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Veröffentlicht am 09.10.2016

Zornig aufs Leben?

Großer Bruder Zorn
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Johannes Ehrmann, dem ein oder anderen Leser womöglich durch seine Beiträge für den Tagesspiegel bekannt, legt mit „Großer Bruder Zorn“ seinen ersten Roman vor. Schauplatz ist der Berliner Wedding, Brennpunkt ...

Johannes Ehrmann, dem ein oder anderen Leser womöglich durch seine Beiträge für den Tagesspiegel bekannt, legt mit „Großer Bruder Zorn“ seinen ersten Roman vor. Schauplatz ist der Berliner Wedding, Brennpunkt von Kulturen und sozialen Schichten, den der Autor aus eigener Erfahrung so gut wie seine Westentasche kennt. Genauer gesagt fokussiert sich die Handlung auf den fiktiven, aber dennoch echten Orten angelehnten, Bellermannplatz. Hier beobachten wir Aristoteles Andreadakis, Box-Promoter kurz vor der Privatinsolvenz, Sedar Schröder, gute Seele vom Spätkauf, Jessi, Angestellte im roten Netto, Heinz Hönow, Opfer eines Überfalls in seinem Schmuckgeschäft sowie last but not least den Flaschenfascho, auf seiner täglichen Tour durch seinen persönlichen Wahnsinn. Die Einblicke in verschiedene Leben sind zusammengefasst ähnlich einer Daily Soap, man schaut den Protagonisten bei allen möglichen Szenarien über die Schulter. Für die Figuren mag das alles gar nicht so witzig sein, für den Leser bedeutet es hingegen amüsanten Lesespaß! Der Einstieg in die Story geschieht in medias res. Johannes Ehrmann nimmt kein Blatt vor den Mund. Gerade die ungeschönte Ausdrucksweise wirkt schließlich lebensnah. Man findet schnell in die parallel laufenden Handlungsstränge hinein. Ob die Figuren nun stellvertretend alle Anwohner der Umgebung ausmachen, sei dahingestellt. Hier winkt schon in der Vorstellungsrunde das eine oder andere Klischee. Aber ehrlich gesagt, es stört nicht. Schon eingangs finden sich Hinweise, dass sich die Schicksale der Charaktere später in der Erzählung kreuzen und machen neugierig auf das große Ganze. Der Schreibstil ist natürlich kein Einheitsbrei, gerade das macht allerdings einen gewissen Reiz aus. Die Dialoge fügen sich nahtlos ein, sind trotz fehlender Anführungszeichen dennoch als solches erkennbar. Die relativ kurzen Kapitel, 86 an der Zahl, und Perspektivenwechsel springen im hohen Tempo durchs Geschehen, machen es dadurch aber auch irgendwie spannend. Langsam aber sicher gewinnen die Charaktere im weiteren Verlauf an Substanz und ihre Beziehungen werden deutlich. Selbst der Flaschenfascho bringt seine Vergangenheit ein und Verhalten und Denkweisen bekommen ihren Sinn. Der Leser kann hier und da spekulieren, sich Dinge zusammenreimen und erkennt Missverständnisse - das ist ein großer Pluspunkt des Buches! Man hat in der Tat das Gefühl, als kenne man diese Menschen, wenn auch nur vom Sehen oder Beobachten im Alltag. Es sind schon eine Menge Schicksale, die da Knall auf Fall aufeinandertreffen. Ein bisschen Normalität täte der Geschichte hier und da ganz gut. Aber vielleicht wird das Geschehen dadurch auch umso interessanter und vor allem unterhaltsamer. Die Story lebt gerade von diesen überspitzten Darstellungen. Nebenbei erwähnt seien aber auch recht feinfühlige Passagen. Ob im Buch nun Wedding dran steht oder nicht, es könnte genauso gut ein anderer Knotenpunkt diverser Kulturen und Bevölkerungsschichten sein. Das Ende ist in sehr vielen Belangen offen und bis dato dem Leser überlassen. Ein ungewöhnliches Debüt, ein Buch, das irritiert, schmunzeln lässt aber schlussendlich auch zum Nachdenken anregt.

  • Einzelne Kategorien
  • Anspruch
  • Charaktere
  • Originalität
  • Stil
  • Cover
Veröffentlicht am 15.09.2016

Altersvorsorge im Zinstief

Das Einmaleins der Immobilien-Investition
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Machen wir uns nichts vor: Wer heute noch als vergleichsweise junger Mensch allein auf die Rente im Alter setzt, sollte schleunigst die rosarote Brille abnehmen und der Realität ins Auge blicken. Wer in ...

