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Veröffentlicht am 02.04.2023

Bücher sind mehr als Worte - sie sind Seelenpflaster

Das Bücherschiff des Monsieur Perdu
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Eigentlich ist die Geschichte schnell erzählt: Jean Perdu erhält seine literarische Apotheke zurück und überführt das Bücherschiff Lulu gemeinsam mit Max zurück nach Paris.

Aber eben nur eigentlich. Denn ...

Eigentlich ist die Geschichte schnell erzählt: Jean Perdu erhält seine literarische Apotheke zurück und überführt das Bücherschiff Lulu gemeinsam mit Max zurück nach Paris.

Aber eben nur eigentlich. Denn Nina George füllt diese Reise mit so warmen, dichten und die Seele umhüllenden Worten, dass ich mich in ihrem Buch einfach nur geborgen fühlen konnte. Es ist eben nicht nur eine Reise zwei Männer auf einem Fluss, sondern eine Reise ins Innere. Dabei lässt Nina George jedem Leser den Raum, den er braucht, um sich darauf einzulassen. Mal konnte ich hundert Seiten am Stück lesen, gefangen zwischen lieben, lachen, weinen, staunen und gelangweilt sein und dann ging nur ein Kapitel, weil mich das Geschriebene innerlich so aufwühlte, dass ich eine Lesepause brauchte. Doch spätestens nach einem Tag vermisste ich das Buch und musste mich einfach wieder auf den Fluss - des Lebens - begeben und die Reise fortsetzen.
Ich glaube, dass wenn ich das Buch in ein paar Monaten oder Jahren erneut lese, es ganz anders auf mich wirkt. Allein wenn ich es in einer anderen Jahreszeit lesen würde, wäre der Einfluss der Worte ein anderer. Es ist ein Buch, dass Platz zum Entfalten benötigt und nicht immer ist man / ich bereit, ihm diesen zu lassen oder zu gewähren.

Ich fand es wunderschön, dass viele alte Bekannte aus dem Lavendelzimmer die Reise von Perdu und Max erneut kreuzten, aber auch neue Gesichter die Geschehnisse prägten. Perdu kommt mir immer wieder Kleber vor, der Seelen verbindet und zusammenhält. Allerdings lässt er sich auch leicht lösen, ist das Fest-Halten nicht mehr erwünscht. Die Autorin knüpft den Faden mal fest, mal locker, aber immer mit viel Herz, so dass jeder Charakter mehr als genug Raum zum Entfalten erhält. Aber auch für persönliche Sympathien oder auch Antipathien. Ich muss gestehen, dass ich auch mal eine Stelle überblättert habe, weil es mich einfach nicht interessierte oder berührte und in dem Moment meinen Lesefluss störte, allerdings ohne das Gefühl zu haben, dass die Autorin mir das übel nehmen könnte. Ich weiß nicht, wie Nina George das macht, aber das Band, dass sie um ihre Protagonisten knüpft, umfängt auch mich.

Zwei Sätze bewegten mich ganz besonders, die ich mit euch teilen möchte:
"Ist es nicht das, was Bücher tun? Eine Arznei sein für die Diagnose Leben?"
Ich finde, dass dieser Ausspruch den Inhalt des Buches perfekt zusammenfasst. Und nicht nur den Inhalt, sondern mein Leben. Denn mir geht es genauso. Es gibt nichts, was ein Buch nicht heilen könnte. Und wenn es mir einfach nur seelisch die Hand hält und den Rücken stärkt. Es ist da, ohne mich zu bewerten.

"Jedes zur Sammlung passende Buch ist ein geschenkter Tag Hoffnung."
Diesen Satz liebe ich noch mehr und ich denke, dass er keiner weiteren Worte bedarf, denn er spricht mir aus der Seele. Erst habe ich geschmunzelt, dann gegrübelt und schließlich schossen mit Tränen in die Augen, weil es mir einfach genauso geht, wenn ich meine Bücher angucke.

