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Veröffentlicht am 30.10.2021

Verbrechen hinter schöner Fassade

Tod am Canal Grande - Ein Fall für Jackie Dupont
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Jackie Dupont, die Protagonistin des hier zu besprechenden Krimis oder Cosy Crime oder Mischung aus Krimi und Spionageroman, sehr wahrscheinlich aber eher einer nicht ernst gemeinten Persiflage auf letztere, ...

Jackie Dupont, die Protagonistin des hier zu besprechenden Krimis oder Cosy Crime oder Mischung aus Krimi und Spionageroman, sehr wahrscheinlich aber eher einer nicht ernst gemeinten Persiflage auf letztere, ist sicherlich eine ungewöhnliche Frau. Überhaupt und speziell für die Zeit, in der die Autorin ihre turbulente Geschichte spielen lässt. Wir schreiben nämlich das Jahr 1921 – und derart eigenwillige und unabhängige Frauen, die sich weder vor Tod und Teufel, noch gar vor der mit allen Rechten ausgestatteten Männerwelt fürchteten, waren damals dünn gesät, wurden, wenn sie sich schon erdreisteten, ihr eigenes, selbstbestimmtes Leben zu führen, nicht ernst genommen und trafen allenthalben auf Mauern der Indignation.
Nicht so Jackie, draufgängerische Privatdetektivin mit unwiderstehlichem Hang zu Juwelen und darüber hinaus mit unklarer Vergangenheit! Die macht gerade, was sie will und zeigt den Männern, wo es lang geht, oder, um sich eines hübschen Bildes zu bedienen, wo Barthel den Most holt. Durchweg! Es gibt nichts, worin sie es nicht zur Meisterschaft gebracht hätte, nichts, was sie nicht besser wüsste oder beherrschte, auf jeden Fall aber zumindest genau so gut wie die zwar präpotenten, aber eigentlich – bis auf eine Ausnahme freilich, wie der Leser früh genug herausfinden wird - schwächlichen Männer, mit denen sie es zu tun hat! Unheimlich, eine solche Frau, nicht wahr? James Bond und Sherlock Holmes, ein bisschen auch Hercule Poirot, in Personalunion – und keine Spur von der zwar möglicherweise blitzgescheiten, aber nach außen hin devoten, sich an die gesellschaftlichen Normeln und Verhaltensregeln ihrer Zeit haltenden üblichen Vertreterin ihres Geschlechts!
Liest man ihre, immer wieder in die Handlung eingestreuten, Tagebucheinträge, so wird mehr als ersichtlich, falls es dazu noch einer Bestätigung bedürfte, dass die – natürlich unwiderstehlich attraktive und schicke! - Heroine vor Selbstbewusstsein nur so strotzt! Also sollte, um endlich zu dem Roman, wie ich ihn der Einfachheit halber nenne, zu kommen, die Aufklärung eines, vorerst nur vermuteten Mordes an einer zu fettem Wohlstand gekommenen Engländerin mit zweifelhafter, auf alle Fälle aber recht elender Vergangenheit, und schließlich der tatsächlichen Tötung einer der wichtigeren Charaktere der Handlung, eigentlich ein Klacks sein. Ist es natürlich auch, wie man sich bald überzeugen kann, nachdem eine irritierende Nebenhandlung, die vom Wesentlichen ablenkt und für gehörige Unruhe unter den Beteiligten sorgt – eben jener Spionagepart -, endlich als das entlarvt wird, was sie ist, nämlich von Anfang bis Ende ein einziger Fake, wie man so gerne auf Neudeutsch sagt, ins Spiel geworfen von jemandem – wer das ist, muss man dann schon selbst herausfinden – aus purer Langeweile, wie mir scheint, oder als cleverer Schachzug, woran ich denn doch zweifle, oder einfach, um Unruhe zu stiften. Ein gewisser Menschenschlag, genauso, wie ein einschlägiger Berufsstand, tut das ja gerne....
