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Veröffentlicht am 03.10.2018

Verschollen in Vietnam

Sag niemals stirb
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1970, Vietnamkrieg. Nahe der Grenze zu Laos stürzt unter ungeklärten Umständen eine Maschine der Air America ab. Vom Piloten, Wild Bill Maitland, und der Fracht verliert sich jede Spur.
20 Jahre später ...

1970, Vietnamkrieg. Nahe der Grenze zu Laos stürzt unter ungeklärten Umständen eine Maschine der Air America ab. Vom Piloten, Wild Bill Maitland, und der Fracht verliert sich jede Spur.
20 Jahre später reist seine Tochter, Wilone „Willy“ Maitland, nach Thailand, um ihrer im Sterben liegenden Mutter den letzten Wunsch zu erfüllen: den Verbleib Maitlands aufzuklären. Dort begegnet sie dem Paläontologen Guy Barnard, der ebenfalls auf der Suche ist – nach Friar Tuck, einem abtrünnigen Piloten, der während des Krieges mit dem Feind gemeinsame Sache gemacht hat. (während des Krieges seine ganz eigene Sache verfolgt hat.)
Gemeinsam reisen sie auf der Suche nach den Vermissten durch Vietnam. Als auf Willy ein Mordanschlag verübt wird und ihnen immer mehr Steine in den Weg gelegt werden, merken sie, dass sie einem gut gehüteten Geheimnis auf der Spur sind und jeder, der ihnen bei der Suche hilft, vom Tod bedroht ist.

Ein sehr spannender Thriller mit durchgängigem Spannungsbogen, der flüssig geschrieben ist und den Leser kaum zur Ruhe kommen lässt. Das Buch ist sehr plastisch geschrieben, sodass man vieles von dem, was man liest, bildlich vor Augen hat.
Im Laufe der Handlung treten immer wieder neue Personen und Organisationen auf, deren Zahl aber überschaubar bleibt, und bringen neue Rätsel mit sich. Man fragt sich während des Lesens immer wieder, auf welcher Seite nun die Protagonisten stehen und „fiebert“ richtig mit, sodass man das Lesen kaum unterbrechen mag.

Neben der eigentlichen Geschichte, einer Suche nach dem vermissten Vater, bei der die Protagonisten immer wieder auf Hindernisse stoßen, beinhaltet der Roman auch viele Einsichten in den (Vietnam-)Krieg und das Kriegswesen allgemein mit seinen unterschiedlichen, oft schwer zu durchschauenden Parteien, die Psychologie der am Krieg Beteiligten und schließlich in die Bürokratie eines sozialistischen Vietnam. Abgerundet wird die Erzählung durch eine Liebesgeschichte, die aber leider doch vorhersehbar ist.

Ein Buch, das Tess Gerritsen als einer der besten Thrillerautorinnen alle Ehre macht, und das ich allen, die gerne Thriller lesen, nur empfehlen kann.

Veröffentlicht am 03.10.2018

Den strengen Blick, den man auf andere wirft, sollte man des Öfteren auch mal auf sich selbst verlagern.

In besserer Gesellschaft
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Laura Wiesböcks 207-seitiges Sachbuch „In besserer Gesellschaft. Der selbstgerechte Blick auf die anderen“ ist 2018 im Wiener Verlag Kremayr & Scheriau erschienen. „Wir sind doch alle gleich!“ – ein Satz, ...

