Profilbild von ElisabethBulitta

ElisabethBulitta

Lesejury Star
offline

ElisabethBulitta ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit ElisabethBulitta über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.10.2018

Ein dunkles Geheimnis

Ira
0

Bei „Ira. Zorn des Taaffeits“ handelt es sich um das Erstlingswerk und den Auftakt zu einer Krimireihe um Edda Betony von Alexandra Schmidt. Das Buch ist 2018 bei BOOKS on DEMAND erschienen und umfasst ...

Bei „Ira. Zorn des Taaffeits“ handelt es sich um das Erstlingswerk und den Auftakt zu einer Krimireihe um Edda Betony von Alexandra Schmidt. Das Buch ist 2018 bei BOOKS on DEMAND erschienen und umfasst 232 Seiten.
Die 30-jährige Edda Betony erfährt, dass ihr Cousin Tewes entführt wurde. Kurz entschlossen macht sie sich zusammen mit dessen Bruder Gunnar auf den Weg, die Entführer aufzuspüren. Dabei stoßen die Beiden nicht nur bei Carl, dem Familienoberhaupt, auf eine Mauer des Schweigens, darüber hinaus führen die Umstände sie auch tief in Eddas Familiengeschichte zurück, in der es einige Geheimnisse gibt.
Mit dem einleitenden Prolog, der in die Leser/innen in die Vergangenheit zurückversetzt, tun sich gleich eine Menge Fragen auf, allen voran, welches Geheimnis der junge Mann tief im Steinlinder Stausee zu versenken gedenkt. Nach einem Zeitsprung in die Gegenwart, der mit einer bildhaften Darstellung eines deutschen Frühsommertages beginnt, werden die Lesenden dann mitten ins Geschehen, nämlich die Entführung, hineingezogen. Mit diesen beiden Elementen gelingt es der Autorin sehr gut, einen Spannungsbogen aufzubauen, der sich durch das gesamte Geschehen hindurchzieht. Häppchenweise erhalten die Leser/innen während des Lesens neue Informationen über das im Prolog Geschehene und dessen Hintergründe, was der Spannung und Neugier immer weiteren Aufwind gibt und die Leser/innen bis zum Ende mitfiebert lässt. Bevor in einem ruhigeren Ende und einem abschließenden Epilog alle noch offenen Fragen geklärt werden, präsentiert die Autorin gegen Ende noch einmal einen actionreichen, dramatischen Showdown. Der Roman ergibt schließlich ein in sich geschlossenes Ganzes.
Die Zahl der Protagonisten ist übersichtlich, sie entstammen vor allem zwei Familien, die seit vielen Jahren ein Schicksal miteinander teilen, wobei lediglich die beiden Familienväter dieses kennen und die Lesenden gleichsam parallel zu den übrigen Protagonisten dasselbe ergründen. Die jeweiligen Charaktere sind gut beschrieben und das Geschehen wird aus jeweils wechselnden Perspektiven geschildert, was ebenfalls einen Einblick in die Personen vermittelt. Mir persönlich erschienen die Figuren jedoch teils recht naiv, ihre Handlungsweise konnte ich nur bedingt nachvollziehen, z.B. wenn die Protagonisten sich während ihrer Gefangenschaft wie junge Kinder streiten oder Edda, während ihr Cousin gefangen gehalten wird, auf die Idee kommt, schwimmen zu gehen. Hier hätte ich mir Protagonisten gewünscht, die mehr entsprechend ihrem Alter, das zwischen 30 und 45 liegt, agierten. Sehr gut indes hat mir die Darstellung der beiden Väter gefallen.
Stil und Sprache der Autorin sind eingängig und leicht zu lesen, weshalb man beim Lesen flott vorankommt. Als etwas ungewandt empfand ich einige Formulierungen, was mich beim Lesen leicht irritierte, wenn z.B. eine Figur „bitter schmunzelt“. Bei beschreibenden Szenen beweist Alexandra Schmidt jedoch, dass sie fähig ist, Sprache pointiert und sehr ansprechend zu verwenden.
Insgesamt handelt es sich bei diesem Kriminalroman um eine spannende , solide konstruierte Geschichte, die Leserinnen und Leser zu packen vermag und bis zum Ende miträtseln lässt. Eine etwas flüssigere Sprache und „erwachsenere“ Protagonisten hätten mir noch mehr zugesagt, doch hat mir das Buch alles in allem einige schöne Lesestunden beschert und ich bin gespannt, wie es mit der Familie Betony/Hederich weitergeht.

