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Veröffentlicht am 06.09.2022

Eine Marionette auf der Suche nach Freiheit

Abbys Traum
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Inhalt:

Als Marionette in der Kulisse eines Zirkus ist Abby schon viel herumgekommen. Jeder Tag beginnt in einer neuen Stadt mit fremden, lachenden Menschen. Jeder Tag endet mit dem Lob von Jack, dem ...

Inhalt:

Als Marionette in der Kulisse eines Zirkus ist Abby schon viel herumgekommen. Jeder Tag beginnt in einer neuen Stadt mit fremden, lachenden Menschen. Jeder Tag endet mit dem Lob von Jack, dem Puppenspieler. Abby ist gut, in dem, was sie tut. Sie jongliert mit seidenen Bällen und hat noch nie einen davon fallengelassen. Ihr bester Freund Urs der Bär ist stets an ihrer Seite.

Doch auch, wenn Abbys Leben unbeschwert klingt, so ist es alles andere als frei. Abby ist an ihre Fäden gebunden. Ihr Alltag, der sich in Routinen und Handlungsmaximen auflöst, endet allabendlich in einem Käfig. Sie sehnt sich nach wahrer Freiheit.

So fasst das Mädchen eines Tages einen Plan. Sie bricht aus dem Käfig aus und flüchtet. Der Rausch der Freiheit überkommt sie. Sie genießt den Sonnenschein und den endlosen Himmel, den Duft der bunten Blumen auf den endlosen Horizont.

Doch dieses Glück ist nur von kurzer Dauer. Denn vom Himmel herab ertönt der Ruf ihres Herrn, von Jack, dem Puppenspieler. Und die Häscher des Zirkusdirektors sind ihr auch schon auf den Fersen. Wird Abby die Freiheit finden, nach der sie sich Zeit ihres Lebens immer gesehnt hat?


Meinung:

Dem ein oder anderen wird das Bild auf dem Cover von „Abbys Traum“ vielleicht schon irgendwie bekannt vorgekommen sein. Kein Wunder, denn diese Geschichte basiert auf dem mehrfach ausgezeichneten Computer- und Konsolenspiel, „A Juggler's Tale“. Die Zeichnungen im Buch stammen von Kaleidoscube, einem deutschen Entwicklerstudio mit starkem Fokus auf Narration und Atmosphere, das bereits an verschiedenen Animationsfilmen und interaktiven Projekten gearbeitet hat.

Die Autorin Laurel Snyder erzählt hier die Geschichte von Abby, einer Marionette, die sich wünscht aus ihrem Alltag und ihrer Gefangenschaft im Zirkus auszubrechen. Als Abby die Flucht gelingt, bemerkt sie, dass sie jedoch längst noch nicht wirklich frei ist. Denn die Schnüre, die sie an ihren Herren, den Puppenspieler Jack, binden, bestehen fort, als sie die große weite Welt für sich erkundet.

Die Botschaft, die Laurel Snyder und das Team von Kaleidoscube hier rüberbringen wollen, ist universell und spiegelt die Erfahrungen vieler Menschen wider. Soziale Zwänge prägen den Alltag der meisten Menschen: Im Beruf heißt es Leistung zu bringen, ohne auf die eigenen Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen. Das Privatleben ist oftmals fremdbestimmt von gesellschaftlichen Vorgaben, ein tolles Haus, ein repräsentatives Auto und weiteres vorzeigen zu können. Damit ist das Glück des Individuums nur selten verbunden.

Die Frage, die sich dem Leser hier unmissverständlich stellt, ist: Was ist Freiheit? Was bedeutet Freiheit für dich persönlich?

Besonders hervorzuheben sind die Zeichnungen im Buch, die unglaublich atmosphärisch daherkommen. Sie sind mithilfe eines Illustrators entstanden, der Screenshots aus dem Spiel, „A jugglers Tale“, in Buchillustrationen umgewandelt hat. Besonders erwähnenswert ist hier das Spiel aus Licht und Schatten, das einerseits die schönen Momente in Abbys Leben, aber zugleich auch die Düsternis hervorragend einfängt und an den Leser weitergibt.

