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Veröffentlicht am 18.01.2020

Wettbewerbe und bedrohte Freundschaften

Sternenschweif, 11, Spuren im Zauberwald
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„Spuren im Zauberwald“ ist der elfte Band der Pferdebuchreihe mit magischem Hintergrund, „Sternenschweif“ ( im englischen Original „My Secret Unicorn“ ), der Engländerin Linda Chapman, die tatsächlich ...

„Spuren im Zauberwald“ ist der elfte Band der Pferdebuchreihe mit magischem Hintergrund, „Sternenschweif“ ( im englischen Original „My Secret Unicorn“ ), der Engländerin Linda Chapman, die tatsächlich nur die fünfzehn ersten Bücher der Reihe selbst geschrieben hat. Aufgrund des großen Erfolgs und der vielen Freunde, die mutmaßlich in der überwiegenden Mehrzahl Freundinnen sind, die „Sternenschweif“ in Deutschland gefunden hat, wurde die Reihe von den unterschiedlichsten Autoren und Ghostwritern einfach fortgesetzt – und inzwischen sind bereits über sechzig Geschichten erhältlich.
Was macht den Zauber dieser Bücher aus, mag man sich bei dieser stolzen Zahl fragen! Nun, das Erfolgsrezept ist nicht schwer zu definieren: man nehme ein unscheinbares graues Pony, das keiner will, bringe es mit einem pferdeverrückten Mädchen zusammen, genau in dem Alter, in dem Mädchen und Pferde einfach zusammengehören, gebe einen Schuss Magie, viel heile Welt gepaart mit einer Unmenge Gefühlen und großer emotionaler Intelligenz hinzu und würze das Ganze mit zauberhaften Geschichten, die zum Träumen einladen. Genau dies macht Linda Chapman – und die Folge-Autoren tun es ihr gleich!
Alles dreht sich um die etwa neunjährige Laura, die nach dem Umzug aufs Land von ihren Eltern das langersehnte Pony geschenkt bekommt. Und dieses zerzauste graue Pony, Sternenschweif, hat nur auf Laura gewartet, damit sie ihn in seine wahre Gestalt, die eines Einhorns nämlich, verwandelt. Seine Einhornfreundin wird ihm nun dabei helfen, seiner Bestimmung, Menschen und Tieren in Not beizustehen, nachzugehen. Einen Haken allerdings hat die Sache: niemand darf erfahren, dass Sternenschweif ein Einhorn ist, denn dieses Wissen, kommt es in die falschen Hände, könnte die Welt der Einhörner, Arkadia, in Gefahr bringen! Es ist nicht immer leicht für Laura, ihr und Sternenschweifs Geheimnis zu hüten, denn gerade mit ihren beiden besten Freundinnen, Mel und Jessica, ebenso pferdeverrückt wie sie selbst, würde sie es gerne teilen. Doch Sternenschweifs Sicherheit ist natürlich wichtiger – und schließlich verbringt sie die schönsten Stunden mit ihm, nur mit ihm, wenn sie ihn des Nachts in ein Einhorn verwandelt und mit ihm durch die Lüfte reitet!
In „Spuren im Zauberwald“ aber wird Laura die Möglichkeit zu den allabendlichen Treffen mit Sternenschweif verwehrt, denn sie verbringt mit ihrer Freundin Mel eine Woche in einem Reitercamp, in dem, wie sich schnell herausstellt, strenge Regeln herrschen. Nicht nur ist es verboten, die Pferde nach Einbruch der Dunkelheit im Stall zu besuchen, um ihre Nachtruhe nicht zu stören, was natürlich Sinn macht, sondern Mel und Laura werden dazu noch unterschiedlichen Gruppen zugeteilt. Eine wahre Katastrophe für die beiden Mädchen, die sich so gefreut haben auf die Ferienwoche, die sie, das versteht sich von selbst, auch gemeinsam verbringen wollten. Während Mel sehr schnell Anschluss in ihrer Gruppe findet, sitzt Lauras Enttäuschung tiefer, was dazu führt, dass sie sich unklugerweise zur Außenseiterin macht, zumal Mel es sogar vorzieht, die wenige freie Zeit im strikt reglementierten Tagesablauf mit den neugewonnenen Freundinnen ihrer Gruppe zu verbringen anstatt mit Laura. Sie scheint ganz begeistert zu sein von Kate, dem tonangebenden Mädchen, der selbsternannten Anführerin der Gruppe, und deren Erfüllungsgehilfin Erin. Keine netten Mädchen, findet Laura, was man als Eifersucht abtuen könnte, aber es ist mehr! Kate tut ihr Möglichstes, den Keil zwischen Mel und Laura immer tiefer zu treiben – mit Erfolg! Daraufhin beschließt letztere, sich mit den, übrigens sehr liebenswerten, Mädchen ihrer eigenen Gruppe anzufreunden, anstatt weiterhin Trübsal zu blasen. Damit Mel und Laura dann doch wieder zusammenfinden und auch Sternenschweif seinen Einsatz bekommt, muss erst etwas Unvorhergesehenes und nicht Ungefährliches geschehen, das Mel hinter die Fassaden der intriganten Kate blicken lässt....
Ein wenig fällt dieser elfte Band heraus aus dem Schema, auf dem die Serie basiert, denn er spielt ganz und gar in einem Feriencamp, das, wie andere seiner Art, die als Freundschaftszerstörer verrufen sind, nicht unbedingt ein Ort ist, an den die Leser der sympathischen Laura folgen möchten. Und warum der Aufenthalt in diesem Camp ein einziger Wettbewerb darum sein muss, wer am ordentlichsten aussieht, wer sein Bett am schönsten gemacht hat, wessen Pferde die am saubersten geputzten, die schnellsten, die geschicktesten, die höchsten Springer sind, das verstehe, wer will – und erinnert mehr als nur ein wenig an das, was Bundeswehrveteranen gerne zum Besten geben. Darüberhinaus aber, und das gebe ich gerne zu, missfallen mir Wettkämpfe generell, da sie dem viel anstrebenswerteren Miteinander statt Gegeneinander ganz und gar nicht förderlich sind. Und wenn das noch dazu in den Ferien geschehen muss, wird mir das einfach zuviel.
So kann ich mich mit „Spuren im Zauberwald“ nicht wirklich anfreunden, zumal das Zusammenspiel zwischen Laura und ihrem Einhornfreund, das nämlich, was der Buchreihe ihren besonderen Reiz verleiht, nur am Rande eine Rolle spielt. Bleibt zu hoffen, dass eine Folge wie diese die Ausnahme bleiben wird und uns die nächste Geschichte wieder in gewohntes und bewährtes Terrain führen und vor bissigen Alpha-Mädchen verschonen möge!

