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Veröffentlicht am 08.12.2021

Das abhandengekommene Weihnachtsgefühl

Wie’s früher Heiligabend war
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Das abhandengekommene Weihnachtsgefühl

Weihnachten steht wieder einmal vor der Tür und wie jedes Jahr habe ich absolut keine Meinung zu dem Fest. Das hat mehrere Gründe (einer davon wäre, dass ich schlicht ...

Das abhandengekommene Weihnachtsgefühl

Weihnachten steht wieder einmal vor der Tür und wie jedes Jahr habe ich absolut keine Meinung zu dem Fest. Das hat mehrere Gründe (einer davon wäre, dass ich schlicht und ergreifend der Grinch bin). Der triftigste Grund ist ganz einfach, dass mir das Weihnachtsgefühl schon vor vielen, vielen Jahren abhanden gekommen ist. Ja, richtig gelesen, das Weihnachtsgefühl. Die, die meine Zeilen gerade belächeln, haben das Weihnachtsgefühl auch einmal gekannt, als Kinder haben wir es alle gekannt. Am besten könnte ich es als Mix aus Freude, Neugier, Wärme, Geborgenheit und angekommen sein bezeichnen. Das ist aber nur die Theorie. In der Praxis ist es ein Gefühl, dass uns das Herz wärmt, Sicherheit im Kreis der Lieben, Zusammenhalt, Gemeinschaft. Und wir, ja ich, war mal ein Teil davon. Seit vielen Jahren spielt sich Weihnachten aber immer gleich ab: Wenn wir in Leipzig bleiben, weil es aufgrund der Arbeit zu stressig ist, zu Weihnachten in die Heimat zu fahren, dann fehlt mir das Gefühl das Zuhauseseins, das Verwurzeltseins, wenn wir aber in Plauen sind, ist es ein Zerreißen zwischen meiner Familie und die meines Freundes und, auch
wenn ich nicht undankbar erscheinen will, ein liebloses Aufeinanderhocken mit festgefahrener Traditionserfüllung, gute Miene machen und anschließender Sachübergabe, kurz: Es ist ein Krampf.

Vor Kurzem wurde ich auf ein Büchlein aufmerksam, dass "Wie's früher Heiligabend war" heißt, laut Klappentext eine Anthologie, in der Zeitzeugen von ihren Weihnachtserlebnissen aus der Kindheit berichten, die sie zwischen 1920 und den Fünfziger Jahren erlebt haben. Ich bin ehrlich, ich hoffte in dieser Anthologie das Weihnachtsgefühl zu finden, dass mir abhanden gekommen ist und während der Lektüre war es tatsächlich kurz wieder da. Oft schrieben die Zeitzeugen davon, dass ihre Eltern nicht viel hatten, was sie den Kindern schenken konnten, dass oft die Puppen, die Kleidung und die Schulsachen der älteren Geschwister generalüberholt und an die jünger Brüder und Schwestern weitergegeben wurden, dass es für jeden nur einen Teller Naschkram gab (heute kann man sich das nicht mehr vorstellen, weil wir nur so mit Süßkram überschüttet werden). Manches Mal wurde gar davon berichtet, dass nicht einmal sicher war, dass zu Heiligabend ein Tannenbaum da war, unter den man die Geschenke legen konnte und selbst, wenn von der härtesten Kriegs- oder Nachkriegszeitweihnacht berichtet wurde, das Weihnachtsgefühl war stets präsent. Es liegt wohl einfach daran, dass für diese Menschen, die so viel Not und Elend erlebt haben, die teilweise arm waren, nicht das Materielle zählte, sondern der Zusammenhalt, die Geborgenheit im Kreise der Familie, die Freude über Kleinigkeiten oder die Rückkehr eines Familienmitglieds aus dem Kriege, das gemeinsame Singen von Weihnachtsliedern und so viele andere kleine Dinge, die aber aus meiner Sicht viel mehr Bedeutung haben, als der Kommerz.

Das Weihnachtsgefühl wird sich vermutlich nie mehr zu Heiligabend bei mir einstellen, aber Bücher wie "Wie's früher Heiligabend war" geben es mir wenigstens während des Lesens für ein paar Stunden zurück. Danke dafür.

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Veröffentlicht am 15.10.2021

Eine verschwundene Adlige und eine geheimnisvolle Botschaft

Der Fall des verschlüsselten Briefes
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Unglaublich aber wahr: Mit "Der Fall des verschlüsselten Briefes" liegt bereits der 6. Band der Enola-Holmes-Krimireihe vor. Bereits seit einem Jahr verfolge ich die Heschichten der kleinen Schwester des ...