Veröffentlicht am 16.10.2018

Dunkle Geheimnisse in der Elbmarsch

Totenweg
0

Bei „Totenweg“ von Romy Fölck handelt es sich um den ersten Band der Kriminalromanreihe um das Ermittlerduo Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn. Er ist 2018 bei Bastei Lübbe erschienen und umfasst 380 Seiten.
1998: ...

Bei „Totenweg“ von Romy Fölck handelt es sich um den ersten Band der Kriminalromanreihe um das Ermittlerduo Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn. Er ist 2018 bei Bastei Lübbe erschienen und umfasst 380 Seiten.
1998: In einem kleinen Dorf in der Elbmarsch wird die 14-jährige Marit ermordet aufgefunden. Der Mord konnte nie aufgeklärt werden und beeinflusst fortan das Leben ihrer gleichaltrigen Freundin, Frida Paulsen, und des damaligen leitenden Ermittlers, Bjarne Haverkorn.
Etwa zwanzig Jahre später: Im Dorf ereignet sich erneut ein Verbrechen, Fridas Vater wird niedergeschlagen. Frida, die inzwischen bei der Polizei arbeitet, kehrt in ihr Heimatdorf zurück. Dort trifft sie erneut auf Haverkorn, dessen Ermittlungen sie unterstützen möchte. Dabei werden die beiden von ihrer Vergangenheit eingeholt und machen sich nicht nur an die Lösung des neuen, sondern auch an die des alten Falles. Bald stellt sich heraus, dass die junge Polizistin in ihrer Jugend einiges verschwiegen hat, was der Klärung des Falles dienlich hätte sein können.
Romy Fölck präsentiert mit ihrem Krimi eine in sich geschlossene, logisch aufgebaute Geschichte, die vor allem auf zwei Zeitebenen spielt: Neben der eigentlichen Handlung in der Gegenwart kommt es immer wieder zu Rückblenden in die Vergangenheit, wie es bei der Aufklärung eines Cold Case auch sein sollte. Die beiden Ebenen sind gut voneinander zu unterscheiden und durchziehen den gesamten Roman. Immer wieder erhält der Leser dabei auch Einblicke in Romys Jugendzeit, die allerdings für den Verlauf der Handlung nur bedingt vonnöten sind.
Die Erzählung beginnt recht unspektakulär, es werden vor allem die Charaktere und der Handlungsort beschrieben. Über weite Strecken werden die Probleme dargestellt, mit denen Frida nun, da sie den Apfelhof ihres Vaters leiten muss, zu kämpfen hat. An Spannung lässt es hier sehr missen. Erst allmählich wird der Leser zur eigentlichen Handlung geführt. Überraschungen und Wendungen gibt es kaum, stattdessen wird einigen Nebenschauplätzen großer Raum zugemessen. Erst im letzten Drittel des Romans entwickelt sich ein Spannungsbogen. Das Ende des Krimis ist wenig überraschend.
Die Zahl der Charaktere ist übersichtlich, ihre Beschreibung ansprechend. Allerdings fehlte es mir an ihrer inneren Entwicklung und Tiefe. Frida handelt, obgleich sie Polizistin ist, recht naiv, Bjarne hat sehr mit privaten Problemen zu kämpfen, die zu lösen er allerdings nicht fähig ist. Auch die Zusammenarbeit der Beiden erscheint mir wenig realistisch.
Gut gelingt es Fölck, die Atmosphäre des kleinen Dorfes in der Elbmarsch sowie ihrer Bewohner widerzuspiegeln, was den Roman für Liebhaber von Regionalkrimis gefallen dürfte und durchaus seinen Reiz hat.
Fölcks Sprache und Stil sind eingängig und leicht zu lesen, allerdings gelang es der Autorin nicht, mich in ihren Bann zu ziehen, sodass es mir beim Lesen des Romans einfach am „Flow“ fehlte.
Insgesamt handelt es sich bei diesem Roman um einen zwar solide konstruierten Krimi, der auch viele regionale Aspekte beherzigt und ansprechend darstellt, mir allerdings erschien er doch sehr langatmig, was meine Leselust hemmte. Die Story ist gut, aber bei der Umsetzung fehlte es mir einfach an Spannungselementen und Überraschungen, weshalb mich dieses Werk nur bedingt überzeugen konnte.