Die Geschichte an sich wird zügig erzählt. Abby gelingt die Flucht aus dem Käfig. Ihr langjähriger Freund muss allerdings zurückbleiben. Wieso trauert Abby nicht? Auch die übrigen Figuren lassen nur leidlich Tiefe erkennen. Sie lassen sich auf wenige Charaktermerkmale festlegen und wandeln sich im Handlungsverlauf nicht. Aber: Es handelt sich um ein Kinderbuch. Daher kann man über diesen kleinen Kritikpunkt hinwegsehen.


Fazit:

„Abby Traum“ erzählt die bildgewaltige Geschichte eines Marionettenmädchens, das sich nach getaner Arbeit im Zirkus abends in einem Käfig wiederfindet. Abby sehnt sich nach Freiheit und möchte ihr Leben selbst bestimmen.

Das Buch ist für Jung und Alt geeignet und vereint eine Formel aus Abenteuer und universellen Botschaften, denen man sich nur schwer entziehen kann. Die Geschichte lässt sich unter den Schlagworten Fremdbestimmung freier Wille, Normierung und Ausbeutung subsumieren.

Die Illustrationen machen das Lese- oder Kinoerlebnis zu einer Erfahrung.

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Veröffentlicht am 30.08.2022

Home sweet home

Wieder zu Hause!
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Inhalt:

Der letzte Stein war gesetzt, die letzte Blume gepflanzt. Das Haus zitterte vor freudiger Erwartung auf den Einzug seiner Familie.

Jahre vergehen, in denen das Haus sich über die kleinen Kinderfüße ...

Inhalt:

Der letzte Stein war gesetzt, die letzte Blume gepflanzt. Das Haus zitterte vor freudiger Erwartung auf den Einzug seiner Familie.

Jahre vergehen, in denen das Haus sich über die kleinen Kinderfüße freut, die über den Boden tapsen, in denen der Duft von Frischgebackenem durch die Räume zieht, in denen Musik ertönt, Partys gefeiert und gemütlich beisammen vor dem Fernseher gesessen wird. Das Haus erlebt mit seiner Familie zauberhafte Momente, von denen es jeden einzelnen genießt.

Doch die Kinder werden älter, das Trippeln der Füße wird zum Stampfen. Die Familie wächst und es kommt der Tag, an dem plötzlich die Räume ausgekehrt werden. Es verschwinden Einrichtungsgegenstände und die Familie steht von einem Tag auf den anderen mit gepackten Kisten in der Haustür.

Das Haus ist verwirrt und irgendwann muss es feststellen, dass die Familie, die sich stets um seinen Zustand gekümmert hat, die so viel Wärme und Liebe mitbrachte, plötzlich verschwunden ist und wohl nie wiederkommen wird.

Nach und nach blättert der Putz von der Fassade ab. Die Fenster verdrecken, das Unkraut schießt aus dem Boden. Das Haus ist traurig. Es fühlt sich verlassen und einsam. Es verkommt.

Doch irgendwann stehen neue Menschen vor dem Gartenzaun, die das Haus besichtigen wollen. Das Haus jedoch weiß nicht, ob es überhaupt wieder Vertrauen aufbauen kann. Es wehrt sich mit allen Mitteln gegen die Eindringlinge. Wird es je wieder in Menschen Vertrauen fassen?


Meinung:

Ein Zuhause bietet in den meisten Fällen Sicherheit und Geborgenheit. Es ist ein Rückzugsort, wenn man sich vom wirren Alltag abgrenzen möchte. Hier sammelt man Erinnerungen, hier schreibt man seine Geschichte. Das Zuhause ist der Ort, an dem die Familie zusammenkommt. Eine Heimat, in deren Wänden man streitet, sich versöhnt, sich liebt, Geheimnisse teilt und Pläne schmiedet.

Diese Stimmung, dieses Gefühl von Geborgenheit, fängt die Autorin Colleen Rowan Kosinski in Zusammenarbeit mit Valerie Docampo, die das Buch mit detaillierten Zeichnungen und warmen Farben illustriert hat, auf jeder Seite ein.

Sie berichtet aus der Sicht des Hauses, das einerseits als stiller Beobachter die Momente sammelt, die sich in seinen Wänden abspielen. Zugleich zeigt es aber auch eine große Dankbarkeit gegenüber den Menschen, die eine symbiotischen Einheit mit ihm bilden. Die seine Wände streichen, die Fenster putzen, den Garten pflegen.