Veröffentlicht am 03.01.2020

Der Entfesselungskünstler ist nicht zu fassen....

Das magische Baumhaus (Band 48) - Das Geheimnis des Zauberkünstlers
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„Writing is a miracle. You can travel anywhere in the world, to any time and any place and still be home in time for dinner“ Diese Worte der amerikanischen Schriftstellerin Mary Pope Osborne gelten nicht ...

„Writing is a miracle. You can travel anywhere in the world, to any time and any place and still be home in time for dinner“ Diese Worte der amerikanischen Schriftstellerin Mary Pope Osborne gelten nicht nur fürs Schreiben sondern auch für die Zeitreisen ihrer beiden jungen Protagonisten, den Kindern Philipp und Anne, die im Original Jack und Annie heißen, aus Pepper Hill ( im Original „Frog Creek“) in Pennsylvania, die mehrere Tage dauern können, während in der Wirklichkeit kaum einige Sekunden vergangen sind. Und in der Tat: zum Abendessen sind sie immer rechtzeitig zurück!
Ihre Reisen begannen sie 49 Bände zuvor, als sie nämlich im Wald ihres Heimatortes ein Baumhaus entdeckten. Neugierig kletterten sie hinauf und fanden sich, kaum dass sie wussten, wie ihnen geschah, in einer Zeit vor über 60 Millionen Jahren, mitten unter Dinosauriern! Es dauerte einige Bände, bis sie wussten, wer sie an entlegene Orte und in ferne Zeiten schickte: es war nämlich keine Geringere als die sagenumwobene Morgan, Bibliothekarin am Hofe des Königs Artus in Camelot. Später war es Merlin, der große Zauberer des mythischen Königs, der Morgans Platz einnahm und der mit den Baumhaus-Reisen der Kinder, wie Morgan auch, immer ganz bestimmte Aufträge verband, die sich jeweils über mehrere Bände der Serie erstreckten, die in den Vereinigten Staaten, aber auch in Deutschland und Japan, zu den erfolgreichsten Kinderbuch-Reihen gehören, weltweit über 50 Millionen mal und allein in Deutschland über 6 Millionen mal verkauft wurden. Und so empfiehlt es sich auch, die thematisch zusammengehörenden Bände nacheinander zu lesen!
„Das Geheimnis des Zauberkünstlers“ ( Originaltitel: „Hurry up, Houdini!“ ) ist Band 2 der Mission, bei der Philipp und Anne auf vier berühmte Personen treffen sollen, um von ihnen das Geheimnis wahrer Größe zu erfahren. Gerade sind sie aus Mazedonien zurückgekommen, wo sie Alexander dem Großen höchstselbst begegnet sind, und warten nun gespannt darauf, wohin Merlin sie als nächste schicken wird. Und es dauert auch nicht lange, da erfahren sie durch eine Notiz, die Merlin ihnen im Baumhaus hinterlassen hat, dass die nächste bekannte Persönlichkeit, mit der sie zusammentreffen sollen, der große Zauberer und Entfesselungskünstler Harry Houdini sein würde, der im Jahre 1908 im Vergnügungspark Coney Island an der Ostküste ihrer Heimat einen Auftritt haben würde.
