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Veröffentlicht am 30.01.2017

Auf der Suche nach Erfüllung im Leben

Leben ist keine Art, mit einem Tier umzugehen
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Ein Konglomerat unterschiedlichster Gruppierungen ist auf dem Weg die Welt zu verbessern. Doch wer an Menschlichkeit, Nachhaltigkeit und Wohlergehen denkt, liegt hier falsch. Macht, Geld und Prestige geben ...

Ein Konglomerat unterschiedlichster Gruppierungen ist auf dem Weg die Welt zu verbessern. Doch wer an Menschlichkeit, Nachhaltigkeit und Wohlergehen denkt, liegt hier falsch. Macht, Geld und Prestige geben die Spielregeln vor, die den Besiedlungskampf um eine neu entdeckte staatenlose Insel einläuten. Es geht um Einzelschicksale, inneren und auslebenden Aussteigern.

Verschiedene Handlungsstränge, die willkürlich aufeinander folgen machen den Einstieg nicht leicht. Erst langsam erkennt man Zusammenhänge, taucht dann aber sogartig in das Geschehen ein. Emma Braslavsky setzt unterschiedliche Stilmittel ein, um die Handlungsstränge miteinander zu verbinden. Mal taucht ein Newsblog auf, dann wieder Dialoge eines Aussteigerpärchens im vermeintlichen Paradies. Unterschwellige Spitzen der Autorin greifen Wohlstandprobleme auf, nehmen Politik und Wissenschaft unter die Lupe und halten einem jeden den Spiegel vor. Kuriose und durchdachte Ideen wie ein vom Wind verwehtes Haar oder ein personalisierter Sturm würzen den gelungenen Schreibstil.

Eine Vielzahl von unterschiedlichsten Charakteren, die lebendig, skurril und dennoch glaubwürdig beschrieben werden, zeichnen den Roman aus. Ob Berliner Youngster, argentinisches Familienoberhaupt, Kaballah-Teilnehmerin oder Paradiesbewohner man folgt ihnen gern bei der Suche nach ihrer Lebenserfüllung.

Der argentinische Architekt Jivan und die karriereorientierte Umweltaktivistin Jo scheinen das perfekte Paar zu sein. Hinter ihrer glänzenden Fassade zeigen sich aber erste Risse, die dramatische Folgen nach sich ziehen werden. Durch den Erzähler taucht man immer tiefer in die verworrenen Ziele verschiedener Organisationen ein. Das vermeintliche Wohl der Menschheit gerät mehr und mehr in den Hintergrund. Ein Thema, das gerade wieder an Aktualität gewonnen hat.

"Wie merkwürdig sich der Fahrtwind ihnen in dieser Windstille entgegenstemmt, ihre Haare erfasst, kein Wind eigentlich, sondern die Zeit selbst, die nur als Wind spürbar wird, wenn man durch den Raum jagt und ihren Strom überholen will, wenn man schneller sein will, als sie fließen kann."

Die 19 Jahre alte Roana verbringt einen durch ihren Vater verordneten Zwangsaufenthalt in Argentinien. Der Familientradition folgend soll sie am Fuß eines Vulkans zu sich selbst finden. Am Ende führt ihr Weg nach Buenos Aires, den sie rückblickend aus der Gegenwart heraus erzählt. Jugendlich und unvoreingenommen schildert sie ihre Gedanken und Gefühle. Ihr ist man besonders verbunden, weil Roanas Zerrissenheit spürbar vermittelt wird.

Anfänglich völlig voneinander losgelöste Handlungen führen zu einem fulminanten abstrusen Finale.

Obwohl sich bei mir der Lesegenuss nicht sofort einstellen wollte, hat mir der kreative Stil, die enthaltene Botschaft und deren humorvolle Umsetzung sehr gefallen.

Veröffentlicht am 20.01.2017

Die Geschichte eines Reformators

Martin Luther
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Passend zum Reformationsjubiläum vermittelt das reich bebilderte Sachbuch einen Einblick in das Leben und Wirken Martin Luthers. Maja Nielsen schildert in verständlichen Worten, wie Martin Luther seinen ...

Passend zum Reformationsjubiläum vermittelt das reich bebilderte Sachbuch einen Einblick in das Leben und Wirken Martin Luthers. Maja Nielsen schildert in verständlichen Worten, wie Martin Luther seinen vom Vater vorbestimmten Lebensweg für die Kirche verließ und zum Reformator wurde. Dank der gelungenen Illustrationen von Anne Bernhardi kann man sich sehr gut vorstellen, wie Luther lebte. Empfohlen ist das Buch für Leser von 12 bis 15 Jahren.

Durch viele Infoboxen, die den Sachtext begleiten, werden auch schwierige Sachverhalte gut verstanden. Für meine Kinder war es interessant zu erfahren, dass durch die Bibelübersetzung und seine zahlreichen Schriften Luther unsere heutige Sprache prägte und bis dahin unbekannte Wörter wie Lästermaul, Machtwort, friedfertig oder Lückenbüßer schuf. Vergessen wird aber auch nicht darauf hinzuweisen, dass Luther nicht nur positiv in der damaligen Zeit aufgefallen ist und heute auch kritisch gesehen wird. Hilfreich sind hier die zahlreichen und durchaus kritischen Kommentare von Margot Käßmann, die auch als Botschafterin des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das Reformationsjubiläum 2017 tätig ist.