Laura Wiesböcks 207-seitiges Sachbuch „In besserer Gesellschaft. Der selbstgerechte Blick auf die anderen“ ist 2018 im Wiener Verlag Kremayr & Scheriau erschienen. „Wir sind doch alle gleich!“ – ein Satz, der in unserer Gesellschaft oft zu hören ist, der herangezogen, um Ungerechtigkeiten anzuprangern und auszumerzen. Aber was bedeutet „Gleichheit“ eigentlich? Und vor allem: Sind wir wirklich alle gleich? Dass dem einerseits nicht so ist, dass wir alle andererseits auch täglich vieles tun, um uns selbst aus dieser Gleichheit hervorzuheben, stellt Laura Wiesböck in ihrem Buch anhand der Bereiche Arbeit, Geschlecht, Einwanderung, Armut und Vermögen, Kriminalität, Konsum, Aufmerksamkeit sowie Politik dar. Gerahmt werden ihre Ausführungen durch ein Vorwort, in dem sie die These aufstellt, dass wir alle ein Bedürfnis nach „Abgrenzung, Zugehörigkeitsgefühl und Anerkennung“ haben, welches sich in unserer Gesellschaft widerspiegelt, und durch ein Nachwort, in dem sie eine Möglichkeit vorstellt, dieser Diskrepanz zu begegnen, sowie einem obligatorischen Quellenverzeichnis. In allen oben genannten Gesellschaftsbereichen trifft man dasselbe Phänomen an: Distinguiert schauen die einen auf „die da unten“ herab, versuchen sich in Szene zu setzen und meinen, die Weisheit allein für sich gepachtet zu haben. Was wir an den einen kritisieren, praktizieren wir selber ebenso, oft ohne uns dessen bewusst zu sein – und, noch schlimmer, ohne die anderen wirklich zu kennen. Denn wieso sollten wir sie kennenlernen (wollen)? Wir haben uns unser Urteil doch schon längst gebildet. Da sind die Arbeitnehmer/innen, die sich dem Zwang der Arbeitswelt entziehen wollen, sich selbstständig machen und sich in andere Zwänge begeben. Bringen sie es dann tatsächlich „zu etwas“, treten sie in die Fußstapfen ihrer vormaligen Vorgesetzten und üben ihrerseits Zwänge auf andere aus, oder kreieren ihrerseits eine eigene Klasse der neuen „Selfmades“ – und der Klassenkampf geht weiter. Da konsumieren wir, um unseren Status nach außen zu tragen, und wenn der Konsum nicht mehr ausreicht, geht es „back to the roots“ – Öko heißt die neue Klasse, die uns wieder nur dazu nutzt, auf andere hinabzuschauen. Wir wollen modern sein und weltoffen – aber wehe, die Welt kommt zu uns. Wenn dieses geschieht, schreien alle laut auf. Und wieder ist es da – das Herabschauen und Disqualifizieren des Andersartigen. Mal ehrlich gefragt: Wer von uns kennt dieses Phänomen nicht? Wir alle praktizieren es wenigstens hin und wieder, meist jedoch öfter, als wir es wahrhaben wollen – dieses liest Leser/in schnell aus Wiesböcks Darstellungen heraus. Ich selber habe mich jedenfalls doch das ein oder andere Mal ertappt gefühlt – gerade da, wo ich es am wenigsten für möglich gehalten hätte. Die Autorin schreibt locker flockig, trotz des ernsten Themas fehlt es nicht an Humor. Auch Menschen, die sich mit diesem Thema ansonsten weniger beschäftigen, sollten den Ausführungen leicht folgen können. Zahlreiche Beispiele untermauern das Geschriebene, zweiseitige Schwarzweißzeichnungen mit passendem Zitat, z.B. „Was Orwell nicht vorausgesagt hatte, ist, dass wir die Kameras selbst kaufen, und dass unsere größte Angst wäre, das (sic!) uns niemand zusieht.“ (K.L. Jensen), führen in die jeweiligen Kapitel ein, worauf eine kurze Erörterung, welche Themen im jeweiligen Kapitel behandelt werden, folgt. Die Themen, die Frau Wiesböck in ihrem Buch behandelt, entsprechen nicht immer meinem persönlichen Geschmack, so finde ich z.B., dass man die Frage danach, ob ich jetzt wirklich in jedem Satz, den ich von mir gebe, beiderlei (oder besser: mehrere) Geschlechter ansprechen muss, auch übertreiben kann. Andererseits hat mir an dem Buch sehr gefallen, dass mir die Augen oft geöffnet wurden: Dass ich arrogant und selbstgerecht bin, wusste ich schon vorher. Allerdings hat mir das Buch auch die Augen auch für Bereiche geöffnet, die ich selber vorher nicht unbedingt im Fokus hatte. Dass diese Selbstgerechtigkeit zum Menschen dazu gehört, dass niemand vor ihr gefeit ist, hat mich beruhigt. Weshalb ich aber allen das Buch empfehlen kann, ist, dass es dazu animiert, sich selbst einfach besser und mehr zu reflektieren. Und dass es Mut gibt, vielleicht einmal über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.

