbte Muster fällt. Er ist dickköpfig, stur, aber auch selbstlos und ein Helfer in der Not. Auch die anderen Protagonisten wie Lukes Neffe Philipp oder Annas Vorgesetzter sind wahre Highlights in diesem Roman, dessen Handlung von den vielen Nebenprotagonisten ebenso profitiert wie von den politischen Hintergründen einer spannenden Zeitepoche.

Auch der christliche Aspekt wurde von der Autorin sehr schön herausgearbeitet. Das Hauptthema ist hier Verzeihen und Vergebung, aber auch das Vertrauen ist ein wichtiger Bestandteil. Sowohl Anna als auch Luke wurden durch ihren familiären Hintergrund geprägt und mussten auf ihre eigene Weise verzeihen bzw. anderen vertrauen lernen. Dies wurde auf sehr schöne Weise durch die Autorin in Gesprächspassagen hervorgehoben.

„Die Grenze der Wahrheit ist ein wirklich fesselnder und komplexer historischer Roman, der eine schöne Liebesgeschichte, aber auch interessante geschichtliche Details und komplexe Charaktere in sich vereint. Hierfür kann es nur eine absolute Leseempfehlung geben, denn solch Buch lässt ein Leserherz höher schlagen!

Veröffentlicht am 05.08.2017

Was ist die Wahrheit?

Die gute Tochter
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Vor 28 Jahren, als ihr Vater Rusty, ein Anwalt für den Abschaum der Gesellschaft und deshalb kaum für seine Familie da, nicht daheim ist, müssen die 13-jährige Charlie und ihre Schwester Sam miterleben, ...

Vor 28 Jahren, als ihr Vater Rusty, ein Anwalt für den Abschaum der Gesellschaft und deshalb kaum für seine Familie da, nicht daheim ist, müssen die 13-jährige Charlie und ihre Schwester Sam miterleben, wie maskierte Männer ihr Zuhause überfallen und ihre Mutter Gamma ermorden. Charlie selbst floh damals mit ihrer Schwester in den Wald, wo sie von den Tätern gejagt wurden, aber entkommen konnten. Heute ist Charlie selbst eine erfolgreiche Anwältin. Bei einem Amoklauf an einer Schule, deren Zeugin sie wird, wird sie von der Vergangenheit regelrecht überrollt. Die Bilder in ihrem Kopf machen ihr zu schaffen und sie will unbedingt herausfinden, was damals wirklich im Wald geschah. Wo war ihr Vater und weshalb mussten sie durch dieses Martyrium?

Karin Slaughter ist für Hochspannung weltbekannt und hat mit ihrem Buch „Die gute Tochter“ wieder einmal einen hochspannenden Thriller vorgelegt, den man kaum aus der Hand legen kann. Slaughters Schreibstil ist flüssig, bildhaft und fesselnd; der Leser wird schon mit den ersten Seiten in eine verstörende Szenerie der Vergangenheit geworfen und erlebt hautnah die Qualen der beiden Schwestern mit. Der Spannungsbogen wird gleich zu Beginn recht hoch angelegt, flacht dann wieder etwas ab, um erneut in die Höhe zu schnellen und sich bis zum Ende konstant auf hohem Niveau zu halten. Der Autorin gelingt es perfekt, den Leser durch Wendungen und Überraschungen an der Nase herumzuführen und ihn in Rätsel zu verstricken, was der Fall von damals mit dem von heute wohl zu tun haben könnte. Dabei lässt sie dem Leser nur stückchenweise Informationen zukommen, sei es über die Familientragödie und ihre Folgen, einzelnen Charaktere oder über die beiden Verbrechen, so dass man erst nach und nach erfährt, wie alles zusammenhängt und was die eigentliche Wahrheit ist.

Die Charaktere wurden sehr gut ausgearbeitet und haben alle ihre Eigenheiten, sie wirken lebendig, echt und authentisch. Charlie ist eine sympathische Frau, die in ihrem Leben schon einiges ertragen musste. Trotzdem lässt sie sich nicht unterkriegen und bleibt an dem Ort, der ihr so viele schmerzliche Erinnerungen beschert hat, um sich als Anwältin für ihre Klienten einzusetzen. Sie ist selbstbewusst und offen, aber sie lässt auch niemanden zu nah an sich heran. Sam lebt in New York und hat den Kontakt zu ihrer Familie seit Jahren nicht mehr gesucht. Sie will alles vergessen, was passiert ist und die Personen gleich mit. Doch so einfach geht das nicht, denn sie liebt ihre Schwester und ihren Vater und vermisst sie dementsprechend. Vater Rusty ist ein etwas verschrobener und chaotisch wirkender Mann, der in allen Menschen immer nur das Gute sehen will. Als Anwalt versucht er, das Beste für seine Klienten herauszuholen. Doch das ist nicht jedem recht. Auch die anderen Protagonisten sind gut gewählt und besetzt, sie stützen mit ihren Episoden die Handlung und steigern die Spannung.

„Die gute Tochter“ ist ein fesselnder und spannender Thriller um eine Familientragödie, der dem Leser unter die Haut geht, mit seinen Emotionen spielt und jede Menge Nervenkitzel verursacht. Alle, die eine gute und temporeiche Geschichte lieben und das Gänsehautfeeling dabei spüren möchten, werden dieses Buch nicht aus der Hand legen. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 30.07.2017

Die zerbrochenen Träume der Lucia Joyce

Die Tänzerin von Paris
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1928. Lucia Joyce lebt mit ihrem Vater, dem berühmten Schriftsteller James Joyce, ihrer Mutter und ihrem Bruder Giorgio momentan in Paris. Die Familie hält sich mit Geldern von reichen Mäzenen über Wasser. ...

