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Veröffentlicht am 28.09.2017

Lesenswert!

Scherbennacht
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Auf einem ehemaligen Sportplatz in München-Schwabing wird der Drogenfahnder Kriminalhauptkommissar Leo Thalhammer mit einem Kopfschuss in seinem Wagen aufgefunden. Polizeiobermeisterin Sandra "Sunny" ...

Auf einem ehemaligen Sportplatz in München-Schwabing wird der Drogenfahnder Kriminalhauptkommissar Leo Thalhammer mit einem Kopfschuss in seinem Wagen aufgefunden. Polizeiobermeisterin Sandra "Sunny" Benkow, die einzige Frau im Unterstützungskommando Bayern USK, die hier mit einem Kollegen verabredet war, findet den Toten. Michael Waechter und sein Team haben alle Hände voll zu tun. Sie stoßen nicht nur auf eine Mauer aus Schweigen oder Unkooperativität, sie müssen sich aus mit ihren eigenen Dämonen wieder auseinander setzen.

Nach „Kellerkind“ und „Moorfeuer“ ist dies der 3. Fall, den ich zusammen mit den Kommissaren Waechter, Brandl, Schuster und dem Hüter des Schweigens lösen darf. Auch wenn man die ersten beiden Fälle nicht kennt, hat man keine Schwierigkeiten, dem Geschehen hier zu folgen. Ich lerne allerdings die Personen gerne von Anfang an kennen und verfolge so viel besser ihren Werdegang.

Besonders der Erste Hauptkommissar Michael Waechter, ein bekennender Löwen-Fan, mit seinen Ecken und Kanten, mit seiner Kauzigkeit, der sich aber auch mal öffnet, gefällt mir als Charakter sehr gut. Aber auch Kommissar Hannes Brandl, der sich noch von seinem letzten Fall erholen müsste, wird zur neu gegründeten Sonderkommission hinzugezogen. Seine innere Zerrissenheit und seine Verletzlichkeit kommen hier sehr gut zur Geltung. Einerseits Polizist mit Leib und Seele, andererseits Familienvater mit seiner schwangeren Frau Jonna, seiner 16-jährigen Tochter aus erster Ehe und seinen beiden kleinen Kindern, ein sehr interessanter Charakter, den ich sehr mag. Aber auch die anderen Protagonisten ergänzen und vervollkommnen die Geschichte zu einem Ganzen.

Themen wie Gentrifizierung, rechte und linke Gruppierungen und Rauschgift sind derzeit absolut aktuell und in aller Munde. Dazu eine vor Jahren aus dem Ruder gelaufene Überprüfung, die bis heute nicht aufgearbeitet scheint. Die Autorin versteht es ausgezeichnet, drumherum eine Story zu konstruieren, die mich nicht mehr los gelassen hat.

Nicole Neubauer hat einen so ansprechenden, ergreifenden und mitreißenden Schreib- und Erzählstil, dass man sofort in die Geschichte und in die Ermittlungen hineingezogen wird. Ich war Tag und Nacht mit den Kommissaren, die bis an ihre physischen und psychischen Grenzen gehen unterwegs. Spannung ab der ersten Seite ist garantiert, auch wenn die Ermittlungen hier und da nur schleppend voran gehen. Aber auch die kleinste Bagatelle fügt sich in die Spannung ein und lässt den Bogen bis zum Schluss hoch und konstant gespannt. Ja, der Schluss. Meine Ermittlungen hatten sich schon in die richtige Richtung bewegt, aber mit diesem Ergebnis hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.

Ein Fall, der genau in unsere Zeit passt, der mich hat mitfiebern lassen, der aber auch nachdenklich macht. Scherbennacht bekommt von mir 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 25.09.2017

Lesens- und sehenswert

111 Orte in Klagenfurt und am Wörthersee, die man gesehen haben muss
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Schon das Vorwort hat mir gut gefallen und ich habe mich auf nicht alltägliche touristische Orte eingelassen. Ich war bestimmt schon 15 x in Klagenfurt und Umgebung, weil mich die Gegend einfach reizt ...