Veröffentlicht am 26.09.2018

Ein Thriller voller Potenzial, das leider noch nicht voll ausgeschöpft wurde.

Geschürte Angst
0

Bei Anna Snoekstras „Geschürte Angst“ handelt es sich um einen Thriller, der im September 2018 bei HarperCollins als E-Book erscheint.

In Colmstock, einer heruntergekommenen und von Arbeits- und Hoffnungslosigkeit ...

Bei Anna Snoekstras „Geschürte Angst“ handelt es sich um einen Thriller, der im September 2018 bei HarperCollins als E-Book erscheint.

In Colmstock, einer heruntergekommenen und von Arbeits- und Hoffnungslosigkeit geprägten Stadt, macht sich die Angst breit. Nicht nur, dass es immer wieder von Brandstiftungen heimgesucht wird, die auch schon ein Todesopfer gefordert haben, nun finden Anwohner auch noch Porzellanpuppen vor ihrer Haustür, die ihren jüngsten Töchtern bis aufs Haar gleichen. Während die Polizei im Dunkeln tappt, wittert die angehende Journalistin Rose ihre große Chance: Mit einer Zeitungsartikelreihe zu diesen jüngsten Ereignissen hofft sie, dieser Tristesse zu entkommen. Doch sie ahnt noch nicht, was für eine Lawine sie mit ihren Berichten lostritt.

Der Prolog, in dem der Brand eines Gebäudes geschildert wird, wirft schon einige Fragen auf: Wer ist für den Brand verantwortlich? Wer ist umgekommen? In dem sich anschließenden Einstieg in den eigentlichen Handlungsstrang, in dem Handlungsort und Hauptcharaktere eingeführt werden, gelingt es Snoekstra aber leider nicht, den im Prolog aufgebauten Spannungsbogen aufrechtzuerhalten. Zwar beschreibt sie sehr eindrücklich die Trostlosigkeit des ehemaligen Arbeiterstädtchens Colmstock und die Hoffnungslosigkeit seiner Bewohner, sodass der Leser sogleich in deren Atmosphäre hineingezogen wird, aber von Spannung ist über lange Strecken nichts zu spüren. Selbst die erste Begegnung mit den ominösen Porzellanpüppchen wird eher im Nebenbei erwähnt. Dieses ist ein Phänomen, dem man in diesem Roman immer wieder begegnet: Dramatische Ereignisse werden erwähnt und auch gut beschrieben, verpuffen aber nach kurzer Zeit wieder oder werden von nebensächlichen Erzählsträngen überdeckt. Teilweise springt die Verfasserin zudem sehr schnell von Begebenheit zu Begebenheit und von Perspektive zu Perspektive, was es schwierig macht, eine Stringenz im Handlungsverlauf zu erkennen. Erst auf den letzten 100 Seiten gelingt es ihr, an Rasanz und Spannung zuzulegen, die schließlich in eine fulminanten Finale enden, wenngleich auch von fehlender Logik begleitet. Meiner Meinung nach reicht das nicht, um die Defizite der ersten Romanhälfte wettzumachen.