Unglaublich aber wahr: Mit "Der Fall des verschlüsselten Briefes" liegt bereits der 6. Band der Enola-Holmes-Krimireihe vor. Bereits seit einem Jahr verfolge ich die Heschichten der kleinen Schwester des britischen Meisterdetektives Sherlock Holmes mit Spannung und kann es jedesmal kaum erwarten, dass der nächste Band erscheint.

In diesem 6. Buch der Reihe wird Sherlock Holmes zu seinem Elternhaus Ferndell Hall gebeten um ein mysteriöses Päckchen mit ominösen Symbolen zu untersuchen. Schnell stellt sich heraus, dass das Päckchen, dass ein Fremder an der Küchentür abgelegt hat, für Enola gedacht ist und so nimmt Sherlock dieses mit nach London, um es seiner Schwester zu übergeben. Enola selbst arbeitet schon wieder an einem neuen Auftrag. Als persönliche Assistentin eines gewissen Dr. Ragostin (der in Wahrheit sie selbst ist) hat sie sich auf die Suche nach der jungen Adligen Blanchefleur del Campo gemacht, die in einer U-Bahn-Station verschwand, nachdem sie dort einer alten Dame die Treppen hinunter geholfen hatte. Ihr Mann, ein aus Spanien stammter Duke, ist außer sich vor Sorge und hatte in seiner Verzweiflung das Büro Dr. Ragostins aufgesucht. Auch Sherlock Holmes wird mit dem Fall betraut und Enola trägt wie immer Sorge, dass Sherlock sie bei einem Aufeinandertreffen vielleicht einfangen und sann auf ein Mädcheninternat stecken könnte. Doch nichts dergleichen: Sherlock überreicht seiner Schwester das Päckchen und dessen Inhalt stellt sich als eine verschlüsselte Nachricht ihrer Mutter heraus. Bevor sie sich des Rätsels annehmen kann, muss sie allerdings Blanchefleur finden. Dieser Fall entwickelt sich aber dahingehend, dass Enola ihn nicht alleine lösen kann und nun erstmals die Hilfe beider Brüder in Anspruch nehmen muss. Werden sie Blanchefleur finden und werden Ihre Brüder die Situation ausnutzen, sie einsperren und in ein Internat stecken?

Die Geschichte war wieder sehr spannend. Nancy Springer hält sich nicht mit vielen Nebensächlichkeiten auf, sondern kommt in ihren Geschichten sofort zur Sache. So kann es passieren, dass man sofort mitten in einem Fall steckt. Allerdings durchschaut man niemals, wie bei so vielen anderen Krimis, gleich von Anfang an, wer die Übeltäter sind. Man nimmt quasi mit Enola die Spur auf und ist stets überrascht, wer hinter den Entführungsfällen steckt. Eine Roman-Reihe, die sowohl von jungen als auch von erwachsenen Leseratten weggeschmökert werden kann.

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Veröffentlicht am 10.08.2021

Achtung, hier kommt die Baum!

Vor Frauen wird gewarnt
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Als ich kürzlich bei Lovelybooks mal wieder nach interessanten Leserunden Ausschau gehalten habe, ist mir die von "Vor Frauen wird gewarnt" ins Auge gefallen. Von Vicki Baum wusste ich bis dato nicht viel, ...

Als ich kürzlich bei Lovelybooks mal wieder nach interessanten Leserunden Ausschau gehalten habe, ist mir die von "Vor Frauen wird gewarnt" ins Auge gefallen. Von Vicki Baum wusste ich bis dato nicht viel, nur dass es der Name der Autorin war, von der ich letztes Jahr das Buch "Vor Rehen wird gewarnt" gelesen habe. Aber wer die Autorin, wo kam sie her und wo hat sie die Ideen für ihren Roman hergenommen? Das alles habe ich beim Lesen dieser tollen Romanbiografie und im Austausch mit der Autorin Heidi Rehn in Erfahrung bringen können.