Da den Geschwistern diese Epoche bereits ein wenig vertraut ist, denn eine vergangene Reise hatte sie ins San Francisco des Jahres 1900, kurz vor und während des großen Erdbebens geführt, fühlen sie sich auf sicherem Boden - und werden, der junge Leser vermerkt es mit Unwillen, ein wenig leichtsinnig, denn anstatt sich sofort auf den Weg zu machen, Karten für Houdinis Vorstellung zu kaufen, macht Anne, wie schon so oft zuvor, wieder einmal, was sie will, besteht darauf, zuerst die Attraktionen und Fahrgeschäfte zu besuchen und auszuprobieren, wodurch sie die Erfüllung ihrer eigentlichen Aufgabe verzögert. Diese Eigenmächtigkeit ist nichts Neues bei ihr, wie wir wissen; sie ist zwar ärgerlich und verkompliziert die Reisen der Kinder unnötig, führt aber, wenn auch auf Umwegen, dennoch immer irgendwie zum Ziel.
Aber, fragen sich Kritiker der Kinderbuchreihe - die es durchaus gibt! -, sollte die nervige Anne spätestens im Band 50 ( der im Deutschen der 48. Band ist, da „zu amerikanische Folgen“ hierzulande nicht veröffentlicht wurden ) nicht doch etwas dazugelernt haben, ein klein wenig reifer geworden sein? Schließlich ist sie keine sieben Jahre mehr alt, wie im ersten Band sondern dürfte inzwischen um die zehn sein.... Wie gut nur, dass Philipps Geduld sich diesmal in Grenzen hält, dass er auch mal auf seiner eigenen Meinung besteht! Wie auch immer – dank Annes Eigenmächtigkeiten wäre zwar beinahe nichts aus dem Zusammentreffen mit Houdini geworden, dafür aber dürfen sich die Geschwister höchstpersönlich als Zauberkünstler versuchen – das geheimnisvolle Fläschchen mit dem Morgennebel von Avalon, das ihnen Merlin mit auf die Reise gegeben hatte und das ihnen für eine kurze Zeit besondere Fähigkeiten verleiht, macht es möglich!
Schließlich stehen sie dem großen Meister Houdini von Angesicht zu Angesicht gegenüber – und das ist eine faustdicke Überraschung, über die hier Stillschweigen bewahrt werden soll, wie im übrigen auch über eine reizende Idee am Ende, um dem Magier etwas ganz Besonderes zu schenken, bevor sie wieder nach Pepper Hill zurückreisen....
Wenn man einmal absieht von dem irritierenden Verhalten der im vorliegenden Band besonders anstrengenden Anne, wie auch von der Tatsache, dass der von Mary Pope Osborne so sympathisch und bescheiden gezeichnete Houdini, der übrigens ein gebürtiger Ungar war, in der Realität als äußerst widersprüchlicher Charakter mit überzogener Geltungssucht galt, eifersüchtig auf jeden möglichen oder vermeintlichen Konkurrenten, also so gar nichts gemein hatte mit dem Houdini der Autorin ( was eher ungewöhnlich ist, denn sie bleibt normalerweise sehr nahe an den Charakterisierungen, die von den historischen Figuren, die sie auftreten lässt, überliefert sind ), ist auch „Das Geheimnis des Zauberkünstlers“ wieder lesens- und empfehlenswert, wenn auch keines der besseren Bände der Erfolgsserie. Die Phantasie und sehr angenehme Art des Schreibens und Erzählens der Autorin, die so gekonnt Sachinformationen mit spannender Unterhaltung zu verknüpfen weiß, macht aber auch einen schwächeren Band immer noch zu einem Lesevergnügen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.02.2023