Schon das Vorwort hat mir gut gefallen und ich habe mich auf nicht alltägliche touristische Orte eingelassen. Ich war bestimmt schon 15 x in Klagenfurt und Umgebung, weil mich die Gegend einfach reizt hier zu urlauben, zu wandern oder auch nur zu einem Kurztrip. Beim Durchblättern habe ich gemerkt, dass ich Vieles von dem, was hier angeboten wird, noch nicht kenne. Nun stehen an der Seite des Buches eine Menge kleiner gelber Post-its raus, die alle nach und nach entfernt werden wollen.
Die Seiferei Weiss in Feistritz und das 151 kenne ich noch nicht. Aber die Beschreibungen hören sich gut an und die kleine Seifenmanufaktur und das Lokal sind bestimmt einen Besuch wert.
Der Benediktinermarkt ist mir ein Begriff. Hier habe ich schon Obst gekauft und wir haben uns mit einer frisch gekochten leckeren Suppe gestärkt.
Beim Botanischen Garten, beim Cafe Ingeborg, beim Dolce Vita, beim Luftschutzbunker, beim Cho-Cho-San, beim Klagenfurter Landhaus, bei Schloss Seltenheim und seinen Skulpturen, Schloss Tanzenberg und dem Karner von Tigring habe ich mir ein Markerl reingelegt. Die werden wir bei unserem nächsten längeren Besuch mal ansteuern. Da ich sehr gerne koche und esse, denke ich, auch die Cookothek ist bestimmt einen Besuch wert.
In der Buchhandlung Heyn habe ich mir auch schon das ein oder andere Buch ausgesucht. Nala und Nilo sind mir damals allerdings nicht begegnet. Vielleicht gab es sie da noch nicht.
Das Gutenberghaus, die Wandfresken im Hauptbahnhof, das Bauwerk der Hypo, den Kunstraum, die Lorettokapelle, das Strandbad Loretto, den Wildpark und Jagdschloss Mageregg kenne ich auch schon. Jetzt habe ich sogar eine Beschreibung dazu. Zu den beiden Glorietten hoch über dem Wörthersee sind wir auch schon gewandert. Der Blick von dort oben ist einfach grandios.
Den Jüdischen Friedhof kenne ich auch noch nicht. Und vor allem werde ich mal drauf achten, wo überall ich diese Stolpersteine finden werde.
Den Turm von St. Egid haben mein Mann und unsere Kinder schon bezwungen. Bei Besuchen in Pörtschach haben wir natürlich auch mal einen Blick ins Parkhotel und auf Werzer´s Badehaus geworfen. Das steirische Bankhendl beim Zocklwirt schmeckt fantastisch. Die Buschenschank Brockhof werden wir bestimmt auch mal aufsuchen.
Das Labyrinth am Schloss Rosegg ist es bestimmt auch wert, dass man es mal durchwandert und vor allem wieder raus findet. Auch der Forst- und der Moorsee, die hier so idyllisch beschrieben sind, stehen jetzt auf meiner Liste, die wir bei den nächsten Besuchen in Kärnten anreisen werden.
Andrea Nagele schafft es mit ihren liebevollen, interessanten Beschreibungen der Orte und Wege mich noch mehr auf meinen nächsten Kärnten Urlaub zu freuen. Dieses Buch wird im Handgepäck ganz bestimmt nicht fehlen.
Wer einmal die touristischen Pfade verlassen und Neues entdecken will, der braucht diesen „Ratgeber“.

Veröffentlicht am 23.09.2017

Die Aufklärung lange vergangener Verbrechen

Blutschmuck
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Sie hatte gehofft, ihre Mutter würde sich nach ihrem Schlaganfall wieder erholen. Doch nun ist sie tot. Auf der Beerdigung lernt Kommissarin Sarah Bischoff eine Frau kennen, die sich als frühere Freundin ...

Sie hatte gehofft, ihre Mutter würde sich nach ihrem Schlaganfall wieder erholen. Doch nun ist sie tot. Auf der Beerdigung lernt Kommissarin Sarah Bischoff eine Frau kennen, die sich als frühere Freundin ihrer Mutter vorstellt: Lisa Schönfeld. Als Lisa die Kette entdeckt, die Sarah trägt, rennt sie verstört davon. Lisas Freund und Arbeitskollege Kriminalhauptkommissar Falko Cornelsen lässt die Frau und vor allem ihre Reaktion keine Ruhe und er beginnt, die Herkunft der Kette zu recherchieren. Was er zusammen mit seinem Kollegen Stefan Krieger hier ausgräbt, lässt nicht nur den Beiden den Atem stocken.

