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FranziskaBo96

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.03.2024

Wer will schon ewig leben?

Wir werden jung sein
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In "Wir werden jung sein" wird das Leben von fünf Menschen - und letztendlich auch der gesamten Menschheit - grundlegend. Professor Mosländer, Professor an der Berliner Charité, findet nämlich heraus, ...

In "Wir werden jung sein" wird das Leben von fünf Menschen - und letztendlich auch der gesamten Menschheit - grundlegend. Professor Mosländer, Professor an der Berliner Charité, findet nämlich heraus, dass das Herzmittel, das er gerade entwickelt und an fünf Menschen (einschließlich sich selbst) erproben lässt, die Nebenwirkung hat, dass es den Alterungsprozess des Körpers umkehrt. Was anfangs wie eine medizinische Revolution erscheint, entpuppt sich bald als Albtraum für die Probanden.

Maxim Leo schafft es, mit diesem kurzweiligen Roman die Grundlagen der Medizinethik auf verständliche Art und Weise zu vermitteln. Ziemlich früh kommen Fragen darüber auf, ob es überhaupt erstrebenswert ist, ewig leben zu wollen und wer sich das leisten könnte. Auch die Rolle der Probanden und ihr Leiden "zum Wohle der Gesellschaft" werfen viele Fragen auf. Sicher ist die medizinische Innovation in diesem Buch fiktiv, doch die grundlegende Problematik ist in der modernen Medizin allgegenwärtig. Umso mehr war ich davon begeistert, Maxim Leo es schafft, auch Laien in diese Fragestellungen einzubeziehen. Dieses Buch lädt zum Nachdenken ein und bleibt sicher länger im Gedächtnis.

Das Buch hat grundsätzlich einen eher nüchternen Schreibstil, was meiner Meinung nach aufgrund der wissenschaftlichen Thematik an den meisten Stellen sehr gut passte. Einzig und allein das Ende fand ich etwas holprig, vor allem weil auch hier die Erzählung etwas über den trockenen Stil stolperte. Auch die nicht ganz runden Abschlüsse einiger Handlungsbögen störten etwas.

Trotzdem ist "Wir werden jung sein" eine prägnant erzählte, spannende Geschichte, die sich schnell weglesen lässt, aber über die man trotzdem sicher noch lange nachdenken wird.

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Veröffentlicht am 18.03.2024

Das Haus und das Land

Kosakenberg
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Als Kathleen 1997 das Abi macht, will sie einfach nur raus aus ihrem brandenburgischen Heimatdorf Kosakenberg. Sie verlässt ihre Mutter und die Provinz und macht sich erst nach Berlin und dann später ins ...

Als Kathleen 1997 das Abi macht, will sie einfach nur raus aus ihrem brandenburgischen Heimatdorf Kosakenberg. Sie verlässt ihre Mutter und die Provinz und macht sich erst nach Berlin und dann später ins große London. Im Buch begleiten wir sie durch ihr Leben, in das Kosakenberg und vor allem ihr Elternhaus es jedoch immer wieder schaffen einzudringen.

Das Thema in "Kosakenberg" ist eines, das mich und sicher auch viele andere enorm beschäftigt: Was macht der Umzug in die "große Stadt" mit uns? Wie viel Heimat bleibt im Laufe der Jahre in uns drin? Können wir uns je vor ihr losreißen oder ist sie immer Teil von uns, auch wenn wir irgendwann keine familiären Bindungen mehr zu ihr haben? Diese Probleme werden auf 220 Seiten gerade unter dem besonderen ostdeutschen Aspekt extrem gut beleuchtet und das auf eine Art und Weise, die vor allem gegen Ende sehr berührend wird.

Auch der Humor kommt in diesem Buch nicht zu kurz, obwohl es hier manchmal auf etwas arrogante Art und Weise auf Kosten der vermeintlich zurückgebliebenen Landbevölkerung geschieht. Ob das bewusst gemacht wurde, um die Veränderung der Protagonistin betont wurde oder unbewusst die Meinung der Autorin wiedergibt, war für mich nicht immer deutlich, auf jeden Fall war es manchmal ein bisschen unangenehm.