Mein Fazit
Dieses Buch ist mein Nougat für die Seele! Danke Frau George für diesen Schatz!

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Veröffentlicht am 26.03.2023

Ermöglicherin des Glücks

Die Bibliothek der Hoffnung
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Als Miranda und Rosemary mit ihrer Mutter zu der U-Bahn Station Bethnal Green gehen, halten sie die alte Dame für verwirrt. Ständig faselt sie von einer Bibliothek. Dabei stehen sie in einer U-Bahn Station! ...

Als Miranda und Rosemary mit ihrer Mutter zu der U-Bahn Station Bethnal Green gehen, halten sie die alte Dame für verwirrt. Ständig faselt sie von einer Bibliothek. Dabei stehen sie in einer U-Bahn Station! Doch als zwei Mitarbeiter ihr Briefe und ein Interview anbieten, ahnen die beiden langsam, dass an dem Gerede ihrer Mutter eventuell doch etwas dran sein könnte.
In den Wirren des 2. Weltkrieges gelingt es Clara, einen Großteil der ausgebombten Zentralbibliothek in den U-Bahnschacht Bethnal Green zu retten. Dort haucht sie den Büchern neues Leben ein und erfreut sich an jedem Leser, der in diesen schrecklichen Tagen den Weg zu ihr findet. Gemeinsam mit ihrer Freundin und Kollegin Ruby, schenkt sie den Bewohnern von Bethnal Green und vielen anderen ein Stückchen Hoffnung, Vergessen und Glück.

Das Cover zeigt Clara, die in ihrer kleinen Bücherei sitzt, ein Buch in Händen hält und versonnen, ja hoffnungsvoll durch den Gang blickt. Das Bild ist voller Farben, voller Leben und Hoffnung und hat mich sofort angesprochen. Ich finde es hell, freundlich und einfach wunderbar. Zusammen mit dem Klapptext war es ausschlaggebend, dass ich zu diesem Buch gegriffen habe.

Kate Thompson hat einen unfassbar warmen und gefühlvollen Schreibstil, der mir sofort unter die Haut ging. Wie ein Decke umhüllten mich die Geschehnisse und trotz des Schmerzes, der Trauer und der Grausamkeit des Krieges, gelang es der Autorin, mir ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern und meine Augen voller Freude glänzen zu lassen. Denn was gibt es schöneres, als die Welt der Bücher zu nutzen, um Grausamkeiten zu vergessen, bzw. für einen Moment fliehen zu können, um neue Kraft und Mut zu tanken. Clara und Ruby sind zwei Bibliothekarinnen, die den Menschen genau dies schenken. Die Autorin schafft ein Gegengewicht zu der Bösartigkeit und Grausamkeit des Zweiten Weltkriegs, in dem sie kleine Momente der Ruhe und des Glücks aufzeigt. Leider nur kleine Momente, die Kraft zum Weitermachen geben, denn der Krieg ist noch nicht vorbei. Die Schilderungen ob der Geschehnisse berührten mich zu tiefst und mir wird immer wieder aufs Neue bewusst, was einzelne geleistet haben, um die Grausamkeiten zu überstehen, bzw. für alle erträglicher zu machen. Immer wenn ein Moment des grenzenlosen Glücks ist, folgt auch schon wieder ein Tiefschlag, der noch verheerender als der vorherige zu sein scheint. Kate Thompson berichtet von außergewöhnlichen Frauen, die das Leben wieder lebenswert machten.