Colleen Rowan Kosinski berichtet davon, wie Rillen in den Türrahmen des Hauses geritzt werden, um die Größe der Kinder festzuhalten. Sie erzählt, wie der Duft von Frischgebackenem durch die Zimmer weht und wie jeder Tag, jeder Moment mit der Familie, das Haus mit Freude erfüllt. Es steckt eine tiefe Wärme und Herzlichkeit in dieser Geschichte, die den Leser auf jeder Seite die Liebe vermittelt, die das Haus für seine Bewohner verspürt.

Doch dann kommt der Umschwung. Die Familie verlässt das Haus. Einsamkeit wird spürbar, die Schattenseiten der Liebe, Alleinsein, Verlassenwerden.

Colleen Rowan Kosinski greift mit dem Verlauf ihrer Geschichte sehr wichtige Themen auf. Denn das Haus muss zwar eine schwere Zeit überstehen. Eine Zeit, in der es zu verkommen droht, in der es die Hoffnung verliert und in der es aufgibt. Aber dann kommen neue Menschen. Zwei Männer, die sich nicht um die knarzenden Bretter, um die tropfenden Wasserhähne und die Sprünge in den Wänden scheren. Als gleichsam traumatisierter Einzelgänger stemmt sich das Haus gegen die neuen Bewohner. Die Männer ignorieren das Zetern und Motzen des Hauses. Sie kümmern sich um das Haus. Die Übertragung ihrer Initiativkraft führt zu einer Reanimation des Hauses.

Die Geschichte, die die Autorin aus der Perspektive des Hauses erzählt, geht ans Herz. Sie ist gefüllt mit ausreichend Resilienz für alle Unbill dieser Welt. Sie wärmt und sie spendet Hoffnung. Darauf, dass selbst die schlimmsten Momente vorbeigehen.

Fazit:

Colleen Rowan Kosinski erzählt mit Unterstützung atmosphärischer Farbzeichnungen der Illustratorin Valeria Docampo eine herzerwärmende Geschichte über Behaustsein und dessen Gefährdung.

Der Subtext transportiert manch wertvolle Botschaft. Trotz aller erlittener Unbill muss das Haus seinen Frieden machen und sich an dem Schönen freuen, das es erlebt hat und noch erleben wird.

Das Ganze ist dabei herzerwärmend und berührend erzählt, so dass man eigentlich nirgendwo anders leben möchte als in diesem einen Haus.

Für mich eine absolute Leseempfehlung, die ich großen und kleinen Lesern ans Herz legen möchte.

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Veröffentlicht am 18.08.2022

Ein Mitmachbuch, das von der ersten, bis zur letzten Seite Spaß macht

Rille: Wann ist bald?
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Inhalt:

Was ist denn das?! - Rille staunt nicht schlecht, als er beim Mangosuchen ein riesiges buntes Ei findet. Nirgendwo ist eine Ei-Mama oder ein Ei-Papa zu sehen. Kurzerhand entscheidet sich Rille ...

Inhalt:

Was ist denn das?! - Rille staunt nicht schlecht, als er beim Mangosuchen ein riesiges buntes Ei findet. Nirgendwo ist eine Ei-Mama oder ein Ei-Papa zu sehen. Kurzerhand entscheidet sich Rille eine seiner Mangos zurückzulassen und dafür das Ei mit nach Hause zu nehmen. Dort warten auch schon seine Freunde.

Pepe, der blaue Papagei, ist sofort aus dem Häuschen: Rille hat scheinbar einen neuen Fußball mitgebracht und Tante Tate wittert ein leckeres Omelett in dem Mitbringsel. Doch Rille legt sofort schützend seine Arme um das Ei. Er sucht einen schönen, warmen und weichen Platz, an dem das Ei-Baby schlüpfen kann.

„Wann kommt denn endlich jemand aus dem Ei?“, fragt Rille, der schnell die Geduld verliert, ungeduldig. Tante Tatu erwidert aus ihrer Wurzelhöhle: „Bald!“

Doch wann ist bald? In seiner Ungeduld teilt sich etwas vom Zeiterleben des Wartenden mit. Umso mehr man grübelt, umso langsamer vergeht die Zeit.