Ein weiterer kleiner Kritikpunkt war, dass mir in den ersten zwei Dritteln der Geschichte ein bisschen der Tiefpunkt gefehlt hat und ich nicht so richtig wusste, wohin die Story gehen wollte. Bis zu einem einschneidenden Erlebnis später wirkt das ganze Buch nur wie eine zwar unterhaltsame, aber etwas ziellose Beschreibung von unwichtigen Ereignissen im Leben der Hauptfigur.

Trotzdem konnte mich vor allem das Ende des Buchs umhauen, womit es sich 4 Sterne definitiv verdient hat.

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Veröffentlicht am 16.03.2024

Eine schrecklich turbulente Familie

Der Stich der Biene
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Familie Barnes hat definitiv schon bessere Zeiten gehabt. Seit der Finanzkrise und der damit eingehenden Krise des Autohauses von Vater Dickie scheint alles bergab zu gehen. Tochter Cass versucht ihren ...

Familie Barnes hat definitiv schon bessere Zeiten gehabt. Seit der Finanzkrise und der damit eingehenden Krise des Autohauses von Vater Dickie scheint alles bergab zu gehen. Tochter Cass versucht ihren Platz in der Welt kurz vor der Uni zu finden, ihr Bruder PJ tapst verwirrt durch die Anfänge seiner Teenagerzeit und Mutter Imelda versucht verzweifelt herauszufinden, was mit ihrem Mann los ist und wie sie diese Familie retten kann. Aus den verschiedenen Perspektiven der Familienmitglieder sowie zahlreichen Rückblenden versuchen wir also nun herauszufinden, an welchem Punkt genau sich das Glück der Barnes' gewendet hat und ob sie es je wieder aus dem Loch herausschaffen.

Als "Der Stich der Biene" bei mir einkam, war ich etwas erschlagen von der Größe des Buches. Auf 700 Seiten Familiendrama muss man wirklich Lust haben. Glückerweise schaffte Paul Murray es größtenteils gut, mich an der Stange zu halten. Man kann einfach nicht leugnen, dass er einen genialen Schreibstil hat, der sich auch an die jeweiligen Charaktere anpasst. Auch die richtige Portion Witz war vorhanden, sodass diese Lektüre definitiv nicht der Krampf war, für den ich eingangs gehalten habe. Besonders schön fand ich außerdem, wie Murray das irische Land und die Gefühle der dort lebenden Menschen rüberbringen konnte.

Wer (wie ich) etwas Probleme mit Fremdscham hat, wird bei einigen Szenen sicherlich ins Schwitzen geraten. Ich nahm dies zunächst auch als Nachteil wahr, andererseits war das sicher genau Murrays Intention und meine Abneigung gegen peinliche Szenen teilen sicher auch nicht alle.

Einen Stern Abzug gibt es, weil ich am Ende doch fand, dass das Buch etwas zu lang wurde. Einige Episoden (vor allem Rückblicke aus Imeldas Perspektive) waren für meinen Geschmack dann doch zu ausführlich gehalten, ein bisschen mehr Kürze hätte hier besser funktioniert. So konnte ich auch beobachten, dass ich manche Figuren deutlich interessanter fand als andere, deren Perspektive mich dann beim Lesen auch nicht so unterhielt.

Paul Murray hat hier definitiv ein Meisterwerk abgeliefert, das Fans von Familiengeschichten sicher begeistern wird. Ich freue mich darauf, noch mehr Bücher von ihm zu entdecken!

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Veröffentlicht am 02.03.2024

Von Müttern und Vätern

Hallo, du Schöne
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"Hallo, du Schöne" erzählt eine Geschichte aus vier Perspektiven und über mehrere Jahrzehnte. William hatte emotional extrem distanzierte Eltern und ist daher umso begeisterter von der scheinbaren ...

"Hallo, du Schöne" erzählt eine Geschichte aus vier Perspektiven und über mehrere Jahrzehnte. William hatte emotional extrem distanzierte Eltern und ist daher umso begeisterter von der scheinbaren Harmonie in der Familie seiner Freundin Julia. Vor allem wie eng sie und ihre drei Schwestern sind, macht viel Eindruck auf den jungen Mann. Wir begleiten nun William, Julia und ihre Familie im Laufe der Jahre, und erleben, wie sich die scheinbare Idylle scheinbar von einem Drama ins nächste hangelt.

