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Veröffentlicht am 15.09.2016

Manchmal muss man auf sein Herz hören

Hummeln im Herzen
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Lena hat gerade eine richtige Pechsträhne. Ihr Verlobter hat kurz vor der Hochzeit eine Neue und ihr Job ist auch futsch. Zuflucht findet sie in der WG ihrer besten Freundin Juli. Doch Mitbewohner Ben ...

Lena hat gerade eine richtige Pechsträhne. Ihr Verlobter hat kurz vor der Hochzeit eine Neue und ihr Job ist auch futsch. Zuflucht findet sie in der WG ihrer besten Freundin Juli. Doch Mitbewohner Ben zerrt mächtig an ihren Nerven. Gerade als alles sich wieder ein wenig besser anfühlt, spielen die Gefühle nicht mehr mit. Taxifahrer Knut gibt ihr einen Rat mit auf den Weg "Von der Liebe darfste dich nich feddich machen lassen" - aber will Lena das überhaupt?

Petra Hülsmann fängt den Leser mit ihrem schwungvollen Schreibstil von der ersten Seite an ein. In der Ich-Form erzählt Hauptakteurin Lena von ihrem chaotischen Leben.

Die Kapitelüberschriften werden von einer plüschigen Hummel begleitet und beginnen mit einer Zusammenfassung von Lena. Wie z.B. Kapitel 6
..."in dem ich herausfinde, dass ich ein Mischlingsköter bin und ein Dalmatiner werden will."

Die verschiedenen Charaktere werden frisch und lebendig skizziert, die Szenen lassen Bilder entstehen.
Vermeintlich meint man, die Entwicklung der Handlung schon vorherahnen zu können. Zu schnell steckt man die Protagonisten in Schubladen.
- Die hilflose, schusselige Lena
- der taffe Womanizer Ben
- der schmuddelige Taxifahrer Knut
- der verschrobene Buchhändler Otto

Was anfangs als leichte Lektüre daherkommt, entwickelt sich mehr und mehr zu einer emotionalen Achterbahn. Lockere Dialoge liefern Schmunzelmomente, menschliche Schicksale stimmen nachdenklich und viele romantische Momente enden plötzlich im Chaos.

Besonders den wundervollen Buchladen von Otto konnte ich mir bildlich vorstellen. Den kauzigen alten Herrn, der sich hinter seinen staubigen Büchern vergräbt, muss man einfach in sein Herz schließen.
Als Running Gag erscheint immer wieder der schräge Taxifahrer Knut, der Lena mit seinen Lebens- und Liebesweisheiten ungefragt berät. Obwohl ich nie und nimmer in sein schmuddeliges Taxi einsteigen würde, passt er super in die Handlung.

Das Buch besitzt genau die richtige Mischung aus Emotionen, Humor, Romantik und Chaos.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ich bin es, wenn ich zulasse, dass meine Vergangenheit mich beeinflusst ...

Vom Ende der Einsamkeit
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Jules Moreau ist 11 Jahre alt, als seine Eltern tödlich verunglücken. Zusammen mit seinen beiden Geschwistern lebt er zukünftig in einem Internat, seiner Einsamkeit allein überlassen. Jules Lebensgeschichte ...

Jules Moreau ist 11 Jahre alt, als seine Eltern tödlich verunglücken. Zusammen mit seinen beiden Geschwistern lebt er zukünftig in einem Internat, seiner Einsamkeit allein überlassen. Jules Lebensgeschichte zeigt, wie er versucht, das Schicksal zu überwinden und sich im Leben zurechtzufinden. Die Freundschaft mit Alva gibt ihm dabei Halt und zieht ihn gleichzeitig in ein Gefühlschaos.


Benedict Wells zeichnet gefühlvoll und unaufdringlich die Lebensgeschichte von Jules über einen Zeitraum von 35 Jahren. Jules ist der Erzähler seiner eigenen Geschichte. Anhand von Jahreszahlen, die den Kapiteln vorangestellt werden, kann man sich gut orientieren. Zeitsprünge im Buch lassen dem Leser Zeit, eigene Gedanken zur Handlung zu entwickeln. Metaphern, wie ein immer wiederkehrender Baum mit abgesägten Ästen, sind ein besonderes Stilmittel. Man spürt beim Lesen, dass es sich um echte Gefühle handelt und möchte sich ganze Passagen herausstreichen, weil sie so wirklich sind.

