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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.01.2021

Kafkaesk mysteriös

Die Schrift
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Eine ungewöhnliche, manchmal kafkaesk anmutende Geschichte, die der österreichische Autor Simon Sailer hier erzählt. Der Wissenschaftler Leo gelangt an eine ominöse Schrift, deren Zeichen er nicht entziffern ...

Eine ungewöhnliche, manchmal kafkaesk anmutende Geschichte, die der österreichische Autor Simon Sailer hier erzählt. Der Wissenschaftler Leo gelangt an eine ominöse Schrift, deren Zeichen er nicht entziffern kann, deren Herkunft nicht ermittelbar ist und die sich wie ein Fluch über sein Leben legt.

(Nicht nur) am Ende gibt dieses Büchlein viel Raum für Interpretationen. Wer gerne mysteriöse, offene Geschichten liest, ist hier an der richtigen Stelle. Wer lieber genau weiß, woran er bei der Lektüre ist, wird mit diesem Buch nicht glücklich werden.

Hervorzuheben auch die stimmigen Illustrationen von Jorghi Poll, die einen tollen Rahmen für diese besondere Geschichte bilden.

Veröffentlicht am 31.10.2020

Kreative Sprachbilder

Die Infantin trägt den Scheitel links
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Helena Adler hat eine ungewöhnliche Coming of Age-Geschichte geschrieben. Die Abgründe in der Vier-Generationen-Familie im ländlichen Österreich in den 1980‘er und 1990‘er Jahren tun sich nach und nach ...

Helena Adler hat eine ungewöhnliche Coming of Age-Geschichte geschrieben. Die Abgründe in der Vier-Generationen-Familie im ländlichen Österreich in den 1980‘er und 1990‘er Jahren tun sich nach und nach auf.
Die namenlose Ich-Erzählerin gehört nicht richtig dazu - sowohl in der Familie als auch im Dorf eckt sie an. Nichtsdestotrotz (oder deswegen?) wächst sie dem Leser unwillkürlich ans Herz.

Das Buch strotzt von einer kreativen, bildhaften Sprache - für mich das Highlight dieses Buches! Der österreichische Einschlag machte es noch interessanter. Insgesamt sprachlich oft anspruchsvoll. Fordernd, intelligent, lesenswert!

Veröffentlicht am 28.10.2020

Fantasievolle Geschichten, super illustriert

Flo, der Flummi und das Schnack
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Ein Vorlesebuch für Kinder ab 4 Jahren und erwachsene (Vor-)Lesende jeden Alters.

Das Buch macht mit seinem festem Einband und den vielen liebevollen Illustrationen einen hochwertigen ersten Eindruck. ...

Ein Vorlesebuch für Kinder ab 4 Jahren und erwachsene (Vor-)Lesende jeden Alters.

Das Buch macht mit seinem festem Einband und den vielen liebevollen Illustrationen einen hochwertigen ersten Eindruck. Auch dass Lesedauer (5–13 Minuten) und das jeweils geeignete Alter des Kindes angegeben sind, gefällt mir gut.

Die 31 Geschichten wurden von 31 ganz verschiedenen, in Deutschland (mehr oder weniger) bekannten Menschen geschrieben. Viele sind wie Juli Zeh oder Wladimir Kaminer auch sonst als Schriftsteller tätig, aber z.B. auch Musiker wie Olli Schulz haben Geschichten beigetragen.

Die Geschichten sind sehr fantasievoll mit sprechenden Tieren, Magie etc. Aufgrund der unterschiedlichen AutorInnen und deren eigener Themen und Sprache auch recht abwechslungsreich. Ob man das nun wie der Verlag als Märchen bezeichnet oder einfach als Geschichten ist jedem selbst überlassen.

Ein Highlight sind für mich wie schon angedeutet die ganzseitigen Illustrationen von Martina Liebig, die detailreich und fantasievoll zum Entdecken, Träumen, Fabulieren einladen.

Veröffentlicht am 23.10.2020

Autobiographie und Familiengeschichte

Hope Street
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Es handelt sich bei "Hope Street" um eine vollständige Lesung der Autobiographie von Campino. Gelesen vom Autor. Ich fand seinen Vortrag genau richtig in Aussprache (deutlich), Geschwindigkeit und Emotionalität ...