Am Ende des Buches findet sich eine Chronik zu Luthers Leben in Kurzform, um sich noch einmal einen Gesamtüberblick verschaffen zu können. Viele Tipps wie Museums- und Webadressen oder Film- und Buchhinweise machen neugierig, sich weiter mit dem Thema zu beschäftigen.

Zum Einstieg in das Thema Reformation ist das Buch sehr gut geeignet.

Veröffentlicht am 15.01.2017

Turbulente Küchenromanze

Taste of Love - Geheimzutat Liebe
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Mit seinem Bostoner Restaurant hat der smarte Koch Andrew Knight großen Erfolg, doch daran erfreuen kann er sich nicht. Er fühlt sich leer und ohne Elan. Ungeplant nimmt er sich vom Alltag frei und landet ...

Mit seinem Bostoner Restaurant hat der smarte Koch Andrew Knight großen Erfolg, doch daran erfreuen kann er sich nicht. Er fühlt sich leer und ohne Elan. Ungeplant nimmt er sich vom Alltag frei und landet nach einem Autoschaden an seinem SUV in einem kleinen Küstenort in Maine. Brooke Day vermittelt ihm ein Gästezimmer über ihrem Restaurant, obwohl sie den angeberischen Städter eigentlich nicht leiden kann. Nicht nur die Kochkünste von Brooke können Andrew begeistern. Nur leider macht es ihm diese schlagfertige Frau nicht leicht.

Der Auftakt der kulinarischen Liebesroman-Serie "Taste of Love" beginnt frisch und unterhaltsam. Poppy J. Anderson bleibt ihrem schwungvollen Schreibstil treu, sodass man mit dem Lesen nicht mehr aufhören mag. Ein Rahmen aus Neuenglands kulinarischen Köstlichkeiten, die die beiden Hauptprotagonisten kochen, umfasst die Handlung und lässt einem das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Die Autorin hat folgendes Rezept verwendet:

• Zwei Herzen voller Liebe
• Ein Berg voller Missverständnisse
• Buchseiten voller Charme und Elan
• Eine Prise Mitgefühl
• Jede Menge kulinarischer Köstlichkeiten

vermischt mit zwei wunderbar unterhaltsamen Charakteren ♂+♀, die frech und charmant miteinander verrührt werden.

Der "Kampf" zwischen Andrew und Brooke ist einfach erfrischend und temporeich geschrieben. Man sieht förmlich die Funken sprühen. Zwar ist es nicht überraschend, dass die beiden sich finden werden, aber der Weg dorthin macht Spaß.

Am Ende hätte ich gern etwas mehr Zeit zum Eintauchen in die Handlung erhalten, die Szenen überholen sich fast, bis es zum gelungenen Finale kommt.

Andrew und Brooke muss man einfach mögen. Ein toller Gute-Laune-Liebes-Roman, der Lust auf mehr Lesestoff und neugierig auf weitere Kochrezepte macht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Handlung
  • Gefühle
  • Stil
Veröffentlicht am 08.01.2017

Beängstigendes Verwirrspiel - Realitätsverlust oder Wirklichkeit

Nach einer wahren Geschichte
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Der schriftstellerische Erfolg ist für Delphine ein zweischneidiges Schwert. Ihre Leser erwarten einen neuen Bestseller von ihr, doch ihr bleiben die Ideen aus. Gerade in diesem Moment der Krise taucht ...

Der schriftstellerische Erfolg ist für Delphine ein zweischneidiges Schwert. Ihre Leser erwarten einen neuen Bestseller von ihr, doch ihr bleiben die Ideen aus. Gerade in diesem Moment der Krise taucht L. in ihrem Leben auf. Ganz selbstverständlich und scheinbar uneigennützig kümmert sie sich um Delphine, wird ihre Vertraute und beste Freundin. Doch Delphine entdeckt Ungereimtheiten an deren Identität und erste Zweifel kommen ihr an L.'s Aufrichtigkeit. Sie versucht sich zu lösen, Abstand zu gewinnen, aber L. übernimmt die Kontrolle, bis es fast zu spät ist.

Delphine de Vigan spielt gekonnt mit der menschlichen Vorstellungskraft. Schon bevor man die ersten Szenen erlebt, beginnt das Spiel. Zufall, dass die Hauptprotagonistin den gleichen Vornamen wie die Autorin trägt oder erzählt sie ihre eigene Geschichte? Ist es möglich, dass man fremd bestimmt gegen den eigenen Willen gesteuert wird, ohne es zu merken, es sogar als Hilfe ansieht? Unvergleichlich gut gesprochen von Martina Gedeck erlebt man im Hörbuch das facettenreiche Spiel um Fiktion und Wirklichkeit.