Noch ein paar Bemerkungen zu den Herren der Schöpfung, die wir hier antreffen: da ist zum einen der unverschämt gutaussehende und ebenso unverschämt reiche englische Adlige Christopher, genannt Kit, seines Zeichens der Verlobte oder gar Ehemann der Schönen, wie er selber vermutet, denn er hält die verwegene Jackie für seine angeblich mit der Titanic versunkene Angetraute Diana, deren immensen Reichtum er nach ihrem tatsächlichen oder nur gefakten (schon wieder dieses Unwort!) Tod erbte und dem seinen, ohnehin schon beträchtlichen, beifügte. Ein bisschen wirr, das Ganze, aber sei's drum! Christopher also hält sich derzeit in Venedig auf, soll dort, im Auftrag des Patriarchen der Lagunenstadt, dem schönen und gar nicht so reinen und unbefleckten Kardinal Truffino, einem weiteren Protagonisten, ein wertvolles Gemälde restaurieren. Man sieht, auch Christopher hat neben seinem Reichtum und überdies einer unrühmlichen Vergangenheit, derer er sich aber, um ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, aufs Ehrlichste schämt, noch gewisse andere Talente!
Aber zurück zu den restlichen Männern, von denen vor allem der brandgefährliche, skrupellose und brilliante Laszlo Baron von Drachenstein eine Rolle spielt, dereinst auf mysteriöse Weise mit Jackie verbandelt, und bei dessen Erscheinen Kit in Gedanken nach einem Bildhauer ruft, so schön und perfekt proportioniert ist er! Ja, der Deutsche wird dem guten Duke noch schwer zusetzen.... Genauso übrigens wie Jackies Onkel Daniel, der andere Teil der Detektei Dupont & Dupont, vordergründig jovialer Amerikaner, der aber selbstredend einiges zu verbergen hat und still und heimlich sein eigenes Süppchen kocht. Und wenn Christopher gehofft hatte, aus ihm die wahre Identität Jackies/Dianas herauskitzeln zu können, wird er noch seine blauen Wunder erleben....
Nicht vergessen werden sollte der englische Konsul in Venedig, Sir Alfred Purcell, bei dem Duke Christopher Quartier bezogen hat. 'Very british' ist er, doch, man ahnt es schon, in keiner Weise derjenige, den man hinter seiner aufrechten, zwar charmanten, aber doch stocksteifen Fassade vermuten würde. Sir Alfreds Gefährtin, eine exilierte russische Baronin oder Prinzessin, und seine beiden, seelisch wohl nicht recht ausbalancierten, Kinder müssen ebenfalls erwähnt werden, denn auch sie spielen ihre Rolle in dem Durcheinander, das sich vor den Augen des Lesers entfaltet und nach vielen gefährlichen Zwischenfällen schließlich doch noch entwirrt wird. Dies auf eine Art und Weise, die, man kann es nicht leugnen, in Atem hält, der es an Tempo und unvorhersehbarem Hakenschlagen nicht mangelt.
Die Lösung des Rätsels ist so überraschend wie weithergeholt und mich überhaupt nicht überzeugend – doch, eingedenk der starken Vermutung, dass die Autorin (auch?) in ihrem dritten Band um Jackie Dupont gewisse Genres auf die Schippe nimmt und gelegentlich ins Absurde treibt, wohl in Ordnung. Unterhaltend und mit viel Situationskomik gespickt ist „Tod am Canal Grande“ allemal, und gewinnt nicht nur durch einnehmende Schilderungen der venezianischen Lokalitäten, sondern nicht zuletzt durch einen sympathischen kleinen Protagonisten namens Sargent, dem cleveren Hündchen und Detektivpartner der so bezaubernden wie undurchsichtigen, Juwelen liebenden Detektivin und Superfrau, der vermeintlichen Jackie. Wie gesagt, was Genaues weiß man nicht. Es wird auch nicht aufgeklärt. Ist wohl so etwas wie ein running gag.... Jedenfalls, Sargent einzubauen war eine nette Idee, sorgt für heitere Momente und gibt der Geschichte unter zu vielen Reichen und Schönen mit ihren Luxusproblemen, fern von jeglicher, ziemlich sicher nicht rosaroten Realität der Zeit, in der sie spielt, ihre besondere Note!

