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Veröffentlicht am 27.05.2023

Eine ergreifende und berührende Familiengeschichte

Tochter des Marschlands
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Loni Mae Murrow hat sich fernab ihres Heimatortes Tenetkee im Marschland Floridas in Washington D.C. ihr eigenes Leben aufgebaut. In der renommierten Smithsonian Institution fertigt sie naturgetreue Zeichnungen ...

Loni Mae Murrow hat sich fernab ihres Heimatortes Tenetkee im Marschland Floridas in Washington D.C. ihr eigenes Leben aufgebaut. In der renommierten Smithsonian Institution fertigt sie naturgetreue Zeichnungen von Vögeln an. Als ihre Mutter Ruth an Demenz erkrankt und ihr um 12 Jahre jüngerer Bruder Phil sie bittet ihn und seine Frau bei der Pflege zu unterstützen, nimmt sie sich eine Auszeit und geht zurück in ihre alte Heimat. Als sie beim Aussortieren in einem Brief einen Hinweis findet, der darauf schließen lässt, dass ihr Vater Boyd als sie 12 Jahre alt war nicht durch einen Unfall in den Sümpfen ums Leben gekommen ist, macht sie sich auf die Suche nach der Wahrheit. Was allerdings nicht Jedem gefällt. Und sie stellt sich die Frage, was Heimat, Liebe und die Familie für sie selbst bedeuten.

Virginia Hartman hat es mit ihrem Debütroman geschafft, dass ich mich stundenlang in diesen ergreifenden und berührenden Roman zurückgezogen habe. Ich habe die Naturbeschreibungen des Marschlands und der dort ansässigen Flora und Fauna so genossen. Dazu die Hinweise auf Blumen, Kräuter und Pflanzen für die sich ihre Mutter sehr interessiert hat. Auch wie sie die Arbeit von Loni Mae im Museum beschreibt hat mir sehr gut gefallen, da ich das alles ziemlich schnell genau vor Augen hatte.
Zusammen mit Loni Mae arbeite ich das Verhältnis zu ihrer Mutter und ihrem Bruder auf. Ich begleite sie auf ihren Kanufahrten in die Sümpfe und schaue der „Marschkönigin“, wie sie ihr Vater liebevoll nannte, beim Zeichnen zu. Irgendjemandem scheint sie bei ihrer Suche nach den Todesumständen ihres Vaters auf die Füße zu treten. Warum soll hier die Wahrheit nicht ans Licht kommen?

Da Loni ihre Geschichte in der Ich-Form und auf verschiedenen Zeitebenen erzählt, komme ich ihr bei ihrem Denken und Tun noch näher. Sie ist, wie ich finde, keine einfache Person. Sie hat ihre Ecken und Kanten, zieht sich lieber zurück als sich zu öffnen und kommt oft recht naiv und auch trotzig rüber. Durch die Rückblicke in ihre Kindheit und Jugend und aus einem Tagebuch ihrer Mutter erfahre ich weitere Details über sie und ihre Eltern. Trotzdem bin ich durch die gesamte Geschichte hindurch mit Loni leider nicht richtig warm geworden.
Das angespannte Verhältnis zu ihrer Mutter und die Rätsel um den Tod ihres Vaters verleihen der Geschichte eine unterschwellige Spannung, die sich sehr schnell aufbaut und sich sehr lange hält.

Eine mitreißende Geschichte über ein Familiendrama, mit spannenden Krimianteilen, einer neue Liebe und einem Geheimnis, das nicht ans Licht kommen soll, die ich gerne gelesen habe. Ich hoffe von Virginia Hartman kommt in Zukunft noch mehr.

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Veröffentlicht am 23.05.2023

Was unser Essen mit uns macht

Gefährlich lecker
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Seit Jahren schon kämpfe ich mit meinem Gewicht. An Abnehmen ist gar nicht mehr zu denken. Ich versuche immer nur dafür zu sorgen, dass mein Gewicht nicht noch weiter hin die Höhe und ich in die Breite ...

Seit Jahren schon kämpfe ich mit meinem Gewicht. An Abnehmen ist gar nicht mehr zu denken. Ich versuche immer nur dafür zu sorgen, dass mein Gewicht nicht noch weiter hin die Höhe und ich in die Breite gehe. Daher war ich sehr gespannt auf dieses Buch. Der Satz im Klappentext „Es liegt nicht an ihnen, es legt am Essen“ hat mich richtig neugierig gemacht.