Veröffentlicht am 01.10.2018

Wir müssen Buße tun. Wir werden bestraft. Wir alle.

Escape Room - Nur drei Stunden
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Chris McGeorges Thriller „Escape Room. Nur drei Stunden“ ist im September 2018 bei Knaur erschienen und umfasst 396 Seiten.
Der heruntergekommene, drogenabhängige TV-Star Morgan Sheppard wacht, auf ein ...

Chris McGeorges Thriller „Escape Room. Nur drei Stunden“ ist im September 2018 bei Knaur erschienen und umfasst 396 Seiten.
Der heruntergekommene, drogenabhängige TV-Star Morgan Sheppard wacht, auf ein Bett gefesselt, in einem Hotelzimmer auf – und bei ihm fünf Fremde: die Barista Amanda, der Hotelangestellt Ryan, die Schauspielerin Constance, der Anwalt Alan und die Schülerin Rhona. Als sie alle noch desorientiert nach einem Ausgang suchen, stellt sich ihnen eine grausige Aufgabe: Im Bad liegt die Leiche von Morgans ehemaligem Psychologen, Winter – und Morgan, der schon als Kinderdetektiv Berühmtheit erlangte, hat drei Stunden Zeit, unter ihnen den Mörder zu ermitteln, sonst soll das ganze Hotel gesprengt werden. Ein Wettrennen mit der Zeit beginnt, das durch aufkeimende Angst und Argwohn noch angeheizt wird.
Dem Roman ist ein Prolog in der Ich-Form vorangestellt, in dem ein Junge seinen toten Mathelehrer findet. Nach einem Sprung in die Gegenwart, 25 Jahre später, beginnt die eigentliche Handlung, die jedoch immer wieder durch Rückblenden in die Vergangenheit unterbrochen wird. Insgesamt spielt der Roman auch recht vielen verschiedenen Zeitebenen, die jedoch logisch miteinander verknüpft sind und durch ein „Vorher“ angekündigt werden, sodass es dem Leser keinerlei Schwierigkeiten bereitet, dem Handlungsgeschehen zu folgen. Im Zentrum des Geschehens stehen das Eingeschlossensein in einem Raum sowie das Schicksal der beiden ehemaligen Schulfreunde Morgan Sheppard und Eren alias Kace Carver.
Zu Beginn werden die „Mitspieler“ vorgestellt, wobei jedoch ein Hauptcharakter, eben Carver, fehlt. Diese Personenliste hilft, sich während des Lesens zurechtzufinden, dient aber wohl eher der Dramaturgie, da die Anzahl der Protagonisten doch sehr überschaubar ist.
Morgan Sheppard erscheint anfangs eher als ein Antiheld, der tief im Drogensumpf steckt und vor Selbstüberschätzung nur so strotzt. Doch im Laufe des Geschehens wird er sich seiner Schwächen und Fehler bewusst, was Anlass zur Hoffnung gibt, dass er am Ende wirklich geläutert ist.
Sein Gegenspieler, Eren Carver, macht hingegen die entgegengesetzte Entwicklung durch: Präsentiert er sich anfangs als kluger, vom Schicksal gebeutelter Junge, wird nach und nach sein wahres Ich, das meiner Meinung nach auch nicht mehr mit seiner tragischen Kindheit zu entschuldigen ist, offenbar. Interessant ist, dass er, der seinen Kontrahenten zugrunde richten will, damit genau das Gegenteil bewirkt und ihn am Ende über sich hinauswachsen lässt.
Anhand Morgans Karriere als TV-Star wird in diesem Roman auch immer wieder Kritik am Medien- und Showwesen geübt, das, sieht man hinter die Kulissen, sich als Lug und Trug entpuppt, wie Personen wie Morgan oder sein Manager beweisen. Doch auch das Publikum von sog. „Realityshows“ kommt sehr schlecht weg, wenn es z.B. als „Lynchmob“ bezeichnet wird.
McGeorges Sprache ist einfach und lässt sich flüssig lesen. Gerade zu Beginn des Werkes zeigt der Autor jedoch, dass er sprachliche Mittel gezielt anwenden kann, wenn er den sich aufbauenden Spannungsbogen durch kurze und fragmentarische Sätze intensiviert.
Meiner Meinung trifft die Bezeichnung „Thriller“ auf diesen Roman nur bedingt zu, ich würde ihn eher als Spannungs- oder Entwicklungsroman mit Thrillerelementen bezeichnen, da m.E. eben die Entwicklung der Protagonisten, teils über viele Jahre hinweg, im Zentrum steht und über weite Strecken einfach der „Thrill“ fehlt. Auch ist die Lösung des Falls schnell vorhersehbar, was ebenfalls auf Kosten der Spannung geht. Dennoch habe ich dieses Buch mit großem Interesse gelesen und kann es allen empfehlen, die einmal einen „etwas anderen Thriller“ lesen wollen.

