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Veröffentlicht am 17.11.2016

Ordentlich gemacht

T.R.O.J.A. Komplott
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„Ich dachte immer , man kann die Dinger nicht so einfach rausnehmen, weil die Nanobots sonst im Körper Amok laufen“, wunderte sich der stellvertretende Direktor der NSA. (S.166)

Nico ist beinahe am Ziel. ...

„Ich dachte immer , man kann die Dinger nicht so einfach rausnehmen, weil die Nanobots sonst im Körper Amok laufen“, wunderte sich der stellvertretende Direktor der NSA. (S.166)

Nico ist beinahe am Ziel. Er steht kurz vor der Aufnahme ins FBI. Am Tag der Angelobung kommt doch noch einmal alles anders. Nico wird unehrenhaft entlassen, angeblich wurde ein psychologisches Gutachten nicht berücksichtigt.

Am Boden zerstört verlässt der junge Mann das Ausbildungslager, alle seine Hoffnungen scheinen zerschlagen.

Wir befinden uns in einer nahen Zukunft, das Gesundheitssystem arbeitet mittlerweile mit Nanobots und implantierten Chips, die es ermöglichen Ernährung und Lebensstil aller Menschen zu dokumentieren. Es gibt eine umfangreiche Gesetzgebung, die einen ungesunden Lebensstil zu einem teuren Vergnügen macht. Der Erfolg spricht für sich, die Lebenserwartung steigt und die Wohlstandserkrankungen werden zunehmend ausgemerzt. Aber was machen die mikroskopisch kleinen Roboter in unserer Blutbahn, wenn sie nicht gerade unsere Vitalfunktionen überwachen? Welche Informationen können noch übertragen werden? Wer macht sie sich zu Nutze und zu welchem Zweck?

Die Hauptpersonen sind Nico und Beta, die zwei völlig konträre Sichtweisen des Geschehens erzählen und darstellen können, dadurch wird der Plot sehr schnell rund und glaubwürdig. Ein wirklich tieferes Verständnis für die Beweggründe der Charaktere gewinnen die LeserInnen im Verlauf des Buchs allerdings nicht.

Angesiedelt ist die Geschichte in Amerika, so lässt sie sich gegebenenfalls eben auch gut übersetzen und in andere Länder verkaufen. Für mich bleibt da aber ein schales Gefühl bestehen – wieso kann ein dystopisches Thema nicht im Schwarzwald, in Berlin, in Graz oder im ungarischen Lenti umgesetzt werden?

Ortwin Ramadan ist ein bekannter Kinderbuchautor und versucht sich nun im Genre der Jugendbücher. T.R.O.J.A. ist eine handwerklich gut ausgearbeitete Dystopie, ganz im Fahrwasser der Vorbilder aus dem anglo-amerikanischen Raum. Die Geschichte funktioniert, das aber sonst oft so erfrischende „Kantige“ das deutschsprachige AutorInnen mitbringen geht dabei verloren.

Es wird natürlich deutlich, dass das Buch für eine jugendliche LeserInnenschaft geschrieben wurde, dennoch vermisst es Tiefe und innere Konflikte der Charaktere. Für ein paar anregende Stunden aber, die ein wenig an unsere Fähigkeit politische Systeme und ihre Missstände zu hinterfragen durchaus geeignet.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Bleibt hinter den Erwartungen zurück

Die Frauen der Rosenvilla
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Anna hat alle Hände voll zu tun. Ihr gehört eine gut gehende Schokoladenmanufaktur und sie eröffnet gerade eine zweite Filiale. Ihr Großvater, zu dem sie ein sehr inniges Verhältnis hatte, hat ihr die ...

Anna hat alle Hände voll zu tun. Ihr gehört eine gut gehende Schokoladenmanufaktur und sie eröffnet gerade eine zweite Filiale. Ihr Großvater, zu dem sie ein sehr inniges Verhältnis hatte, hat ihr die Rosenvilla vermacht. Ein altes, herrschaftliches Haus, das sie mit sehr viel Liebe und noch mehr Geld renoviert hat.

Neben der Neueröffnung ihres zweiten Schokoladenladens beschäftigt sie sich mit den Wurzeln der Villa. Sie will das traditionsreiche Haus detailgetreu wieder herstellen. Dabei hat sie sich unzählige alte Rosensorten anliefern lassen, die sie mit einem Gärtner, der ihr zugleich ein guter Freund ist im Garten der Villa anpflanzt.

Eine sympathische Protagonistin, die wir auf der Suche nach ihrer Vergangenheit begleiten. Ein scheinbar längst vergessenes Geheimnis, das aber wie ein Schatten über der Familie liegt und Schokolade, zartbitter, bittersüß, süß, herb aber auf jeden Fall – Trost spendend.