Im Mittelpunkt der Geschehnisse steht die junge und doch schon vom Leben gezeichnete Kinderbibliothekarin Clara. Schon zu beginn des Zweiten Weltkriegs Witwe geworden, kämpft auch sie mit den Folgen der Grausamkeiten. Ihr ist es zu verdanken, dass in den unterirdischen Gängen der U-Bahn Station Bethnal Green ein Teil der Zentralbibliothek ein neues Zuhause finden konnte. Sie rettete eine Vielzahl von Büchern aus dem ausgebombten Gebäude und lotst kleine und große Leser in ihre Welt. In eine Welt voller Abenteuer, Liebe, Aufregung und Kriminalistik. Clara schafft es, für jeden eine Zuflucht zu bieten. Dabei verliert sie sich fast selber aus dem Blick.
Fast zumindest, denn ihre Freundin und Kollegin Ruby nutzt die Wirrungen des Krieges, um sich als Frau von den Zwängen der Männer und der Gesellschaft zu befreien. Sie lebt im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihre Leidenschaften aus und sprüht förmlich vor Leben, Lust und Leidenschaft. Doch tief im Inneren sieht es anders aus.
Mit diesen wirklich bemerkenswerten Frauen hat Kate Thompson zwei Heldinnen geschaffen, die mit unter die Haut gegangen sind. Sie schaffen ein kleines Stückchen Glück.

Besonders gut haben mir die Überschriften der einzelnen Kapitel gefallen: Alles Zitate von Bibliothekaren, die mich mal zum Schmunzeln, mal zum Nachdenken aber stets zum Innehalten bewegten.

Mein Fazit
Ein bemerkenswert schönes Buch mit Tiefgang!

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Veröffentlicht am 26.03.2023

toxische Liebe

With All My Heart
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Als Lorna Jane ihre Freundschaft anbietet, stellt sie sofort klar, dass sie nur Freunde sein können, wenn sie die Finger von ihrem Bruder Jamie lässt. Jungs sind mit dreizehn eh uninteressant und so gibt ...

Als Lorna Jane ihre Freundschaft anbietet, stellt sie sofort klar, dass sie nur Freunde sein können, wenn sie die Finger von ihrem Bruder Jamie lässt. Jungs sind mit dreizehn eh uninteressant und so gibt Jane Lorna dieses Versprechen. Doch mit den Jahren bereut sie es, dieses gegeben zu haben. Die Liebe zwischen Jamie und Jane entwickelt sich. Sie lieben sich, als wenn es kein morgen geben würde. Bis zu dem Tag, an dem ein Unglück sie auseinander reißt. Jahre später treffen sie sich wieder, beide immer noch im Strudel ihrer damaligen Gefühle, gefangen in Missverständnissen und Angst.

Schon mit den ersten Zeilen hat mich Samantha Young für ihren neuen Roman begeistern können! Sie schreibt so lebendig, sprüht förmlich vor lauter Leben und reißt mich gekonnt in die Geschehnisse! Dabei ist der Sprung von himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt oft nur eine Zeile voneinander entfernt. Ich liebe dieses Gefühlschaos und genieße die absolute Unbeschwertheit der Jugend sehr. Dabei verliert die Autorin nie aus dem Blick, dass es eben nur die Jugend ist und sich Beziehungen und Empfindungen mit zunehmendem Alter verändern. Die Entwicklung ihrer Protagonisten ist somit stets ein Erlebnis und so ist es auch in ihrem neuen Werk.

