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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.04.2024

Emotional berührend

Der Wind kennt meinen Namen
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Isabel Allende erzählt in ihrem neuen Roman zwei unterschiedliche Geschichten, die sich über einen Zeitraum von 80 Jahren erstrecken. Beide Geschichten haben das Leid geflüchteter Kinder zum Inhalt, die ...

Isabel Allende erzählt in ihrem neuen Roman zwei unterschiedliche Geschichten, die sich über einen Zeitraum von 80 Jahren erstrecken. Beide Geschichten haben das Leid geflüchteter Kinder zum Inhalt, die um ihre Leben bangen müssen und ihre Familien verloren haben. Der sechsjährige jüdische Junge Samuel Adler aus Wien wird nach der Pogromnacht 1938 von seiner Mutter mit einem Kindertransport nach England geschickt. Das Mädchen Anita Diaz flieht mit seiner Mutter aus El Salvador in die USA, wo beide getrennt werden.

Die Autorin hat ihren Roman in zwei Zeitebenen und auf zwei Kontinenten angelegt. „Der Wind kennt meinen Namen“ ist ein sehr berührender Roman, dessen Hauptprotagonisten Samuel und Anita sind. Isabel Allende schildert das Grauen der Pogromnacht 1938 in Wien und die Not der jüdischen Menschen anhand von Samuel und seiner Familie schonungslos. Samuels Vater ist verschwunden, die Familie hat alles verloren. In ihrer Verzweiflung bleibt Samuels Mutter nur ein Ausweg um ihn zu retten – sie schickt ihren kleinen Sohn mit einem Kindertransport nach England. Die berührende Abschied von seiner Mutter auf dem Wiener Bahnhof, seine Einsamkeit wird Samuel ein Leben lang begleiten.
Im Jahr 2019 spielt sich in den USA eine ähnliche Szene unter anderen Umständen ab – die siebenjährige Anita flieht mit ihrer Mutter aus dem von Bürgerkrieg zerrütteten El Salvador in die USA und wird von ihrer Mutter getrennt. Isabel Allende verknüpft die Schicksale der beiden, von Flucht und Entbehrungen gezeichneten Menschen auf beeindruckende Weise. Unterschiedliche Epochen und Schauplätze, eines ist gemeinsam – der unbeugsame Willen der Mütter, ihre Kinder zu retten und ihnen ermöglichen, zu leben. Dafür ist den Müttern kein Opfer zu groß. Der Roman ist eine eindringliche Warnung gegen das Vergessen, zugleich aber auch von Optimismus und dem Willen zu leben geprägt. Samuel findet Trost in der Musik und Anita flüchtet sich in eine Fantasiewelt. Das Buch „Der Wind kennt meinen Namen“ist sehr emotional und bildhaft erzählt, besticht zudem durch seine kraftvolle Ausdrucksweise. Ich vergebe für diesen Roman fünf Sterne und spreche eine Leseempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 03.04.2024

Im Rhythmus der Wellen

Und Großvater atmete mit den Wellen
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Im Jahr 1943 wird das Handelsschiff der Brüder Konrad und Sverre Bjerke von Japanern im Indischen Ozean angegriffen. Die Brüder geraten geraten getrennt voneinander in Gefangenschaft. Konrad verschlägt ...

Im Jahr 1943 wird das Handelsschiff der Brüder Konrad und Sverre Bjerke von Japanern im Indischen Ozean angegriffen. Die Brüder geraten geraten getrennt voneinander in Gefangenschaft. Konrad verschlägt es auf die Insel Java, wo er die Krankenschwester Sigrid kennenlernt. Beide kommen sich näher und verlieben sich. Dann wird Java von den Japanern besetzt und Konrad gerät erneut in Gefangenschaft. Sigrid wird mit ihrer Mutter sowie ihrer kleinen Schwester in ein Frauenlager eingeliefert. Ihrer aller Zukunft ist ungewiss. Werden Konrad und Sigrid jemals miteinander leben können?