Die Pokornys können es nicht lassen...

Mordsradau in Bad Vöslau
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Nachdem ich den größtenteils in Bad Vöslau im Wiener Speckgürtel angesiedelten Kriminalroman endlich gelesen hatte – es wollte einfach nicht vorangehen -, war ich doch zumindest sicher, mich recht gut ...

Nachdem ich den größtenteils in Bad Vöslau im Wiener Speckgürtel angesiedelten Kriminalroman endlich gelesen hatte – es wollte einfach nicht vorangehen -, war ich doch zumindest sicher, mich recht gut in dem Kurort, respektive in seiner vielfältigen Gastronomie, auszukennen! In der Tat widmet der Autor den kulinarischen Genüssen beinahe mehr Zeit als dem zähen, wirklich nicht spannenden Fall, wenn man einmal die letzten 50 von beinahe 400 Seiten ausnimmt. Aber natürlich ist es weitaus interessanter, die beiden Protagonisten und Hobbydetektive Willi und Toni, nebst Hündin Maxime agieren zu lassen, was bedeutet, sie ständig in ihre Stamm- und auch andere Lokale zu begleiten – da gibt es feste Gewohnheiten, wann und wo und was gegessen wird! -, als sich mit dem ätzenden, dreckigen, betrügerischen, geldgeilen Immobiliengeschäft zu befassen, dessen hiesiger Verband derzeit ein Vorstandsmitglied nach dem anderen durch den Tod verliert. Unfälle, so heißt es, aber so richtig daran glauben kann Mochacek, Obmann des Verbandes, nicht. Was also liegt näher, als privat Ermittlungen anstellen zu lassen? Von eben jenen Pokornys, die als Privatschnüffler anscheinend eine Art Berühmtheit erlangt haben – was man vermutlich im Vorgängerband, der gleichzeitig der erste Band der Reihe ist, lesen kann.
Nun, eigentlich gegen ihren Willen sagen die beiden so gegensätzlichen, aber dessen ungeachtet wunderbar miteinander harmonierenden Eheleute Pokorny zu, zumal der arbeitslose Willi und die halbtagsbeschäftigte Toni ohnehin jede Menge freie Zeit haben. Das wenigstens sollte man meinen, doch unterschätzt man dabei den breiten Raum, den die Nahrungsaufnahme einnimmt, besonders bei dem nicht gerade schlanken Willi. Tatsächlich hat man den Eindruck, dass er den Großteil seiner freien Zeit dem Verzehr seiner zahlreichen, durchweg kalorien- und cholesterinreichen Lieblingsspeisen in seinen bevorzugten Gaststätten und Restaurants, auch Kantinen fallen darunter, widmet. So recht klargeworden ist mir freilich nicht, wie die beiden sich das ewige Auswärtsessen leisten können, obschon sie, worauf aber nicht näher eingegangen wird, eine Erbschaft gemacht haben. Was ist überhaupt der Beruf des konservativen, den technischen Errungenschaften gegenüber skeptisch, um nicht zu sagen ablehnend eingestellten Gewohnheitsmenschen Willi Pokorny, der in der Schule, auch das wird nebenbei erwähnt, immer der Klassenbeste war? Und – wenn er schon so gerne Detektiv spielt – warum gründet er nicht ganz offiziell eine Detektei? Schon um den ständigen Reibereien mit der allseits ungeliebten, aggressiv-cholerischen Chefinspektorin Ottilia Wehli aus dem Weg zu gehen, die es partout nicht leiden kann – verständlicherweise -, wenn die Pokornys ihre neugierigen Nasen in Dinge stecken, die sie nun wirklich nichts angehen! Und die zu allem Überfluss auch noch von Willis Schulfreund, dem Gruppeninspektor Sprengnagl, mit internen Ermittlungsinformationen gefüttert werden. Obgleich die Chefinspektorin als unsympathisch dargestellt wird, ihr zudem auch noch der Hauch der Unfähigkeit anhaftet, fühle ich mit ihr, denn solche Wichtigtuer wie die Pokornys (stimmt schon, es will mir nicht recht gelingen, sie so toll zu finden wie sie sich selbst und gegenseitig und wie das offensichtlich auch vom Autor gewollt ist) können anstrengend sein und man wird ihrer, als Leser sowie als jemand, dem sie immerzu munter ins Handwerk pfuschen, alsbald überdrüssig.