Veröffentlicht am 12.09.2021

Wellnessurlaub mit Leiche

Frau Maier macht Dampf
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Wo Frau Maier (ohne Vorname, wenigstens will sie diesen nicht preisgeben) hinkommt, findet sich alsbald auch eine Leiche ein! Das wissen all diejenigen Leser, die der in die Jahre gekommenen, etwas rundlichen ...

Wo Frau Maier (ohne Vorname, wenigstens will sie diesen nicht preisgeben) hinkommt, findet sich alsbald auch eine Leiche ein! Das wissen all diejenigen Leser, die der in die Jahre gekommenen, etwas rundlichen Dame aus Kauzing, Besitzerin eines urgemütlichen kleinen Hauses am See und einer schwarzen Katze, ebenfalls ohne Namen (gegen die scheint Frau Maier grundsätzlich etwas zu haben), bereits in den vier Vorgängerbänden begegnet sind. Und denen, die sie noch nicht kennen, wird das sehr bald und auf gewohnt vergnügliche Art und Weise klar werden! Etwas eigentümlich ist sie schon, die bodenständige Frau, für die es nichts Schöneres gibt als den Ort, an dem sie lebt und den sie eigentlich um nichts in der Welt verlassen möchte. „Home is where the heart is“, so denkt sie sich immer wieder und Elvis Presleys Lied begleitet sie durch den unterhaltsamen fünften Band der Krimireihe von Jessica Kremser, denn da treffen wir sie anstatt an ihrem geliebten See in einem Wellnesshotel in der Steiermark an.
Frau Maier und Wellness? So recht scheint das nicht zu passen, und am skeptischsten ist die patente Protagonistin mit dem ausgeprägten Eigenwillen selber. Und ungehalten ist sie, über sich selbst ärgerlich, weil sie sich diesen Wellnessurlaub von ihrer Bekannten Elfriede, die beinahe schon eine Freundin ist (auch mit diesem Begriff tut sich die kauzige Heimatverbundene schwer), hat aufschwatzen lassen. Ein Gewinn war er – und sowas darf man nicht verfallen lassen, selbst wenn man sich das Handgelenk gebrochen hat, meint die resolute Leiterin der Sparkasse in Kauzing. Und solchen Argumenten hat Frau Maier, finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet, nichts entgegenzusetzen! Zudem deutet die Elfriede etwas von dunklen Machenschaften und einem verschwundenen Hoteldirektor in Frau Maiers künftigem Erholungsdomizil, dem Steirischen Hof an – und da wird die Gute doch aufmerksam und neugierig! Sie hat eben einen sechsten Sinn für Verbrechen aller Art und schnüffelt für ihr Leben gern in verdächtigen Angelegenheiten herum, die eigentlich Sache der Polizei sind (zu der Frau Maier kein sonderliches Vertrauen hat), – wie sie auch in dieser Geschichte unter Beweis stellen wird, denn in der Tat dauert es nicht lange, bis sie im Wellnesshotel, in dem sie sich zuerst recht fehl am Platz fühlt, allmählich aber doch all die Annehmlichkeiten zu schätzen lernt, die es bietet und sie weidlich ausnutzt, nicht nur auf ungewöhnliche Vorgänge und ebensolches Verhalten einiger Angestellter stößt, sondern – wie kann es anders sein? - des Nachts die Leiche des Hotelbuchhalters in dem von ihr als 'Kannibalenkochtopf' getauften Whirlpool findet.
Doch das ist erst der Anfang, denn Frau Maiers Neugierde bleibt nicht unbemerkt von denen, die etwas zu verbergen haben, etwas Schändliches, das niemals das Licht des Tages erblicken sollte. Flugs gerät sie von einer brenzligen Situation in die nächste und schließlich gar in höchste Lebensgefahr! Und wäre da nicht der Hotelgast Wolfgang Woitschak – Woitschi! - gewesen, der in mehrfacher Hinsicht ein Auge auf die entschlossene Hobbydetektivin geworfen hatte, dann hätte diese womöglich ihr Haus, ihren See, ihre Katze und nicht zuletzt den netten Nachbarn Andreas, dem sie mehr als nur Sympathien entgegenbringt, nie mehr wiedergesehen....
In der Tat, auch der fünfte Band um die sympathische, durchaus spezielle Frau Maier, nicht gerade ein Ausbund an Freundlichkeit - womit sie aber nur ihr gutes Herz und auch ihre Verletzlichkeit verbergen möchte -, die eigentlich ihr beschauliches, wenngleich auch einsames Leben, worüber sie oft traurig ist, durch nichts auf der Welt eintauschen möchte, auch nicht gegen einen noch so schönen Urlaub, ist so liebenswert, wie er spannend und abwechslungsreich ist. Und dass die Autorin eine gewisse Vorliebe für Wellnessurlaube hat, kann sie auch nicht verleugnen! Selbst diejenigen, die sich aus Aufenthalten in den Verwöhnoasen nichts machen, könnten in Versuchung geraten, wenn sie gemeinsam mit der Protagonistin die Tagesroutine in einer solchen Einrichtung langsam kennen- und schätzen lernen. Wenn Frau Maier sich zögernden Schrittes auf ihr unbekanntes Terrain begibt, sich zuerst in den Whirlpool – wir erinnern uns: den, in dem der tote Buchhalter ruhte! - unterm Sternenhimmel wagt, dann ganz berauscht ist vom warmen, wirbelnden Wasser und am liebsten gar nicht mehr herausklettern würde, und später sogar in die Sauna vordringt und richtig Gefallen daran findet, dann würde gar mancher Leser sicher gerne und sofort mit ihr tauschen.
Also ja, die besondere Atmosphäre eines Wellnesshotels wird wunderbar eingefangen in diesem netten Vertreter des Cosy Crime – sieht man einmal ab von den merkwürdigen Vorkommnissen, die in aufregendem Gegensatz stehen zu dem Frieden und der Entspannung, die die Gäste dort zu finden hoffen. Aber wie Frau Maier weiß – das Verbrechen lauert überall und macht auch vor Inseln der Ruhe und der Erholung nicht Halt! Damit aber all das wieder einkehren kann, ist es auf jeden Fall ihre Aufgabe, darin Agatha Christies berühmter Miss Marple nicht unähnlich, es zu bekämpfen, bevor sie sich wieder auf den Heimweg macht zur Katze, dem Haus, dem See – und Andreas. Denn getreu nach Elvis: „Home is where the heart is“...