Veröffentlicht am 01.10.2018

Eine Frage, die sich wohl niemand stellen möchte: Du oder dein Kind?

Wähle den Tod
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Jana Langenfeld führt ein perfektes Leben: Mit ihrem Mann und den beiden Kindern, Kim und Max, lebt sie im Umfeld von Berlin – anscheinend ohne ernstere Sorgen. Doch eines Tage wird diese Idylle getrübt, ...

Jana Langenfeld führt ein perfektes Leben: Mit ihrem Mann und den beiden Kindern, Kim und Max, lebt sie im Umfeld von Berlin – anscheinend ohne ernstere Sorgen. Doch eines Tage wird diese Idylle getrübt, als ihr Hund bestialisch im Garten getötet wird. Ihrem Sohn, Max, verschweigt sie das Geschehene und verstrickt sich so in ein Netz aus Lügen. Jedoch dieses ist nicht die einzige Lüge in ihrem Leben. Als dann noch eine weitere Person aus ihrem Umfeld stirbt und ihre Kinder entführt werden, muss sie sich ihrer Vergangenheit stellen – mit verheerenden Folgen.
„Wähle den Tod“ ist das erste Buch, das ich von Jutta Maria Herrmann gelesen habe, und ich war positiv angetan.
Die Autorin beginnt ihr Werk mit einer Rückblende, die den Leser mit einigen offenen Fragen zurücklässt, und sich erst gegen Ende des Buches auflösen. Schon hiermit baut sich ein Spannungsbogen auf, der den Leser bis zum Ende des Buches in Atem hält, um sich dann in einem fulminanten Ende aufzulösen.
Nach einem Sprung in die Gegenwart entpuppt sich die Langenfeld’sche heile Welt als ein einziges Lügennetz, das sich allerdings erst nach und nach entfaltet. Dieses erreicht die Autorin dadurch, dass sie dem Leser die wahren Hintergründe nur häppchenweise präsentiert – teils durch Rückblenden in Janas Geschichte, teils durch Janas Gedanken. Immer wieder wird der Leser dabei auch auf falsche Fährten gelockt: Ist es Janas beste Freundin Sylvie, die diese Intrigen strickt? Die Indizien dafür erhärten sich jedenfalls. Und dass Kims Internetbekanntschaft, Sebi, nicht ganz koscher ist, ist von Anfang an klar. Doch welche Rolle er spielt, wird erst gegen Ende ersichtlich.
Jutta Maria Herrmann kommt in ihrem Roman mit wenigen Charakteren aus, die sehr realistisch und damit auch sympathisch gezeichnet sind. Die Kinder sind nett und wohl erzogen, die pubertären Eskapaden der Tochter Kim halten sich in Grenzen. Hannes, Janas Mann, arbeitet an seiner Karriere, kümmert sich aber dennoch nach bestem Wissen und Gewissen um seine Familie, und Janas beste Freundin, Sylvie, erregt mit ihrer Lebenssituation ein bisschen