Im Mittelpunkt stehen Jane und und Jamie. Grundverschieden und doch ähnlich. Jane wächst in Pflegefamilien auf und findet erst in Lorna eine Freundin und durch sie eine Familie. Sie fühlt sich bei den drei Geschwistern angekommen, geborgen, behütet und sicher. Und doch ist die Beziehung der vier zu und untereinander einfach toxisch.
Skyes Liebe zu ihren Geschwistern und zu ihrem Beruf als Schauspielerin vergiftet ihr Leben von Grund auf. Sie geht in der Rolle zwar auf, vergisst aber irgendwann, was gut für sie selber ist und verliert sich in der Welt des Ruhms und dessen Schattenseiten. Sie möchte für ihre Geschwister sorgen und ihnen einfach alles ermöglichen. Doch am Ende warten nur Schatten.
Mit Lorna scheint es ähnlich. Sie liebt Jane und kann den Gedanken nicht ertragen, dass nicht nur sie für Jane existiert. Als Jane sich weiter entwickelt und ihrer Freundschaft mehr Raum geben möchte, sieht Lorna das nicht ein. Sie will Jane für sich und fühlt sich verraten. Eine wunderbare Freundschaft, vergiftet durch zu viel Liebe; zu viel einengende Liebe.
Und schließlich die Liebe zwischen Jane und Jamie. Dank der Unbekümmertheit der Jugend eine schier Grenzen sprengende Liebe, die alles zu überwinden, alles auszuhalten scheint. Die beiden atmen und leben nur noch für den anderen. Natürlich liest sich das wunderschön und ich war hin und weg dank der bewegenden Schilderungen von Samantha Young, aber es kann einfach nicht gut gehen. Jane und Jamie geben sie Halt, aber gegen die Unbilden von außen kommen sie einfach nicht an.

Ihr Kampf um die Liebe ging mir unter die Haut. Samantha Young fand stets die richtigen Worte und nahm mich mit auf diese besondere Reise von zwei Liebenden. Durch die Ungestümheit der Jugend, bis hin zum Erwachsenwerden, wenn die Realität grausam zu schlägt. Ich habe gelacht, geweint, gelitten und mich gefreut. Ein sehr gefühlsstarkes Buch, welches ich gerne gelesen habe und mich jetzt schon wieder auf neue Romane hoffen lässt.

Mein Fazit
Großartige Gefühle! Ein Buch zum Träumen, schwärmen und auch zum Verzweifeln. Wunderschön!

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Veröffentlicht am 26.03.2023

tragisches Leben - tragische Liebe

Uns bleibt immer New York
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Lorraine kommt von Paris nach New York. Die Stadt ihrer Kindheit, ihrer Sehnsüchte und ihrer Hoffnungen. Als ihre Geschäftspartner ihr die Leitung des dortigen Büros anboten, gab es kein Zögern. Kaum in ...

Lorraine kommt von Paris nach New York. Die Stadt ihrer Kindheit, ihrer Sehnsüchte und ihrer Hoffnungen. Als ihre Geschäftspartner ihr die Leitung des dortigen Büros anboten, gab es kein Zögern. Kaum in New York, lernt sie Léo kennen und lieben. Doch ihre Liebe scheint unmöglich.
Léo kommt gerade aus dem Gefängnis. Drei Jahre seines Lebens musste er dort wegen Fälschung von Gemälden absitzen. Kaum wieder in Freiheit, rettet er Lorraine vor einem brutalen Messerangriff und verliebt sich sofort in sie. Denn beide verbindet die Liebe zur Kunst. Eine Liebe ohne Zukunft.

Das Cover zeigt Lorraine, wie sie auf New York blickt. Ein eisiger Wind umweht sie, gleichzeitig von den wärmenden Strahlen der Sonne beschienen, blickt sie auf die Stadt ihrer Jugend. Ihre Körperhaltung spricht von Zuversicht und Hoffnung. Ich finde das gewählte Coverbild ausdrucksstark und zusammen mit dem Klapptext hat es mich neugierig auf das Buch gemacht.