Wie dem auch sei, um den Krimi zu mögen, sollte man auch den Pokornys positiv gegenüberstehen und nicht genervt auf den nächsten Schlamassel warten, in den sie so gerne hineingeraten und von denen einer absurder und klamaukhafter gerät als der nächste. Überhaupt – Klamauk! Dieses Wort wird großgeschrieben in dem langatmigen Krimi, ein wenig zu groß. Das nutzt sich ab, wird langweilig, bringt mich zum Augenrollen.
So langweilig wie die ganze verwerfliche Immobilienbranche (die wie ich finde, keine gute Themenwahl für einen Krimi ist), in der ein ruchloser Mörder umgeht, ist leider auch die gesamte verschlungen-verworrene Geschichte, wenn man die Slapsticks mal überliest. Und dass die beiden ersten Toten von jemandem im Hintergrund, der, wie es scheint, einen gewaltigen Hass auf die Branche und seine moralfreien Vertreter hat, ins Jenseits befördert wurden, wird spätestens dann klar und von der behäbigen Polizei als untersuchenswert eingestuft, als noch weitere Immobilienmakler das Zeitliche segnen. Und diesmal eindeutig weder durch Unfall noch aufgrund natürlicher Umstände. Die Ermittlungen sind mühsam, ziehen sich in die Länge, immer wieder aufgelockert durch die Scharmützel, die sich Inspektorin Wehli mit den Pokornys liefert, die ihr stets mehrere Schritte voraus sind. Was Wunder, haben sie doch in der schrulligen, wider Willen witzigen, vor allem aber stets bestens informierten Liesl Katzinger, ihres Zeichens Kettenraucherin, Nervensäge vom Dienst und Ortszeitung, eine nicht zu unterschätzende Verbündete! Eine Geheimwaffe sozusagen, die der Wehli abgeht, auch weil letztere sich durch ihre schroffe Art einfach keine Freunde machen kann. So sind die Szenen, in denen die gewitzte alte Dame, immer in den abenteuerlichsten Bekleidungen, und die Pokornys miteinander agieren, die besten des gesamten langen, oft aberwitzigen Romans mit Krimielementen. Ohne die, wiewohl anstrengende und zänkische, dabei fürchterlich empfindliche Liesl wäre die Geschichte ganz und gar ihrer Seele beraubt.
Aber suchen wir weiter nach den positiv zu Buche schlagenden Elementen! Die Auflösung des Falles ist gut, ist überraschend, wertet den Roman auf, mit dem Österreicher vermutlich besser zurechtkommen als Deutsche, hat er doch ein ganz bestimmtes, ganz eigenes Flair, das man bei deutschen Regionalkrimis nicht kennt, daher nicht gewohnt ist und vielleicht auch nicht zu schätzen weiß. Überraschend viele Ausdrücke waren mir nicht geläufig, was ich aber nicht als nachteilig empfinde, denn da ich Sprache ebenso sehr mag wie der Willi Pokorny, habe ich gerne dazugelernt. Und nein, ich hatte den leicht durchgeknallten Übeltäter nicht im Visier, hätte aber auf ihn kommen müssen, denn allzu viele Verdächtige waren dann bald ja nicht mehr übrig.
Doch die positiven Aspekte ändern nicht viel an meinem Gesamteindruck, der mich den Krimi bestenfalls als mittelmäßig einstufen lässt. Aber Bücher sind halt Geschmackssache, wie so vieles im Leben. Sie müssen nur die geeigneten Leser finden, die sie zu schätzen wissen. Und liest man vorhandene Kritiken und Rezensionen durch, so gibt es genügend Leser, die genau das tun. Gut so!