Gleich zu Beginn des Buches macht mir Autor Chris van Tulleken klar, dass es hier nicht primär ums Abnehmen geht. Ich soll verstehen, was mit und in meinem Körper passiert, wenn ich die heutzutage hochverarbeiteten Lebensmittel konsumiere und was ich tun kann um den Absprung von diesen zu schaffen.

Ich erfahre mit welchen Zutaten und Zusatzstoffen die Lebensmittelindustrie die
Lebensmittel, die ich so mag, „verfeinert“ um bei mir das Verlangen nach immer mehr davon anzuheizen. Ich lerne, wie mein Körper auf diese so hochverarbeiteten Lebensmittel reagiert, mich regelrecht krank macht ohne es offensichtlich zu merken. Essen wird so billig wie möglich produziert, dass ich mir davon immer mehr leisten kann. Und sie natürlich dadurch immer mehr verdienen. Unser Geschmackssinn z.B. glaubt, dass diese Nahrungsmittel besonders gesund sind. Und auch das Marketing zielt darauf ab, diese Täuschung bei uns so glaubhaft wie möglich rüber kommen zu lassen. Was sie in ganz vielen Fällen ja auch schaffen.

Chris van Tulleken geht bei der Betrachtung unseres Essens zurück bis fast zur Entstehung der Erde und seiner ersten Bewohner, was für mich ein bisserl weit hergeholt klingt. Was ich gut nachvollziehen kann ist, dass sich unsere Ernährung nicht mehr von unseren natürlichen Instinkten leiten lässt. Heutzutage essen wir mit Blick auf die Kalorien, die Portionsgröße, die Vitamine und machen uns Gedanken über gute und schlechte Lebensmittel.
Anhand von verschiedenen Studien, Hypothesen, Beispielen und auch einem Selbstversuch geht der Arzt für Infektionskrankheiten der Frage nach, warum wir heutzutage das Sättigungsgefühl nicht mehr beachten; essen bis wir nicht mehr können und wir nicht mehr merken, wann wir genügend Nährstoffe aufgenommen haben. Es spielt so vieles zusammen, warum unser Körper und unser Gehirn die normalen Reize nicht mehr unterscheiden kann.

Tulleken behandelt die Themen Zucker, Stärke und Fette mit den dazu kommenden Problemen. Besonders hat mich hier seine Ausarbeitung zur Zahngesundheit schockiert. Ich hätte nicht gedacht, dass bereits 3-jährige so schlimm an Karies leiden. Da hilft wie es scheint auch konsequentes Zähne putzen nicht viel. Dass unser Essenskonsum zu Diabetes, Herzkrankheiten und vorzeitiger Sterblichkeit führen kann, war mir dagegen schon bewusst.

Ein bisserl hat es mich gestört, dass ich Worte immer wieder googeln musste, weil ich nicht wusste, was sie bedeuten. Aber das hat bei meiner Beurteilung keine große Rolle gespielt.

Insgesamt ein sehr interessantes Buch, das wirklich jeder lesen sollte um zu verstehen, was heutzutage bei unserer Ernährung und unserem Essen nicht passt. Es ist aber absolut keine leichte Lektüre und ich habe mir recht viel Zeit lassen müssen um das alles auf mich wirken zu lassen.

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Veröffentlicht am 16.05.2023

Als Lehrerkind hat man´s schon schwer

Lehrerkind
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Das liest man aus den Aufzeichnungen von Bastian Bielendorfer aus jeder Anekdote, aus jeder Seite, ja jeder Zeile heraus. Da beide Eltern dem Lehrerberuf nachgehen, hat es ihn ja sogar doppelt getroffen. ...

Das liest man aus den Aufzeichnungen von Bastian Bielendorfer aus jeder Anekdote, aus jeder Seite, ja jeder Zeile heraus. Da beide Eltern dem Lehrerberuf nachgehen, hat es ihn ja sogar doppelt getroffen. Wobei ich persönlich seine Mutter beim Lesen gegenüber seinem Vater, der in meinen Augen einen ganz merkwürdigen Humor sein eigen nennt, noch relativ human fand. Für ihn aber waren wohl beide gleich anstrengend, wenn auch jeder auf seine eigene ganz unterschiedliche Art und Weise.