Von Beginn an haben mir die wunderbaren Beschreibung der Örtlichkeiten von Mark Miller gefallen! Er beschreibt New York, das Leben dort und die Atmosphäre gekonnt, so dass ich mich sofort in diese pulsierende Stadt versetzen konnte! Mal strahlt sie Ruhe und Kraft aus, dann ist sie hektisch, unübersichtlich und gefährlich. In dieser quirligen Atmosphäre kommen seine Charaktere besonders gut zur Geltung, so dass ich ohne Probleme direkt eine Verbindung zu ihnen aufbauen konnte. Interessant fand ich die Kunstszene, die der Autor in seine fiktive Handlung mit einbezog. Die genannten Gemälde und Künstler sah ich mir im Internet an, um eine noch tiefere Bindung zu den Protagonisten und der Handlung herstellen zu können. Denn immer wieder spielte das Gemälde La Sentinelle eine Rolle. Nicht nur als Bild, sondern auch der Künstler und die Geschichte, die sich dahinter verbirgt.
Ebenso begeistert hat mich die Playlist in dem Buch. Jedes Kapitel stand unter einem anderen Songtitel, der meistens den Inhalt wieder spiegelte. Lebendig, romantisch, aufrührerisch, chaotisch und vieles mehr, wie das Leben eben spielt. Oft habe ich die Titel während des Lesens abspielen lassen, um mich in die entsprechende Stimmung zu bringen und noch tiefer in das Buch einzutauchen.

Mark Miller schafft mit Léo und Lorraine tragische Liebende, die mich tief berührten. Nicht nur wegen ihrer Liebe zueinander, sondern auch wegen der gesamten Begleitumstände. Mal explodiert das Buch vor lauter Spannung und ich sah mich in einem intelligenten Krimi wieder, dann weinte ich, weil mir die Liebesgeschichte so nah ging. Aber auch die Freundschaften, die engen Familienbande und vieles mehr, machten das Buch für mich zu einem unvergesslichen Highlight!

Mein Fazit
Eine tragisch schöne Liebes- und Lebensgeschichte, die mir unter die Haut ging. Sehr bewegend!

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Veröffentlicht am 19.08.2023

das Leben wird smarter

The Marriage Act - Bis der Tod euch scheidet
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Jeffrey ist staatlicher Beziehungsberater für Smart-Ehen. Doch er hilft den ausgewählten Paaren anders, als man denkt.
Roxi ist eine Möchtegern-Influencerin, die ihrer eigenen Tochter likes missgönnt. ...

Jeffrey ist staatlicher Beziehungsberater für Smart-Ehen. Doch er hilft den ausgewählten Paaren anders, als man denkt.
Roxi ist eine Möchtegern-Influencerin, die ihrer eigenen Tochter likes missgönnt. Bis sie ihren Tag gekommen sieht und endlich die Follower bekommt, die ihr vermeintlich zu stehen.
Corrine ist ein Opfer. Gezwungen und gefangen in der Smart-Ehe mit ihrem Mann Mitchell, ist das Leben mehr als trostlos. Sie versucht einfach alles, um ihrer persönlichen Hölle zu entkommen.
Arthur ist über fünfzig Jahre mit seiner Frau zusammen. Doch was droht ihm, wenn sie ihrer Krankheit erliegt?
Anthony arbeitet für die Regierung. Auch erlebt in einer Smart-Ehe, die er hilft zu propagieren. Er könnte was ändern.

Fünf Menschen, fünf Leben, fünf Ansichten; stellvertretend für die ganzen Menschen in einem Land. Menschen, wie du und ich.

Das Cover zeigt ein Brautpaar. Sie stehen jedoch nicht vor einem Altar, sondern vor einem gigantischen Auge; ganz nach dem Motto Big Brother is watching you. Und genauso ist es auch, denn was in den eigenen vier Wänden geschieht ist nicht mehr privat, sondern wird überwacht. Ich finde das Bild schlicht und doch mehr als aussagekräftig. Es passt hervorragend zum Inhalt des Buches und fasst mehr zusammen, als es ein Klapptext jemals vermögen könnte.