Veröffentlicht am 11.09.2021

Lügen werfen lange Schatten

Ziemlich turbulente Zeiten
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Der Titel verspricht in der Tat nicht zu viel, denn turbulent geht es zu in diesem leichten, trotz der vielen, freilich harmlosen Verwicklungen, unbeschwerten Roman. Die rechte Lektüre für Regentage, denn ...

Der Titel verspricht in der Tat nicht zu viel, denn turbulent geht es zu in diesem leichten, trotz der vielen, freilich harmlosen Verwicklungen, unbeschwerten Roman. Die rechte Lektüre für Regentage, denn er zaubert südliche Sonne und mehr als nur einen Hauch von Fröhlichkeit in den grauen Alltag, lässt darüberhinaus Sehnsüchte wachsen nach Bella Italia oder, wie die Italiener selbst ihr wunderschönes Land nennen, dem Bel Paese. Denn dort, genauer gesagt in der Toskana, noch präziser auf einer Art Bio-Bauernhof, der exquisite kulinarische Produkte vermarktet, spielt ein Großteil der Geschichte voller kleiner Geheimnisse, noch kleinerer Lügereien, Missverständnissen am laufenden Band und einer Vielzahl hausgemachter Problemchen, die überhaupt die Ursache sind für das sich immer mehr verknotende Durcheinander, das sich, wie könnte es bei dieser Art von Roman auch anders sein, am Ende natürlich in Wohlgefallen auflöst. So wie im wahren Leben? Schön ware es... Derartige Happy Ends aber gibt es leider nur in Romanen, möchte ich behaupten. Und genau da gehören sie auch hin, gaukeln dem Leser eine Zeitlang eine beruhigende, heile Welt vor und lenken von den Widrigkeiten des eigenen Lebens ab. Somit haben sie ihren Zweck erfüllt.
Wenn man den vorliegenden Roman unter dieser Prämisse liest, was man vorzugsweise dann tun sollte, wenn man dringend eine kleinere oder größere Aufmunterung braucht, kann er sogar so etwas wie eine Lebenshilfe sein, es geht einem danach besser – man kann ja auch imaginäre Sonne tanken! Hat man allerdings selber ernsthafte Probleme, vor denen keiner gefeit ist, dann kann das, was man in „Ziemlich turbulente Zeiten“ vorgesetzt bekommt, worüber sich also die Protagonistin Ilona, die gleichzeitig die Ich-Erzählerin ist, grämt und was ihre beiden Busenfreundinnen Anna und Zoe, die einander offensichtlich auch die intimsten Geheimnisse anvertrauen (befremdlich!), umtreibt, schon für Verwunderung und auch Ungehaltensein sorgen.
Alle drei Frauen haben keinerlei finanzielle Probleme, die eine ist sogar so wohlhabend, dass sie sich jeden Wunsch auf der Stelle erfüllen kann (die Kapverdischen Inseln warten schon und eben mal in die Toskana düsen – kein Ding!), ihr Privatleben ist alles andere als desolat, die eine, Anna, mit den perfekten Töchtern gesegnet, steht kurz vor ihrer zweiten Vermählung, die beiden anderen sind Single, würden diesen Zustand aber gerne ändern, was zumindest bei der Ich-Erzählerin genau darauf hinauslaufen wird. Letztere hat