Teresa Simons Buch weckt ganz unterschiedliche Gefühle und Stimmungen bei ihren (wahrscheinlich zumeist weiblichen) LeserInnen, Sehnsucht, Wärme, Neugier…alles kann mit dabei sein.

Leider kann die Autorin ab der Hälfte des Buches, die stimmungsgeladene Atmosphäre kaum halten und schafft es auch nicht, das komplexe Gefüge an Geschehnissen zu einem glaubhaften Strang „Vergangenheit“ zu verarbeiten.

Die Glaubwürdigkeit einzelner Charaktere leidet darunter, dass sie dazu benutzt werden den Plott zu erfüllen und dadurch leidet auch die Lesefreude. Vor allem im hinteren Drittel wirken die Szenen eiligst aneinandergereiht. Was sich geschmeidig aneinander reihen sollte wirkt konstruiert und mühsam in den Rahmen gepresst. Einige grobe Schnitzer seitens des Lektorats machen es den LeserInnen dann auch nicht gerade leicht.

Für einige Stunden ein schönes Buch, das aber den Erwartungen, die es geweckt hat, nicht gerecht werden konnte.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Sommerbuch

Freunde fürs Lieben
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Marie kommt bei Fin unter als ihr Langzeit Freund ihr erklärt, dass er sich nicht von seiner Frau trennen kann – wieder nicht. Fin hat gerade eine hübsche Celine im Bett, lässt aber für seine beste Freundin ...

Marie kommt bei Fin unter als ihr Langzeit Freund ihr erklärt, dass er sich nicht von seiner Frau trennen kann – wieder nicht. Fin hat gerade eine hübsche Celine im Bett, lässt aber für seine beste Freundin sogleich alles stehen und liegen. So war das immer.

Seit vielen Jahren stehen Marie und Fin füreinander ein und sind in allen Lebenslagen füreinander da. Fin – der sich nicht fest binden möchte und Marie, die auf der Suche nach der großen Liebe immer wieder enttäuscht wird. Eine Beziehung miteinander scheint für beide ausgeschlossen, sagen sie doch beide überzeugend, dass sie den jeweils anderen nicht attraktiv finden und auch mit den jeweiligen charakterlichen Eigenschaften des anderen nichts anfangen können.

Aber die Zeit macht vor niemandem halt und Fin wünscht sich eine Familie, sein Single-Dasein aber, das möchte er vorerst nicht aufgeben, außerdem läuft ihm einfach nicht die passende Mutter für seine Kinder über den Weg. Da kommt ihm die Idee eine Familie mit Marie zu gründen – auf freundschaftlicher Basis.

Und damit nimmt die Geschichte ihren Lauf.


Männlein und Weiblein – können nicht beste Freunde sein, oder vielleicht doch? Aber was passiert wenn sie sich nun doch ineinander verlieben, bleibt dann die Freundschaft auf der Strecke? Oder kann man vielleicht beides sein? Verliebte und auch beste Freunde? Felicitas Pommerening wagt den Versuch, die Grenzen zwischen Freundschaft und Liebe etwas aufzuweichen. Dabei sind Marie und Fin sind so etwas wie ein verhindertes Liebespärchen, irgendwo auf dem Weg zum Verlieben stecken geblieben scheint es.

Wir begleiten Marie und Fin auf ihrer ganz persönlichen Suche nach dem Glück und vor allem bei der Suche nach der Definition von Glück. Die Autorin gibt den beiden dabei so etwas wie eine unschuldige Grundhaltung an die Hand, das macht die ProtagonistInnen sympathisch aber auch ein wenig unglaubwürdig.

Überhaupt fällt es oft schwer, den Charakteren zu glauben, dass sie erwachsene Menschen sind, die Ausbildungen hinter sich haben. Obwohl Marie und Fin sich mehr als 10 Jahre kennen, bleiben ihre Dialoge oberflächlich. Beizeiten wirken sie kaum vertraut miteinander, sie missverstehen sich und scheinen Eigenheiten des jeweils anderen kaum zu kennen.

Ein kurzweiliges Buch für laue Sommerabende, ohne wirklichen Tiefgang.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Leichtes Sommerbuch

Jede letzte Nacht mit dir
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Marla und Mika sind SchauspielerInnen und zusätzlich ein Pärchen. Die KollegInnen nennen sie liebevoll M&M. Aber während Mikas Karriere voranschreitet, stockt die von Marla und beeinflusst die Beziehung ...

Marla und Mika sind SchauspielerInnen und zusätzlich ein Pärchen. Die KollegInnen nennen sie liebevoll M&M. Aber während Mikas Karriere voranschreitet, stockt die von Marla und beeinflusst die Beziehung negativ.

Als Marla das Angebot bekommt, für sehr viel Geld, vier Tage lang die Verlobte eines Unternehmers zu spielen, sagt sie aus einer Mischung aus Trotz und Hoffnung doch noch als Schauspielerin durchzustarten, zu.