Veröffentlicht am 18.02.2023

Superhacker, die Mafia, Finanzbetrüger und weitere Gauner

LOKSTOPP NULLUHR 4
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Wie oft dachte ich mir während der Lektüre von Jan Cuccos hier zu besprechendem 'Cyberkrimi' „Schuster, bleib bei deinen Leisten“, sprich lies lieber etwas, von dem du etwas verstehst anstatt, bedingt ...

Wie oft dachte ich mir während der Lektüre von Jan Cuccos hier zu besprechendem 'Cyberkrimi' „Schuster, bleib bei deinen Leisten“, sprich lies lieber etwas, von dem du etwas verstehst anstatt, bedingt durch Nichtwissen, über weite Strecken ratlos zu sein und der mal langsamen, mal schnellen, sich gelegentlich sogar überschlagenden Handlung nur mit Mühe oder gar nicht folgen zu können. In der Tat übersteigt das, was ich hier gelesen habe, mein Wissen, meine Kenntnisse, nicht zuletzt mein Verständnis, denn weder kenne ich mich auf dem mir unendlich kompliziert erscheinenden Gebiet der IT aus, noch auf dem kolossal verschlungenen der internationalen Finanz- und Wirtschaftswelt mit ihren undurchsichtigen Strukturen. Schlimmer noch, schräge und undurchschaubare Machenschaften großer, mittlerer und kleiner Konzerne interessieren mich nicht die Bohne – und wieso man dem Gott Mammon unbedingt alle erdenklichen Opfer zu bringen bereit ist und mit welcher Geldgeilheit man durchs Leben marschiert, dabei krumme Geschäfte als selbstverständlich erachtet, ist mir schleierhaft! Manchmal komme ich mir vor wie aus der Zeit gefallen, so als käme ich direkt von der sprichwörtlichen Insel der Seligen. Doch stört mich das? Nicht doch! Das Leben, das die meisten der schwer einzuordnenden Darsteller führen, die Jan Cuccos Roman bevölkern, empfinde ich nämlich gar nicht als beneidens- und schon überhaupt nicht als anstrebenswert. Es ist dies eine Welt, vor der ich voller Staunen, aber mehr noch mit rechter Abneigung erfüllt stehe.
Dennoch! Nachdem ich mich mehr oder weniger eingelesen hatte – dies über Tage, was nicht meiner gewohnten Lesegeschwindigkeit entspricht -, begannen sich die Dinge zu klären, aus dem Gewühl von miteinander verbundenen oder nicht verbundenen Handlungssträngen leuchtete so etwas wie ein Pfad hervor. Von nun an wurde es leichter, auch wenn sich vieles weiterhin meinem kognitiven Verständnis entzog, wie natürlich die Kunst mit sieben Siegeln der IT-Spezialisten, noch mehr freilich die der beiden supergenialen Hacker Paul und William. Das Kapitel, in dem sich die beiden in die diversen Firmencomputer einschleichen und, erst mal drin, nach Herzenslust manipulieren, fand ich dennoch staunenswert und außerordentlich spannend! Ich nehme an, dass derartige Vorgänge durchaus realistisch sind, wiewohl nicht in einem solchen Ausmaß. Oder doch? Und wenn noch nicht jetzt, dann sicher in der Zukunft?
Ja, ich habe so einiges gelernt während der eher mühseligen Lektüre, ein paar Dinge auch begriffen – glaube ich. Und im letzten Drittel, als sich der Schleier ein wenig gelüftet hatte, fühlte ich mich richtig gut unterhalten. Zu meiner nicht geringen Überraschung! Da kamen mir nämlich plötzlich die Protagonisten, die ich insgesamt nur mittelmäßig gut ausgearbeitet finde, denn sie bleiben bis zum abgehackten Schluss (gar nicht gut!) gesichtslos, obschon sie bis dahin ein wenig an Profil gewonnen hatten, tatsächlich näher. Und die italienische Dottoressa, bei der ich die meiste Zeit über vergebens nach so etwas wie Moral gesucht hatte, tat mir unglaublicherweise sogar leid! So stark war sie, arrogant und kaltblütig und selbstherrlich, sich für unbesiegbar haltend – und da brauchte es nur einer falschen, einer unbedachten Entscheidung, um sie zu Fall zu bringen und zur Bittstellerin werden zu lassen, der man nicht wirklich gerne beistand. Tja, so ist das nun einmal mit den sogenannten Freunden! Nun, ihr Schicksal bleibt offen, wie das des Weinkenners und -genießers Belair, dem 0,01% Sicherheitsrisiko für die von Saulus zu Paulus mutierten Hackerprofis Paul und William. Das lässt darauf schließen, dass der Autor eine Art Fortsetzung geplant hat – für die ich mir aber eine flüssigere und damit klarere Art des Erzählens wünschen würde. Und das Weglassen von Anspielungen, die nicht von jedem Leser dechiffrierbar sind, wie das hier in 'Lokstopp' das eine oder andere Mal geschehen ist. Hinter die Kulissen zu blicken gelingt in der Regel nur, wenn diese klare Konturen haben und wenn es deutbare Hinweise gibt, was in dem vorliegenden Krimi jedoch alles in allem nicht der Fall ist.