Zum einen fand ich die Erzählungen von Bastian als Lehrerkind lustig und amüsant. Mehr als einmal musste ich beim Lesen innehalten und mir die Lachtränen aus den Augen wischen. Andererseits hat mir der arme Junge aber auch sooo leid getan. Z.B. als die von seiner Mutter selbst gebastelten Schultüte auf dem Schulhof vor aller Augen auseinander fällt und ihn sein Opa gerade noch „rettet“. Oder, wie kann ein Vater seinen kleinen Sohn am 1. April jedes Jahr von neuem vor der ganzen Schule mit den verschiedensten Scherzen blamieren?
Da finde ich es so toll, dass aus dem kleinen dauergehänselten Dickmoppelchen ein doch recht attraktiver Mann geworden ist, der seinen Weg, ganz anders als seine Eltern, geht.

Lieber Bastian, ich habe Dein Erstlingswerk mit Deinen Schulrückblicken zwar erst jetzt, aber sehr gerne gelesen. Deine anderen Bücher werden nun auch noch folgen.

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Veröffentlicht am 22.04.2023

Beim Biikebrennen wäre ich auch gerne mal dabei.

Halliggift (Ein Minke-van-Hoorn-Krimi 3)
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Inselkommissarin Minke van Hoorn ist mit ihrer Freundin, der Tierärztin Dr. Kajsa Rux, mit einem Boot vor der Hallig auf der Nordsee unterwegs und beobachtet einen Pottwal, der sich vor die Hallig verirrt ...

Inselkommissarin Minke van Hoorn ist mit ihrer Freundin, der Tierärztin Dr. Kajsa Rux, mit einem Boot vor der Hallig auf der Nordsee unterwegs und beobachtet einen Pottwal, der sich vor die Hallig verirrt hat und droht bei Ebbe zu stranden droht. Ob man ihn mit Lärm dazu bewegen kann sich umzudrehen?
Die auf der ganzen Hallig beliebte Hanni Krüderer führt zur gleichen Zeit mit ihrer Kindertheatergruppe in der Kirche auf der Hallig Midsand ein Stück auf, das sich mit dem Biikebrennen am 21.2., der Vertreibung des Winters und dem Walfang von früher beschäftigt. Kurze Zeit nach dem anschießenden Kaffeetrinken ist sie tot.
Minkes Zwillingsbruder Bo, Rechtsmediziner mit Leib und Seele, drängt auf eine Obduktion. Er ist sich sicher: hier ist Gift im Spiel. Und er hat Recht. Aber Hanni wird nicht die einzige Tote in den nächsten Tagen bleiben. Sie und ihre Assistentin Lisa Röhrle tun sich nicht leicht bei der Aufklärung von schließlich 4 Mordfällen.

Mich hat das Cover mit dem reetgedeckten Haus und der düsteren Atmosphäre sofort angesprochen. Und ich wurde nicht enttäuscht. Ganz im Gegenteil. Obwohl ich Minke van Hoorn erst in diesem Band kennengelernt habe, hatte ich nicht den Eindruck, etwas bedeutsames aus den ersten beiden Fällen verpasst zu haben.
Anfangs hatte ich bei den vielen Menschen, die mir hier begegnen etwas Probleme sie einzuordnen. Da habe ich mir ein Personenverzeichnis zu Beginn der Geschichte oder hinten in der Klappe gewünscht. Aber es ging dann auch so.
Die meisten Menschen konnte ich mir wegen ihrer bildhaften Beschreibungen recht schnell gut vorstellen. Genau so wie die Umgebung auf der Hallig. Für mich persönlich schwer vorstellbar, dort tagein tagaus zu leben. Aber die Menschen dort lieben ihre Hallig.
Es dauert schon eine Weile, bis sich Spannung einstellt, die sich dann aber bis zum Schluss hoch hält. Sogar Humor schleicht sich in die Geschichte ein, wenn Lisa Röhrle die Teilnehmer vom Leichenkaffee von Hanni Krüderer telefonisch versucht zu interviewen. Oder wie sie versucht Minke von ihrer Vorstellung einer Renovierung der Jüsteringer Polizeistation zu überzeugen. Einfach herrlich, die junge Schwäbin mir ihrem feinen Dialekt.
Mir haben auch die Tagebucheintragungen einer jungen Frau zu Beginn jedes neuen Kapitels sehr gut gefallen. Am Schluss wusste ich dann auch, was sie zu bedeuten haben.
Der Fall bzw. die Fälle sind sehr gut konstruiert und ich hatte bis zum Schluss keine Ahnung, wer hier warum 4 Menschen umbringt. Nach der Auflösung kann ich die Taten gut nachvollziehen, wenn auch absolut nicht gutheißen und den Täter verstehen. Der hat das aber auch alles sehr geschickt eingefädelt und mich bis zum Schluss im Dunkeln tappen lassen.
Im vorderen Klappenumschlag bekomme ich noch das Rezept für eine „Tote Tante“, dem Getränk, das … Das lest jetzt bitte selbst.