Vom 26.09.1962 bis zum 01.02.1968 bin ich in den Gedanken mehrerer Täter unterwegs, deren abstruse Ansichten auf die Welt unverheirateter oder geschiedener Frauen mit Töchtern nicht skurriler sein könnten. Ihr Weltbild wird geschürt von den Predigten eines ebenso gestörten Pfarrers, der sich dieser Männer annimmt und ihre Sucht nach Befehlen für seine perfiden sexuellen Zwecke nutzt. Beim Lesen hatte ich hier und da Gänsehaut. Vor allem auch, wenn ich mir vorstelle, dass es so etwas bestimmt geben kann. Die menschlichen Abgründe sind tief.

Petra Mattfeldt hat mich schon auf den ersten Seiten tief in die Geschichte hinein gezogen. Es fällt schwer, das Buch hier und da aus der Hand zu legen. Ich wollte immer wissen, wie es zum einen in den 60er Jahren mit den schändlichen Taten weiter ging, aber auch die stete Annäherung der Kommissare an die Auflösung hat mich fasziniert. Vom 6. bis zum 29. Oktober 2015 bin ich in Norddeutschland unterwegs um zusammen mit Cornelsen und Krieger die Taten aufzuklären. Hier begegne ich auch immer wieder den Opfern aus der „alten Zeit“. Aber auch vor einigen Jahren hat es dererlei Verbrechen noch gegeben. Sehr interessant fand ich, wie unterschiedlich sich die Opfer verhalten, wenn sie über die Tat sprechen sollen.

Ich bin immer noch gefesselt von der Geschichte und vor allem auch von Falko Cornelsen, der nicht aufgibt, sondern bis zur körperlichen Erschöpfung an Fällen recherchiert, die schon so lange zurück liegen und wo die allermeisten der Täter und der Opfer schon nicht mehr leben. Aber er schafft es, das verstörende Familiengeheimnis seiner Freundin Sarah bzw. ihres Großvaters aufzudecken.

Die verstörende Aufklärung von Verbrechen, die jahrelang unentdeckt blieben bzw. vertuscht wurden und deren Folgen die Opfer heute noch spüren. Ein Thriller, der mir unter die Haut gegangen ist.

Veröffentlicht am 21.09.2017

Loretta Braucht mal Ruhe

Mausetot im Mausoleum
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Aus und vorbei! Lorettas Freund Pascal holt seine letzten Sachen und zieht endgültig aus. Loretta geht es garnicht gut. Sie verkriecht sich, nabelt sich von ihren Freunden ab und macht sogar Nachtschicht, ...

Aus und vorbei! Lorettas Freund Pascal holt seine letzten Sachen und zieht endgültig aus. Loretta geht es garnicht gut. Sie verkriecht sich, nabelt sich von ihren Freunden ab und macht sogar Nachtschicht, um allein sein zu können. Aber ihre Freundinnen geben nicht nach und Isolde und Maria schenken ihr eine tolle Fotoausrüstung um sie aus dem Haus zu kriegen. Und es scheint zu klappen. Im frühen Nebel schleicht Loretta durch den Park und fotografiert z.B. die Haare am Po einer Fliege. Bei einem ihrer Excursionen lernt sie Stefan Neumüller kennen, der ihr traumhafte Motive in einem Mausoleum auf einem kleinen nicht mehr benutzten Friedhof verspricht. Als Loretta da hin kommt, liegt er selbst aufgebahrt in der Mitte des Raumes, überall kleine rote Grablichter. Glaubt Loretta erst noch an eine Installation, bekommt sie weiche Knie, als sie merkt, dass Stefan wirklich tot ist. Und schon ist Loretta drin in ihrem neuen Fall, der für sie fast tödlich ausgegangen wäre.
Aber mehr verrate ich nun nicht.

„Mir Radieschen von unten“ habe ich Lotte Minck und ihre Krimödie vor einigen Jahren kennen- und lieben gelernt. Bei jedem weiteren Fall, den ich mit der Hauptfigur Loretta lösen durfte, ist es wie nachhause kommen zu Freunden. Ich kann lachen über den einzigartigen Humor von Loretta, sinnieren über den Ruhrpott-Slang von Frank und ich säße gern mal am Tisch von Isolde oder Bärbel und würde mich von deren Köstlichkeiten (Fleischpflanzerl) verwöhnen lassen.

Loretta ist mir mit ihrer taffen Art und ihrer manchmal schnoddrigen Schnauze sehr sympathisch. In dieser Geschichte zeigt sie, dass sie aber auch sehr verletzlich und angreifbar – im wahrsten Sinne des Wortes – sein kann. Wie fasziniert sie von ihrem neuen Hobby der Fotografie ist, kommt beim Lesen sehr gut rüber.