Die Charaktere in dieser Erzählung sind vielschichtig gestaltet, wobei man aus Rose am Ende nicht wirklich schlau wird, ob sie aus den Ereignissen wirklich etwas gelernt hat oder nicht. Aber letztlich wird es für sie das Wichtigste sein, dass sie ihre Träume nun verwirklichen kann. Einzig Sergeant Frank präsentiert sich von Anfang bis Ende als egoistischer und narzisstischer Charakter, der seine verdiente „Strafe“ bekommt.

Der Titel des Buches, und das gefällt mir, wird schon recht früh ersichtlich: Zu Beginn des zweiten Romanteils spürt der Leser, wie sich Dank Roses Artikel nach und nach eine Atmosphäre von Sensationsgier und Angst in der Bevölkerung ausbreitet. Diese Entwicklung zieht sich auch durch den gesamten Thriller hindurch.

Neben dem eigentlichen Mysterium, der Frage, wer der Verantwortliche für den Porzellanpuppenfall ist, wird in diesem Roman beispielhaft und glaubwürdig dargestellt, wie es der Presse bzw. den Medien möglich ist, die Stimmung in der Bevölkerung zu manipulieren, indem die anfänglich nicht ernst genommenen Vorfälle allmählich zu dramatischen und brutalen Reaktionen führen. Auch welche Rolle die Presse eigentlich in unserer heutigen Gesellschaft spielt, wird kritisch hinterfragt: von Wahrheitsfindung – so es denn eine objektive Wahrheit gibt – weit und breit keine Spur. Weiter wird anhand von Roses Beispiel demonstriert, wie weit ein Mensch zu gehen vermag, um seinem dürftigen Dasein zu entfliehen und Karriere zu machen.

Snoekstra bedient sich einer einfachen, leicht zu lesenden Sprache, die dem Leser keinerlei Schwierigkeiten bereitet, den Roman flüssig zu lesen. Leider fehlt es aber auf der anderen Seite an sprachlichen Glanzlichtern, die den anspruchsvolleren Leser befriedigen könnten.

Das Cover des Buches spiegelt den Inhalt des Buches und vor allem die Trostlosigkeit des Handlungsortes wider: Eine einsame Straße für im mit Wolken durchwobenen Abendrot ins Nirgendwo.

Insgesamt ist „Geschürte Angst“ ein Buch, das die Bezeichnung „Thriller“ meiner Meinung nach nicht verdient, da es einfach keinen durchgehenden Spannungsbogen enthält. Mir persönlich fehlte beim Lesen einfach der „Flow“. Es ist schade, dass es Snoekstra – trotz vieler guter und lesenswerter Passagen – nicht geschafft hat, einen Thriller zu verfassen, der sich durchweg flüssig und spannend lesen lässt. Dass sie das Potenzial dazu hat, hat sie an vielen Stellen bewiesen. Es war nett, dieses Buch zu lesen, auch zwischen den Zeilen gesellschaftskritische Impulse zu erhalten, doch von einem wirklich guten Thriller erwarte ich dann doch mehr.

Veröffentlicht am 05.05.2019

Traue niemandem

Als Grace verschwand
0

Kathryn Crofts 362-seitiger Thriller „Als Grace verschwand“ ist im April 2019 bei Rütten & Loening erschienen.
18 Jahre liegt es nun schon zurück, dass Simone Porters sechs Monate alte Tochter Helena entführt ...