Gemeinsam erfinden die Freunde Spiele zum Zeitvertreib, sie überlegen sich, ob man vielleicht durch Schütteln und Rütteln den Bewohner des Eis hervorlocken kann.



Meinung:

„Wie lange dauert's noch? Wann sind wir da?“ Diese Frage kennen vermutlich viele Eltern nur zu gut. Die Antwort, „bald“, ist da nicht immer zufriedenstellend. Das muss auch Rille feststellen, als er mit einem Ei zu seinen Dschungelfreunden nach Hause kommt und sehnsüchtig darauf wartet, dass ein Lebewesen daraus schlüpft.

Doch gemeinsam mit den Freunden, die ihm helfen, ein schönes, weiches Bett für das Ei zu finden, die mit ihm Spiele spielen und Lieder singen, um die Wartezeit zu überbrücken, und die auch überlegen, wie man das Prozedere vielleicht beschleunigen könnte, ist das Warten auf „bald“ irgendwie gar nicht mehr so schlimm.

Fee Krämer bringt ihren jungen Lesern und Leserinnen in ihrem neuesten Rillebuch bei, dass Warten auch etwas Schönes sein kann. Wer im Moment lebt, für den ist die Vergangenheit vorbei. Für den gibt es die Zukunft noch nicht. Wer im Moment lebt, genießt die Gegenwart.

Das Besondere an, „Wann ist bald? - Rille und die Geduld“, ist aber nicht nur der Lebensnutzen des Themas und die farbigen Illustrationen von Nikolai Renger, die zum Erkunden und Entdecken der vielen kleinen Details auf den Buchseiten einladen. Denn bei diesem Buch wird der Leser durch viele kleine Mitmachprojekte auch direkt mit ins Geschehen eingebunden. So kann man auf einer Seite gemeinsam mit Rille die Mangos suchen. Das Ei muss erst mal vom Sand befreit werden. Da muss man kräftig auf die Seite pusten! Magst du vorsichtig beim Ei anklopfen? Vielleicht meldet sich ja jemand aus dem Inneren? Um die Zeit zu vertreiben, kann man auch gemeinsam ein Lied singen.

Viele kleine, schöne Aufgaben enthält dieses Buch, die Rille, seinen Freunden und der kleinen Leserschaft helfen werden, die Wartezeit zu überbrücken. Bis dahin kann man ja auch schon ein wenig rätseln, welches Tier sich wohl hinter der Schale befindet!

Und für alle, die das Buch schon durchgelesen haben und für kommende Situationen ein paar Zeitvertreiber benötigen, gibt es im Anschluss noch einen QR-Code, der zur Vorlagenseite des Verlages führt. Hier gibt es viele schöne Ausmalbilder, einen Test, „wie geduldig bist du?“, ein Rezept für einen Orangentee für (Dschungel-)Freunde, Memorykarten zum Selbstausmalen u.v.m..
Alles soll helfen, dass bald alles seine Zeit hat und die Zeit schnell vergeht.



Fazit:

Die Autorin Fee Krämer schafft in Zusammenarbeit mit dem Illustrator Nikolai Renger erneut einen ganz zauberhaften Rille-Band, in dem Leser wieder tief in den Dschungel eintauchen und die Urwaldbewohner, die süßen Wasserschweine, den frechen blauen Papagei Pepe, den Jaguar Onza, das Gürteltier Tante Tatu u.v.m. wiedertreffen können.

„Wann ist bald? - Rille und die Geduld“ ist aber kein normales Dschungelabenteuer. Bei diesem Buch handelt es sich um ein Mitmachbuch, in dem interaktiv und kontextbezogen mitgerätselt, mitgeholfen und mitgesungen wird. Zwischen Kurzweil und Unterhaltung vergeht die Zeit wie im Fluge.

Spielend leicht vermittelt die Autorin ihre Botschaft an den Leser. Der Lebensnutzen, insbesondere auch für Kinder, liegt offen zu Tage. Wer warten kann, ist bekanntlich erfolgreicher. So kann der Marshmallow-Test ja bekanntlich schulische und soziale Fähigkeiten voraussagen.