"Es war, als müsste ich für jdes Wort einen Spaten in einen gefrorenen Acker rammen."

Der Zusammenhalt der Geschwister ist ganz deutlich zu spüren. Obwohl Liz, Marty und Jules im gleichen Internat leben, haben sie keinerlei Berührungspunkte, leben in unterschiedlichen Welten, gehen getrennte Wege. Ihr Schicksal verbindet sie trotzdem über all die Jahre und auch im Erwachsenenalter treffen sie sich immer wieder, um einander beizustehen.

Ein zentrales Thema ist die Beziehung zwischen Jules und Alva. Eine leise Jugendfreundschaft, die geprägt durch Ängste und unausgesprochene Worte, sich nicht entfalten kann. Jules Verlustängste werden sehr deutlich herausgearbeitet. Er hat nie den Mut gehabt, sie für sich zu gewinnen, sondern nur Angst sie zu verlieren.

"Einmal musste sie beim Lesen lachen, und da fühlte ich mich wie auf einer nächtlichen Straße, auf der schlagartig alle Laternen angegangen waren."

"Ihre Bemerkung versank in mir wie ein Stein, den man in einen See fallen ließ".

Schicksalschläge, Abschiede, Begegnungen und bewegende Szenen, die teilweise fast schon poetisch geschildert werden, skizzieren das Leben von Jules.

Diese Geschichte benötigt Zeit, um Gedanken reflektieren zu können, begeistert mit einer wundervollen Stimmung und authentischen Schilderungen. Obwohl die Melancholie überwiegt, ist es ein sehr lebensbejahender Roman, der mich begeistert hat.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine unvergesslich einfühlsame und bewegende Geschichte

Und sie werden nicht vergessen sein
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Amarna und Arman Artsruni haben 1938 in London eine neue Heimat gefunden. Die Archäologin und den Bildhauer verbindet eine tiefe, aber aufreibende Liebe, denn Arman hat ein furchtbares Schicksal erlitten. ...

Amarna und Arman Artsruni haben 1938 in London eine neue Heimat gefunden. Die Archäologin und den Bildhauer verbindet eine tiefe, aber aufreibende Liebe, denn Arman hat ein furchtbares Schicksal erlitten. Die gesamte Familie des Armeniers wurde 1915 durch den Genozid ermordet. Als der Krieg ausbricht, meldet sich Arman freiwillig, um ein weiteres Volk vor dem Völkermord zu retten. Zur gleichen Zeit wird Eva in Berlin aus ihrem Leben gerissen. Ihre Kunst wird als entartet abgestempelt, der Vater ihrer Tochter wendet sich zum Wohl seiner Schauspielkarriere von ihr ab und sie wird als Jüdin verhaftet. Das Schicksal ihrer Tochter Chaja scheint besiegelt zu sein, doch ein Weg führt noch aus Berlin heraus.


Carmen Lobato hat einen einfach unbeschreiblich echten, unverfälschten und authentisch wirkenden Roman geschrieben. Das Gefühl der Autorin für dieses Thema wurde so gut umgesetzt, dass es schwer ist, die richtigen Worte zu finden, was einem beim Lesen widerfährt. Man vergisst, dass es sich um fiktive Personen handelt, wird so sehr in die Geschichte hineingezogen, dass man am liebsten die 760 Seiten am Stück lesen möchte. Gleichzeitig wollte ich immer mehr über das Thema wissen. Ich habe mir die beschriebenen Orte herausgesucht, fand Straßen und Personen, die tatsächlich existierten und war erschüttert über die Gewissheit, dass vieles noch viel grausamer war, als beschrieben.

Die Charaktere muss man einfach lieben. Gerade ihre Schwächen, Ecken und Kanten lassen sie so authentisch wirken. Ich würde am liebsten alle Personen aufzählen, weil es keinen Unterschied macht, ob eine Person nur kurz erwähnt wird oder als Hauptprotagonist die Seiten füllt. Alle scheinen für kurze Zeit lebendig zu werden, überzeugen durch emotionale Nähe.