Veröffentlicht am 17.02.2022

Ein 'sinnvoller Lebensabend' in Schweden mit Hindernissen

Herbstfrühling in Schweden
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Über die Autorin erfährt man, bevor man mit der Lektüre des als „Schwedenroman mit Herz“ apostrophierten Roman-Märchens „Herbstfrühling in Schweden“ beginnt, dass sie 'mit Herz, Humor und Gefühl' schriebe ...

Über die Autorin erfährt man, bevor man mit der Lektüre des als „Schwedenroman mit Herz“ apostrophierten Roman-Märchens „Herbstfrühling in Schweden“ beginnt, dass sie 'mit Herz, Humor und Gefühl' schriebe und 'den Figuren ihrer Geschichten so viel Leben' einhauche, 'dass man meint, sie schon seit Ewigkeiten zu kennen'.
Fein, dachte ich und freute mich auf unbeschwerte, entspannte Lesestunden, einfach zum Abschalten, als Ausgleich zur immer nerviger werdenden und sich ins Unendliche hinziehenden gegenwärtigen Situation, in unserer Gesellschaft und anderswo! Zum Glück war mein Anspruch kein hoher, ansonsten wäre Renas Schwedengeschichte, fern aller Realität, weshalb ich das Ganze oben auch als 'Märchen' bezeichnet habe, ein rechtes Ärgernis gewesen.
Von unverhofften, ungewöhnlichen Erbschaften hört man ja immer wieder einmal, meistens aus dritter Hand, denn jemand kennt jemanden, der gehört hat... - man kennt das! Und stellt sich nichtsdestotrotz vielleicht selber vor, eines Tages der eine unter 10 Millionen oder so zu sein, dem so etwas in den Schoß fällt. Eine Finca auf Mallorca? Oder womöglich ein Cottage in Cornwall? Oder ein kuscheliges rotes Häuschen im schönen Schweden, in der Heimat von Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga oder den Kindern aus Bullerbü? Nun, Lotta Josefsdotters Heldin Rena – Renate, wie man irgendwann einmal beiläufig erfährt – fällt das sagenhafte Erbe zu, von ihrem unbekannten schwedischen Vater, der aber – und davon ist wohl im Vorgängerband die Rede – gar nicht verblichen ist, sich im Gegenteil bester Gesundheit erfreut und obendrein auch noch wohlhabend ist. Testen wollte er die Tochter, die vor Jahren einem One-Night-Stand entsprossen ist. Oder sie einfach nur kennenlernen. Das werden diejenigen unter der Leserschaft wissen, die Rena und dem Vater bereits im ersten Band begegnet sind. Aber wichtig ist das nicht, wie ich auch nicht meine, dass es notwendig ist, besagten Band gelesen haben zu müssen, um der Handlung des hier zu besprechenden „Herbstfrühlings“ folgen zu können.
Denn hier bahnt sich eine neue Geschiche an: das Herrenhaus, das Rena gegen das ursprünglich geerbte und mit Mühen renovierte viel kleinere Häuschen im Walde eingetauscht hat, soll einem wohltätigen Zweck und die Besitzerin selbst offensichtlich einer Beschäftigung zugeführt werden – und auswanderungswillige Senioren des Kirchenchors aus Renas Heimatstadt Balve aufnehmen, um ihnen zu helfen, den Rest ihres Lebens sinnvoll zu gestalten. Na danke, dachte ich, über das, was sinnvoll ist oder nicht möchte ich schon gerne selbst bestimmen dürfen, auch noch im höheren oder gar hohen Alter! Also nein – ich hätte mich gewiss nicht angesprochen gefühlt, mit Rena, Arvid, Einar und wie sie alle heißen, meinen Lebensabend zu verbringen. Aber ich bin, man wird es schon gemerkt haben, schließlich auch nicht die geeignete Leserin für ein Buch wie dieses, das, da bin ich ganz sicher, mit Gewissheit ein begeistertes Publikum finden wird, respektive bereits gefunden hat.