Ein zauberhaftes Buch, das ich daher von ganzem Herzen an Eltern empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 20.07.2022

Ein rasantes Abenteuer in einem Themenpark der besonderen Art

StoryWorld (Band 1) - Amulett der Tausend Wasser
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Inhalt:

Da geschah es. In dem Moment, als Frodo, der Wellensittich, plötzlich anfing zu sprechen, erlebte Sascha eine Art Erweckungserlebnis.

„Hilfe! Er kommt!“, das waren Frodos erste Worte, die er ...

Inhalt:

Da geschah es. In dem Moment, als Frodo, der Wellensittich, plötzlich anfing zu sprechen, erlebte Sascha eine Art Erweckungserlebnis.

„Hilfe! Er kommt!“, das waren Frodos erste Worte, die er aus dem wilden Lockenkopf seiner Besitzerin kreischte. Kurz darauf öffneten sich auch schon die Flügeltüren zum Speisesaal der Privatschule „St. Anna“ und gaben den Blick auf einen Jungen mit einem großen Falken an seiner Seite frei.

Die Schülerinnen waren in völliger Aufruhr, als sie erfuhren, dass der Neuankömmling für den Gewinner des diesjährigen Lesewettbewerbs einen ganz besonderen Preis ausgelobt hatte. Ein Wochenende in StoryWorld, einem Themenpark der ganz besonderen Art. Die Gewinnerin durfte sich eine Begleiterin aussuchen. Diese beiden Mädchen mussten sofort abreisen und sollten den Park noch vor der offiziellen Eröffnung kennenlernen.

Sascha machte sich Hoffnungen, denn in diesem Jahr hatte sie sich ganz besonders ins Zeug gelegt. Sie hatte schon im Vorfeld erfahren, dass die Seriensiegerin des Wettbewerbs, ihre Erzfeindin Chloe, ein Buch weniger auf ihrem Lesestapel liegen hatte. Als dann wirklich ihr Name verkündet wurde, konnte Sascha es dennoch kaum fassen.

Sascha wird aber nicht nur vom Leben, sondern auch von sich selbst überrascht. Als Reisebegleitung wählt sie sich spontan ausgerechnet ein hochnäsiges Mädchen, das sie eigentlich gar nicht leiden kann.

Kurz darauf befinden sich die beiden verfeindeten Mädchen auf dem Weg in Richtung Neblund, einer Insel mitten im Meer, wo StoryWorld verortet ist. Bald schon müssen die beiden zusammenarbeiten, um sich gegenseitig zu retten.



Meinung:

Von Beginn an war ich dem Buch zugeneigt, der Klappentext klang unglaublich vielversprechend: Ein Abenteuer mitten auf einer geheimnisvollen Insel im Meer? Ein Freizeitpark, der seine Besucher erst in eine riesige Bibliothek führt, in der sich diese eines der blütenweißen Bücher aus dem Regal wählen und ihre eigene Geschichte im Park selber schreiben sollen. Das klang unglaublich spannend.

Als Sascha und Chloe im Park ankommen, ist ihnen sofort unwohl. Chloe fürchtet sich vor Monstern, die gerüchteweise hier auf sie warten. Frodo, Saschas Wellensittich, der sich stets in den wilden Locken seiner Besitzerin versteckt, macht es mit seinen Kassandrarufen nicht besser. Er verkündet fortlaufend Unheil. Zudem muss sich Sascha ständig fragen, was sie sich dabei gedacht hat, Chloe als Reisebegleitung auszuwählen. Das Mädchen geht ihr auf die Nerven und es kommt immer wieder zu kleinen Auseinandersetzungen.

Die beiden Protagonistinnen sind sehr verschieden und müssen lernen, zusammenzuarbeiten, um gemeinsam zu überleben. Es beginnt schon damit, dass nach der Wahl des Buches und mit Eintritt in den Park ein Raum aufzusuchen ist, in dem alles, was die Mädchen am Körper tragen, zurückzubleiben hat und eine Abenteuerausrüstung ausgewählt werden muss. Sowohl Sascha als auch Chloe wollen sich aber von ihren liebgewonnen Haustieren auf keinen Fall trennen. Hier heißt es gemeinsam einen Plan schmieden.