Bisher konnten mich alle Bücher von John Marrs restlos begeistern und so war ich auf die Fortsetzung von the one - finde dein perfektes Match mehr als gespannt! Ich habe the one tatsächlich direkt vor the marriage act gelesen, weil ich annahm, dass ich es gelesen haben müsste, um die Fortsetzung zu verstehen. Klare Antwort: Nein. Auch ohne den Vorgänger kann man dieses Buch lesen und verstehen; nichts ist aus dem Zusammenhang gerissen. Denn es ist zwar eine Fortsetzung, aber nicht mit den damalige Charakteren. The marriage act ist in meinen Augen eher eine Weiterentwicklung der DNA Matches. Natürlich liest es sich etwas schöner, wenn man den Werdegang der Matches kennt, muss aber nicht wirklich sein. Diesmal geht es um die Smart Ehe. Jeder, der seine normale Ehe upgradet und sich mit den Smart Geräten quasi unter staatliche Kontrolle begibt, erhält Sonderkonditionen. Bessere Gesundheitsfürsorge, bessere Schuldbildung für die Kinder, günstige Kredite, ein besseres Haus. Dies und vieles mehr verspricht der Staat seinen Bürgern, wenn sie sich unter seine Fittiche begeben. Es klingt wie ein wahrgewordener Traum und dafür muss man sich nur täglich zehn Minuten abhören lassen um sicher zu stellen, dass mit der Ehe alles ok ist. Kleiner Preis für diese Vergünstigungen. Oder? Selten habe ich George Orwells 1984 interessanter weiterentwickelt gesehen!

John Marrs schildert gekonnt, wie sehr und vor allem wie überaus dankbar, sich der Staat in die Belange seiner Bürger einmischt, wenn diese ihm freiwillig Tür und Tor öffnen. Und wie schwer sich eine solche Tür wieder schließen lässt, wurde sie einmal aufgestoßen. Menschen, die in einer dauerhaften Beziehung, also einer Ehe leben, sind glücklicher, gesünder, effektiver und zuverlässiger. So der Tenor und ja, ich konnte und kann das nachvollziehen. Denn es ist schon ein Unterschied, wenn man das Leben zu zweit meistert und nicht allein. Und hier setzt der Staat erfolgreich seinen Hebel an mit der Smart-Ehe. Wer seine ehe upgraden lässt, erhält viele attraktive Vorteile. Doch aus den Vorteilen wird mal schon ein Zwang und die Freiwilligkeit schnell zu einer Augenwischerei. Eine gute Sache verkommt zu etwas gruseligem, das keiner haben will. Diese Abwärtsspirale schildert der Autor anhand von fünf Personen, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Zu dem einen baute ich schneller eine Verbindung auf, als zu dem anderem, was vermutlich auch das Ziel von John Marrs war. Jedem seiner Leser soll die Möglichkeit gegeben werden, sich mit einem Charakter zu identifizieren und zu verbrüdern. Aber eben auch, andere Sichtweisen zu sehen, zu verstehen und akzeptieren. Für mich ist schnell deutlich geworden, dass John Marrs zu jedem seiner Charaktere eine innige Beziehung aufgebaut hat und ihnen Leben einhaucht. Es schien mir fast, dass sich die Menschen Schritt für Schritt weiter entwickelten und ich gemeinsam mit dem Autor jeden einzelnen von ihnen kennenlernen durfte. Die Spirale des Grauens schlug ihre brutale Klaue in jeden und dank der intensiven Beschreibung des Autors, konnte ich mit fiebern, mitleiden und mitkämpfen.
John Marrs baut seinen Roman, bzw. die Geschehnisse in diesem nicht langsam auf, sondern warf mich direkt ins Geschehen. Natürlich ließ er mir Zeit und Raum die Gegebenheiten und Protagonisten kennenzulernen, aber dann ging die Fahrt auch schon ungebremst los. Dank vieler und schneller Wechsel zwischen den Charakteren, fiel es mir denkbar schwer, das Buch auch nur kurz zur Seite zu legen, da ich wissen wollte, wie es weitergeht. Absoluter Suchtfaktor!

Mein Fazit
Pure Spannung, intelligente Handlung und authentische Charaktere; Mal wieder ein grandioses Werk von John Marrs und ich freue mich schon sehr auf viele weitere Bücher dieses faszinierenden Autors!

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