Für meinen Geschmack ist die Geschichte zu konstruiert, zu weit hergeholt, die Figuren desgleichen. Sie erschienen mir zu keinem Zeitpunkt wie alte, liebgewonnene Bekannte, erfüllten zu viele Klischees, mit denen ich rein gar nichts im Sinn habe. Ja, drei der Rentner, natürlich alle mackenbehaftet, waren reizend, so gutherzig wie guten Willens. Ihnen zu begegnen ist ganz vergnüglich. Seniorin Lisbeth hingegen – naja, das Klischee schlechthin! Und was den eigentlich sympathischen Einar, Vater der Hauptperson, dazu bringt, sich in gerade diese Zimtzicke zu verlieben – nun, das verstehe einer. Die Wege der Liebe sind verschlungen und unergründlich, um ein bekanntes Zitat abzuwandeln...
Am wenigsten gefallen jedoch hat mir in der Tat Rena, Heldin des Romans und Ich-Erzählerin – mal abgesehen von ihrer schrecklichen Instagram-Mutter, die leider Gottes alsbald mit Renas Zweitvater auftaucht, sich häuslich niederlässt auf dem Gutshof und alles und jeden dirigieren möchte und anscheinend nicht gedenkt, je wieder nach Hause, zurück nach Deutschland, zu fahren um gefälligst dort zu bleiben! Diese Rena also, um meine Gedanken weiterzuführen, ist so romantisch, dass es wehtut. Ständig schwebt sie inmitten einer rosaroten Wolke, die regelmäßig zerfällt, um einer neuen Platz zu machen, die dann wieder nicht tragfähig ist, und so fort.
Gefühlsduselei der Art, die Rena zu eigen ist, ist mir unerträglich. So wie ich nicht erfassen kann, aus welchem Grunde die Neu-Schwedin, die ständig betont, mit Arvid das große, das unverhoffte Glück ihres Lebens gefunden zu haben, dieser ihrer ach so großen Liebe sofort misstraut, sobald der arme Bursche nur mal die Mundwinkel hängen lässt oder nicht die ganze Zeit plappert. - Und wenn ich mir ihre eigenen Platitüden durchlese, dann möchte ich es lieber mit dem Sprichwort halten, dass Reden Silber, Schweigen aber Gold ist. - Welch große, große Unsicherheit doch in der Romantikerin wohnt, und wie leid einem Arvid tun kann, mit dieser auf Dauerharmonie abonnierten Klette täglich aufs Neue klarkommen und ihre immerwährenden Zweifel zerstreuen zu müssen! Fürchterlich schmalzig und ganz und gar unerträglich wird es dann aber, als Rena guter Hoffnung ist, das Kind als Krönung ihrer und Arvids Liebe schließlich unter Mitwirkung all der adoptierten Senioren nebst Mutter und der beiden Väter gebärt und zwischenzeitlich auch noch das Rätsel um die schöne Eyvor, deren im Gutshaus hängendem Porträt sie sich so nahe fühlt, auf die sentimentalste und gleichzeitig unwahrscheinlichste aller Weisen löst.
Doch so ist das nun einmal in Märchen: Ende gut, alles gut – und sie lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage! Wünschen wir Rena und ihrem Sammelsurium von verirrten, verwirrten, freundlichen und unausstehlichen Mitbewohnern und Anverwandten, dass sie auch weiterhin in einer Blase des Glückes schweben mögen, dort oben im schönen Schweden, über dessen Gepflogenheiten man übrigens – lobend sei es erwähnt – eine ganze Menge erfährt. Freuen wir uns an der von Lotta Josefsdotter geschaffenen heilen Welt mit der gelegentlichen, harmlosen Schlange im Paradies – gerade in unserer so unheilen Zeit!