"Dort, wo du mich findest, kennt mich kein Mensch, und wenn es hundertmal mit anderen leichter wäre."
Mein heimlicher Star ist aber der alte zerbrechliche Ziehvater von Arman Artsruni. Bülent wird so wundervoll sanft und einfühlsam in die Geschichte verwoben, dass man gar nicht anders kann, als ihn zu lieben. Eine besondere Szene hat mich sehr bewegt und Tränen fließen lassen.

Zur Handlung möchte ich gar nicht viel sagen. Es gab so viele Momente, in denen ich innehalten musste, sprachlos und traurig war. Man fühlt einfach den Schmerz glaubhaft und nah - unbeschreiblich. Jeder für sich allein wäre wohl verloren gewesen in dieser furchtbaren Zeit. Die Gemeinschaft und das Vertrauen anderen gegenüber, sich gegenseitig Hoffnung zu geben, wird beeindruckend beschrieben.
"Das ist die Krux mit uns Menschen, wir lernen nur über die Geschichte, nicht aus ihr."
Besonders bewegt hat mich das Thema über die jüdischen Kindertransporte (Refugee Children Movement). Kinder, die getrennt von ihren Eltern zu Pflegefamilien oder in Lager kamen, die Sprache und auch den Umstand ihrer Ausreise nicht kannten. Durch Chaja wird einem bewusst, wie es all diesen tausenden von Kindern ergangen sein muss.

Dieser Roman sagt durch den Titel schon alles aus: "Sie werden nicht vergessen sein".
Für mich ein absolutes Lese- und Gefühlshighlight.

Danke Carmen Lobato

mehr zum Thema von der Autorin: https://charlotte-lyne.com/

Veröffentlicht am 26.07.2023

Lasst uns die Welt retten

Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen
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Eine unbedacht ausgesprochene Wette verändert das Leben zweier Männer. Der Student und der Politiker wetten darum, was in 50 Jahren durch die Auswirkungen des Klimawandels passieren wird. Niemand hätte ...

Eine unbedacht ausgesprochene Wette verändert das Leben zweier Männer. Der Student und der Politiker wetten darum, was in 50 Jahren durch die Auswirkungen des Klimawandels passieren wird. Niemand hätte dieser Wette um Leben und Tod in einem kleinen Dorf in Cornwall Beachtung geschenkt, wäre sie nicht als Video viral gegangen. Obwohl Tom und Monty getrennte Wege gehen, gibt es eine Verbindung, die sie immer wieder zusammenführt.

John Ironmonger verpackt die Klimaängste unserer Zeit gekonnt in einen spannenden Zukunftsroman. Der Autor trifft den aktuellen Zeitgeist und legt den Finger in unsere aller Wunde, ohne dabei provokant oder belehrend zu wirken. Neben diesem wichtigen Thema begeistert Ironmonger durch eine wundervoll bildhafte Sprache. Die eisige Schönheit Grönlands wird eindrucksvoll beschrieben.

"Der flache Ozean war ein Flickenteppich aus wirbelnden Blautönen, mancherorts dunkel, mancherorts blass und manchmal beinahe grün oder türkis, als habe ein Künstler sämtliches Blau aus seinem Wasserfarbkasten auf eine weiße Leinwand gespritzt und die Oberfläche mit einer Eisschicht überzogen."
Durch Rückblicke und Zeitsprünge begleitet man die beiden Hauptprotagonisten insgesamt 70 Jahre ihres Lebens.

Dabei kämpft Tom sein Leben lang darum, Bewusstsein für den Klimawandel zu schaffen. Selbst als ihm die härtesten Schicksalsschläge treffen, gibt er nicht auf und setzt sich für seine Ziele ein. Es fällt nicht schwer, diesen Protagonisten sympathisch zu finden. Er begeistert nicht nur die Menschen im Buch, sondern auch die Lesenden dieser Geschichte.

Monty Causley verkörpert dagegen den vermeintlich typischen Politiker. Er steht in erster Linie selbst im Mittelpunkt. Er setzt sich nur dann für Themen ein, wenn sie ihm Wählerstimmen einbringen. Vom anfänglichen Klimaleugner schafft es Monty in das Amt des Umweltministers. Diesem Mann traut man alles zu und schenkt ihm keinesfalls sein Vertrauen.