Die Rezension für dieses Buch fällt mir unheimlich schwer, weil ich viel aufzählen könnte, was mich an diesem Buch gestört hat, ich trotz allem aber positiv auf die Lektüre zurückblicke und ich wirklich Probleme damit hatte, dieses Buch aus der Hand zu legen. Die Figuren teilweise ziemlich unlogisch und machen sich das Leben ständig schwerer, als es sein muss. Zwar wird das größtenteils mit psychischen Krankheiten oder Traumata aus der Kindheit erklärt, trotzdem wirkte es in der Menge vor allem gegen Ende schon etwas albern. In einer anderen Rezension habe ich die Meinung gelesen, dass eine Figur an einer Stelle einfach beschließt, dass sie nicht genug Traumata in ihrem Leben hat und diese einfach selbst schafft - und diese Einschätzung finde ich sehr treffend. Mein größter Kritikpunkt war eigentlich, dass ich am Ende des Buches lange überlegen musste, was eigentlich die Pointe des Ganzen war und was mir das Buch damit sagen wollte. So ganz bin ich da immer noch nicht zu einer Antwort gekommen, wenn ich ehrlich bin.

Nichtsdestotrotz verstehe ich auch irgendwie, wo der Hype für das Buch herkommt. Der Schreibstil ist so unheimlich fesselnd und die Autorin schafft es, dass man sich sehr gut in die Figuren reinfühlen kann, auch wenn sie manch komische Entscheidungen treffen.

Ich denke, es wird Leute geben, die dieses Buch frustriert, andere wird es total verzaubern. Wer wie ich Fan von Familiengeschichten ist, die über längere Zeiträume erzählt werden, sollte es auf jeden Fall mal ausprobieren.


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Veröffentlicht am 07.01.2024

Rückwärts durch die Zeit

Lichtungen
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In "Lichtungen" lernen wir Lev kennen, einen jungen Mann aus Rumänien, der kurz nach der Wende das westeuropäische Ausland entdeckt. Im Verlauf des Buches tauchen wir in seine Kindheit ein, die vor allem ...

In "Lichtungen" lernen wir Lev kennen, einen jungen Mann aus Rumänien, der kurz nach der Wende das westeuropäische Ausland entdeckt. Im Verlauf des Buches tauchen wir in seine Kindheit ein, die vor allem von seiner Kindheitsfreundin Kato, Fragen um seine eigene Identität und den Zwängen des Sozialismus geprägt ist.

"Lichtungen" begeistert nicht nur mit einem wunderbar entschleunigenden und poetischen Schreibstil, sondern überrascht auch mit einem interessanten erzählerischen Kniff: Die Handlung wird chronologisch umgekehrt erzählt. Die Geschichte beginnt also mit Erlebnissen Mitte der 90er und geht dann immer weiter zurück in die Jugend und Kindheit von Lev. Diese Erzählstruktur hat mich anfangs ehrlich gesagt etwas verwirrt, doch wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, weiß man zu schätzen, wie genial die Geschichte eigentlich aufgebaut ist.

Alles in allem fand ich die Erzählweise wirklich wunderbar, der Schreibstil ist sicher nicht für jeden und für jede Gemütslage etwas, aber ich fand diese Lektüre wirklich außerordentlich entschleunigend. Auch die angesprochenen Themen, vor allem die Frage um Katos Identität zwischen Deutsch und Rumänisch fand ich sehr spannend.

Gegen Ende verlor mich die Geschichte jedoch leider etwas. Die im Klappentext als zentral angedeutete Beziehung zwischen Kato und Lev verliert in der zweiten Hälfte des Buches immer mehr an Bedeutung und so war mir gegen Ende nicht mehr so wirklich klar, was das zentrale Thema des Buches sein sollte bzw. welche Lehren ich daraus ziehen sollte.

Trotzdem ist das Buch eine große Empfehlung für alle, die auf der Suche nach etwas tiefsinnigerer Lektüre sind!

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