Sascha und Chloe haben sich für ein Buch entschieden, das in einer Wasserwelt spielt. Der Buchtitel lautet: Das Reich der tausend Wasser. Sie landen also mitten am Meer. Die Reise führt die Mädchen auf Schiffwracks und an Wasserfälle. Sie bestreiten eine rasante Bootsfahrt und treffen auf magische Meerwesen. Durch dieses Abenteuer sollte die beiden Parkbesucherinnen eigentlich Henry begleiten. Doch dieser ist eher Last als Hilfe. Bald schon muss die ungleiche Gruppe ums Überleben kämpfen. Hinter der schönen Fassade, das müssen die Mädchen sehr schnell feststellen, lauert das Abgründige.

Unterstützt wird dieses spannende und rasante Abenteuer durch Illustrationen von Melanie Korte, die nach ihrer Arbeit als Werbeillustratorin als Charakter- und Hintergrunddesignerin in der Spieleindustrie arbeitete. Diese Vita spiegelt sich in den detailreichen Schwarz-Weiß-Zeichnungen des Buches wieder, die ikonischen Disney-Motiven in nichts nachstehen.



Fazit:

„StoryWorld – Amulett der tausend Wasser“ ist ein rasantes Abenteuer, das hält, was der Klappentext verspricht. Ein Themenpark, fernab von jeglicher Zivilisation auf einer Insel mitten im Meer, die von einem geheimnisvollen Nebel umgeben ist. Eine Bibliothek, die von einem riesigen weißen Regal mit sieben Fächern und unzähligen blütenweißen Büchern mit leeren Seiten dominiert wird, führt die Besucher/innen mitten hinein in ein Abenteuer der besonderen Art. Denn die Geschichten, die hier entstehen, müssen erst noch geschrieben werden.

Wer eine Lustreise in einen Freizeitpark erwartet, wird enttäuscht werden. Denn in StoryWorld gibt es keine Karussells. Es gibt gefährliche, fantastische Wesen. Es gibt Schiffswracks, die erkundet werden wollen. Zauberhafte Wasserfälle inmitten in einer grünen Pflanzenwelt. Grotten, in denen Ungeheuer leben, und mittendrin zwei zunächst verfeindete Mädchen und ihre frechen bzw. niedlichen tierischen Begleiter, die von einem Tag auf den anderen zusammenarbeiten müssen, um das größte und wohl gefährlichste Abenteuer ihres Lebens zu überstehen.

Für junge Leser und Leserinnen ist das Buch ein Stück gelungener Eskapismus, der perfekte Unterhaltung liefert. Zu hoffen bleibt, dass der Freizeitpark bald wieder für seine Leser/innen die Pforten öffnen wird.



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Veröffentlicht am 05.07.2022

Das Thema Gehörverlust kindgerecht aufgearbeitet

El Taubinio
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Inhalt:

Es geschieht an einem ganz normalen Tag, als Cece sich plötzlich übergeben muss und von ihren Eltern ins Krankenhaus gebracht wird. Die Diagnose lautet: Hirnhautentzündung.

Innerhalb weniger ...

Inhalt:

Es geschieht an einem ganz normalen Tag, als Cece sich plötzlich übergeben muss und von ihren Eltern ins Krankenhaus gebracht wird. Die Diagnose lautet: Hirnhautentzündung.

Innerhalb weniger Tage ist nichts mehr so wie zuvor. Ihre Freunde dürfen sie im Krankenhaus nicht besuchen, da diese Keime übertragen könnten. Beim Fernsehen ist plötzlich der Ton weg. Der Arzt macht einige Tests. Es gibt Spritzen und ihr Kopf wird abgemessen.

Doch nicht alles ist schlecht. Cece bekommt eine Menge Geschenke von Menschen, die an sie denken.
Wieder zu Hause sind Ceces Geschwister ganz besonders nett. Sie überlegen sich kleine Überraschungen für sie. Ihre große Schwester liest ihr sogar etwas vor. Doch etwas ist sonderbar. Denn Cece hört die Rufe ihrer Mutter nicht, sie merkt es auch nicht, wenn ihre Geschwister hinter ihrem Rücken das Zimmer verlassen. Und dann steht der nächste Arztbesuch an.