1928. Lucia Joyce lebt mit ihrem Vater, dem berühmten Schriftsteller James Joyce, ihrer Mutter und ihrem Bruder Giorgio momentan in Paris. Die Familie hält sich mit Geldern von reichen Mäzenen über Wasser. Lucia fühlt sich wohl in der französischen Metropole, wo sie sich ganz ihrer Leidenschaft, dem Tanz, widmen möchte, denn sie ist laut ihrer Lehrer sehr talentiert. Doch leider fehlt ihrer Familie jegliches Verständnis für ihre Passion, sondern hofft eher auf eine Heirat mit einem reichen Mann, um das Familienaufkommen zu sichern. Lucias Tanzleidenschaft wird eher belächelt, so wird sie im Haushalt eingespannt und muss auch für ihren Vater ständig Botengänge erledigen. Lucia sollte am besten nur für die Familie da sein, sie hat das Gefühl, bei all der Enge ersticken zu müssen. Da trifft sie auf den jungen Samuel Beckett, in den sie sich mit Haut und Haaren verliebt. Sie träumt schon von einer Hochzeit, nicht nur, um mit Sam zusammen zu sein, sondern auch ihrem häuslichen Gefängnis zu entfliehen. Doch erwidert Sam ihre Gefühle? Wird sie eine goldene Zukunft haben an der Seite des Mannes, den sie liebt?

Annabelle Abbs hat mit ihrem Buch „Die Tänzerin von Paris“ einen sehr eindrücklichen semi-biographischen Roman vorgelegt über die Tochter von James Joyce, für den sie ausführlich recherchiert hat und mit ihren Worten Lucia Joyce wieder zum Leben erweckt. Der Schreibstil ist flüssig, manchmal sogar richtig poetisch. Der Leser steht von Beginn an Lucia als unsichtbarer Schatten zur Seite und erfährt alles über ihre Gedanken, Gefühle, ihre Familie und ihre Tanzleidenschaft. Die Handlung ist in zwei unregelmäßig wechselnden Erzählsträngen unterteilt, wobei der eine die Zeit in Paris ab 1928 schildert, während der andere Lucias Gespräche mit dem Psychiater Dr. Jung in dessen Praxis wiedergibt, die im Jahr 1934 beginnen und Lucias Seele offenbaren sollen, da sie als schwermütig gilt. Sehr eindringlich gibt die Autorin Empfindungen und Eindrücke wieder, die den Leser oftmals zwischen Mitleid, Unverständnis und Ambivalenz schwanken lassen. Gerade zu einer Zeit, als Frauen immer mehr für ihre Rechte kämpften, zeichnet sie ein Bild von einer talentierten Frau, die nicht weiß, wie sie sich durchsetzen soll, hin und hergerissen von den Erwartungen, die andere an sie stellen.

Bei den Charakteren hält sich Annabelle Abbs an Personen, die es tatsächlich gegeben hat. Sie zeichnet sie allerdings nach eigenem Gusto und gibt so dem Leser ein recht eindimensional gefärbtes Bild wieder, denn auch sie selbst hat die Menschen nicht persönlich kennengelernt. Die Protagonisten wirken dennoch sehr lebendig und authentisch und spiegeln die Realität recht gut wieder. Lucia ist eine junge Frau, die tänzerisches Talent besitzt und alles für ihren Traum tun würde, eine große Tänzerin zu werden. Allerdings liebt sie auch ihre Familie sehr und lässt sich von ihnen recht stark vereinnahmen. Sie ist sich ihrer selbst nicht sicher und es fehlt ihr an Stärke und Mut, sich durchzusetzen. Lucia ist eine Träumerin, die nicht in der Lage ist, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen. James Joyce ist das unverstandene Genie, das auf Kosten anderer seine Familie ernährt und dessen Welt sich nur um ihn und seine Bedürfnisse dreht. Lucia bezeichnet er als seine Muse und am liebsten wäre es ihm, wenn sie nur für ihn in den eigenen vier Wänden tanzen würde. Mutter Nora ist eine ständig nörgelnde und eifersüchtige Frau, die kein gutes Haar an ihrer eigenen Tochter lässt, dafür liebt sie Sohn Giorgio umso mehr. Dieser ist ein oberflächlicher, geldgieriger und hinterhältiger Kerl, dem es nur um sich selbst geht, dafür würde er sogar seine Schwester opfern. Samuel Beckett ist ein undurchsichtiger Charakter. Er spricht wenig von sich selbst, schürt bei Lucia allerdings Hoffnungen, dabei geht es ihm nur darum, in der Nähe des großen James Joyce zu sein, vermutlich, um sich ein wenig in seinem Ruhm sonnen zu können. Dr. Jung ist Psychiater und wirkt auf den Leser erst einmal unsympathisch, impertinent und fordernd. Allerdings sollte man hier nie den Kontext vergessen, dass er als Arzt versucht, eine Lösung für Lucias Probleme zu finden. Auch die übrigen Protagonisten sind so besetzt, dass sie der Handlung zusätzlich Farbe und Spannung verleihen.

„Die Tänzerin von Paris“ ist ein eindrucksvoller und bedrückender Roman über ein gescheitertes Leben, über unerfüllte Träume und über das Fehlen von Durchsetzungsvermögen. Die Dramatik dieser Geschichte lässt den Leser nachdenklich zurück und traurig zurück ob der verpassten Chancen und der Manipulation eines jungen Lebens. Absolute Leseempfehlung für ein intensives Leseerlebnis!