Machen wir uns nichts vor: Wer heute noch als vergleichsweise junger Mensch allein auf die Rente im Alter setzt, sollte schleunigst die rosarote Brille abnehmen und der Realität ins Auge blicken. Wer in Sachen Zukunft wie, mit wieviel Kapital und auf welches Pferd setzt, ist natürlich von vielen Faktoren abhängig und von Mensch zu Mensch verschieden. Immobilien-Investition ist eine Möglichkeit und sicher nicht verkehrt. Bevor man sich allerdings allein auf Bauchgefühl und mathematische Kenntnisse verlässt, schadet es nicht, einen Einblick in die Thematik zu wagen. Das Einmaleins der Immobilien-Investition bietet allerhand Wissenswertes von A bis Z, zeigt Zahlenbeispiele aber auch Risiken dieser Art Geldanlage. Eigenheim zur Selbstnutzung kann Unabhängigkeit fördern, vermietete Immobilien können hierzu eine sinnvolle Alternative darstellen. Dennoch ist beides kein Selbstläufer. Voraussetzungen sind die richtige Auswahl des Objekts, eine schlüssige Finanzierungsstrategie und ggf. muss die Bewirtschaftung einer Anlageimmobilie geklärt werden. Michael A. Peter nimmt auch Laien an die Hand und zeigt worauf es ankommt. Nach einer umfassenden Einleitung ist das Buch in die Kapitel "Trumpfkarten", "Immobilienrisiken" und "Immobilienziele - Zielimmobilien" unterteilt. Der Anhang mit Glossar, Hilfsmitteln und Mustertabellen rundet das Werk schließlich ab. Der Titel ist nicht allein als fachspezifischer Ratgeber, sondern vielmehr als Arbeitsbuch konzipiert. Viele Querverweise verknüpfen Inhalte und verwandte Themen. Auch Wiederholungen sind hierbei durchaus gewollt, helfen sie doch, Gelesenes zu festigen. Verschiedene Textattribute heben Kernaussagen hervor, grell orange gefärbte Seiten lenken die Aufmerksamkeit des Lesers auf Wichtiges. Damit hebt sich "Das Einmaleins der Immobilieninvestition" deutlich von anderen Ratgebern dieser Materie ab. Grundlagen werden locker flockig an den Mann oder die Frau gebracht, sind dabei leicht verständlich formuliert und dennoch recht umfassend und abwechslungsreich dargestellt. Das Buch erhebt selbstredend keinen Anspruch auf Vollständigkeit, ermöglicht aber erste Schritte in die richtige Richtung. Inwiefern es für den Leser und sein privates Umfeld nützlich ist, muss jeder selbst wissen. Ein gut geplanter Erwerb wird sich auch sicherlich nicht nur anhand eines Buches realisieren lassen. Nichtsdestotrotz ein interessanter Einblick. Immobilien bieten langfristig Vermögenszuwachs und Inflationsschutz, soviel steht fest - aber gewusst wie!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Das fehlende Detail

Das fremde Haus
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Bentley Grove 11, Cambridge, steht zum Verkauf. Ein Haus von vielen in England, nichts Spektakuläres. Und dennoch bereitet es Connie Bowskill seit nunmehr sechs Monaten vehement schlaflose Nächte. Aktuell ...