Mitleid. Erscheint Jana anfangs ebenfalls als eine hingebungs- und verantwortungsvolle Mutter, so offenbart sich ihr wahrer Charakter erst im Laufe der Handlung und lässt den Leser mit keinem guten Bild zurück. Ich frage mich am Ende, ob sie überhaupt etwas aus ihrer Geschichte oder ihrem Handeln gelernt hat, oder ob sie nicht auch ihr zukünftiges Leben auf Lügen aufbauen wird. Mir fehlt am Ende einfach ihre Aufrichtigkeit.
Die Rückblenden führen den Leser immer wieder in die DDR- und die Wendezeit. Die Geschichte wird hier allerdings nur am Rande historisch, sondern vor allem persönlich aufgearbeitet: Welche Sehnsüchte hatte Jana, als sie das erste Mal in den Westen kam? Welche Hoffnungen hatte sie, aus ihrem engen Alltagstrott auszubrechen? Sie hat die Gelegenheit zur Freiheit am Schopfe gepackt – allerdings mit weitreichenden Konsequenzen.
Psychologisch interessante Aspekte des Thrillers sind zudem die Frage: Wie kann ich eine Familie zusammenhalten, zu der ich selber keinerlei innere Bindung verspüre – erst recht, wenn es sich um die eigenen Kinder handelt und ich selbst fast noch ein Kind bin? Und dann die wohl schlimmste Frage, die man einem Menschen stellen kann: Bin ich bereit, mein Leben zu opfern, um ein anderes zu retten? Bin ich bereit, mich selbst zu richten, damit meine Kinder am Leben bleiben können? Fragen, die sich wohl niemand in der Realität möchte stellen müssen.
Herrmanns Sprache ist schnörkellos und flüssig zu lesen. Der Handlungstrang verläuft geradlinig und ohne „Nebenschauplätze“, sodass Lesende dem Geschehen problemlos folgen können. Am Ende wird auch die Wahl des Thrillertitels ersichtlich, was mir auch sehr gut gefällt.
Das dunkle Cover mit den weißen Dornenzweigen spiegelt das Destruktive dieses Buches wider.
Insgesamt handelt es sich bei Jutta Maria Herrmanns „Wähle den Tod“ um einen spannenden Psychothriller, der diesen Namen wirklich verdient, da er ohne exzessive Gewaltdarstellungen auskommt und seine Spannung vor allem aus Psychologie und Geschichte(n) schöpft. Meiner Meinung nach ein wirklich empfehlenswertes Buch, das von der ersten Seite an fesselt.

Veröffentlicht am 01.10.2018

„Diese vielen Urs machen mich völlig fertig.“ (Juri Pilecki)

Alte Feinde
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Bei Petra Ivanovs Kriminalroman „Alte Feinde“ handelt es sich um den achten Band ihrer Flint und Cavalli-Reihe. Er ist im August 2018 im Züricher Unionsverlag erschienen und umfasst 384 Seiten.
Albert ...