Die Romanbiografie beginnt an dem Punkt, der ausschlaggebend für Vicki Baums raketenhaften Aufstieg werden sollte, nämlich bei Abschluss des Exklusivvertrages mit dem Ullstein-Verlag und dem Verkauf der Rechte ihres Romanes "Stud. chem. Helene Willfüer" an Selbigen. Der Ullstein-Verlag verspricht Vicki Baum sie zur höchstbezahlten Romanautorin Deutschlands zu machen, doch vorerst passiert von Verlagsseite dahingehend nicht viel. Stattdessen ist Vicki erst einmal als Redakteurin in der Zeitschriftenabteilung des Ullsteinhauses angestellt und soll die Literaturbeilage des Magazins "Die Dame" zusammenstellen. Schnell wird sie zum Mädchen für alles, schreibt und engagiert sich auch für alle anderen Zeitungen und Zeitschriften, die im Ullstein-Verlag erscheinen und lebt sich, fernab von ihrem Mann und ihren Kindern, in Berlin ein. Mit dem Roman "Feme", der 1927 erlangt sie das erste Mal so etwas wie Erfolg. Dieses Buch wurde dann auch von Richard Oswald im Auftrag der UfA verfilmt. Seine Einschätzung über Vickis Talent ist es schließlich zu verdanken, dass der Ullstein-Verlag endlich sein Wort hält und sie tatsächlich zur höchstbezahlten Romanautorin Deutschlands macht.

In "Vor Frauen wird gewarnt" begleiten wir Vicki Baum bei dem Aufstieg in den Autorenolymp, durch die Jahre 1926 - 1932, die ausschlaggebend für ihren Erfolg waren und erleben vor allem die private, sehr sympathische, menschliche Seite der Autorin. Heidi Rehn hat mich mit ihrem wunderbaren Schreibstil mit auf die Reise nehmen können und hat mich quasi auch für weitere Werke Vicki Baums angespitzt, allen voran die in ihrer Romanbiografie genannten.

Bei allem, was ich in dieser wunderbaren Romanbiografie über Vicki Baum gelesen habe, frage ich mich, wie sie in Deutschland so in Vergessenheit geraten konnte und warum ihre Bücher erst jetzt, in den 2020ern, wieder an Aufmerksamkeit gewinnen. Sie hatte ein unverkennbares Schreibtalent und wusste mit ihren Geschichten Menschen aus allen Schichten anzusprechen, ganz gleich ob Mann oder Frau. Vielleicht sind nicht alle Themen der damaligen Zeit, die sie angesprochen hatte, heute noch aktuell, aber vielleicht werden es einige wieder. Ich hoffe wirklich, die Bücher der Baum erleben noch einmal eine Renaissance und dass der KiWi-Verlag, bei der ihre Werke aktuell erscheinen, alle Werke veröffentlicht, die sie geschrieben hat.

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Veröffentlicht am 04.08.2021

Außergewöhnliche Kinder krempeln das gewöhnliche Leben eines Korinthenkackers um

Mr. Parnassus' Heim für magisch Begabte
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Linus Baker ist Sachbearbeiter in einer Behörde, die sich angeblich um das Wohlergehen Minderjähriger mit magischer Begabung sorgt, die keine Eltern mehr haben oder eben wegen ihrer Fähigkeiten von ihren ...

Linus Baker ist Sachbearbeiter in einer Behörde, die sich angeblich um das Wohlergehen Minderjähriger mit magischer Begabung sorgt, die keine Eltern mehr haben oder eben wegen ihrer Fähigkeiten von ihren Eltern ausgesetzt oder verstoßen wurden. Man lernt ihn als Korinthenkacker kennen, der sich strikt an die Regeln und Vorschriften hält, die im von der BBMM herausgegebenen "Gesetzbuch" stehen, dass er abends sogar noch vor dem Schlafen liest. Doch ist Linus auch ständig von der Sorge getrieben, dass ihn die Behörde entlässt, wenn er sich auch nur den kleinsten Fehltritt leistet, sei es, weil er sich beim Mittagessen vollgekleckert hat. Ein Arbeitsplatz mit Ausblick auf eine sinnbildliche Betonwand, mit immer der gleichen Arbeit, bescheuerten Vorgesetzten, denen ständig ein Speichellecker hinterherdackelt und trotz 17 Jahre Betriebszugehörigkeit, penibel und überkorrektem Arbeitsverhalten und keinem einzigen Krankentag keinerlei Aussicht auf eine Beförderung oder eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in irgendeiner Form. Auch Linus' Privatleben scheint eine Einbahnstraße zu sein. Zusammen mit einer mürrischen Katze bewohnt er ein kleines Häusschen mit einer recht anstrengenden Nachbarschaft und das Einzige, was ihm ein wenig Freude bereitet, ist, sich abends eine Schallplatte mit Oldies aus den 50er- und 60er Jahren aufzulegen. Bis er eines Tages in die Chefetage beordert wird, wo man ihm einen Sonderauftrag zuweist: Auf einen Insel nahe dem kleinen Städtchen Marsyas gibt es ein kleines Kinderheim, in dem ein paar ganz besondere, magische Kinder leben und Linus soll während eines einmonatigen Aufenthaltes dort prüfen, ob sich der Heimleiter Arthur Parnassus eignet, diese Kinder ordentlich zu erziehen oder ob man das Heim schließen lassen muss. Was ihn auf der Insel erwartet, übersteigt allerdings seine kühnsten Vorstellungen und er ist gezwungen, seinen Panzer aus Verordnungen und Regeln abzulegen und die Menschen, mit denen er zu tun hat, richtig kennen zu lernen. Und somit auch sich selbst.