Bentley Grove 11, Cambridge, steht zum Verkauf. Ein Haus von vielen in England, nichts Spektakuläres. Und dennoch bereitet es Connie Bowskill seit nunmehr sechs Monaten vehement schlaflose Nächte. Aktuell posaunt ein Schild seine Vakanz heraus. Grund genug für Connie, heimlich des Nachts sein Inneres zu erkunden – dank Internet nur wenige Mausklicks entfernt. Was sie allerdings bei ihrem virtuellen Rundgang durch die Räumlichkeiten auf der Roundthehouses-Website zu sehen bekommt, lässt ihr die Haare zu Berge stehen und bannt ihren Blick auf den Bildschirm. Im Wohnzimmer des Hauses liegt eine junge Frau, das Gesicht dem Boden zugekehrt, in einer riesigen Blutlache. Klein, zierlich, mit dunklem, glattem Haar, genau wie die Betrachterin. Der Schrecken ist groß!
Wenige Minuten später, nachdem Connie überstürzt ihren Mann Kit aus dem Schlaf gerissen und an den Laptop gedrängt hat, ist die Leiche jedoch verschwunden. Nichts deutet auf dem Immobilienportal auf den ominösen Mord hin, keine Tote, kein Blut – es ist absolut kein Anhaltspunkt für die grausame Tat ersichtlich. Für die Ehe zwischen Catriona und Christain Bowskill, Connie und Kit, ist dieser Zwischenfall jedoch gleichbedeutend mit einer weiteren tiefen Bruchstelle im gegenseitigen Vertrauen.
Einst waren die jungen Leute ein glückliches Paar, kauften 2004 zusammen das Melrose Cottage in Little Holling, Silsford, und gründeten die gemeinsame Firma Nulli Secundus Ltd., eine erfolgreiche Daten-Management-Beratung. Im Januar 2010 machte Connie allerdings eine Entdeckung, die Zweifel an der Integrität ihres Ehemannes aufkommen ließ. Im Navigationsgerät seines Autos stößt sie bei der Einstellung des Heimatortes auf den Eintrag Bentley Grove 11. Connie glaubt an ein geheimes Doppelleben von Kit, fährt regelmäßig freitags nach Cambridge, um ihn auf frischer Tat, etwa beim Verlassen des Anwesens oder an der Seite einer anderen Frau, zu ertappen. Selbst ihre zweiwöchigen Sitzungen mit der Homöopathin und psychologischen Beraterin Alice Bean bringen sie nicht davon ab, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Kit wähnt sich jedoch keiner Schuld bewusst, leugnet den Navi-Eintrag und geht von einer psychischen Überforderung Connies aus, die sich schon in der Vergangenheit als äußerst anfällig für psychosomatische Beschwerden zeigte.
Obwohl Kit ihre Beobachtung nicht bestätigt, beschließt Connie, Simon Waterhouse über die Tote im Bentley Grove zu informieren. Von Alice weiß sie, dass er anders als andere Polizisten, auch für das Unglaubliche ein offenes Ohr hat, insofern es der Wahrheit entspricht. Leider befindet er sich zu diesem Zeitpunkt auf Hochzeitsreise nahe Marbella und Connie muss mit Sam Kombothekra Vorlieb nehmen. Er nimmt ihre Aussage auf, verblüffend viele Einzelheiten, doch eine Kleinigkeit fehlt …

DAS FREMDE HAUS ist ein Psychothriller der britischen Autorin SOPHIE HANNAH, an dem sich wohl die Geister scheiden. Mit einer innovativen Grundidee und der doch recht ausführlichen Umsetzung werden die Fakten nicht kurzerhand auf den Punkt gebracht, wie es für einen Großteil der Thriller üblich ist. Es fließt kaum Blut, die Seiten füllen sich anfänglich mit allerhand Kleinigkeiten und man muss schon einen Faible für kompliziertere, teils regelrecht abgehobene Denkweisen haben, um die Lektüre vollends genießen zu können.
Nach einem ebenso dramatischen wie verwirrenden Intro, das ein grausames Ereignis für Samstag, den 24. Juli 2010 ankündigt, macht die Autorin einen Sprung exakt eine Woche zurück in der Zeit zum Samstag, den 17. Juli 2010. Das Pferd wird also von hinten aufgezäumt und erst Schritt für Schritt setzt sich ein perfides Puzzle um die wahren Begebenheiten rund um Connie und Kit Bowskill in insgesamt siebenundzwanzig Kapiteln, abwechselnd in erster oder dritter Person Singular verfasst, zusammen. Eingangs nimmt sich SOPHIE HANNAH sehr viel Zeit, Charaktere und Schauplätze darzustellen. Nicht jedes Detail ist wirklich zum Gelingen der Story vonnöten, hin und wieder findet sich aber sehr wohl das ein oder andere Indiz, das den findigen Ermittler aufhorchen lässt. Hier und da eingeflochtene Hinweise und Andeutungen, sowie scheinbar zusammenhanglos eingefügte Asservaten-Stücke lassen die Leserschaft lange im Unklaren, worauf die Geschichte letztendlich hinauslaufen wird. Sind die Lebensumstände der Figuren erst einmal näher erläutert, wird das Tempo deutlich angezogen und die Seiten fliegen nur so dahin. Unterschiedliche Personen entwickeln vielfältige Theorien zur Erklärung der Hintergründe des Geschehens. Mitten drin der Leser, der eigenen Spekulationen nachhängt.
Sind es Zufälle oder Wahnvorstellungen, denen die Hauptprotagonistin Connie Bowskill erliegt? Selbstzweifel und Misstrauen prägen ihr Denken und Handeln. Kit hingegen wirkt allseits selbstbewusst und Herr seiner Sinne. Er zeigt sich stets akkurat, ziel- und erfolgsorientiert, hat einen Hang zum Perfektionismus und einen surrealen Sinn für Humor. Insgesamt bleibt er im Gegensatz zu Connie dennoch bis zum Ende sehr undurchsichtig und blass. Polizeilich fallen vor allem Simon Waterhouse und Sam Kombothekra auf. Beide haben Stärken, Schwächen und selbstredend eigene Sorgen, tragen dennoch fortlaufend zur Aufklärung der Ereignisse bei.
Auf den ersten Blick scheinen zahlreiche Techtelmechtel, Familientraditionen, hitzige Dialoge und Tiraden der Sorte was wäre wenn vom eigentlichen Thema abzulenken, allerdings bringen sie hin und wieder auch neue Denkansätze mit sich, gleiten also nicht völlig am Thema vorbei. Dem Leser wird einiges an Potenzial geboten, sich entweder mit der vermeintlich unzulänglichen, missverstandenen und immer etwas abseits stehenden Connie zu verbünden oder aber Stress und Erschöpfung als Schauspiel anzusehen. Es werden im Verlauf der Handlung viele Fragen aufgeworfen und Anschuldigungen getätigt. Dank häufiger Perspektivenwechsel wird es zu keiner Zeit langweilig, den Ereignissen auf den Grund zu gehen. Immer wieder überrascht die Autorin mit pfiffigen Wendungen und einigen überraschenden Momenten. Zum Abschluss des Romans folgt ein großer Aha-Effekt und das Rätsel wird gelöst.