jedoch noch ein Problem, womit sich wiederum viele Leserinnen (wir haben es hier selbstredend mit einem ausgesprochenen Frauenbuch zu tun) identifiziern können und mehr oder minder stark darunter leiden. Ilona also bringt ein paar Kilo zuviel auf die Waage! Eine 'Katastrophe' für unzählige junge Frauen, die sich für unattraktiv oder gar hässlich halten, wenn sie nicht so aussehen wie das Hungerhakenartige, das man ihnen tagtäglich im Fernsehen und in den sozialen Medien als Schönheitsideal vorsetzt. Aber für eine über 50jährige? Dazu noch eine mit Delikatessenladen und einem Faible fürs Kochen? Hm! Ein Problemchen Marke Eigenbau, fürwahr! Das aber, und dies ist ein netter Aspekt des Romans von Angelika Schwarzhuber, sich ganz allmählich in Luft auflöst. Mit Hilfe der beiden Freundinnen, wobei die gewöhnungsbedürftige Zahnärztin Zoe eher zu Schocktherapien neigt mit ihren unverblümten Bemerkungen, die sie gelegentlich besser hinunterschlucken sollte, - und vor allem dank der Zuneigung des Mannes, der sich in sie verliebt und der sie genauso nimmt, wie sie ist, nachdem alle Missverständnisse aufgeklärt sind, die Ilona höchstselbst verursacht hat durch das Vorgeben falscher Tatsachen (jung, schön, sportlich, anstatt mittleren Alters, durchschnittlich es Aussehen, vollschlank), kleine Flunkereien, gegen die der Traumprinz allerdings allergisch ist.
Mehr zum Inhalt soll hier aber nicht preisgegeben werden; was die Leserinnen erwartet, können sie dem sehr aussagekräftigen Klappentext entnehmen. Und dann – Buch aufschlagen und hinein ins Vergnügen! Das umso größer ist, wenn man sich einfach hineinziehen lässt in das Geschehen, nicht zuviel nachdenkt über das, was man da liest, nicht zu kritisch ist, was die Handlung selbst und die Protagonisten und ihre Eigenarten, sowie weitere stereotype Figuren anbelangt. Zumal die Autorin unzweifelhaft eine flotte und amüsante Art des Schreibens und Erzählens hat, wobei ich persönlich mich immer mal wieder gestört habe an gewissen, sich wiederholenden Wörtern und Ausdrücken, die mich auch im 'wahren Leben' nerven, wenn zum Beispiel der hohe Grad einer Eigenschaft, eines Adjektivs, mit 'total' gekennzeichnet wird – genutzt von allen handelnden Personen übrigens -, oder wenn es mit dem manchmal bemüht anmutenden Wortwitz übertrieben wird. Aber nun, das sind Kleinigkeiten, vielleicht Spitzfindigkeiten, das Lesevergnügen, das natürlich auch ich mit dem Buch hatte, konnten sie nicht nachhaltig trüben!

Veröffentlicht am 11.09.2021

Unkonventionelle Detektivin aus der Punkszene

Sandy / Der Banker mit dem Stöckelschuh
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Es ist heiß in Frankfurt in dem Sommer, in dem die Geschichte spielt, unerträglich heiß, noch dazu, wenn der heißbegehrte und dazu noch überteuerte Wohnraum, den man sich nach schweißtreibender und geradezu ...