Daniel Lester hatte seit dem Tod seiner Frau, keine Freundin mehr. Er hat sich selbst geschworen keine Beziehung mehr zu einer Frau einzugehen. Um sich nervige Kommentare der Familie vom Leib zu halten, engagiert er Marla als Begleiterin.

Womit aber weder Marla noch Daniel rechnen – sind ihre Gefühle.

Pretty Woman trifft ihren Traummann – so kann man den Roman „Jede letzte Nacht mit dir“ beschreiben. Eine erfolglose Schauspielerin und ein Unternehmer, der sich die Trauer um seine Frau verbietet, treffen einander und verstricken sich im Karussell der Liebe.

Ein flüssig geschriebenes Buch, das sich schnell weg liest ohne dabei wirklich etwas in den LeserInnen auszulösen. Die Charaktere der ProtagonistInnen bleiben farblos, handeln den gängigen Stereotypen folgend und wirken eher wie eine homogene Persönlichkeit als unterschiedliche Personen.

Über einige Kapitel unterhält die Geschichte durchaus, allerdings ist das Ende schon im ersten Viertel absehbar und der Kunstgriff ab der Hälfte schadet der Glaubwürdigkeit des Plots mehr als es ihm nützt. Leider konnte mich auch das Ende nicht überzeugen, denn es setzt voraus, dass sich beide ProtagonistInnen innerhalb weniger Tage komplett verändern und sich in einem perfekten Umfeld bewegen.

Ein seichtes Sommerbuch für ein paar kurzweilige Stunden.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Deutliche Längen

Kind 44
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Leo Demidow hat im zweiten Weltkrieg gut gedient. Nach Kriegsende tritt er beim MGB ein und steigt dort rasch auf. Er ist ein fähiger Offizier, der Aufträge nicht lange hinterfragt sondern sie präzise ...

Leo Demidow hat im zweiten Weltkrieg gut gedient. Nach Kriegsende tritt er beim MGB ein und steigt dort rasch auf. Er ist ein fähiger Offizier, der Aufträge nicht lange hinterfragt sondern sie präzise und gnadenlos ausführt. Staatsfeinde werden zur Rechenschaft gezogen und ihrer gerechten Strafe zugeführt. Dass diese gerecht ist, davon ist Leo überzeugt. Für das höhere Ziel verschließt er die Augen und erlaubt sich weder Ethik noch Moral.

Als er schließlich einem untergeordneten Kameraden ausreden soll, dass dessen Sohn ermordet wurde, obwohl alle Indizien darauf hindeuten, beginnt sein fester Glaube in die Staatsweisheit erste Risse zu bekommen.

Bei einer weiteren Verhaftung, sieht Leo dann doch genauer hin und erkennt, die vermeintliche Unschuld des „Staatsfeindes“. Immer stärker hinterfragt er die Ziele und Vorgehensweisen des MGB.

Alles kippt schließlich, als Leo beauftragt wird, seine eigene Frau zu beschatten und schließlich der Spionage zu überführen…

Kind 44 ist der erste Teil einer dreiteiligen Thriller-Reihe von Tom Rob Smith. Wir begleiten den Protagonisten Leo und seine Frau Raisa auf ihrem Lebensweg in Russland unter Stalin.

Die Wirtschaftskraft wird vorangetrieben und ihr zugrunde liegt ein sehr eingeschränkter Kodex des Vertrauens in den Übervater Stalin, der keine Widerworte duldet und selbst das geringste Vergehen mit Verbannung oder Tod ahndet.

Der Held Leo kommt gar nicht so heldenhaft herüber, eher ist er ein Mensch, der versucht nicht aufzufallen und möglichst ungesehen die Karriereleiter hinauf zu klettern. Erst als ihm sämtliche Vergünstigungen und Annehmlichkeiten abgeschnitten werden, beginnt er eine eigene Meinung zu entwickeln und lernt zu dieser auch zu stehen.

Kind 44 besticht durch ausführliche Charakterzeichnung der ProtagonistInnen, leider krankt es an derselben für den Antagonisten.

Die überdeutlichen Längen im Buch werden unglücklicherweise nicht durch wechselnde Schauplätze oder das Einbringen einer anderen Perspektive aufgebrochen und somit gerät, der flüchtige Leser vor allem im Mittelteil leicht ins Stocken.

Insgesamt verdient „Kind 44“ eher den Titel „Kriminalroman da auf allzu blutige Szenen zumeist verzichtet wird.

Gelungen ist der düstere und beklemmende Plot, der den Protagonisten im Lauf des Buchs zu einem und zu einem einzigen Ausweg führen.

Für hartgesottene LeserInnen, die auch bei Längen dran bleiben.