Cece hat Angst, dass sie wieder ins Krankenhaus muss. Doch dieses Mal geht es zum Audiologen. Dieser unternimmt weitere Tests. Cece bekommt ein Hörgerät. Sie ist verunsichert. Die Kabel, die aus ihren Ohren hängen und der kleine Kasten entstellen sie sicherlich gar vollends. Ein Potpourri von Spott, Missbilligung und Hänseleien wird über sie ergehen.

Doch bald schon muss Cece feststellen, dass ihre Freunde ganz unterschiedlich reagieren. Die meisten sind neugierig, viele sprechen sie sogar gar nicht auf die Veränderung an.

Cece besucht eine Schule, auf der alle anderen Kinder auch ein Hörgerät tragen. Sie lernt, worauf sie beim Lippen ablesen achten muss. Sie erfährt auch, wie andere Menschen sich verhalten müssen, damit sie besser versteht, was diese ihr mitteilen wollen.

Doch die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung. Die Familie zieht in einer kleinere Stadt, in ein größeres Haus. Cece kommt in eine neue Schule. Damit sie dort alles gut verstehen kann, erhält sie ein größeres Hörgerät und ein Mikrofon, das sie vor jeder Stunde an den neuen Lehrer weitergeben muss. Sich dieser erhöhten Aufmerksamkeit auszusetzen, ist eine große Herausforderung.

Über die Zeit hinweg findet Cece neue Freunde. Manche sind nett, andere weniger. Doch ein Mädchen aus der Nachbarschaft sticht für Cece besonders hervor. Martha Clayton ist immer verständnisvoll. Sie hat den gleichen Humor wie Cece und liebt die Serie „Unsere kleine Farm“ genauso sehr wie sie. Bei ihren Eltern darf man Fastfood vorm Fernseher essen. Cece muss Martha nicht erst erklären, warum das Licht noch anbleiben muss, wenn sie sich abends vor dem Schlafen im Bett noch unterhalten wollen. Und das Beste ist, dass Martha ganz normal mit ihr spricht. Sie redet nicht übermäßig laut und bewegt die Lippen besonders auffällig. Martha wird zu Ceces bester Freundin. Doch dann geschieht ein Unfall und Martha distanziert sich von Cece ...



Meinung:

Bereits im Vorwort von „El Taubinio“ erwähnt die Autorin, dass es sich hierbei um eine autobiographische Geschichte handelt. Cece Bell gibt dem Leser hier bereits einige wertvolle Informationen an die Hand. So berichtet sie davon, dass in den USA andere Gesten für die Gebärdensprache benutzt werden als in Deutschland. Sie erläutert, warum in dem Buch nicht die Rede vom „Lippen ablesen“, sondern vom „Lippen absehen“ ist. Und gibt noch ein paar Informationen zur Wahl des deutschen Buchtitels preis. Diese Informationen empfand ich als weiterführend und hilfreich für Leser wie mich, die sich mit dem Thema Gehörverlust (noch nicht) so gut auskennen.

Der Zeichenstil hält sich bewusst von plattem Realismus fern. Die Figuren werden hier nämlich nicht als Personen, sondern als Hasen dargestellt. Leider wird im Buch nichts näheres dazu berichtet. Eine Recherche im Internet hat ergeben, dass die Autorin sich sehr bewusst für diese Darstellung entschieden hat. Der optische Fokus soll durch die naturgemäß großen Ohren des Hasen automatisch gelenkt werden und Kindern den Zugang zur Geschichte zusätzlich erleichtern.

Die Protagonistin des Buches, Cece Bell, war mir von der ersten Seite an sofort sympathisch. Cece ist ein lebensfrohes Mädchen mit vielen Interessen. Sie wächst in einer Familie auf, in der jeder für den anderen da ist. Auch, wenn es immer wieder zu Tiefpunkten im Leben kommt, so sieht Cece doch auch immer wieder die kleinen, schönen Dinge, die ihr widerfahren.