Es ist heiß in Frankfurt in dem Sommer, in dem die Geschichte spielt, unerträglich heiß, noch dazu, wenn der heißbegehrte und dazu noch überteuerte Wohnraum, den man sich nach schweißtreibender und geradezu aussichtslos erscheinender Suche ergattert hat, winzig klein und schon bald übervölkert ist! Unverhofft schneit da nämlich Sandys Schwester herein, vorläufig, wie sie sagt, nur bis sie, die sich von Hannover in die Bankenstadt am Main hat versetzen lassen, eine geeignete Wohnung gefunden hat. Obwohl zwischen den beiden Schwestern eine jahrelange Funkstille herrschte, fühlt sich die schnoddrige Ex-Punkerin und sich nun als Privatdetektivin versuchende Sandy verpflichtet, der ungeliebten, im Gegensatz zu ihr biederen, aber wohlorganisierten Silvia Obdach zu gewähren. Blut ist halt trotz allem dicker als Wasser, nicht wahr?
Aber es bleibt nicht bei der einen Einquartierung, denn da klopft auch noch Wombel an, Sandys Kumpel aus der Punkerszene, der gedenkt, sein Leben zu ordnen und in Frankfurt ein Praktikum bei einem Photographen zu absolvieren. Mehr schlecht als recht zunächst, aber sich ins Unvermeidliche fügend, arrangieren sich die drei, trotzen der Hitze mit viel Bier und einem gelegentlichen Joint, als das Unheil über sie hereinbricht! Silvias neuer Chef auf der Bank wird erschlagen aufgefunden – und der Verdacht fällt ausgerechnet auf die recht unbedarft erscheinende, adrette Neu-Frankfurterin Silvia höchstselbst. Ehrensache, dass Sandy die Schwester aus der Bredouille heraushauen muss – wozu ist man schließlich Detektivin?
Leicht gestalten sich Sandys Ermittlungen jedoch nicht, denn der tote Banker scheint ein unbeschriebenes Blatt ohne erkennbares Privatleben gewesen zu sein. Aber dann macht Sandy mit der Hilfe der beiden lästigen Mitbewohner, die gelegentlich auch kontraproduktiv ist, denn sowohl Wombel als auch Silvia haben ein besonderes Talent, sich in Schwierigkeiten zu bringen, einige aufschlussreiche Entdeckungen, die sie kreuz und quer durch Frankfurt, von der Banker- über die Drogenszene bis hin ins Transvestitenmilieu führt und die ein ganz neues Licht nicht nur auf den toten Banker wirft, sondern die auch darauf hindeuten, dass dieser seine Hände bei dem anrüchigen Verkauf von viel zu teuren Immobilien – Schrottimmobilien nennt sie Schwester Silvia – an Kunden, die ihr zusammengespartes Geld gewinnbringend anlegen wollten, im Spiel hatte. Nun, und das gibt beileibe kein gutes Bild ab von den Banken im allgemeinen und von dem Ermordeten selbst im besonderen....
Sandy, eigentlich Sandra Hardenberg, ist sicher – und lobenswerterweise! - keine der üblichen Privatdetektive, die einem in Büchern und Filmen begegnen, und man braucht ein wenig Zeit, um sich an sie zu gewöhnen. Wirkt sie zunächst faul, träge, lustlos (was aber, wie man bald vermuten darf, der extremen Hitze geschuldet ist), allzu flapsig und wenig motiviert, so lernt man sie rasch als patente, gutmütige und hilfsbereite Person kennen, die das Herz, wie man so schön sagt, auf dem rechten Fleck hat. Impulsiv ist sie, gewiss, aufbrausend und unbedacht, wenn sie sich geärgert hat, aber sie hat Mut und einen wachen Verstand, den sie, so hat man den Eindruck, durch proletenhaftes Auftreten kaschieren möchte – um bloß nicht in den Verdacht zu kommen, als bürgerlich und spießig angesehen zu werden. Nein, so eine wie sie verleugnet ihre Vergangenheit nicht, möchte nicht zum Establishment gehören. Das macht sie authentisch, so authentisch wie die Stadt in diesem Krimi dargestellt wird, in dem sie ihrem ungeregelten Tagwerk nachgeht und in der sie sich auskennt wie in ihrer Westentasche. Diejenigen Leser, die Frankfurt kennen, fühlen sich auf vertrautem Terrain, wenn sie Sandy auf ihren Ermittlungen begleiten; andere Leser wiederum, die von der Stadt am Main nicht viel mehr wissen, als dass Frankfurt die deutsche Bankenmetropole ist und gleichzeitig die Hauptstadt des Verbrechens, haben nach der Lektüre einen durchaus tieferen Einblick in ihren Facettenreichtum, fühlen sich fasziniert und abgestoßen zugleich. Selten habe ich einen Krimi gelesen, der so perfekt zu dem Ort passt, an dem er spielt und der so, wie er ersonnen ist, nirgendwo anders spielen kann.
Die Handlung selbst bewegt sich eher gemächlich voran, gibt zwar einige Rätsel auf, ist aber durchschaubar. Die Spannung hält sich überdies, bis auf den flotten Schluss, bei dem es richtig brenzlig wird für unsre sympathischen Chaoten, in Grenzen, was aber wettgemacht wird durch die, mit wenigen Abstrichen, liebenswerten Charaktere und vor allem durch die Protagonistin Sandy, die gleichzeitig die Ich-Erzählerin ist. Und die Art, in der die Autorin Sandy die Geschehnisse aus ihrer Warte betrachten, berichten und kommentieren lässt, sorgt von Anfang bis Ende für Amüsement und Lesevergnügen! Ein ganz und gar unblutiger Krimi, der vor allem unterhaltsam ist, der anstatt düster und brutal, hell und komisch-vergnüglich ist, der fröhlich stimmt, erheitert, den Leser stellenweise herzhaft lachen lässt, der aber auch Verwunderung hervorrufen mag, in die sich Empörung mischt über das Treiben eines gewissen Berufsstandes, wobei hier nicht weiter ins Detail gegangen werden soll, um die Spannung und das Vergnügen derjenigen nicht zu schmälern, die neugierig geworden sind auf Katja Kleibers dritten Sandy-Krimi, dem, wie man am Ende des Buches erfahren kann, alsbald ein vierter folgen wird! Ich freue mich darauf!