Es handelt sich bei "Hope Street" um eine vollständige Lesung der Autobiographie von Campino. Gelesen vom Autor. Ich fand seinen Vortrag genau richtig in Aussprache (deutlich), Geschwindigkeit und Emotionalität (nicht zu viel, nicht zu wenig).
Das Hörbuch ist eine mp3-CD, also von herkömmlichen CD-Playern NICHT abspielbar, mit entsprechender Hardware aber problemlos auf ein mobiles Abspielgerät übertragbar.

Es sollte ein Buch über Fußball und den Liverpool FC werden, ist dann aber doch eine Autobiographie geworden, die allerdings immer wieder Bezug nimmt auf Campinos Liebe zum LFC. Campino berichtet so ausführlich aus seinem eigenen Leben und der eigenen Familiengeschichte wie nie zuvor. Als Leser erfährt man viel über die Geschichte der Familie Frege, etwas weniger über den Campino von heute. Die deutsch-englische Familiengeschichte fand ich sehr interessant, aber es wirkt fast so, als würde Campino sich dahinter verstecken, um wenig über sein erwachsenes Ich preisgeben zu müssen. Bei der Schilderung seines Jet Set-Lebens schwankte ich bei der Einschätzung zwischen überheblich, weltfremd, aber immerhin auch ehrlich.
Über Die Toten Hosen erfährt man ebenfalls wenig. Das ist ok so – im Mittelpunkt steht Campinos Leben vor und neben der Band. Eine interessante, persönliche Ergänzung zur autorisierten Band-Biographie von Philipp Oehmke aus dem Jahr 2014.

Das Buch erscheint zeitgleich auch als Print und eBook im Piper Verlag. Zwei Aspekte hat das Hörbuch dem Buch in geschriebener Form voraus: die von Campino und Kuddel eingespielten sechs Lieder ("Ferry Cross The Mersey", "Hope Street", "Long Way From Liverpool", "Penny Lane", "Poor Scouser Tommy", "You'll Never Walk Alone"), welche es in diesen Versionen meines Wissens nach nur auf dem Hörbuch gibt, und ein paar mehr private Fotos von Campino im Booklet.

Veröffentlicht am 09.09.2020

Sympathische Außenseiterin

Das Seidenraupenzimmer
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Wie schon in "Die Ladenhüterin" zeichnet die japanische Autorin Sayaka Murata wieder liebevoll eine Außenseiterin, die mit der modernen Welt, den gesellschaftlichen Normen nicht zurecht kommt. Auch wenn ...

Wie schon in "Die Ladenhüterin" zeichnet die japanische Autorin Sayaka Murata wieder liebevoll eine Außenseiterin, die mit der modernen Welt, den gesellschaftlichen Normen nicht zurecht kommt. Auch wenn "Das Seidenraupenzimmer" in Japan spielt und sich auf eine Gesellschaft bezieht, die noch mehr auf Normen und Konformität basiert, als in anderen Ländern, ist das, was die Protagonistin beschreibt, auch für westliche Leser gut nachvollziehbar – und auf europäische Lebenswelten beziehbar.
Natsuki, die der Leser als 12-Jährige kennenlernt, ist auf eine sympathische Art so naiv und unbedarft, dass sie einem sofort ans Herz wächst und ihre von Lieblosigkeit und Missbrauch geprägte Kindheit umso mehr schockiert. Teilweise mag das von der Autorin überzeichnet sein, aber Natsukis Schicksal blieb für mich immer glaubhaft.
Nachdem sich der erste Teil auf Natsukis Kindheit bezieht, macht der zweite Teil einen Sprung in ihr Erwachsenenleben. Immer noch besteht bei ihr der innere Konflikt zwischen Konformität und einem Leben nach eigenen Vorstellungen – in ihrem Cousin und ihrem Ehemann findet sie zwei Schicksalsgenossen. Das ganze gipfelt in einer skurrilen Szenerie.

Während ich bei "Die Ladenhüterhin" zwischendurch auch mal grinsen musste, blieb mir das Lachen bei "Das Seidenraupenzimmer" im Halse stecken, auch wenn manche Szenen mit der naiven Natsuki komisch wirken mögen. Ich fand es düsterer als den vorherigen Roman.