Bei Petra Ivanovs Kriminalroman „Alte Feinde“ handelt es sich um den achten Band ihrer Flint und Cavalli-Reihe. Er ist im August 2018 im Züricher Unionsverlag erschienen und umfasst 384 Seiten.
Albert Gradwohl wird in seiner Wohnung erschossen aufgefunden – nein, nicht einfach erschossen, regelrecht hingerichtet wurde er. Und das Verblüffendste: Bei der Mordwaffe handelt es sich um einen Revolver aus der Zeit des Sezessionskrieg. Als sich dann auch noch herausstellt, dass schon vor nicht allzu langer Zeit in den USA ein Mord mit dieser Waffe begangen wurde, macht sich Staatsanwältin Regina Flint auf den Weg in die Vereinigten Staaten.
Dort sucht derweil Bruno Cavalli nach dem ominösen Indian Killer. Als sich die Wege der beiden Ermittler kreuzen, setzen ihre Suche nach dem Mörder gemeinsam fort und tauchen dabei in die amerikanische Geschichte ein.
Mit „Alte Feinde“ präsentiert Ivanov einen sehr komplexen Krimi. Die Handlung spielt auf drei Handlungs- bzw. Zeitebenen, deren verbindendes Element der Army-Revolver aus dem Amerikanischen Bürgerkrieg ist. Gleichsam parallel zur eigentlichen Kriminalgeschichte kann der Leser in einer Ebene den Weg dieser Waffe vom 19. bis ins 21. Jahrhundert mitverfolgen. Als zweite Handlungsebene seien die Morde im nordamerikanischen Cherokee-Reservat genannt, wegen der Cavalli vor einigen Monaten nach North Carolina gereist ist. Die dritte Ebene nimmt ihren Beginn im schweizerischen Zürich. Als Regina Flint schließlich in die USA reist, werden diese drei Ebenen allmählich zusammengeführt, wobei Leser und Ermittler lange Zeit im Dunklen tappen, welchen Zusammenhang es zwischen diesen Ereignissen geben könnte. Die eine oder andere überraschende Wendung tut ihr Übriges, aus diesen drei scheinbar voneinander unabhängigen Geschichten ein spannendes, in sich logisches und abgeschlossenes Leseereignis zu machen. Durch Kapitelüberschriften, Orts- und Zeitangaben fällt es dem Leser recht leicht, sich in der Vielschichtigkeit zurechtzufinden.
Verwirren mag den Leser zu Beginn die doch recht große Zahl an Charakteren. Dieses mag zum Teil daran liegen, dass es sich hierbei um einen Teil einer Reihe handelt, d.h. dass zumindest ein Teil der Protagonisten dem Leser eventuell schon bekannt ist. Wie bei vielen Reihen stellt sich hier der Autorin die Frage, wie viel Wissen sie voraussetzen kann, und wie viel sie wiederholen muss, um sowohl „Insidern“ als auch Neulingen interessanten Lesestoff zu bieten. Mir persönlich fiel die Orientierung nach einigen Kapiteln recht leicht, sodass ich sagen kann: Die Mischung stimmt.
Ivanovs Sprache ist flüssig zu lesen, jedoch nicht ohne Ansprüche an den Leser. Besonderen Wert legt die Autorin auf die Beschreibung von Details, wobei sie auf brutale, blutige Darstellungen verzichtet. Die Szenen aus dem Bürgerkrieg oder der Besuch im Indianerreservat zeugen von einer sehr gründlichen Recherche. Ein besonderes Highlight stellt die Führung durch das Medical Forensic Center in Baltimore dar.
Das Cover zeigt den Schatten eines einsamen Mannes vor glühendem Hintergrund und erinnert somit an alte Western. Wenngleich das Buch mit dem Wilden Westen nichts zu tun hat, macht dieses Bild Lust, das Buch zu lesen, assoziiert der Betrachter damit doch Abenteuer.
„Alte Feinde“ ist ein Krimi, den man nicht einfach mal so nebenbei lesen kann, verlangt er vom Leser doch einiges an Konzentration. Hat man sich jedoch einmal in die Handlung eingefunden, kann man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen – mir jedenfalls ging es so. Ganz nebenbei habe ich auch noch Wissenswertes über den Amerikanischen Bürgerkrieg sowie das heutige Leben in Indianerreservaten erfahren. Vor allem mit Ersterem werde ich mich bestimmt noch weiter beschäftigen – dank dieses Buches. Zudem war dieser achte Band bestimmt nicht der erste und letzte, den ich aus dieser Reihe gelesen habe. Allen, die an komplexen Romanen und Spannung gleichermaßen Gefallen finden, kann ich die Lektüre dieses Buch bedenkenlos empfehlen.