Trude Teige hat bereits mit „Als Großmutter im Regen tanzte“ einen umfassend recherchierten Roman vorgelegt. Im Mittelpunkt der Erzählung stand Junis Großmutter Thekla. Der Roman „Und Großvater atmete mit den Wellen“ umfasst nun das Schicksal von Junis Großvater Konrad. Die Autorin erzählt anhand ihrer Hauptfiguren Konrad, Sigrid und Sverre von den Nöten und Entbehrungen, denen die europäische Bevölkerung Südostasiens unter der grausamen Herrschaft der Japaner während des 2. Weltkrieges ausgesetzt waren. In den Lagern herrschten Hunger und Krankheiten, nicht wenige Menschen wurden während der Gefangenschaft brutal getötet, was Trude Teige schonungslos schildert. Sie erzählt aber auch auch vom Überlebenswillen und der Hoffnung der Menschen, von Freundschaft, Liebe und Hilfsbereitschaft. Der Erzählstil der Autorin ist einzigartig, sie zeichnet ihre Protagonisten mit viel Empathie. „Egal, ob es stürmt oder ganz ruhig ist, die Wellen treffen das Land immer im gleichen Rhythmus. Und wenn du Angst hast oder traurig bist, musst du mit dem Meer atmen.“ So hat es Konrad immer gehalten, es hat ihm Mut und Zuversicht gegeben und er erzählt es seiner Enkelin Juni. Trude Teige ist wiederum ein sehr eindrucksvoller, berührender Roman gelungen, der mir lange in Erinnerung bleiben wird. Ich vergebe für das Buch fünf Sterne und spreche eine Leseempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 24.03.2024

Bewegende Frauenschicksale

Schicksalsjahre. Die Frauen vom Neumarkt
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Im Februar 1945 ist die Elbmetropole Dresden völlig zerstört. Die junge Lotte gehört zu den Trümmerfrauen, die Dresden wieder aufbauen. Wohnraum ist so gut wie nicht verfügbar, Lebensmittel sind ...

Im Februar 1945 ist die Elbmetropole Dresden völlig zerstört. Die junge Lotte gehört zu den Trümmerfrauen, die Dresden wieder aufbauen. Wohnraum ist so gut wie nicht verfügbar, Lebensmittel sind knapp. Obwohl Lotte sich nach einem Neuanfang sehnt, ist sie zutiefst verzweifelt. Von ihrem jüdischen Freund Leo hat sie seit 1939 nichts mehr gehört. Die Suche nach ihm gibt sie aber nicht auf. Dann begegnet ihr eines Abends der junge Mann Jakob, den sie vor Selbstmord bewahrt. Fortan fühlt sie sich für Jakob verantwortlich, bis sich später zwischen beide Liebe entwickelt. Aber auch diese Liebe wird zerstört.

Fünfzig Jahre später entdeckt Hannah bei Arbeiten zwischen den Trümmern der Frauenkirche das Foto einer Frau, die Ähnlichkeit mit ihrer Mutter Marlene aufweist.
Nachdenklich geworden begibt sich Hannah auf eine Spurensuche, die sie weit in die Vergangenheit ihrer Familie zurückführt.

Julie Heiland hat die historischen Gegebenheiten zu ihrem neuen Roman perfekt recherchiert, was sich in den einzelnen Passagen des Buches widerspiegelt. Von dem flüssigen Schreibstil habe ich mich sofort in Bann ziehen lassen. Das Buch ist in zwei Handlungsstränge in verschiedenen Zeitebenen aufgeteilt, die miteinander verbunden sind. Die Hauptprotagonistin Lotte hat zwei Diktaturen erlebt, was die Autorin anschaulich darstellt. Angefangen von der Verfolgung der Juden im Nationalsozialismus spannt die Autorin einen Bogen zur tragischen Zerstörung Dresdens, die Lotte überlebte. Aber auch in der DDR wurde das Leben und die Liebe zwischen Lotte und Jakob bedroht. Antisemitismus war dem neuen Regime nicht fremd. Widerspruch gegen die neue Gesellschaftsordnung wurde genauso wenig geduldet. Die tragischen Folgen für Lotte und Jakob waren unabwendbar. Der Alltag der Menschen wurde von der Autorin ebenfalls beleuchtet. Der Lebensstandard der Bevölkerung war gering, auf Lebensmittelkarten konnten zumeist noch nicht einmal die notwendigsten Lebensmittel eingekauft werden. Im Gegensatz dazu waren SED-Funktionäre privilegiert, was am Beispiel Armins deutlich wird. Julie Heiland hat ihre Figuren sehr authentisch dargestellt. Lotte, ihre Tochter Marlene sowie ihre Enkelin Hannah sind starke Frauen. Jede setzt sich auf ihre Weise für ihre Überzeugung ein und gibt nie die Hoffnung auf. Es hat mich sehr beeindruckt, wie geschickt Julie Heiland die Schicksale der drei Frauen miteinander verknüpft hat. Ich habe vergebe für diesen Roman fünf Sterne und spreche eine Leseempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 11.02.2024

Harte Zeiten für eine Freundschaft

Sturmmädchen
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Eine junge Frau versucht dem aufkommenden Sturm zu trotzen - bereits das Buchcover ist gelungen.
Das Jahr 1933 in einem kleinen Dorf in der Eifel, nahe Monschau - die Freundinnen Elli Margot und Käthe ...