Der Verlust des Gehörs nebst Umzug in eine neue Stadt stellen Cece vor eine ganz besondere Herausforderung. Mit ihrem Hörgerät sieht sie anders aus, bei Treffen mit anderen Kindern versteht sie oft nur wenig. Denn das normale Hörgerät hilft zwar lauter zu hören. Doch lauteres Hören trägt nicht dazu bei, dass die Worte richtig ankommen. Cece muss zusätzlich auf die Lippenbewegungen, Gesten und Mimiken ihrer Mitmenschen achten. Sie muss wie ein Detektiv kombinieren, wie die Worte zu dem, was sie sieht, passen, um die Sätze zu verstehen. Ihr hilft es nicht, wenn jemand mit dem Rücken zu ihr spricht, wenn ihr Gegenüber einen Bart trägt oder übertriebene Lippenbewegungen macht. Doch all das möchte man natürlich auch nicht immer erklären müssen.

Mit jeder dieser Herausforderungen, auch wenn diese nicht immer einfach sind, geht Cece unglaublich gut um. Sie versucht zu verstehen, auch, wenn es nicht immer leicht ist. Sie freut sich über die bunte Tasche, die mit dem neuen Hörgerät daherkommt, auch wenn das Gerät sie vor Probleme im Alltag stellt. Beim Arzt bekommt sie für die lange Wartezeit einen Lolli als Belohnung. Das war doch die Mühe wert. Die Kinder unterhalten sich nachts noch im Dunkeln und Cece versteht nichts? Naja, dann kann sie auch das Gerät ausmachen und hört somit das Schnarchen der anderen nicht.

Cece versteht es auch, der Realität durch ihre Fantasie zu entfliehen. Sie sieht sich wie einen Superhelden. Denn Superhelden sind zwar auch Außenseiter, weil sie anders sind, aber sie haben Fähigkeiten, die sie zu etwas ganz Besonderem machen. So kann Cece beispielsweise durch das Mikrofon hören, wenn ihre Lehrerin sich außerhalb des Klassenzimmers mit Kollegen austauscht. Cece kriegt sogar mit, wenn sich ihre Lehrerin auf die Toilette begibt und muss dann jedes Mal ein wenig lachen.

Neben dem Thema Gehörverlust greift die Autorin aber auch andere Themen auf. So erzählt sie von unterschiedlichen Arten von Freundschaften. Eine Freundin z.B. will immer nur bestimmen. Sie hat einen ganz gruseligen Humor und findet, dass sie wesentlich besser aussieht als Cece. Dann gibt es noch eine Freundin, die zwar deutlich netter ist, aber ständig so übertrieben laut spricht und komische Lippenbewegungen macht und letztlich noch das Mädchen von nebenan, das Cece behandelt wie alle anderen auch. Besonders gefallen hat mir die Art, wie Cece mit diesen unterschiedlichen Charakteren umgeht. Sie reagiert nie gemein oder bösartig. Sie distanziert sich eher beiläufig ohne andere Menschen mit ihrem Verhalten zu verletzen und sucht sich instinktiv diejenigen aus, die ihr guttun.

Auch die erste Liebe wird in diesem Buch thematisiert. Cece verliert auch hier ihr Herz an einen Jungen, den viele liebenswerte Eigenschaften prägen.


Fazit:

Bei „El Taubinio“ handelt es sich um eine autobiographische Graphic Novel. Der Autorin gelingt es, viele liebenswerte und interessante Figuren zu erfinden. Cece verliert im Alter von vier Jahren ihr Gehör und muss sich ab diesem Zeitpunkt an viele Veränderungen gewöhnen.

Kindgerecht erzählt die Autorin, wie diese Veränderungen auf Cece wirken. Cece findet neue Freunde, distanziert sich von Menschen, die ihr nicht guttun. Ihr gelingt es, aus ihrem Anderssein Lebenssubstanz zu gewinnen.

Dem Buch gelingt es, die benötigte Resilienz zu verdeutlichen, die es braucht, um schwierige Zeiten zu überstehen.
Das Werk ist durchaus geeignet, um sich vor allem über Gehörlosigkeit zu informieren und das auf eine inspirierende und herzerwärmende Art und Weise.

„El Taubinio“ ist einerseits kindgerecht geschrieben, wird aber auch bei erwachsenen Leser/innen gut ankommen. Unbedingte Leseempfehlung!

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