Dieses Buch hat mir sehr gefallen, vor allem ein Zitat ist daraus hervorgestochen und hat sich tief in meine Erinnerung gebrannt: "Furcht und Hass erwachsen aus fehlendem Verständnis". Vielleicht sollten wir wirklich mal über den Tellerrand schauen und hinter die Fassade eines Menschen, statt ihn nach dem Äußeren, seiner Herkunft oder seiner sexuellen Orientierung zu beurteilen. Manchmal stehen einfach nur Vorurteile im Raum, die verhindern, dass man auf einen Menschen zu geht. Da nehme ich mich gar nicht aus. Wir alle haben Vorurteile, es ist bloß die Frage, wie man mit diesen umgeht, ob man in der Lage ist, über seinen Horizont hinaus zu blicken oder ob dieser auf ewig begrenzt bleibt. Wichtig ist vor allem eines: Man sollte sich stets auf sein eigenen Kopf und sein Herz verlassen und keine vorgefertigten Meinungen annehmen, auch, wenn man dadurch selbst zum Außenseiter wird.

Und jetzt genug der Philosophie. Lest das Buch. Es ist toll geschrieben und an vielen Stellen sehr lustig.

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Veröffentlicht am 29.07.2021

Pass auf, was du dir wünschst: Es könnte nicht nur in Erfüllung gehen sondern auch alles aus dem Gleichgewicht bringen

All Our Hidden Gifts - Die Macht der Karten (All Our Hidden Gifts 1)
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Jeder kennt das: Man hatte in der Jugendzeit einen besten Freund oder eine beste Freundin, die/der einem sehr wichtig war, mit der/dem man sich aber auch ständig in den Haaren hatte. Und so ziemlich jeder ...

Jeder kennt das: Man hatte in der Jugendzeit einen besten Freund oder eine beste Freundin, die/der einem sehr wichtig war, mit der/dem man sich aber auch ständig in den Haaren hatte. Und so ziemlich jeder hatte auch mindestens schon einen guten Freund oder eine gute Freundin, mit der/dem man sich leider auseinander gelebt hat, an die/den man aber noch gern zurück denkt und sich Frage stellt, warum dem eigentlich so ist.

So geht es auch Meave, die Hauptprotagonistin im ersten Teil der All our hidden Gifts- Reihe, "Die Macht der Karten". Nur ist sie leider selbst daran Schuld, dass sie und ihre beste Freundin Lily seit einem Jahr keine Freunde mehr sind, denn sie hat Lily wie einen Fußabtreter behandelt, um bei den coolen Kids anerkannt zu werden. Ein Jahr später ist Meave ein chronischer Einzelgänger und legt sich, ob nun aus pubertärem Übermut oder pubertärer Dauerwut, gerne mit ihren Lehrern an. Was ihr just eine Strafarbeit einbrockt, bei der sie ein ehemaliges Kellerklassenzimmer entrümpeln darf. Dabei fallen ihr zwei Dinge in die Hände: ein altes Tarotspiel und ein Walkman mit einem Grunge-Mixtape von 1990. Beides geht in ihren persönlichen Besitz über, jedoch ahnt sie noch nicht, dass das Tarotspiel nicht nur dafür sorgt, dass ihre ehemals beste Freundin verschwindet sondern auch Ereignisse in ihrem Heimatort Kilbeg anstößt, die den Fortschritt, für dessen Eintreten unter anderen Meaves Schwester auf die Straße gegangen ist, um Jahre zurückwerfen. Gemeinsam mit ihrer neugewonnenen Freundin Fiona und Lily's nichtbinären (= keinem geschlecht zugehörig fühlenden) Bruder Roe versucht sie, alles wieder ins Lot zu bringen, selbst, wenn es sie das Leben kosten sollte.

Ein spannender, magischer Jugendroman, in dem auch einige sehr ernste Thema (u.a. Mobbing, Homophobie und Sektenkult) angesprochen werden und der trotzdem nichts von seinem Zauber einbüßt. Absolut lesenswert!

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