Es ist offensichtlich, dass sich der junge Tom und der Politiker Monty nicht sonderlich gewogen sind. Ausgerechnet an ihrem gemeinsamen Geburtstag treffen sie in einem Pub aufeinander. Ein Wort gibt das andere und im Eifer des Wortgefechts voller gegenseitiger Beleidigungen schlägt Tom eine Wette vor, in der Monty fünfzig Jahre später während der Flut in seinem Wohnzimmer sitzen und durch den inzwischen gestiegenen Meeresspiegel ertrinken müsste. Sollte dies nicht eintreten, muss Tom seinem Leben im Meer ein Ende setzen.

Tom zieht es zusammen mit seiner bewundernswerten Frau Lykke nach Grönland, um für eine Forschungsorganisation das Abschmelzen der grönländischen Gletscher zu messen. Der Ort Qaanaaq oder "Ultima Thule" bedeutet nach alter Überlieferung "Das Ende der Welt". Der weiteste Punkt, an den man reisen kann.

Toms große Liebe Lykke ist eine starke und eindrucksvolle Persönlichkeit. Als Klimaaktivistin hat sie sich einen Ruf über alle Grenzen hinweg gemacht. "Ein unverdorbener Planet, ist das wertvollste Geschenk, das wir zukünftigen Generationen machen können". Sie hat die These aufgestellt, dass, wenn man die Erde in das Jahr 1820 zurückversetzt, es Hoffnung für die Rettung des Klimas geben kann. Die Kraft dieser Frau ist deutlich spürbar und es ist nachvollziehbar, dass sie viele in ihren Bann zieht. Mich hat sie auch begeistert.

"Es gibt in unserem Leben perfekte Momente. Momente, in denen jeder einzelne Würfel zu unseren Gunsten an seinen Platz fällt und sämtliche Ereignisse, die uns hinterrücks auflauern, sämtliches Glück und das Schicksal der Welt auf mysteriöse Weise ganz plötzlich zusammenpassen."
10 Jahre nach der Wette will Monty Tom um Auflösung der Wette bitten. Dabei verschweigt er den wahren Grund. Beim Treffen der Kontrahenten in Cornwall zieht ein Sturm auf, der dem Klimawandel geschuldet ist. Ein furchtbares Unglück geschieht, als ein ortsansässiger Fischer in Seenot gerät.

Danach verändert sich nicht nur Tom. In den eisigen Wänden eines Gletschers kommt es zu einer dramatischen Wendung, die auch Monty nicht unbeeindruckt lässt. Auch wenn die Naturbeschreibungen sehr gelungen sind, geht die Fantasie etwas mit dem Autor durch und meine Begeisterung wurde etwas gedämpft. Die Glaubwürdigkeit der Szenerie ist weit hergeholt, dient aber dazu, Monty aufzurütteln. Mir wäre es aber lieber gewesen, wenn der Politiker schon auf Toms Hinweis reagiert hätte:

Tom zu Monty als Premierminister:

"Sie sind der Fahrer eines Busses, eines Busses voller Menschen, und der Bus steht auf einem Bahnübergang und ein riesiger Güterzug kommt auf Sie zugerast, und Sie haben kostbare Sekunden damit vergeudet, den Rückspiegel einzustellen."
Unbedingt lesenswert ist auch das Nachwort des Autors, der noch einmal eindringlich einige Fakten darlegt, warum es so wichtig ist, etwas für unser Klima zu tun und warum wir es nicht den Politikern überlassen dürfen, Entscheidungen zu treffen.

"Die Politik lässt keinen Raum für Kompromisse, für die Zusammenarbeit mit der anderen Seite oder dafür, seine Meinung zu ändern."
Mich hat der Roman bewegt und abgeholt. Den Klimawandel als Rahmen zu verwenden, der deutlich sichtbar ist und die Handlung durchzieht, ohne anklagend oder belehrend auf die Leserschaft einzuwirken, ist hervorragend gelungen. Auch wenn ein einzelner die Welt nicht retten kann, kann doch viel bewegt werden. Es wäre schön, wenn in jedem ein wenig von Tom und Lykke stecken würde.

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Veröffentlicht am 31.05.2023

Mut oder Schuld?

Der Morgen (Art Mayer-Serie 1)
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Mitten in Berlin während der morgendlichen Rushhour wird in einem Kleinlaster vor der Siegessäule eine tote Frau gefunden. Die Ministergattin wurde mit roter Schrift gezeichnet. Auf ihrem Körper prangt ...