Schon zu Beginn erfährt man, dass L. - im französischen ausgesprochen "elle" also "sie" - von Delphine für ihre Schreibblockade verantwortlich gemacht wird. Das Warum steht hier im Vordergrund.

"Heute weiß ich, dass einzig und allein L. der Grund für meine Schreibunfähigkeit war. Und dass mich die beiden Jahre, in denen wir in Beziehung standen, fast endgültig zum Schweigen gebracht hätten."

Delphine erzählt in der Ich-Form von ihrer Begegnung mit L., einer Ghostwriterin. Anfänglich harmlos entsteht ein Disput der Frauen, über den Inhalt des neuen Romans. Dabei wird gekonnt die Autor-Leser-Beziehung betrachtet. Wie viel darf ein Autor von sich selbst aufgeben, um die Erwartungshaltung seiner Leser nicht zu enttäuschen. Dann fassungslos, verfolgt man den Wandel der beiden Frauen. Die anfänglich zurückhaltende L., die Delphine als Autorin schätzt, übernimmt mehr und mehr deren Rolle. Kopiert ihr Aussehen, übernimmt als Doppelgängerin Lesungen und beantwortet deren E-Mails oder ist dies nur eine Erfindung von Delphine, die mit ihrem Erfolg nicht zurechtkommt.

Man stellt sich die Frage, ob dies eine Erfindung von Delphines Krise sein kann oder dies alles wirklich geschehen ist? Der Roman wandelt sich zum Psychothriller, der Steven Kings Kapitelüberschriften immer ähnlicher wird. Ein kluges Verwirrspiel beginnt, an dessen spannungsgeladenem Ende man nicht sagen kann, welcher Version man nun Glauben schenken soll.

Dieser Roman hat mich nicht von Anfang an in seinen Bann gezogen, am Ende aber alle Register gezogen, um mich sprachlos zurückzulassen.

Veröffentlicht am 03.01.2017

Schicksalhaftes Paris - Hommage an eine Stadt

Rendezvous im Café de Flore
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Im Jahr 1928 träumt die junge Vianne davon, Botanikerin im Jardin des Plantes in Paris zu werden. Doch bis zum Erreichen des Ziels muss sie hart arbeiten. David, ein englischer Maler, wird ihre große Liebe. ...

Im Jahr 1928 träumt die junge Vianne davon, Botanikerin im Jardin des Plantes in Paris zu werden. Doch bis zum Erreichen des Ziels muss sie hart arbeiten. David, ein englischer Maler, wird ihre große Liebe. Durch ihn lernt sie die lebenslustige Künstler-Avantgarde und das Bohème-Leben kennen. Doch dann kommt der Krieg. Ein Bild einer Frau übersteht die Jahrzehnte und wird im Musée d´Orsay von Marlène überrascht betrachtet. Denn sie erkennt sich selbst auf diesem Gemälde. Marlène möchte mehr über diese Frau erfahren und erfährt dabei nicht nur etwas über ihre Familie, sondern auch über sich selbst.

Paris, eine Metropole, die wie keine andere Stadt für ein Lebensgefühl steht. Caroline Bernard hat ihre Leidenschaft für diese Stadt mit französischem Esprit gekonnt in bunte, sprechende Bilder umgesetzt. Zusammen mit Vianne und Marlène schlendert man durch die Straßen, bestaunt die Sehenswürdigkeiten und lässt sich von dem besonderen Flair gefangen nehmen.

"Das ist das Schöne an Paris. Ganz egal, wo man sich befindet, in jeder Straße kann man eine Entdeckung machen und dem Zauber dieser Stadt erliegen."

In zwei Zeitebenen stehen zwei sehr unterschiedliche Frauen und ihre Beziehungen im Vordergrund. Besonders die mutige Vianne ist bewundernswert und sehr stark beschrieben. Anfang der 30er-Jahre flieht sie vor dem vorgezeichneten Weg aus der Provinz nach Paris. So wie sie zog es viele Menschen vom Land in die Stadt: „Monter à Paris“, „nach Paris aufsteigen“, nannte man es. Sie wählt einen für diese Zeit noch ungewöhnlichen Weg. Statt sich durch eine Heirat abzusichern, lebt sie in einer freien Beziehung mit dem Maler David zusammen. Auch in der Kriegszeit kehrt sie der Stadt nicht den Rücken, sondern schließt sich der Résistance an und steht für eine Vielzahl von Frauen, die ihr Leben riskierten.

Die zweite Hauptprotagonistin ist die Mittvierzigerin Marlène, die in der heutigen Zeit mit ihrer Ehe hadert. Erst eine Reise mit ihrem Mann nach Paris weckt ihre Lebensgeister und ihre fast schon vergessene Leidenschaft für die Stadt. Als ehemalige Kunsthistorik-Studentin führt sie ihr Weg ins Museum und damit in einen neuen Lebensabschnitt.

Mir hat dieser stimmungsvolle Roman sehr gefallen. Paris ist auf jeden Fall eine Reise wert und man spürt durchgehend die Leidenschaft und Leichtigkeit dieser Stadt. Vianne ist eine starke Romanfigur, die man nicht so schnell vergisst.