Veröffentlicht am 27.08.2021

Neugierde kann gefährlich werden!

Unguad
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Als 'heiter-gelassender Gesellschaftskrimi, spannend bis zum Schluss' wird dieser zweite Band um die umtriebige Mutter, Arztgattin und psychologische Beraterin (oder so ähnlich, denn ihr Beruf spielt hier ...

Als 'heiter-gelassender Gesellschaftskrimi, spannend bis zum Schluss' wird dieser zweite Band um die umtriebige Mutter, Arztgattin und psychologische Beraterin (oder so ähnlich, denn ihr Beruf spielt hier keine eigentliche Rolle) Karin Schneider in dem Klappentext beschrieben – und dies ist in der Tat eine zutreffende Bezeichnung! Schauplatz ist Niederbayern, genauer gesagt das Altenheim Sonnenhügel in Kirchmünster im Rottal. Dort findet Karin bei einem Besuch ihrer betagten Eltern, die an diesem reichlich ungastlichen und gar nicht sonnigen Ort untergebracht sind, die Leiche der Hilfspflegerin Elvira, nicht gerade eine Zierde ihrer Profession, und fühlt sich nach dem ersten Schrecken geradezu verpflichtet (was auch eine Ausrede für ihre unbezähmbare Neugierde sein könnte!), ihre eigenen, nicht immer geschickten, auf jeden Fall aber so turbulenten wie riskanten, sie nämlich zusehends in Gefahr bringenden Ermittlungen anzustellen. Von Stund an eilt die, wie man den Eindruck gewinnt, trotz ihrer vielen Aufgaben nicht recht ausgelastete Karin zwischen mannigfachen Verpflichtungen als Mutter von vier Kindern im Teenageralter und unzähligen, durchaus obstrusen Seminaren, die sie offensichtlich besucht, wobei die Gründe dafür nicht ersichtlich sind, auch mit Langeweile nicht erklärt werden können, und dem Altersheim hin und her. Ihre neugierigen, keineswegs diskret gestellten Fragen stoßen erwartungsgemäß sowohl beim Personal der Alten-Aufbewahranstalt und letzter Station vor der unausweichlichen und nicht mehr fernen Ankunft des Sensenmannes, als auch bei der ermittelnden Kommissarin auf sich steigernden Unwillen – und bringen sie zudem alsbald ins Visier des Mörders, denn Elviras Tod war kein natürlicher! Doch Karin lässt sich nicht bremsen – und kommt tatsächlich einer gar schlimmen Geschichte auf die Spur, was sie am Ende um ein Haar das Leben kostet, denn da gibt es jemanden, der nichts oder alles, je nach Blickwinkel, zu verlieren hat und zum Äußersten entschlossen ist....
Flott geschrieben ist die Geschichte, amüsant, voller komischer bis skurriler Einfälle, die eine Art Gegengewicht bilden zu dem Kriminalfall, der mal mehr, mal weniger im Vordergrund steht, während die Handlung voranschreitet, mal gemächlich, mal holterdipolter – ganz wie die Protagonistin, die trotz allem Halb- und Viertelwissen, das sie sich in all ihren bereits erwähnten Seminaren angeeignet hat, oder besser gesagt zu haben glaubt, ihr inneres Gleichgewicht noch nicht gefunden zu haben scheint. Größtenteils ist besagte Protagonistin selbst die Erzählerin, wird aber abgewechselt von einer Art Berichterstattung, die immer dann einsetzt, wenn die hyperaktive Hausfrau mit dem Hang zum Aus-der-Haut-fahren, was sie als Temperamentsausbrüche bezeichnet, die sie ihren ungarisch-sizilianischen Wurzeln zuschreibt, gerade nicht ins Geschehen verwickelt ist. Eine Erzählweise, die mir gefällt, bringt sie doch ein wenig Ruhe in den unfriedlichen 'Spinnstubenkrimi' – besser bekannt unter der Genrebezeichnung 'cosy crime' -, lässt sie den Leser durchatmen, denn Karins Art kann schon arg anstrengend sein! Die ruhige Gelassenheit, die dem Niederbayern-Krimi attestiert wird, trifft nicht auf sie zu, so sympathisch sie auch ist, so witzig sie auch sein kann, für so viel Situationskomik sie auch sorgen mag.