Eine junge Frau versucht dem aufkommenden Sturm zu trotzen - bereits das Buchcover ist gelungen.
Das Jahr 1933 in einem kleinen Dorf in der Eifel, nahe Monschau - die Freundinnen Elli Margot und Käthe sind unzertrennlich. Sie leben getreu nach dem Motto “Eine für alle, alle für eine“. Mit dem aufkommenden Nationalsozialismus bekommt ihre Freundschaft Risse. Käthe fühlt sich von der neuen Ideologie angezogen, die Jüdin Margot muss bald um ihr Leben und das ihrer Familie bangen. Elli ist gehbehindert und wird im Dorf Hinkemädchen genannt. Gemeinsam mit ihrer Mutter Alma, einer Hebamme, lebt sie in ärmlichen Verhältnissen. Elli ist aber klug und durchschaut die Propaganda der Nazis. Sie versucht nach Kräften, Margot und ihrer Familie zu helfen und gerät dabei selbst in Gefahr.

Die Autorin Lilly Bernstein entführt ihre Leser in die finstere Zeit des Nationalsozialismus, in die Eifel und nach Aachen. Sehr ausdrucksstark und voller Empathie schildert sie das Schicksal der drei Freundinnen Elli, Margot und Käthe. Mit dem aufkommenden Nationalsozialismus wird ihre Freundschaft auf eine harte Probe gestellt. Während Käthe sich der NS-Frauenschaft anschließt, erfährt Margot mit ihrer Familie unerträgliches Leid. Der Schrecken eines Judenhauses ist entsetzlich und wird spürbar. Elli muss mit ansehen, wie ein behindertes Mädchen aus dem Dorf plötzlich verschwindet. Sie gibt aber nicht auf und versucht mit ihren begrenzten Mitteln zu helfen, wo sie nur kann. Allen Widrigkeiten und Gefahren zum Trotz bleibt Elli optimistisch und sucht nach Lösungen. Die Autorin hat authentische Figuren geschaffen, die mich sehr beeindruckt haben. Zudem wird das ärmliche Leben der Menschen in den Dörfern, die oft nicht genug zu essen hatten, ungeschönt beschrieben. Mit „Sturmmädchen“ legt Lilly Bernstein erneut einen perfekt recherchierten, bewegenden Roman vor, der von der ersten Seite an fesselt und mir in Erinnerung bleiben wird. Ich vergebe für das Buch fünf Sterne und spreche eine Leseempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 07.02.2024

Neue Zeiten in der Kinderklinik

Kinderklinik Weißensee – Geteilte Träume (Die Kinderärztin 4)
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Der kleine Junge und der Esel im Vordergrund des Covers - bereits das schön gestaltete Cover lädt zum Lesen ein.
Berlin-Weißensee 1948, die junge Ärztin Lissi Vogel tritt ihren Dienst in der Kinderklinik ...

Der kleine Junge und der Esel im Vordergrund des Covers - bereits das schön gestaltete Cover lädt zum Lesen ein.
Berlin-Weißensee 1948, die junge Ärztin Lissi Vogel tritt ihren Dienst in der Kinderklinik Weißensee an, wo früher bereits ihre Tante Marlene von Weilert wirkte. Ihre Mutter Emma Vogel ist nach dem Krieg Pflegedienstleiterin an der Klinik. Marlene, deren Mann vermögend ist, muss über Nacht nach West-Berlin fliehen und dort völlig neu beginnen. Dann kommt es in Berlin zu Fällen von Kinderlähmung und Lissi wird mit ihren alten Ängsten konfrontiert.

Nachdem ich von den drei vorhergehenden Bänden der Kinderklinik Weißensee begeistert war, hat mich der lang ersehnte vierte Teil ebenfalls sofort in Bann gezogen. Antonia Blum versteht es mit ihrer flüssigen, bildhaften Schreibweise sofort, Spannung zu erzeugen. Der Leser begegnet bekannten Protagonisten wieder, die nach Ende des 2. Weltkrieges erneut in Gefahr sind. Voller Empathie schildert die Autorin das weitere Schicksal der Schwestern Marlene und Emma, die mit ihren Familien in verschiedenen Sektoren Berlins wohnen.Während Marlene im westlichen Teil lebt, bleibt Emma im Osten. Am Beispiel beider Schwestern werden die unterschiedlichen Weltanschauungen dieser Zeit deutlich. Insgesamt ist der Antonia Blum eine eindrucksvolle Schilderung Berlins im Wandel der Zeiten gelungen. Ich vergebe auch für dieses Buch fünf Sterne und spreche eine Leseempfehlung aus.

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