Kathryn Crofts 362-seitiger Thriller „Als Grace verschwand“ ist im April 2019 bei Rütten & Loening erschienen.
18 Jahre liegt es nun schon zurück, dass Simone Porters sechs Monate alte Tochter Helena entführt wurde. Nun meldet sich Grace und gibt an, ebendieses Mädchen zu sein. Doch bevor Simone dieser Behauptung nachgehen kann, verschwindet auch Grace. Und eine Suche beginnt, die nicht nur Simone in Gefahr bringt …
Um es vorweg zu sagen: Dieser Roman beinhaltet alles, was ein guter Thriller braucht: einen vielversprechenden Plot, undurchsichtige Charaktere, unerwartete Wendungen und ein überraschendes Ende. Aber leider bleibt er in seiner Ausführung seltsam farblos.
Gleich zu Beginn, beim ersten Treffen mit ihrer vermeintlich verschwundenen Tochter, Helena, reagiert Simone eher emotionslos. Was man anfangs noch darauf zurückführen kann, dass die vom Schicksal gebeutelte Mutter sich distanziert, um nicht erneut von ihren Hoffnungen enttäuscht zu werden, zieht sich durch den gesamten Roman: Es werden zwar Gefühle beschrieben, aber so richtig glaubhaft kommen sie nicht rüber. Auch die Tatsache, dass das Geschehen in der ersten Person und im Präsens geschildert wird, was eigentlich eine Identifikation mit der Protagonistin unterstützen sollte, kann hier keine Abhilfe schaffen. Während des gesamten Lesens gelang es mir nicht, wirklich in die Geschichte einzutauchen.
Plätschert die Handlung in der ersten Hälfte des Buches eher so vor sich hin, ohne dass ein wirklicher Spannungsbogen aufgebaut wird, gestaltet sie sich in der zweiten spannender, indem andere Vermisstenfällt und einige Verdächtige präsentiert werden. Aber auch hier gelingt es der Autorin trotz guter Ansätze nicht, den Funken überspringen zu lassen, denn Leserinnen und Leser bleiben einfach auf Distanz zum Geschehen und zu den Personen, was nicht zuletzt wohl auch auf die eher unspektakuläre sprachliche Gestaltung zurückzuführen ist.
Das Ende birgt dann doch einige Überraschungen in sich, und der Fall – oder sollte man lieber von „den Fällen“ sprechen? – wird logisch nachvollziehbar und wenig vorhersehbar aufgelöst. Doch auch hier, finde ich, wird den Emotionen und dem Spannungsbogen wiederum zu wenig Platz eingeräumt. Das Ende eröffnet dann einen Ausblick auf eine friedliche(re) Zukunft.
Geschickt indes – und modern – sind die beiden Erzählstränge, in denen das Geschehen geschildert wird: Auf der einen Ebene verfolgen wir Leser/innen Simones Suche nach ihrer Tochter und Grace, unterbrochen wird diese immer wieder durch die Bekenntnisse eines der am Verbrechen Beteiligten. Und hier fragt man sich wirklich unentwegt, wessen Gedanken wohl wiedergegeben werden.
Die Zahl der Charaktere ist überschaubar, auch ist man als Leser bei der Entwicklung derselben vor Überraschungen nicht gefeit: Mehrmals entpuppen sich die Figuren nicht als diejenigen, die zu sein sie vorgeben.
Alles in allem handelt es sich bei „Als Grace verschwand“ um einen Thriller, der gute Ansätze in sich birgt, dessen Potenzial aber leider nicht ausgeschöpft werden konnte: Ein Buch, das die Leser/innen eher auf Distanz hält, in seiner Ausführung recht blass erscheint und mich dem entsprechend nicht in seinen Bann ziehen konnte. Die zweieinhalb von fünf Lesesternen, die ich dem Buch gebe, resultieren vor allem aus dem wirklich guten Plot und den Überraschungsmomenten – die Ausführung indes, wie schon mehrmals angegeben, enttäuscht eher.

Veröffentlicht am 24.02.2019

Ich will ihnen etwas Gutes tun.

Sein Gelübde
0

Sabine Giesens 400-seitiger Thriller „Sein Gelübde“ ist im Oktober 2018 bei edition oberkassel erschienen.
In diesem Thriller wird das Schicksal zweier Ehepaare nacherzählt, die nicht nur durch Verwandtschaft, ...