Optisch ist DAS FREMDE HAUS ein wahres Highlight. Das bei Bastei Lübbe in deutscher Erstausgabe verlegte Taschenbuch ist von einem transparenten Schutzumschlag umgeben, der die Grundrisse eines Hauses zeigt, in die sich Autorenname und Titel auf der Vorderseite, sowie die Inhaltsbeschreibung auf der Rückseite perfekt einfügen. Das Cover ist farblich schlicht weiß gehalten. Umso deutlicher fallen vier blutige Fingerabdrücke auf dem Umschlag auf! Im Inneren des Buches finden sich vorweg noch einmal Grundrisse von Ober- und Erdgeschoss zur Orientierung und zwischen den jeweiligen Kapiteln einzelne Beweisstücke der unglaublichen Geschichte, jeweils grau hinterlegt. Papier, Satz und Druck sind einwandfrei.

Fazit:

DAS FREMDE HAUS von SOPHIE HANNAH hält einige unterhaltsame Überraschungen bereit. Der etwas andere Psychothriller gleicht einem Puzzle aus verzwickter Familiengeschichte, enervierendem Katz- und Mausspiel und abstrakter Psychologie. Anfang etwas behäbig erzählt, nimmt die Geschichte schließlich enorm an Fahrt auf und der Leser findet sich im Sog wilder Spekulationen wieder. Zum Abschluss des Romans eröffnet sich das geballte Spektrum absurden Denkens – fast schon genial.

Veröffentlicht am 12.06.2017

Wenn dir das Liebste genommen wird …

Du stirbst nicht allein
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Im Mai 2010 finden die so genannten Kenwood-Morde im Nordwesten Londons ihren Ursprung. Das erste Opfer ist die siebenjährige Megan Purvis. Zwei Jahre darauf trifft es Tilly Reid, vierzehn Monate später ...

Im Mai 2010 finden die so genannten Kenwood-Morde im Nordwesten Londons ihren Ursprung. Das erste Opfer ist die siebenjährige Megan Purvis. Zwei Jahre darauf trifft es Tilly Reid, vierzehn Monate später Leila Botsford. Vier Jahre, in denen der Täter nicht dingfest gemacht werden kann. Jetzt taucht ein neues Opfer auf: Poppy Glover wird entkleidet und mit der Visitenkarte des Killers in der Heath Extension aufgefunden. Nach einer Pressekonferenz im Gebäude von Scotland Yard bereiten Opferschutzbeamte sämtliche involvierte Familien auf die neue Situation vor. Ein Kind zu verlieren, ist für Eltern schon schlimm genug. Mit jedem neuen Opfer wird obendrein alles wieder aufgewühlt. Vor allem die Presse ist hierbei nicht zu unterschätzen. Auf Sally Freeland, die Königin der Exklusivinterviews vom Chronicle, ist Verlass! Sie ist sofort am Ort des Geschehens, steckt ihre Nase überall rein und stellt unbequeme Fragen. Detective Chief Inspector Desmond und sein Team hat alle Hände voll zu tun, der Öffentlichkeit, den Familien der Opfer und natürlich der Aufklärung des Falls gerecht zu werden. Da die Abstände der Morde augenscheinlich immer kürzer werden, weiß niemand, wann der Täter das nächste Mal zuschlagen wird. Die Zeit sitzt ihnen im Nacken …