Ich begleite Loretta in dieser Geschichte, bei der sie sich aus den Ermittlungen wirklich raus halten will, in ihrem Alltag und begegne dabei einem Stalker, der Loretta mit den verschiedensten Blumen beglückt und sogar eine Liste mit schickt, was diese Blumen bedeuten. Ich kann wieder mitfiebern, mit rätseln und auch mit lachen. Und ich blicke in die Abgründe der menschlichen Seele. Wie krank kann man sein...

Loretta bekommt auch einen Gutschein zur Astroberatung. Die Einblicke, die ich hier bekommen habe, waren sehr interessant und informativ. Loretta hat sich von einigen Vorurteilen gegenüber dieser Zunft verabschiedet. Und ich kenne nun den Unterschied zwischen Wahrsagerin und Astrologin.

Es war wieder eine spannende und humorvolle Geschichte, bei der ich um Loretta gebangt und mit ihr gelacht habe. Es war schön, alle alten Bekannten aus Lorettas Umfeld wieder zu lesen und ich freue mich schon jetzt auf Lesenachschub aus Lotte Mincks Krimödienlager.

Veröffentlicht am 16.09.2017

Auch 1957 wurde gemordet

Bittere Liebe an der Ruhr
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Juni 1957. Heiko Harms, Fotojournalist extra aus Cuxhafen angereist um in dem Naturschutzgebiet am Rhein Vogelaufnahmen zu machen stolpert im wahrsten Sinne des Wortes über eine Leiche im Wasser. Kriminalkommissar ...

Juni 1957. Heiko Harms, Fotojournalist extra aus Cuxhafen angereist um in dem Naturschutzgebiet am Rhein Vogelaufnahmen zu machen stolpert im wahrsten Sinne des Wortes über eine Leiche im Wasser. Kriminalkommissar Alfred Poggel und seine Mitarbeiter Jürgen Schnittger und Rosemarie Stankowski haben alle Hände voll zu tun um den Mörder ausfindig zu machen. Aber auch Poggels Vermieterin und selbsternannte Ermittlerin aus Leidenschaft Anna Puff will unbedingt wieder bei der Aufklärung helfen um ihrem neuen Freund und Untermieter Boris Nikitisch Pawlenko aus Odessa zu imponieren.

Dies ist wieder einer der ruhigen und leisen Krimis, die ich so mag. Ohne großes Blutvergießen bin ich von dem Auffinden der Leiche bis zur endgültigen Aufklärung in den Gedanken und Taten der Ermittler mit dabei. Die ein oder andere Anekdote hat mich sogar schmunzeln lassen.

Was diesen Krimi so charmant macht ist zum einen der Ruhrpottdialekt, den Anna Puff in Vollendung beherrscht. Und wie sich Kriminalinski ausdrückt und dem ich total zustimme: "Der Krimi is ja getz kwasi inne Vergangenheit am spielen. Abba dat machen die beiden Autoren total töffte." Nochmal mit Schreibmaschine, Telefonzelle, Nierentischchen, Metigel und Plattenspieler konfrontiert zu werden, war für mich, die ich genau zu dieser Zeit geboren wurde, ein einziger Genuss.

Die Autoren haben es sehr gut verstanden mich mit ihrem Erzählstil direkt in die Geschichte bzw. Anna Küche, ihr Schlafzimmer, oder das Büro der Kommissare hineinzuziehen. Die Personen mit ihren Ecken und Kanten haben mir allesamt gut gefallen. Sie sind detailreich und gut vorstellbar beschrieben. Besonders Anna hat sich mit ihrem Dialekt und ihrer manchmal etwas einfachen Denkweise schnell zu meinem Liebling gemausert. Es hat mir auch gefallen, dass ich etwas Privates von Poggel lesen durfte. Genau so dosiert, dass es den eigentlichen Fall nicht gestört hat.

Der Kriminalfall selbst ist gut durchdacht, interessant und es hat doch bis zum Schluss gedauert, bis auch ich den Täter ausgemacht hatte.

Wer einen bierernsten, knallharten Krimi lesen will, der ist hier verkehrt. Wer sich aber von den Kommissaren und Anna Puff in die 50er Jahre entführen lassen und bei einem interessanten Fall dabei sein will, der ist hier genau richtig.