Mitten in Berlin während der morgendlichen Rushhour wird in einem Kleinlaster vor der Siegessäule eine tote Frau gefunden. Die Ministergattin wurde mit roter Schrift gezeichnet. Auf ihrem Körper prangt die Adresse des Bundeskanzlers. Grund genug, den nicht im Dienst befindlichen Ermittler Artur Mayer zu reaktivieren. Allerdings wird ihm ausgerechnet die Nichte des Polizeipräsidenten als Aufpasserin zur Seite gestellt: Die Kommissar-Anwärterin Nele Tschaikowski weicht ihm nicht von der Seite. Als ein Video viral geht, ist die Presse nicht mehr zu halten und von einer "geräuschlosen" Ermittlung ist das Duo weit entfernt.

Marc Raabe hat mit "Der Morgen" den Auftakt zu einer neuen Krimi-Serie gelegt. Zwei Handlungsstränge, die anfänglich so gar nicht zueinander passen wollen, nähern sich Kapitel für Kapitel immer ein wenig mehr an. Die erste Erzählebene ist ein Rückblick auf eine Teenager-Clique in Berlin-Heiligensee.

Ein unsterblich verliebter 12-Jähriger möchte die Tochter der Kioskbesitzerin beeindrucken, doch er trifft sie immer nur zusammen mit ihrer Clique an. Die fünf Jugendlichen sind älter und cooler als er. Ihre wahre Identität versteht der Autor zu verschleiern, indem er ihnen Spitznamen gibt. Kappe, Brille, Zippo, Ausschnitt und Ellie wollen anfangs nichts von dem Jungen wissen, bis er sie durch eine Aktion beeindruckt. Als "Boxer" wird er in die Runde aufgenommen, doch unglückliche Verkettungen lassen etwas Schreckliches geschehen. Boxer ist wieder allein.

Als Sprecher verleiht Peter Lontzek der Story einen besonderen Stil. Mal sinkt die Stimme zum Flüstern herab, dann werden schnelle Sätze zum Spannungsaufbau eingesetzt. Zusätzlich erhält jeder Protagonist eine eigene Stimmfarbe, was bei den vielen Personen ungemein hilfreich beim Zuhören und Folgen ist.

Die zweite Erzählebene spielt in Berlin. Man ahnt, dass die damaligen Jugendlichen in Bezug zu dieser Handlung stehen. Durch die fehlenden Namen kann man aber nur rätseln und genau das macht den Reiz der Erzählung aus. Immer mehr Protagonisten erscheinen und geben Rätsel auf. Wie ist der Bundeskanzler in den Mord verwickelt? Warum bittet er ausdrücklich darum, dass Artur Mayer den Fall übernimmt? Wer ist in der Lage, Videos aus dem Privathaushalt des Kanzlers zu veröffentlichen?

Die beiden Ermittler Art und Nele tragen einen Großteil dazu bei, dass man sich in die Handlung hineinversetzen kann. Art, als kantiger Einzelgänger mit Herz für Sozialschwache, bleibt trotz der brisanten politischen Situation seiner Geradlinigkeit treu. Man nimmt ihm seine versteckte Verletztheit ab und traut seinem Instinkt. Dies spürt auch seine neue Partnerin Nele, die als Kommissar-Anwärterin eher den Schulweg gehen möchte und sich erst nach und nach auf die unkonventionelle Art ihres Kollegen einlässt. Gemeinsam bilden sie ein außergewöhnliches, aber ermittlungsstarkes Duo.

Interessant sind auch die fein eingewobenen Spitzen auf klassisches Schubladendenken. Hier geht es ein ums andere Mal um Grauzonen, die Verbrechen aus einer anderen Sicht erscheinen lassen. Wann ist man Täter und wann Opfer. Als Sahnehäubchen werden dann noch mediale Täuschungen eingesetzt, die zeigen, dass es Ermittlern immer schwerer gemacht wird, Reales von bearbeiteten Materialien zu unterscheiden.

Am Ende war der Spannungsbogen vielleicht eine Spur zu sehr auf künstliche Dramatik ausgelegt, denn vor lauter Action wagt man kaum noch, das Hörbuch zu unterbrechen. Dennoch ist der Einstieg in die neue Serie überaus gut gelungen. Ich möchte mehr über Art und Nele lesen/hören.

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