Das tun neben ihr aber auch noch weitere Figuren, wie ihr 15jähriger Sohn Linus, dem ebenfalls eine Rolle bei den Ermittlungen zufällt und vor allem der eine oder andere Bewohner des Altenheims, un das der Leser mitgenommen wird und in dem er sicher unter keinen Umständen die letzten Lebensjahre verbringen möchte. So fiktiv die Krimihandlung auch sein mag – der Ort, an dem die Autorin sie ansiedelt, ist es ganz gewiss nicht! Ganz im Gegenteil! In Zeiten, in denen auch Institutionen wie Krankenhäuser und Altenheime allein unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit geführt werden und der Profit oberste Priorität hat und nicht etwa das Wohlergehen der Menschen, in denen Zuwendung nicht vorgesehen ist und Einsparungen immer auf Kosten der Menschlichkeit gehen oder gar von der Geschäftsführung billigend in Kauf genommen werden – gedankenlos, desinteressiert -, entspricht die Kulisse, vor der sich die Handlung abspielt, ganz der Realität und ist keineswegs eine düstere Zukunftsvision! Und diese Zustände werden so glaubwürdig wie lapidar geschildert, werden bedauert, letztend aber hingenommen, ohne dass Konsequenzen gezogen werden, so wie im wahren Leben! Alte Menschen haben nicht mehr das Recht, respektiert zu werden? Weil sie nicht mehr leistungsfähig sind, den Staat nur Geld kosten? Vor dieser Einstellung einer Gesellschaft, in der nur Jugend, Attraktivität und Agilität zu zählen scheint, kann es einen schon grausen – und die Autorin lässt das so nebenbei einfließen, unauffällig beinahe, wenn sie etwa eine Interaktion zwischen Pflegepersonal und Bewohner des ungastlichen Ortes Sonnenhügel in die Handlung hineinbringt. Geringschätziges Herabblicken auf den Hilflosen. Doch zum Glück hat sie eine junge Person, Anna, ersonnen, die tatsächlich Freude hat an der Beschäftigung mit alten Menschen, die sich mit ausgesuchter Höflichkeit und Freundlichkeit um sie kümmert. Hoffen wir, dass jemandem wie ihr nicht die Flügel gestutzt werden durch ein System, das genau festlegt, welche Pflegeleistungen notwendig sind und welche nicht, wieviel Zeit man einem Menschen schenken darf oder ob überhaupt.
Und – wie schön wäre es gewesen, wenn die wegen jeder tatsächlichen oder vermeintlichen Ungerechtigkeit oder nicht hinnehmbarer Zustände an die Decke gehende Protagonistin, die ohnehin auf Sinnsuche ist, kurzerhand ihre Eltern geschnappt und mit in ihr eigenes geräumiges Zuhause genommen hätte, anstatt ihr schlechtes Gewissen darüber, dass sie die beiden in dieses Heim verfrachtet hat, schnell wegzuwischen und in die hinterste Schublade ihres nach Aktivitäten lechzenden Köpfchens zu schieben. Ein Spiele- oder Erzählnachmittag mit den Eltern anstatt ein schamanischer Trommelkurs! Das wäre doch mal was, oder? Aber nun, man kann ja schließlich nicht alles haben, nicht wahr?