Mit ihrem ersten Psychothriller WÄHREND DU STIRBST hat sich TAMMY COHEN in die Bestsellerlisten geschrieben. Dementsprechend hoch ist nun die Erwartungshaltung der Leserschaft um den Nachfolger DU STIRBST NICHT ALLEIN. Bereits die kurze Einleitung lässt Unheil erahnen. Dreiundfünfzig Kapitel spiegeln das Geschehen in größtenteils dritter Person Singular aus unterschiedlichen Perspektiven wider. Die Familien der Opfer, vor allem Mütter und Geschwister, die ermittelnde Beamtin Leanne Miller, die Journalistin Sally Freeland und selbst ein mutmaßlicher Täter kommen zu Wort. Ihre Überlegungen und Taten machen einen Großteil der Handlung aus. Werden junge Mädchen ermordet, liegt der Gedanke an Pädophilie ebenso wenig fern wie die Annahme, dass eventuell ein Elternteil an der Tat beteiligt ist. Möglichkeiten, die auch die Autorin nutzt, die Spekulation der Leser ein wenig anzuheizen. Was man ihr definitiv zugutehalten muss, ist die Tatsache, dass sie die Morde weder plakativ und sensationslüstern in den Mittelpunkt stellt noch bei Beschreibungen allzu sehr ins Detail geht. Auf der anderen Seite wirken die Ereignisse, konzentriert auf die psychologischen Komponenten von beispielsweise Angehörigen und vermeintlichen Tätern recht fad. Ein Thriller sollte Spannung erzeugen. Das gelingt TAMMY COHEN in diesem Buch nur leidlich. Die Erzählung ist keinesfalls uninteressant, verschiedene Handlungsstränge sind grundsätzlich gut initiiert, Emotionen wie Mitleid und Abscheu sowie Ungeduld hinsichtlich der Auflösung bleiben allerdings weitestgehend auf der Strecke. Die Opferschutzbeamtin Miller samt Einblicken in ihr Leben, Denken und Fühlen hat mir noch am ehesten zugesagt. Da hat leider auch die Überraschung zum Abschluss des Romans das Ruder nicht mehr rumreißen können.

DU STIRBST NICHT ALLEIN erscheint als handliche Klappenbroschur bei Blanvalet. Habe ich mich eingangs noch über den Titel gewundert, macht er nach der Lektüre zweifelsohne Sinn und ist prima gewählt. Besonders ansprechend ist in meinen Augen die Schreibschrift als erhabener, glänzender Spotlack. Es gibt dem Motiv einen persönlichen Zug. Das Herz gefällt mir in diesem Zusammenhang, auch bezogen auf den Inhalt, ebenfalls gut.!

Fazit:

DU STIRBST NICHT ALLEIN ist ein unterhaltsamer Roman, der leider an der Bezeichnung Psychothriller vorbeischrammt. Mit wenig Spannung und relativ großer Distanz zu den Ereignissen, ist mir die Geschichte um vier tote Mädchen insgesamt zu eintönig geblieben. TAMMY COHEN hat viele gute Ansätze gezeigt, schlussendlich aber auch viel Potenzial verschenkt. Meine Erwartungen hat das Buch nur rudimentär erfüllt. Schade!

Veröffentlicht am 05.05.2017

Gleich und gleich gesellt sich gern

Be my Girl
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Zwei Menschen, augenscheinlich füreinander geschaffen: Ellie und Rob! Beide haben kaum noch zu hoffen gewagt, jemals den richtigen Partner fürs Leben zu finden. Es war auch mehr oder weniger ein Zufall, ...