Alles in allem ein lesenswerter, interessanter und spannender Krimi, den ich gerne gelesen habe und der mich gut unterhalten hat.

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Veröffentlicht am 19.04.2023

Wenn der Herrgott hinterm Haus wohnt…

Träume aus Eis
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so wie bei Erna und Josef Pankofer mit ihren beiden Töchtern Frieda, 18, und Lotte, 15, die in der Münchner Kaufingerstraße direkt bei der Frauenkirche am 15. April 1929 ihren Eissalon eröffnen, kann ja ...

so wie bei Erna und Josef Pankofer mit ihren beiden Töchtern Frieda, 18, und Lotte, 15, die in der Münchner Kaufingerstraße direkt bei der Frauenkirche am 15. April 1929 ihren Eissalon eröffnen, kann ja fast nichts schief gehen. Endlich ist das Eis verkaufen aus dem Eiswagen Vergangenheit und Josef glänzt mit immer neuen Ideen für neue Eissorten. Die hereinbrechende Weltwirtschaftskrise bedeutet für Familie Pankofer volles Zusammenhalten. Doch Tochter Frieda verliebt sich ausgerechnet in den Sohn des größten Konkurrenten in der Stadt, dessen Vater sich mit Friedas Vater eine Vergangenheit teilt. Und Tochter Lotte hat vorerst gar nichts für den Eissalon übrig. Zerbricht der Traum von ihrem Eissalon nun doch noch?

Mich haben die Frau und der Mann auf dem Cover, wahrscheinlich Erna und Josef Pankofer, die wie es scheint, in eine freudige Zukunft laufen, sofort angesprochen. Toll finde ich, dass sie in einem Eis am Stiel abgebildet sind.
Autorin Franziska Winkler versetzt mich zurück ins Jahr 1929, wo ich die Familie Pankofer nach und nach kennenlerne. Josef, der, nachdem er Erna geheiratet hat, fast keinen Kontakt mehr zu seinen Eltern hat, die ganz andere Pläne mit ihm hatten und ihn enterbt haben. Erna, die relativ schnell von ihrer großen Liebe Josef schwanger wurde und bis dahin in der Wäscherei von Josefs Eltern gearbeitet hatte. Die sich mit einem Eiswagen selbstständig gemacht haben und damit durch Münchens etwas abgelegenere Straßen gefahren sind. Die sich nun ihren Traum von einem festen Eissalon erfüllt und im gleichen Haus eine größere Wohnung gefunden haben. Frieda, die sich Hals über Kopf in den Sohn des größten Eis-Konkurrenten verliebt, den ihr Vater absolut nicht als Schwiegersohn akzeptiert. Und Lotte, die nach einem Zusammenprall mit einer Trambahn längere Zeit im Krankenhaus und im Sanatorium verbringen muss.
Ich erfahre einiges über die Speiseeisherstellung, über das München der 20er und 30er Jahre und darüber, wie sich die Eisdielen langsam ihren Weg in unsere Zeit gebahnt haben. Und ich bin dabei, wie Josef und Erna das erste mal JOPA-Steckerl-Eis herstellen.
Mir gefällt es gut, dass es hier Menschen wie z.B. Marie oder Heike Grabowski in Berlin gibt, die im Dialekt sprechen. Das macht die Geschichte und vor allem die Dialoge noch lebendiger und authentischer.

Der Erzählstil ist leicht, locker und sehr bildhaft. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen. Die dauernden Perspektivwechsel haben mir gut gefallen, da ich dadurch alle Familienmitglieder noch besser kennengelernt habe. Da ich in München lebe, hat es mir großen Spaß gemacht auf den Wegen der Familie Pankofer im Kopf mit zu gehen.

Eine interessante Familiengeschichte von starken Frauen mit ganz viel Liebe, Träumen, Konkurrenz, Vergangenheitsbewältigung, Hoffnung, Lebensmut, Verlust, Verletzungen und Verzweiflung. Mit ganz viel Münchner Charme und Lebensgefühl. Ich hätte mir nur ein bisserl mehr Tiefe gewünscht. Es bleibt doch alles sehr an der Oberfläche.

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