Sabine Giesens 400-seitiger Thriller „Sein Gelübde“ ist im Oktober 2018 bei edition oberkassel erschienen.
In diesem Thriller wird das Schicksal zweier Ehepaare nacherzählt, die nicht nur durch Verwandtschaft, sondern auch durch eine Mordserie, die von den Siebzigern an die Eifel erfasst, miteinander verbunden sind: Eine/r von ihnen hat vor Jahren ein Gelübde abgelegt, in dem es darum geht, leidende Menschen von ihren Qualen zu erlösen.
Einen großen Teil dieses Thrillers nehmen Charakterstudien ein, die durchaus bewegend und auch bedrückend zu lesen sind. Intensiviert wird dieser Eindruck dadurch, dass der Roman zum großen Teil aus zwei Perspektiven erzählt wird: Neben der eigentlichen Handlung wird immer wieder zu den Gedanken des Mörders übergeblendet, die kursiv gedruckt sind. Ermittlungsarbeiten werden kaum dargestellt, was aber auch nicht vonnöten ist, da im Zentrum der Täter und seine Motivation stehen.
Insgesamt herrscht in diesem Werk eine düstere Stimmung vor, beginnende mit der trostlosen Jugend der Protagonisten, die sich nur scheinbar aus der Tristesse ihres Lebens befreien können. Zwar schaffen sie es, ihre Lebensträume zu verwirklichen, doch geschieht dieses mit einem bitteren Beigeschmack, denn so wirklich glücklich wird niemand.
Die erste Hälfte des Buches ist eindrucksvoll zu lesen, auch wenn mir schnell klar war, um wen es sich bei dem Mörder handelt. Es ist interessant, den Werdegang desselben zu verfolgen, jedoch driftet in der zweiten Hälfte die Handlung ins Absurde ab: Das eigentliche Mordmotiv wandert einfach zu sehr in den Hintergrund, und ein Zufall löst den anderen ab, was letztlich einfach zu viel des Guten ist und alles unglaubwürdig erscheinen lässt. Das Ende des Thrillers wiederum ist sehr überraschend und gibt Grund zur Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Die Zahl der Charaktere ist überschaubar, alle Figuren sind detailliert geschildert, sodass eine Identifikation mit denselben leichtfällt. Besonders interessant ist, dass man beim Lesen dieselben in chronologischer Reihenfolge durch ihr ganzes Leben hindurch begleitet: von den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts bis in die Gegenwart – eine Reise, die nicht nur das Leben der Charaktere, sondern auch gesellschaftliche Veränderungen widerspielt. Über weite Strecken des Erzählten leidet man beim Lesen mit den Protagonisten mit, mir ging es vor allem bei Susanne so, obgleich mich ihre Naivität ein wenig gestört hat.
Giesens Sprache ist leicht und flüssig zu lesen, die Kapitel sind kurz, sodass man beim Lesen flott vorankommt. Die Romanhandlung ist in der Eifel verortet, allerdings hat es mir beim Lesen an Lokalkolorit gefehlt, worauf ich bei Regionalkrimis und –thrillern großen Wert lege. Im Prinzip wäre der Handlungsort beliebig austauschbar.
Der Klappentext weckt meines Erachtens bei den Leser/innen falsche Erwartungen: Dort ist davon die Rede, dass „eine Mordserie die Menschen in Angst“ versetze, allerdings ist von Angst und Schrecken während des Lesens weit und breit nichts zu spüren, die Morde finden praktisch in einem luftleeren Raum statt, niemand scheint von ihnen wirklich Notiz zu nehmen.
Alles in allem handelt es sich bei „Sein Gelübde“ um einen Thriller, der es an Spannung missen lässt, der aber flüssig und teils sehr interessant zu lesen ist. Der Plot ist außergewöhnlich, jedoch hätte man mehr daraus machen können, vor allem was die Spannung, das Lokalkolorit und die Absurdität in der zweiten Hälfte betrifft.