Zwei Menschen, augenscheinlich füreinander geschaffen: Ellie und Rob! Beide haben kaum noch zu hoffen gewagt, jemals den richtigen Partner fürs Leben zu finden. Es war auch mehr oder weniger ein Zufall, oder vielmehr eine Arbeitskollegin, die sie zueinander führte. Man könnte fast sagen, es war Liebe auf den ersten Blick. Die beiderseitige Anziehung, unverkennbar. Das Gefühl von Verbundenheit, nahezu magisch. Rob ist klug, gutaussehend, erfolgreich und mit einer romantischen Ader gesegnet. Ellie ist eine selbstbewusste Frau, die weiß, was sie will. Die Turteltauben haben unglaublich viele Gemeinsamkeiten, wahren allerdings auch dunkle Geheimnisse voreinander. Ihre Hochzeit sollte der schönste Tag in beider Leben werden, doch die Vergangenheit holt sie schlussendlich ein …

In guten, wie in schlechten Zeiten - bis der Tod sie scheide? Bei diesem Paar tragen die traditionellen Worte einen mehrfachen Sinn. Tote gibt es in diesem Buch einige und auch sonst passiert so allerhand. Vierundsiebzig Kapitel, überschrieben mit Heute, Damals sowie abschließend mit Dann, erzählen die Geschichte zweier Menschen, die sich im Grunde ein ganz normales Leben wünschen und doch nicht aus ihrer sprichwörtlichen Haut können. Beide Charaktere hatten enorme Startschwierigkeiten. Eleanor Larrabee stand in ihrer Kindheit stets im Schatten der großen Schwester. Selbst nachdem diese an Leukämie starb, änderte sich daran nichts. Ihre Mühen und Errungenschaften blieben unsichtbar. Auch Jahre später erzählt ihre Mutter, die Schwester sei stets ihr Lieblingskind gewesen. Traurig, wenngleich es Ellie zu innerer Stärke verhalf. Das Schicksal meinte es dennoch nicht gut mit ihr. Sie trägt schwere Last auf ihren Schultern, ihre Seele ist angeschlagen. Rob traf es ungleich schlimmer. Aufgewachsen in einer ganz und gar nicht intakten Familie, in der Gewalt den Ton angab, geriet er unweigerlich auf die schiefe Bahn. Blut befleckt seine Hände. Für Ellie wollte er sein Dasein von Grund auf ändern. Doch wird ihm das gelingen?
BE MY GIRL ist kein einfach zu bewertendes Buch. Das Debüt von NINA SADOWSKY ist gespickt mit spannenden Elementen, Rückblicken in die Vergangenheit beider Hauptfiguren und einer komplizierten Liebesgeschichte zwischen ihnen. Die Kapitel sind relativ kurz und springen von einer Sequenz zur nächsten. Verschiedene Handlungsstränge aus unterschiedlichen Zeiten laufen schließlich ineinander, bis das gesamte Geschehen mit einer kleinen Überraschung in der Gegenwart endet. An sich müsste der Lesefluss enormes Tempo aufnehmen, tut er aber nicht. Doch woran liegt es? Es ist nicht die Verwirrung, die durch den Wechsel der Schauplätze entsteht. Die hält sich in Grenzen. Es ist auch nicht der durchaus gelungene Kontrast zwischen pittoresker Umgebung und grausamen Taten. Mangelt es an Emotionen? Alles in allem gestaltet sich die Lektüre sehr neutral, was für mich recht seltsam ist. Es muss wohl teils auch der Schreibstil gewesen sein. Auf jeden Fall war da eine gewisse Distanz, die mich davon abgehalten hat, mitzufiebern oder gar Bestürzung oder Leid zu empfinden. Kurz und gut: Es fehlte der Kick, das gewisse Etwas. Der Roman hat mich schlicht und ergreifend kalt gelassen.

Optisch macht BE MY GIRL durchaus was her. Leuchtende Spotlack-Elemente, Blut am Brautschleier und perfekt in Szene gesetzte Innenklappen. Vor allem Letztere wecken Neugier. Die Klappenbroschur aus dem Penguin Verlag liegt noch dazu gut in der Hand.

Fazit:

Etwas mehr hatte ich mir von BE MY GIRL schon versprochen. Die psychologischen Elemente kamen leider zu kurz und bei der Lektüre gelang es mir nicht, eine seltsame Distanz zu den Ereignissen zu überwinden. Idee und Umsetzung via kurzer Kapitel und Zeitsprünge sind gut. Nur die Geschichte mit Leben zu füllen, ist NINA SADOWSKY nicht ganz geglückt.